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C. Psychologie. Der Geist
§ 440
Der Geist hat sich zur Wahrheit der Seele und des Bewußtseins bestimmt, jener einfachen unmittelbaren Totalität und dieses Wissens, welches nun als unendliche Form von jenem Inhalte nicht beschränkt, nicht im Verhältnisse zu ihm als Gegenstand steht, sondern Wissen der substantiellen, weder subjektiven noch objektiven Totalität ist. Der Geist fängt daher nur von seinem eigenen Sein an und verhält sich nur zu seinen eigenen Bestimmungen.
Die Psychologie betrachtet deshalb die Vermögen oder allgemeinen Tätigkeitsweisen des Geistes als solchen, Anschauen, Vorstellen, Erinnern usf., Begierden usf., teils ohne den Inhalt, der nach der Erscheinung sich im empirischen Vorstellen, auch im Denken wie in der Begierde und im Willen findet, teils ohne die Formen, in der Seele als Naturbestimmung, in dem Bewußtsein selbst als ein für sich vorhandener Gegenstand desselben zu sein. Dies ist jedoch nicht eine willkürliche Abstraktion; der Geist ist selbst dies, über die Natur und natürliche Bestimmtheit, wie über die Verwicklung mit einem äußerlichen Gegenstande, d. i. über das Materielle überhaupt erhoben zu sein; wie sein Begriff sich ergeben hat. Er hat jetzt nur dies zu tun, diesen Begriff seiner Freiheit zu realisieren, d. i. nur die Form der Unmittelbarkeit, mit der er wieder anfängt, aufzuheben. Der Inhalt, der zu Anschauungen erhoben wird, sind seine Empfindungen, wie seine Anschauungen, welche in Vorstellungen, und so fort Vorstellungen, die in Gedanken verändert werden usw.
Zusatz. Der freie Geist oder der Geist als solcher ist die Vernunft, wie sich dieselbe einerseits in die reine, unendliche Form, in das schrankenlose Wissen, und andererseits in das mit diesem identische Objekt trennt. Dies Wissen hat hier noch keinen weiteren Inhalt als sich selber, - mit der Bestimmung, daß dasselbe alle Objektivität in sich befasse, daß folglich das Objekt nicht etwas von außen an den Geist Kommendes und ihm Unfaßbares sei. So ist der Geist die schlechthin allgemeine, durchaus gegensatzlose Gewißheit seiner selbst. Er besitzt daher die Zuversicht, daß er in der Welt sich selber finden werde, daß diese ihm befreundet sein müsse, daß, wie Adam von Eva sagt, sie sei Fleisch von seinem Fleische, so er in der Welt Vernunft von seiner eigenen Vernunft zu suchen habe. Die Vernunft hat sich uns als die Einheit des Subjektiven und Objektiven, des für sich selber existierenden Begriffs und der Realität, ergeben. Indem daher der Geist absolute Gewißheit seiner selbst, Wissen der Vernunft ist, so ist er Wissen der Einheit des Subjektiven und Objektiven, - Wissen, daß sein Objekt der Begriff und der Begriff objektiv ist. Dadurch zeigt sich der freie Geist als die Einheit der im ersten und im zweiten Hauptteile der Lehre vom subjektiven Geiste betrachteten, beiden allgemeinen Entwicklungsstufen, - nämlich der Seele, dieser einfachen geistigen Substanz oder des unmittelbaren Geistes, und des Bewußtseins oder des erscheinenden Geistes, des Sichtrennens jener Substanz. Denn die Bestimmungen des freien Geistes haben mit den seelenhaften das Subjektive, mit denen des Bewußtseins hingegen das Objektive gemein. Das Prinzip des freien Geistes ist, das Seiende des Bewußtseins als ein Seelenhaftes zu setzen und umgekehrt das Seelenhafte zu einem Objektiven zu machen. Er steht, wie das Bewußtsein, als eine Seite dem Objekt gegenüber und ist zugleich beide Seiten, also Totalität, wie die Seele. Während demnach die Seele die Wahrheit nur als unmittelbare, bewußtlose Totalität war und während dagegen im Bewußtsein diese Totalität in das Ich und das ihm äußerliche Objekt getrennt wurde, das Wissen also dort noch keine Wahrheit hatte, ist der freie Geist als die sich wissende Wahrheit zu erkennen.2) Das Wissen der Wahrheit hat jedoch zunächst selber nicht die Form der Wahrheit, denn dasselbe ist auf der jetzt erreichten Entwicklungsstufe noch etwas Abstraktes, - die formelle Identität des Subjektiven und Objektiven. Erst wenn diese Identität zum wirklichen Unterschiede fortentwickelt ist und sich zur Identität ihrer selbst und ihres Unterschiedes gemacht hat, wenn somit der Geist als bestimmt in sich unterschiedene Totalität hervortritt, erst dann ist jene Gewißheit zu ihrer Bewahrheitung gekommen.
§ 441
Die Seele ist endlich, insofern sie unmittelbar oder von Natur bestimmt ist; das Bewußtsein, insofern es einen Gegenstand hat; der Geist, insofern er zwar nicht mehr einen Gegenstand, aber eine Bestimmtheit in seinem Wissen hat, nämlich durch seine Unmittelbarkeit und, was dasselbe ist, dadurch, daß er subjektiv oder als der Begriff ist. Und es ist gleichgültig, was als sein Begriff und was als dessen Realität bestimmt wird. Die schlechthin unendliche, objektive Vernunft als sein Begriff gesetzt, so ist die Realität das Wissen oder die Intelligenz; oder das Wissen als der Begriff genommen, so ist dessen Realität diese Vernunft und die Realisierung des Wissens, sich dieselbe anzueignen. Die Endlichkeit des Geistes besteht daher darin, daß das Wissen das Anundfürsichsein seiner Vernunft nicht erfaßt, oder ebensosehr, daß diese sich nicht zur vollen Manifestation im Wissen gebracht hat. Die Vernunft ist zugleich nur insofern die unendliche, als sie die absolute Freiheit ist, daher sich ihrem Wissen voraussetzt und sich dadurch verendlicht und die ewige Bewegung ist, diese Unmittelbarkeit aufzuheben, sich selbst zu begreifen und Wissen der Vernunft zu sein.
Zusatz. Der freie Geist ist, wie wir gesehen haben, seinem Begriffe nach vollkommene Einheit des Subjektiven und Objektiven, der Form und des Inhalts, folglich absolute Totalität und somit unendlich, ewig. Wir haben ihn als Wissen der Vernunft erkannt. Weil er dies ist, weil er das Vernünftige zu seinem Gegenstande hat, muß er als das unendliche Fürsichsein der Subjektivität bezeichnet werden. Zum Begriffe des Geistes gehört daher, daß in ihm die absolute Einheit des Subjektiven und Objektiven nicht bloß an sich, sondern auch für sich, also Gegenstand des Wissens sei. Wegen dieser zwischen dem Wissen und seinem Gegenstande, zwischen der Form und dem Inhalte herrschenden, alle Trennung und damit alle Veränderung ausschließenden bewußten Harmonie kann man den Geist, seiner Wahrheit nach, das Ewige wie das vollkommen Selige und Heilige nennen. Denn heilig darf nur dasjenige genannt werden, was vernünftig ist und vom Vernünftigen weiß. Deshalb hat weder die äußere Natur noch die bloße Empfindung auf jenen Namen ein Recht. Die unmittelbare, nicht durch das vernünftige Wissen gereinigte Empfindung ist mit der Bestimmtheit des Natürlichen, Zufälligen, des Sich-selber-äußerlich-Seins, des Auseinanderfallens behaftet. An dem Inhalte der Empfindung und der natürlichen Dinge besteht daher die Unendlichkeit nur in etwas Formellem, Abstraktem. Der Geist dagegen ist, seinem Begriffe oder seiner Wahrheit nach, unendlich oder ewig in diesem konkreten und realen Sinne, daß er in seinem Unterschiede absolut mit sich identisch bleibt. Darum muß der Geist für das Ebenbild Gottes, für die Göttlichkeit des Menschen erklärt werden. In seiner Unmittelbarkeit - denn auch der Geist als solcher gibt sich zunächst die Form der Unmittelbarkeit - ist aber der Geist noch nicht wahrhaft Geist: da steht vielmehr seine Existenz mit seinem Begriffe, mit dem göttlichen Urbilde, nicht in absoluter Übereinstimmung, da ist das Göttliche in ihm nur das erst zur vollkommenen Erscheinung herauszubildende Wesen. Unmittelbar hat folglich der Geist seinen Begriff noch nicht erfaßt, ist er nur vernünftiges Wissen, weiß sich aber noch nicht als solches. So ist der Geist, wie schon im Zusatze zum vorigen Paragraphen gesagt wurde, zunächst nur die unbestimmte Gewißheit der Vernunft, der Einheit des Subjektiven und Objektiven. Daher fehlt ihm hier noch die bestimmte Erkenntnis der Vernünftigkeit des Gegenstandes. Um zu dieser zu gelangen, muß der Geist den an sich vernünftigen Gegenstand von der demselben zunächst anklebenden Form der Zufälligkeit, Einzelheit und Äußerlichkeit befreien und dadurch sich selber von der Beziehung auf ein ihm Anderes frei machen. In den Weg dieser Befreiung fällt die Endlichkeit des Geistes. Denn solange dieser sein Ziel noch nicht erreicht hat, weiß er sich noch nicht absolut identisch mit seinem Gegenstande, sondern findet sich durch denselben beschränkt. Die Endlichkeit des Geistes darf aber nicht für etwas absolut Festes gehalten, sondern muß als eine Weise der Erscheinung des nichtsdestoweniger seinem Wesen nach unendlichen Geistes erkannt werden. Darin liegt, daß der endliche Geist unmittelbar ein Widerspruch, ein Unwahres und zugleich der Prozeß ist, diese Unwahrheit aufzuheben. Dies Ringen mit dem Endlichen, das Überwinden der Schranke, macht das Gepräge des Göttlichen im menschlichen Geiste aus und bildet eine notwendige Stufe des ewigen Geistes. Wenn man daher von den Schranken der Vernunft spricht, so ist dies noch ärger, als ein Sprechen von hölzernem Eisen sein würde. Es ist der unendliche Geist selber, der sich als Seele wie als Bewußtsein sich selbst voraussetzt und dadurch verendlicht, aber ebenso diese selbstgemachte Voraussetzung, diese Endlichkeit, den an sich aufgehobenen Gegensatz des Bewußtseins einerseits gegen die Seele und andererseits gegen ein äußerliches Objekt, als aufgehoben setzt. Diese Aufhebung hat im freien Geiste eine andere Form als im Bewußtsein. Während für dieses die Fortbestimmung des Ich den Schein einer von dessen Tätigkeit unabhängigen Veränderung des Objektes annimmt, folglich die logische Betrachtung dieser Veränderung beim Bewußtsein noch allein in uns fiel, ist es für den freien Geist, daß er selber die sich entwickelnden und verändernden Bestimmungen des Objektes aus sich hervorbringt, daß er selber die Objektivität subjektiv und die Subjektivität objektiv macht. Die von ihm gewußten Bestimmungen sind allerdings dem Objekte innewohnend, aber zugleich durch ihn gesetzt. Nichts ist in ihm ein nur Unmittelbares. Wenn man daher von "Tatsachen des Bewußtseins" spricht, die für den Geist das Erste wären und ein Unvermitteltes, bloß Gegebenes für ihn bleiben müßten, so ist darüber zu bemerken, daß sich auf dem Standpunkte des Bewußtseins allerdings vieles solches Gegebene findet, daß aber der freie Geist diese Tatsachen nicht als ihm gegebene, selbständige Sachen zu belassen, sondern als Taten des Geistes, als einen durch ihn gesetzten Inhalt, zu erweisen und somit zu erklären hat.
§ 442
Das Fortschreiten des Geistes ist Entwicklung, insofern seine Existenz, das Wissen, in sich selbst das an und für sich Bestimmtsein, d. i. das Vernünftige zum Gehalte und Zweck hat, also die Tätigkeit des Übersetzens rein nur der formelle Übergang in die Manifestation und darin Rückkehr in sich ist. Insofern das Wissen mit seiner ersten Bestimmtheit behaftet, nur erst abstrakt oder formell ist, ist das Ziel des Geistes, die objektive Erfüllung und damit zugleich die Freiheit seines Wissens hervorzubringen.
Es ist hierbei nicht an die mit der anthropologischen zusammenhängende Entwicklung des Individuums zu denken, nach welcher die Vermögen und Kräfte als nacheinander hervortretend und in der Existenz sich äußernd betrachtet werden, - ein Fortgang, auf dessen Erkenntnis eine Zeitlang (von der Condillacschen Philosophie3) ) ein großer Wert gelegt worden ist, als ob solches vermeintliche natürliche Hervorgehen das Entstehen dieser Vermögen aufstellen und dieselben erklären sollte. Es ist hierin die Richtung nicht zu verkennen, die mannigfaltigen Tätigkeitsweisen des Geistes bei der Einheit desselben begreiflich zu machen und einen Zusammenhang der Notwendigkeit aufzuzeigen. Allein die dabei gebrauchten Kategorien sind überhaupt dürftiger Art. Vornehmlich ist die herrschende Bestimmung, daß das Sinnliche zwar mit Recht als das Erste, als anfangende Grundlage genommen wird, aber daß von diesem Ausgangspunkte die weiteren Bestimmungen nur auf affirmative Weise hervorgehend erscheinen und das Negative der Tätigkeit des Geistes, wodurch jener Stoff vergeistigt und als Sinnliches aufgehoben wird, verkannt und übersehen ist. Das Sinnliche ist in jener Stellung nicht bloß das empirische Erste, sondern bleibt so, daß es die wahrhaft substantielle Grundlage sein solle. Ebenso wenn die Tätigkeiten des Geistes nur als Äußerungen, Kräfte überhaupt, etwa mit der Bestimmung von Nützlichkeit, d. h. als zweckmäßig für irgendein anderes Interesse der Intelligenz oder des Gemüts betrachtet werden, so ist kein Endzweck vorhanden. Dieser kann nur der Begriff selbst sein und die Tätigkeit des Begriffs nur ihn selbst zum Zwecke haben, die Form der Unmittelbarkeit oder der Subjektivität aufzuheben, sich zu erreichen und zu fassen, sich zu sich selbst zu befreien. Auf diese Weise sind die sogenannten Vermögen des Geistes in ihrer Unterschiedenheit nur als Stufen dieser Befreiung zu betrachten. Und dies ist allein für die vernünftige Betrachtungsweise des Geistes und seiner verschiedenen Tätigkeiten zu halten.
Zusatz. Die Existenz des Geistes, das Wissen, ist die absolute Form, d. h. die den Inhalt in sich selber habende Form, oder der als Begriff existierende, seine Realität sich selber gebende Begriff. Daß der Inhalt oder Gegenstand dem Wissen ein gegebener, ein von außen an dasselbe kommender sei, ist daher nur ein Schein, durch dessen Aufhebung der Geist sich als das erweist, was er an sich ist, - nämlich das absolute Sichselbstbestimmen, die unendliche Negativität des ihm und sich selber Äußerlichen, das alle Realität aus sich hervorbringende Ideelle. Das Fortschreiten des Geistes hat folglich nur den Sinn, daß jener Schein aufgehoben werde, daß das Wissen sich als die allen Inhalt aus sich entwickelnde Form bewähre. Weit entfernt also, daß die Tätigkeit des Geistes auf ein bloßes Aufnehmen des Gegebenen beschränkt sei, hat man vielmehr dieselbe eine schaffende zu nennen, wenngleich die Produktionen des Geistes, insofern er nur der subjektive ist, noch nicht die Form unmittelbarer Wirklichkeit erhalten, sondern mehr oder weniger ideelle bleiben.
§ 443
Wie das Bewußtsein zu seinem Gegenstande die vorhergehende Stufe, die natürliche Seele hat (§ 413), so hat oder macht vielmehr der Geist das Bewußtsein zu seinem Gegenstande; d. i. indem dieses nur an sich die Identität des Ich mit seinem Anderen ist (§ 415), so setzt sie der Geist für sich, daß nun er sie wisse, diese konkrete Einheit. Seine Produktionen sind nach der Vernunftbestimmung, daß der Inhalt sowohl der an sich seiende, als nach der Freiheit der seinige sei. Somit, indem er in seinem Anfange bestimmt ist, ist diese Bestimmtheit die gedoppelte, die des Seienden und die des Seinigen; nach jener etwas als seiend in sich zu finden, nach dieser es nur als das Seinige zu setzen. Der Weg des Geistes ist daher: a) theoretisch zu sein, es mit dem Vernünftigen als seiner unmittelbaren Bestimmtheit zu tun zu haben und es nun als das Seinige zu setzen; oder das Wissen von der Voraussetzung und damit von seiner Abstraktion zu befreien und die Bestimmtheit subjektiv zu machen. Indem das Wissen so als in sich an und für sich bestimmt, die Bestimmtheit als die seinige gesetzt, hiermit als freie Intelligenz ist, ist es b) Wille, praktischer Geist, welcher zunächst gleichfalls formell ist, einen Inhalt als nur den seinigen hat, unmittelbar will und nun seine Willensbestimmung von ihrer Subjektivität als der einseitigen Form seines Inhalts befreit, so daß er c) sich als freier Geist gegenständlich wird, in welchem jene gedoppelte Einseitigkeit aufgehoben ist.
Zusatz. Während man vom Bewußtsein, da dasselbe das Objekt unmittelbar hat, nicht wohl sagen kann, daß es Trieb habe, muß dagegen der Geist als Trieb gefaßt werden, weil er wesentlich Tätigkeit, und zwar zunächst a) diejenige Tätigkeit ist, durch welche das scheinbar fremde Objekt, statt der Gestalt eines Gegebenen, Vereinzelten und Zufälligen, die Form eines Erinnerten, Subjektiven, Allgemeinen, Notwendigen und Vernünftigen erhält. Dadurch daß der Geist diese Veränderung mit dem Objekte vornimmt, reagiert er gegen die Einseitigkeit des auf die Objekte als auf unmittelbar seiende sich beziehenden, dieselben nicht als subjektiv wissenden Bewußtseins und ist so theoretischer Geist. In diesem herrscht der Trieb des Wissens, der Drang nach Kenntnissen. Vom Inhalt der Kenntnisse weiß ich, daß er ist, Objektivität hat, - und zugleich, daß er in mir, also subjektiv ist. Das Objekt hat also hier nicht mehr wie auf dem Standpunkt des Bewußtseins die Bestimmung eines Negativen gegen das Ich. b) Der praktische Geist nimmt den umgekehrten Ausgangspunkt; er fängt nicht, wie der theoretische Geist, vom scheinbar selbständigen Objekte, sondern von seinen Zwecken und Interessen, also von subjektiven Bestimmungen an und schreitet erst dazu fort, dieselben zu einem Objektiven zu machen. Indem er dies tut, reagiert er ebenso gegen die einseitige Subjektivität des in sich verschlossenen Selbstbewußtseins, wie der theoretische Geist gegen das von einem gegebenen Gegenstand abhängige Bewußtsein. Der theoretische und der praktische Geist integrieren sich daher gegenseitig, eben weil sie auf die angegebene Weise voneinander unterschieden sind. Dieser Unterschied ist jedoch kein absoluter, denn auch der theoretische Geist hat es mit seinen eigenen Bestimmungen, mit Gedanken zu tun; und umgekehrt sind die Zwecke des vernünftigen Willens nicht etwas dem besonderen Subjekt Angehöriges, sondern etwas an und für sich Seiendes. Beide Weisen des Geistes sind Formen der Vernunft, denn sowohl im theoretischen wie im praktischen Geiste wird, obgleich auf verschiedenen Wegen, dasjenige hervorgebracht, worin die Vernunft besteht: eine Einheit des Subjektiven und Objektiven. Zugleich haben jedoch jene doppelten Formen des subjektiven Geistes miteinander den Mangel gemein, daß in beiden von der scheinbaren Getrenntheit des Subjektiven und Objektiven ausgegangen wird und die Einheit dieser entgegengesetzten Bestimmungen erst hervorgebracht werden soll, - ein Mangel, der in der Natur des Geistes liegt, da dieser nicht ein Seiendes, unmittelbar Vollendetes, sondern vielmehr das Sichselbsthervorbringende, die reine Tätigkeit, Aufheben der an sich von ihm selbst gemachten Voraussetzung des Gegensatzes vom Subjektiven und Objektiven ist.
§ 444
Der theoretische sowohl als praktische Geist sind noch in der Sphäre des subjektiven Geistes überhaupt. Sie sind nicht als passiv und aktiv zu unterscheiden. Der subjektive Geist ist hervorbringend; aber seine Produktionen sind formell. Nach innen ist die Produktion des theoretischen nur seine ideelle Welt und das Gewinnen der abstrakten Selbstbestimmung in sich. Der praktische hat es zwar nur mit Selbstbestimmungen, seinem eigenen, aber ebenfalls noch formellen Stoffe und damit beschränkten Inhalte zu tun, für den er die Form der Allgemeinheit gewinnt. Nach außen, indem der subjektive Geist Einheit der Seele und des Bewußtseins, hiermit auch seiende, in einem anthropologische und dem Bewußtsein gemäße Realität ist, sind seine Produkte im theoretischen das Wort und im praktischen (noch nicht Tat und Handlung) Genuß.
Die Psychologie gehört wie die Logik zu denjenigen Wissenschaften, die in neueren Zeiten von der allgemeineren Bildung des Geistes und dem tieferen Begriffe der Vernunft noch am wenigsten Nutzen gezogen haben, und befindet sich noch immer in einem höchst schlechten Zustande. Es ist ihr zwar durch die Wendung der Kantischen Philosophie eine größere Wichtigkeit beigelegt worden, sogar daß sie, und zwar in ihrem empirischen Zustande, die Grundlage der Metaphysik ausmachen solle, als welche Wissenschaft in nichts anderem bestehe, als die Tatsachen des menschlichen Bewußtseins, und zwar als Tatsachen, wie sie gegeben sind, empirisch aufzufassen und sie zu zergliedern. Mit dieser Stellung der Psychologie, wobei sie mit Formen aus dem Standpunkte des Bewußtseins und mit Anthropologie vermischt wird, hat sich für ihren Zustand selbst nichts verändert, sondern nur dies hinzugefügt, daß auch für die Metaphysik und die Philosophie überhaupt, wie für den Geist als solchen, auf die Erkenntnis der Notwendigkeit dessen, was an und für sich ist, auf den Begriff und die Wahrheit, Verzicht geleistet worden ist.
Zusatz. Nur die Seele ist passiv, der freie Geist aber wesentlich aktiv, produzierend. Man irrt daher, wenn man mitunter theoretischen Geist vom praktischen auf die Weise unterscheidet, daß man den ersteren als das Passive, den letzteren hingegen als das Aktive bezeichnet. Der Erscheinung nach hat dieser Unterschied allerdings seine Richtigkeit. Der theoretische Geist scheint nur aufzunehmen, was vorhanden ist, wogegen der praktische Geist etwas noch nicht äußerlich Vorhandenes hervorbringen soll. In Wahrheit ist aber, wie schon im Zusatz zu § 442 angedeutet wurde, der theoretische Geist nicht ein bloß passives Aufnehmen eines Anderen, eines gegebenen Objekts, sondern zeigt sich als aktiv dadurch, daß er den an sich vernünftigen Inhalt des Gegenstandes aus der Form der Äußerlichkeit und Einzelheit in die Form der Vernunft erhebt. Umgekehrt hat aber auch der praktische Geist eine Seite der Passivität, da ihm sein Inhalt zunächst, obschon nicht von außen, doch innerlich gegeben, somit ein unmittelbarer, nicht durch die Tätigkeit des vernünftigen Willens gesetzter ist und zu einem solchen Gesetzten erst vermittels des denkenden Wissens, also vermittels des theoretischen Geistes, gemacht werden soll. Für nicht weniger unwahr als die eben besprochene Unterscheidung des Theoretischen und Praktischen muß die Unterscheidung erklärt werden, nach welcher die Intelligenz das Beschränkte, der Wille dagegen das Unbeschränkte sein soll. Gerade umgekehrt kann der Wille für das Beschränktere erklärt werden, weil derselbe sich mit der äußerlichen, widerstandleistenden Materie, mit der ausschließenden Einzelheit des Wirklichen, in Kampf einläßt und zugleich anderen menschlichen Willen sich gegenüber hat, während die Intelligenz als solche in ihrer Äußerung nur bis zum Worte - dieser flüchtigen, verschwindenden, in einem widerstandslosen Element erfolgenden, ganz ideellen Realisation - fortgeht, also in ihrer Äußerung vollkommen bei sich bleibt, sich in sich selber befriedigt, sich als Selbstzweck, als das Göttliche erweist und, in der Form des begreifenden Erkennens, die unbeschränkte Freiheit und Versöhnung des Geistes mit sich selber zustandebringt. Beide Weisen des subjektiven Geistes, die Intelligenz sowohl wie der Wille, haben indes zunächst nur formelle Wahrheit. Denn in beiden entspricht der Inhalt nicht unmittelbar der unendlichen Form des Wissens, so daß also diese Form noch nicht wahrhaft erfüllt ist. Im Theoretischen wird der Gegenstand wohl einerseits subjektiv, andererseits bleibt aber zunächst noch ein Inhalt des Gegenstandes außerhalb der Einheit mit der Subjektivität zurück. Deshalb bildet hier das Subjektive nur eine das Objekt nicht absolut durchdringende Form und ist somit das Objekt nicht durch und durch ein vom Geiste Gesetztes. - In der praktischen Sphäre dagegen hat das Subjektive unmittelbar noch keine wahrhafte Objektivität, da dasselbe in seiner Unmittelbarkeit nicht etwas absolut Allgemeines, an und für sich Seiendes, sondern etwas der Einzelheit des Individuums Angehöriges ist. Wenn der Geist seinen eben dargestellten Mangel überwunden hat, wenn also sein Inhalt nicht mehr mit seiner Form in Zwiespalt steht, die Gewißheit der Vernunft, der Einheit des Subjektiven und Objektiven nicht mehr formell, vielmehr erfüllt ist, wenn demnach die Idee den alleinigen Inhalt des Geistes bildet, dann hat der subjektive Geist sein Ziel erreicht und geht in den objektiven Geist über. Dieser weiß seine Freiheit, erkennt, daß seine Subjektivität in ihrer Wahrheit die absolute Objektivität selbst ausmacht, und erfaßt sich nicht bloß in sich als Idee, sondern bringt sich als eine äußerlich vorhandene Welt der Freiheit hervor.
2) *Wenn daher die Menschen behaupten, man könne die Wahrheit nicht erkennen, so ist dies die äußerste Lästerung. Die Menschen wissen dabei nicht, was sie sagen. Wüßten sie es, so verdienten sie, daß ihnen die Wahrheit entzogen würde. Die moderne Verzweiflung an der Erkennbarkeit der Wahrheit ist aller spekulativen Philosophie wie aller echten Religiosität fremd. Ein ebenso religiöser wie denkender Dichter, Dante, drückt seinen Glauben an die Erkennbarkeit der Wahrheit auf eine so prägnante Weise aus, daß wir uns erlauben, seine Worte hier mitzuteilen. Er sagt im vierten Gesange des Paradieses, Vers 124-130:
Io veggio ben che già mai non si sazia nostro intelletto, se 'l ver non lo illustra di fuor dal qual nessun vero si spazia. Posasi in esso come fera in lustra, tosto che giunto l'ha; e giunger pòllo: se non, ciascun disio sarebbe frustra.
[Ich sehe wohl, nie satt wird von der Speise Des Menschen Einsicht, birgt sich Wahrheit ihr, Der fern, ein Wahres gibt's in keiner Weise. Sie ruht in ihm, wie in der Höhl ein Tier, Sofern sie es erreicht! sie kanns erreichen, Da ja umsonst sonst jegliche Begier.
Übers. W. G. Hertz]
3) Etienne Bonnot de Condillac, Traité des sensations, Paris und London 1754
Der subjektive Geist
Anthropologie
natürliche Seele
Qualitäten
Veränderungen
Empfindung
fühlende Seele
fühlende Seele 2
Selbstgefühl
Die Gewohnheit
wirkliche Seele
Bewußtsein
C. Psychologie. Der Geist
a. Der theoretische Geist
Anschauung
Die Vorstellung
1. Die Erinnerung
2. Die Einbildungskraft
3. Das Gedächtnis
Das Denken
b. Der praktische Geist
Das praktische Gefühl
Die Triebe und die Willkür
Die Glückseligkeit
c. Der freie Geist
“Diese unsere Auffassung der Verrücktheit als einer in der Entwicklung der Seele notwendig hervortretenden Form oder Stufe...” Hegel Kontext>
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