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 G.W.F.Hegel                                                                                                                hegeleliforp03Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse   (1830)

γ. Empfindung            

§ 399

Schlafen und Wachen sind zunächst zwar nicht bloße Veränderungen, sondern wechselnde Zustände (Progreß ins Unendliche). In diesem ihrem formellen, negativen Verhältnis ist aber ebensosehr das affirmative vorhanden. In dem Fürsichsein der wachen Seele ist das Sein als ideelles Moment enthalten;
sie findet so die Inhaltsbestimmtheiten ihrer schlafenden Natur, welche als in ihrer Substanz an sich in derselben sind, in sich selbst, und zwar für sich. Als Bestimmtheit ist dies Besondere von der Identität des Fürsichseins mit sich unterschieden und zugleich in dessen Einfachheit einfach enthalten, - Empfindung.

Zusatz.
Was den dialektischen Fortgang von der erwachenden Seele zur Empfindung betrifft, so haben wir darüber folgendes zu bemerken.
Der nach dem Wachen eintretende Schlaf ist die natürliche Weise der Rückkehr der Seele aus der Differenz zur unterschiedslosen Einheit mit sich. Insoweit der Geist in den Banden der Natürlichkeit befangen bleibt, stellt diese Rückkehr nichts dar als die leere Wiederholung des Anfangs, - einen langweiligen Kreislauf. An sich oder dem Begriffe nach ist aber in jener Rückkehr zugleich ein Fortschritt enthalten. Denn der Übergang des Schlafs in das Wachen und des Wachens in den Schlaf hat für uns das ebenso positive wie negative Resultat, daß sowohl das im Schlafe vorhandene ununterschiedene substantielle Sein der Seele wie das im Erwachen zustandekommende noch ganz abstrakte, noch ganz leere Fürsichsein derselben sich in ihrer Getrenntheit als einseitige, unwahre Bestimmungen erweisen und ihre konkrete Einheit als ihre Wahrheit hervortreten lassen. In dem sich wiederholenden Wechsel von Schlaf und Wachen streben diese Bestimmungen immer nur nach ihrer konkreten Einheit, ohne dieselbe jemals zu erreichen; jede dieser Bestimmungen fällt da aus ihrer eigenen Einseitigkeit immer nur in die Einseitigkeit der entgegengesetzten Bestimmung.
Zur Wirklichkeit aber kommt diese in jenem Wechsel immer nur erstrebte Einheit in der empfindenden Seele. Indem die Seele empfindet, hat sie es mit einer unmittelbaren, seienden, noch nicht durch sie hervorgebrachten, sondern von ihr nur vorgefundenen innerlich oder äußerlich gegebenen, also von ihr nicht abhängenden Bestimmung zu tun. Zugleich ist aber diese Bestimmung in die Allgemeinheit der Seele versenkt, wird dadurch in ihrer Unmittelbarkeit negiert, somit kehrt die empfindende Seele in diesem ihrem Anderen, als in dem Ihrigen, zu sich selber zurück, ist in dem Unmittelbaren, Seienden, welches sie empfindet bei sich selber. So bekommt das im Erwachen vorhandene abstrakte Fürsichsein durch die Bestimmungen, welche an sich in der schlafenden Natur der Seele, in deren substantiellem Sein enthalten sind, seine erste Erfüllung. Durch diese Erfüllung verwirklicht, vergewissert, bewährt die Seele sich ihr Fürsichsein, ihr Erwachtsein, - ist sie nicht bloß für sich, sondern setzt sie sich auch als für sich seiend, als Subjektivität, als Negativität ihrer unmittelbaren Bestimmungen. So erst hat die Seele ihre wahrhafte Individualität erreicht. Dieser subjektive Punkt der Seele steht jetzt nicht mehr abgesondert, gegenüber der Unmittelbarkeit derselben, sondern macht sich in dem Mannigfaltigen geltend, das in jener Unmittelbarkeit der Möglichkeit nach enthalten ist. Die empfindende Seele setzt das Mannigfaltige in ihre Innerlichkeit hinein, sie hebt also den Gegensatz ihres Fürsichseins oder ihrer Subjektivität und ihrer Unmittelbarkeit oder ihres substantiellen Ansichseins auf, - jedoch nicht auf die Weise, daß wie beim Rückgang des Erwachens in den Schlaf ihr Fürsichsein seinem Gegenteil, jenem bloßen Ansichsein, Platz machte, sondern so, daß ihr Fürsichsein in der Veränderung in dem Anderen sich erhält, sich entwickelt und bewährt, die Unmittelbarkeit der Seele aber von der Form eines neben jenem Fürsichsein vorhandenen Zustandes zu einer nur in jenem Fürsichsein bestehenden Bestimmung, folglich zu einem Schein herabgesetzt wird.
Durch das Empfinden ist somit die Seele dahin gekommen, daß das ihre Natur ausmachende Allgemeine in einer unmittelbaren Bestimmtheit für sie wird. Nur durch dies Fürsichwerden ist die Seele empfindend.
Das Nichtanimalische empfindet eben deshalb nicht, weil in demselben das Allgemeine in die Bestimmtheit versenkt bleibt, in dieser nicht für sich wird. Das gefärbte Wasser zum Beispiel ist nur für uns unterschieden von seinem Gefärbtsein und von seiner Ungefärbtheit. Wäre ein und dasselbe Wasser zugleich allgemeines und gefärbtes Wasser, so würde diese unterscheidende Bestimmtheit für das Wasser selber sein, dieses somit Empfindung haben; denn Empfindung hat etwas dadurch, daß dasselbe in seiner Bestimmtheit sich als ein Allgemeines erhält.
In obiger Auseinandersetzung des Wesens der Empfindung ist schon enthalten, daß, wenn im § 398 das Erwachen ein Urteil der individuellen Seele hat genannt werden dürfen - weil dieser Zustand eine Teilung der Seele in eine für sich seiende und in eine nur seiende Seele und zugleich eine unmittelbare Beziehung ihrer Subjektivität auf Anderes hervorbringt -, wir in der Empfindung das Vorhandensein eines Schlusses behaupten und daraus die vermittels der Empfindung erfolgende Vergewisserung des Wachseins ableiten können. Indem wir erwachen, finden wir uns zunächst in einem ganz unbestimmten Unterschiedensein von der Außenwelt überhaupt. Erst wenn wir anfangen zu empfinden, wird dieser Unterschied zu einem bestimmten. Um daher zum völligen Wachsein und zur Gewißheit desselben zu gelangen, öffnen wir die Augen, fassen wir uns an, untersuchen wir, mit einem Wort, ob etwas bestimmtes Anderes, ein bestimmt von uns Unterschiedenes für uns ist. Bei dieser Untersuchung beziehen wir uns auf das Andere nicht mehr geradezu, sondern mittelbar. So ist z. B. die Berührung die Vermittlung zwischen mir und dem Anderen, da sie, von diesen beiden Seiten des Gegensatzes verschieden, doch zugleich beide vereinigt. Hier also, wie bei der Empfindung überhaupt, schließt die Seele vermittels eines zwischen ihr und dem Anderen Stehenden in dem empfundenen Inhalte sich mit sich selber zusammen, reflektiert sich aus dem Anderen in sich, scheidet sich von demselben ab und bestätigt sich dadurch ihr Fürsichsein. Diese Zusammenschließung der Seele mit sich selber ist der Fortschritt, welchen die im Erwachen sich teilende Seele durch ihren Übergang zur Empfindung macht.

§ 400

Die Empfindung ist die Form des dumpfen Webens des Geistes in seiner bewußt- und verstandlosen Individualität, in der alle Bestimmtheit noch unmittelbar ist, nach ihrem Inhalte wie nach dem Gegensatze eines Objektiven gegen das Subjekt unentwickelt gesetzt, als seiner besondersten, natürlichen Eigenheit angehörig. Der Inhalt des Empfindens ist eben damit beschränkt und vorübergehend, weil er dem natürlichen, unmittelbaren Sein, dem qualitativen also und endlichen angehört.

Alles ist in der Empfindung und, wenn man will, alles, was im geistigen Bewußtsein und in der Vernunft hervortritt, hat seine Quelle und Ursprung in derselben; denn Quelle und Ursprung heißt nichts anderes als die erste, unmittelbarste Weise, in der etwas erscheint.
Es genüge nicht, daß Grundsätze, Religion usf. nur im Kopfe seien, sie müssen im Herzen, in der Empfindung sein. In der Tat, was man so im Kopfe hat, ist im Bewußtsein überhaupt und der Inhalt demselben so gegenständlich, daß ebensosehr, als er in mir, dem abstrakten Ich, gesetzt ist, er auch von mir nach meiner konkreten Subjektivität entfernt gehalten werden kann; in der Empfindung dagegen ist solcher Inhalt Bestimmtheit meines ganzen, obgleich in solcher Form dumpfen Fürsichseins; er ist also als mein Eigenstes gesetzt. Das Eigene ist das vom wirklichen konkreten Ich Ungetrennte, und diese unmittelbare Einheit der Seele mit ihrer Substanz und dem bestimmten Inhalte derselben ist eben dies Ungetrenntsein, insofern es nicht zum Ich des Bewußtseins, noch weniger zur Freiheit vernünftiger Geistigkeit bestimmt ist.
Daß übrigens Wille, Gewissen, Charakter noch eine ganz andere Intensität und Festigkeit des Mein-eigen-Seins besitzen als die Empfindung überhaupt und der Komplex derselben, das Herz, liegt auch in den gewöhnlichen Vorstellungen.
- Es ist freilich richtig zu sagen, daß vor allem das Herz gut sein müsse.
Daß aber die Empfindung und das Herz nicht die Form sei, wodurch etwas als religiös, sittlich, wahr, gerecht usf. gerechtfertigt sei, und die Berufung auf Herz und Empfindung entweder ein nur Nichts-Sagendes oder vielmehr Schlechtes-Sagendes ist, sollte für sich nicht nötig sein, erinnert zu werden.
Es kann keine trivialere Erfahrung geben als die, daß es wenigstens gleichfalls böse, schlechte, gottlose, niederträchtige usf. Empfindungen und Herzen gibt; ja, daß aus den Herzen nur solcher Inhalt kommt, ist in den Worten ausgesprochen:
"Aus dem Herzen kommen arge Gedanken, Mord, Ehebruch, Hurerei, Lästerung usf."
1)
In solchen Zeiten, in welchen das Herz und die Empfindung zum Kriterium des Guten, Sittlichen und Religiösen von wissenschaftlicher Theologie und Philosophie gemacht wird, wird es nötig, an jene triviale Erfahrung zu erinnern, ebensosehr als es auch heutigentags nötig ist, überhaupt daran zu mahnen, daß das Denken das Eigenste ist, wodurch der Mensch sich vom Vieh unterscheidet, und daß er das Empfinden mit diesem gemein hat.

Zusatz.
Obgleich auch der dem freien Geiste angehörige, eigentümlich menschliche Inhalt die Form der Empfindung annimmt, so ist diese Form als solche doch eine der tierischen und der menschlichen Seele gemeinsame, daher jenem Inhalt nicht gemäße.
Das Widersprechende zwischen dem geistigen Inhalt und der Empfindung besteht darin, daß jener ein an und für sich Allgemeines, Notwendiges, wahrhaft Objektives, - die Empfindung dagegen etwas Vereinzeltes, Zufälliges, einseitig Subjektives ist. Inwiefern die letztgenannten Bestimmungen von der Empfindung ausgesagt werden müssen, das wollen wir hier kurz erläutern. Wie schon bemerkt, hat das Empfundene wesentlich die Form eines Unmittelbaren, eines Seienden, gleichviel ob dasselbe aus dem freien Geiste oder aus der Sinnenwelt herstamme. Die Idealisierung, welche das der äußeren Natur Angehörende durch das Empfundenwerden erfährt, ist eine noch ganz oberflächliche, von dem vollkommenen Aufheben der Unmittelbarkeit dieses Inhalts fernbleibende. Der an sich diesem seienden Inhalt entgegengesetzte geistige Stoff aber wird in der empfindenden Seele zu einem in der Weise der Unmittelbarkeit Existierenden.
Da nun das Unvermittelte ein Vereinzeltes ist, so hat alles Empfundene die Form eines Vereinzelten.
Dies wird von den Empfindungen des Äußerlichen leicht zugegeben, muß aber auch von den Empfindungen des Innerlichen behauptet werden. Indem das Geistige, das Vernünftige, das Rechtliche, Sittliche und Religiöse in die Form der Empfindung tritt, erhält es die Gestalt eines Sinnlichen, eines Außereinanderliegenden, eines Zusammenhangslosen, bekommt es somit eine Ähnlichkeit mit dem äußerlich Empfundenen, das zwar nur in Einzelheiten, z. B. in einzelnen Farben, empfunden wird, jedoch, wie das Geistige, an sich ein Allgemeines, z. B. Farbe überhaupt, enthält.
Die umfassendere, höhere Natur des Geistigen tritt daher nicht in der Empfindung, sondern erst im begreifenden Denken hervor. In der Vereinzelung des empfundenen Inhalts ist aber zugleich seine Zufälligkeit und seine einseitig subjektive Form begründet.
Die Subjektivität der Empfindung muß nicht unbestimmterweise darin gesucht werden, daß der Mensch durch das Empfinden etwas in sich setzt - denn auch im Denken setzt er etwas in sich -, sondern bestimmter seine natürliche, unmittelbare, einzelne nicht in seine freie, geistige, allgemeine Subjektivität setzt.
Diese natürliche Subjektivität ist eine sich noch nicht selbst bestimmende, ihrem eigenen Gesetze folgende, auf notwendige Weise sich betätigende, sondern eine von außen bestimmte, an diesen Raum und an diese Zeit gebundene, von zufälligen Umständen abhängige. Durch Versetzung in diese Subjektivität wird daher aller Inhalt zu einem zufälligen und erhält Bestimmungen, die nur diesem einzelnen Subjekte angehören.
Es ist deshalb durchaus unstatthaft, sich auf seine bloßen Empfindungen zu berufen. Wer dies tut, der zieht sich von dem allen gemeinsamen Felde der Gründe, des Denkens und der Sache in seine einzelne Subjektivität zurück, in welche - da dieselbe ein wesentlich Passives ist - das Unverständigste und Schlechteste ebensogut wie das Verständige und Gute sich einzudrängen vermag. Aus allem diesem erhellt, daß die Empfindung die schlechteste Form des Geistigen ist und daß dieselbe den besten Inhalt verderben kann. - Zugleich ist in dem Obigen schon enthalten, daß der bloßen Empfindung der Gegensatz eines Empfindenden und eines Empfundenen, eines Subjektiven und eines Objektiven noch fremd bleibt.
Die Subjektivität der empfindenden Seele ist eine so unmittelbare, so unentwickelte, eine so wenig sich selbst bestimmende und unterscheidende, daß die Seele, insofern sie nur empfindet, sich noch nicht als ein einem Objektiven gegenüberstehendes Subjektives erfaßt.
Dieser Unterschied gehört erst dem Bewußtsein an, tritt erst dann hervor, wenn die Seele zu dem abstrakten Gedanken ihres Ichs, ihres unendlichen Fürsichseins gekommen ist.
Von diesem Unterschiede haben wir daher erst in der Phänomenologie zu sprechen. Hier in der Anthropologie haben wir nur den durch den Inhalt der Empfindung gegebenen Unterschied zu betrachten. Dies wird im folgenden Paragraphen geschehen.

§ 401

Was die empfindende Seele in sich findet, ist einerseits das natürliche Unmittelbare, als in ihr ideell und ihr zueigen gemacht. Andererseits wird umgekehrt das ursprünglich dem Fürsichsein, das ist, wie es, weiter in sich vertieft, Ich des Bewußtseins und freier Geist ist, Angehörige zur natürlichen Leiblichkeit bestimmt und so empfunden. Hiernach unterscheidet sich eine Sphäre des Empfindens, welches zuerst Bestimmung der Leiblichkeit (des Auges usf., überhaupt jedes körperlichen Teils) ist, die dadurch Empfindung wird, daß sie im Fürsichsein der Seele innerlich gemacht, erinnert wird, - und eine andere Sphäre der im Geiste entsprungenen, ihm angehörigen Bestimmtheiten, die, um als gefundene zu sein, um empfunden zu werden, verleiblicht werden. So ist die Bestimmtheit im Subjekt als in der Seele gesetzt. Wie die weitere Spezifikation jenes Empfindens in dem Systeme der Sinne vorliegt, so systematisieren sich notwendig auch die Bestimmtheiten des Empfindens, die aus dem Innern kommen; und deren Verleiblichung, als in der lebendigen, konkret entwickelten Natürlichkeit gesetzt, führt sich nach dem besonderen Inhalt der geistigen Bestimmung in einem besonderen Systeme oder Organe des Leibes aus.

Das Empfinden überhaupt ist das gesunde Mitleben des individuellen Geistes in seiner Leiblichkeit.
Die Sinne sind das einfache System der spezifizierten Körperlichkeit;
1. die physische Idealität zerfällt in zwei, weil in ihr als unmittelbarer, noch nicht subjektiver Idealität der Unterschied als Verschiedenheit erscheint, die Sinne des bestimmten Lichts (vgl. § 317 ff.) und des Klangs (§ 300).
2. Die differente Realität ist sogleich für sich eine gedoppelte, - die Sinne des Geruchs und Geschmacks
(§ 321, 322);
3. der Sinn der gediegenen Realität, der schweren Materie, der Wärme (§ 303), der Gestalt (§ 310).
Um den Mittelpunkt der empfindenden Individualität ordnen sich diese Spezifikationen einfacher als in der Entwicklung der natürlichen Körperlichkeit.
Das System des inneren Empfindens in seiner sich verleiblichenden Besonderung wäre würdig, in einer eigentümlichen Wissenschaft, einer psychischen Physiologie, ausgeführt und abgehandelt zu werden.
Etwas von einer Beziehung dieser Art enthält schon die Empfindung der Angemessenheit oder Unangemessenheit einer unmittelbaren Empfindung zu dem für sich bestimmten sinnlichen Innern,
 - das Angenehme oder Unangenehme; wie auch die bestimmte Vergleichung im Symbolisieren der Empfindungen, z. B. von Farben, Tönen, Gerüchen usf.
Aber es würde die interessanteste Seite einer psychischen Physiologie sein, nicht die bloße Sympathie, sondern bestimmter die Verleiblichung zu betrachten, welche sich geistige Bestimmungen insbesondere als Affekte geben. Es wäre der Zusammenhang zu begreifen, durch welchen der Zorn und Mut in der Brust, im Blute, im irritablen Systeme, wie Nachdenken, geistige Beschäftigung im Kopfe, dem Zentrum des sensiblen Systemes, empfunden wird. Es wäre ein gründlicheres Verständnis als bisher über die bekanntesten Zusammenhänge zu fassen, durch welche von der Seele heraus die Träne, die Stimme überhaupt, näher die Sprache, Lachen, Seufzen, und dann noch viele andere Partikularisationen sich bilden, die gegen das Pathognomische und Physiognomische zu liegen. Die Eingeweide und Organe werden in der Physiologie als Momente nur des animalischen Organismus betrachtet, aber sie bilden zugleich ein System der Verleiblichung des Geistigen und erhalten hierdurch noch eine ganz andere Deutung.

Zusatz.
Der Inhalt der Empfindung ist entweder ein aus der Außenwelt stammender oder ein dem Innern der Seele angehöriger, die Empfindung also entweder eine äußerliche oder eine innerliche.
Die letztere Art der Empfindungen haben wir hier nur insofern zu betrachten, als dieselben sich verleiblichen; nach der Seite ihrer Innerlichkeit fallen sie in das Gebiet der Psychologie.
Dagegen sind die äußerlichen Empfindungen ausschließlich Gegenstand der Anthropologie.
Das nächste, was wir über die Empfindungen der letztgenannten Art zu sagen haben, ist, daß wir dieselben durch die verschiedenen Sinne erhalten. Das Empfindende ist hierbei von außen bestimmt, d. h. seine Leiblichkeit wird von etwas Äußerlichem bestimmt. Die verschiedenen Weisen dieses Bestimmtseins machen die verschiedenen äußeren Empfindungen aus. Jede solche verschiedene Weise ist eine allgemeine Möglichkeit des Bestimmtwerdens, ein Kreis von einzelnen Empfindungen.
So enthält zum Beispiel das Sehen die unbestimmte Möglichkeit vielfacher Gesichtsempfindungen.
Die allgemeine Natur des beseelten Individuums zeigt sich auch darin, daß dasselbe in den bestimmten Weisen des Empfindens nicht an etwas Einzelnes gebunden ist, sondern einen Kreis von Einzelheiten umfaßt. Könnte ich hingegen nur Blaues sehen, so wäre diese Beschränkung eine Qualität von mir.
Aber da ich, im Gegensatze gegen die natürlichen Dinge, das in der Bestimmtheit bei sich selber seiende Allgemeine bin, so sehe ich überhaupt Farbiges oder vielmehr die sämtlichen Verschiedenheiten des Farbigen.
Die allgemeinen Weisen des Empfindens beziehen sich auf die in der Naturphilosophie als notwendig zu erweisenden verschiedenen physikalischen und chemischen Bestimmtheiten des Natürlichen und sind durch die verschiedenen Sinnesorgane vermittelt. Daß überhaupt die Empfindung des Äußerlichen in solche verschiedene, gegeneinander gleichgültige Weisen des Empfindens auseinanderfällt, das liegt in der Natur ihres Inhalts, da dieser ein sinnlicher, das Sinnliche aber mit dem Sichselbstäußerlichen so synonym ist, daß selbst die innerlichen Empfindungen durch ihr einander Äußerlichsein zu etwas Sinnlichem werden.
Warum wir nun aber gerade die bekannten fünf Sinne - nicht mehr und nicht weniger, und eben diese so unterschiedenen - haben, davon muß in der philosophischen Betrachtung die vernünftige Notwendigkeit nachgewiesen werden. Dies geschieht, indem wir die Sinne als Darstellungen der Begriffsmomente fassen. Dieser Momente sind, wie wir wissen, nur drei. A
ber die Fünfzahl der Sinne reduziert sich ganz natürlich auf drei Klassen von Sinnen.
Die erste wird von den Sinnen der physischen Idealität, die zweite von denen der realen Differenz gebildet; in die dritte fällt der Sinn der irdischen Totalität.
Als Darstellungen der Begriffsmomente müssen diese drei Klassen, jede in sich selber, eine Totalität bilden. Nun enthält aber die erste Klasse den Sinn des abstrakt Allgemeinen, des abstrakt Ideellen, also des nicht wahrhaft Totalen. Die Totalität kann daher hier nicht als eine konkrete, sondern nur als eine außereinanderfallende, als eine in sich selber entzweite, an zwei abstrakte Momente verteilte vorhanden sein. Deswegen umfaßt die erste Klasse zwei Sinne - das Sehen und das Hören. Für das Sehen ist das Ideelle als ein einfach sich auf sich Beziehendes, für das Gehör als ein durch die Negation des Materiellen sich Hervorbringendes. Die zweite Klasse stellt, als die Klasse der Differenz, die Sphäre des Prozesses, der Scheidung und Auflösung der konkreten Körperlichkeit dar. Aus der Bestimmung der Differenz folgt aber sogleich eine Doppelheit der Sinne dieser Klasse. Die zweite Klasse enthält daher den Sinn des Geruchs und des Geschmacks. Jener ist der Sinn des abstrakten, dieser der Sinn des konkreten Prozesses.
Die dritte Klasse endlich begreift nur einen Sinn, das Gefühl, weil das Gefühl der Sinn der konkreten Totalität ist.
Betrachten wir jetzt die einzelnen Sinne etwas näher.
Das Gesicht ist der Sinn desjenigen physischen Ideellen, welches wir das Licht nennen. Von diesem können wir sagen, daß dasselbe gleichsam der physikalisch gewordene Raum sei.
Denn das Licht ist, wie der Raum, ein Untrennbares, ein ungetrübt Ideelles, die absolut bestimmungslose Extension, ohne alle Reflexion-in-sich, - insofern ohne Innerlichkeit. Das Licht manifestiert Anderes, dies Manifestieren macht sein Wesen aus; aber in sich selber ist es abstrakte Identität mit sich, das innerhalb der Natur selber hervortretende Gegenteil des Außereinanderseins der Natur, also die immaterielle Materie. Darum leistet das Licht keinen Widerstand, hat es keine Schranke in sich, dehnt es sich nach allen Seiten ins Ungemessene aus, ist es absolut leicht, imponderabel. Nur mit diesem ideellen Elemente und mit dessen Trübung durch das Finstere, d. h. mit der Farbe hat das Gesicht es zu tun.
Die Farbe ist das Gesehene, das Licht das Mittel des Sehens.
Das eigentlich Materielle der Körperlichkeit dagegen geht uns beim Sehen noch nichts an.
Die Gegenstände, die wir sehen, können daher fern von uns sein. Wir verhalten uns dabei zu den Dingen gleichsam nur theoretisch, noch nicht praktisch, denn wir lassen dieselben beim Sehen ruhig als ein Seiendes bestehen und beziehen uns nur auf ihre ideelle Seite. Wegen dieser Unabhängigkeit des Gesichts von der eigentlichen Körperlichkeit kann man dasselbe den edelsten Sinn nennen. Andererseits ist das Gesicht ein sehr unvollkommener Sinn, weil durch denselben der Körper nicht als räumliche Totalität, nicht als Körper, sondern immer nur als Fläche, nur nach den beiden Dimensionen der Breite und Höhe unmittelbar an uns kommt und wir erst dadurch, daß wir uns gegen den Körper verschiedene Standpunkte geben, denselben nacheinander in allen seinen Dimensionen, in seiner totalen Gestalt zu sehen bekommen. Ursprünglich erscheinen, wie wir an den Kindern beobachten können, dem Gesichte, eben weil es die Tiefe nicht unmittelbar sieht, die entferntesten Gegenstände mit den nächsten auf einer und derselben Fläche.
Erst indem wir bemerken, daß der durch das Gefühl wahrgenommenen Tiefe ein Dunkles, ein Schatten entspricht, kommen wir dahin, daß wir da, wo uns ein Schatten sichtbar wird, eine Tiefe zu sehen glauben. Damit hängt zusammen, daß wir das Maß der Entfernung der Körper nicht unmittelbar durch das Gesicht wahrnehmen, sondern nur aus dem Kleiner- oder Größererscheinen der Gegenstände erschließen können.
Dem Gesicht, als dem Sinne der innerlichkeitslosen Idealität, steht das Gehör als der Sinn der reinen Innerlichkeit des Körperlichen gegenüber.
Wie sich das Gesicht auf den physikalisch gewordenen Raum, auf das Licht, bezieht, so bezieht sich das Gehör auf die physikalisch gewordene Zeit, auf den Ton. Denn der Ton ist das Zeitlichgesetztwerden der Körperlichkeit, die Bewegung, das Schwingen des Körpers in sich selber, ein Erzittern, eine mechanische Erschütterung, bei welcher der Körper, ohne seinen relativen Ort als ganzer Körper verändern zu müssen, nur seine Teile bewegt, seine innere Räumlichkeit zeitlich setzt, also sein gleichgültiges Außereinandersein aufhebt und durch diese Aufhebung seine reine Innerlichkeit hervortreten läßt, aus der oberflächlichen Veränderung, welche er durch die mechanische Erschütterung erlitten hat, sich jedoch unmittelbar wiederherstellt. Das Medium aber, durch welches der Ton an unser Gehör kommt, ist nicht bloß das Element der Luft, sondern in noch höherem Maße die zwischen uns und dem tönenden Gegenstande befindliche konkrete Körperlichkeit, zum Beispiel die Erde, an welche gehalten das Ohr mitunter Kanonaden vernommen hat, die durch die bloße Vermittlung der Luft nicht gehört werden konnten.
Die Sinne der zweiten Klasse treten in Beziehung zur reellen Körperlichkeit. Sie haben es aber mit dieser noch nicht insofern zu tun, als dieselbe für sich ist, Widerstand leistet, sondern nur insofern diese sich in ihrer Auflösung befindet, in ihren Prozeß eingeht. Dieser Prozeß ist etwas Notwendiges.
Allerdings werden die Körper zum Teil durch äußerliche, zufällige Ursachen zerstört; aber außer diesem zufälligen Untergange gehen die Körper durch ihre eigene Natur unter, verzehren sie sich selber, jedoch so, daß ihr Verderben den Schein hat, von außen an sie heranzukommen. So ist es die Luft, durch deren Einwirkung der Prozeß des stillen, unmerkbaren Sichverflüchtigens aller Körper, das Verduften der vegetabilischen und der animalischen Gebilde entsteht. Obgleich nun sowohl der Geruch wie der Geschmack zu der sich auflösenden Körperlichkeit in Beziehung stehen, so unterscheiden sich diese beiden Sinne voneinander doch dadurch, daß der Geruch den Körper in dem abstrakten, einfachen, unbestimmten Prozesse der Verflüchtigung oder Verduftung empfängt, - der Geschmack hingegen auf den realen konkreten Prozeß des Körpers und auf die in diesem Prozeß hervortretenden chemischen Bestimmtheiten des Süßen, des Bitteren, des Kaligen, des Saueren und des Salzigen sich bezieht.
Beim Geschmack wird ein unmittelbares Berühren des Gegenstandes nötig, während selbst noch der Geruchssinn einer solchen Berührung nicht bedarf, dieselbe aber beim Hören noch weniger nötig ist und beim Sehen gar nicht stattfindet.
Die dritte Klasse enthält, wie schon bemerkt, nur den einen Sinn des Gefühls. Insofern dieses vornehmlich in den Fingern seinen Sitz hat, nennt man dasselbe auch den Tastsinn. Das Gefühl ist der konkreteste aller Sinne. Denn seine unterschiedene Wesenheit besteht in der Beziehung - weder auf das abstrakt allgemeine oder ideelle Physikalische noch auf die sich scheidenden Bestimmtheiten des Körperlichen, sondern auf die gediegene Realität des letzteren. Erst für das Gefühl ist daher eigentlich ein für sich bestehendes Anderes, ein für sich seiendes Individuelles, gegenüber dem Empfindenden als einem gleichfalls für sich seienden Individuellen. In das Gefühl fällt deshalb die Affektion der Schwere, d. h. der gesuchten Einheit der für sich beharrenden, nicht in den Prozeß der Auflösung eingehenden, sondern Widerstand leistenden Körper. Überhaupt ist für das Gefühl das materielle Fürsichsein. Zu den verschiedenen Weisen dieses Fürsichseins gehört aber nicht nur das Gewicht, sondern auch die Art der Kohäsion - das Harte, das Weiche, das Steife, das Spröde, das Rauhe, das Glatte. Zugleich mit der beharrenden, festen Körperlichkeit ist jedoch für das Gefühl auch die Negativität des Materiellen als eines für sich Bestehenden, - nämlich die Wärme.
Durch diese wird die spezifische Schwere und die Kohäsion der Körper verändert.
Diese Veränderung betrifft somit dasjenige, wodurch der Körper wesentlich Körper ist. Insofern kann man daher sagen, daß auch in der Affektion der Wärme die gediegene Körperlichkeit für das Gefühl sei.
Endlich fällt noch die Gestalt nach ihren drei Dimensionen dem Gefühl anheim; denn ihm gehört überhaupt die mechanische Bestimmtheit vollständig an.
Außer den angegebenen qualitativen Unterschieden haben die Sinne auch eine quantitative Bestimmung des Empfindens, eine Stärke oder Schwäche desselben. Die Quantität erscheint hier notwendig als intensive Größe, weil die Empfindung ein Einfaches ist. So ist zum Beispiel die Empfindung des von einer bestimmten Masse auf den Gefühlssinn ausgeübten Druckes etwas Intensives, obgleich dies Intensive auch extensiv, nach Maßen, Pfunden usw., existiert. Die quantitative Seite der Empfindung bietet aber der philosophischen Betrachtung selbst insofern kein Interesse dar, als jene quantitative Bestimmung auch qualitativ wird und dadurch ein Maß bildet, über welches hinaus die Empfindung zu stark und daher schmerzlich, und unter welchem sie unmerkbar wird.
Wichtig für die philosophische Anthropologie wird dagegen die Beziehung der äußeren Empfindungen auf das Innere des empfindenden Subjekts. Dies Innere ist nicht ein durchaus Unbestimmtes, Ununterschiedenes. Schon darin, daß die Größe der Empfindung eine intensive ist und ein gewisses Maß haben muß, liegt eine Beziehung der Affektion auf ein An-und-für-sich-Bestimmtsein des Subjekts, eine gewisse Bestimmtheit der Empfindsamkeit desselben, - eine Reaktion der Subjektivität gegen die Äußerlichkeit, somit der Keim oder Beginn der inneren Empfindung. Durch diese innerliche Bestimmtheit des Subjekts unterscheidet sich bereits das äußere Empfinden des Menschen mehr oder weniger von dem der Tiere.
Diese können zum Teil in gewissen Verhältnissen Empfindungen von etwas Äußerlichem haben, das für die menschliche Empfindung noch nicht vorhanden ist. So sollen zum Beispiel die Kamele schon meilenweit Quellen und Ströme riechen.
Mehr aber als durch jenes eigentümliche Maß der Empfindsamkeit wird die äußere Empfindung durch ihre Beziehung auf das geistige Innere zu etwas eigentümlich Anthropologischem. Diese Beziehung hat nun mannigfaltige Seiten, die jedoch noch nicht alle hier schon in unsere Betrachtung gehören. Ausgeschlossen von dieser bleibt hier namentlich die Bestimmung der Empfindung als einer angenehmen oder unangenehmen - dies mehr oder weniger mit Reflexion durchflochtene Vergleichen der äußeren Empfindung mit unserer an und für sich bestimmten Natur, deren Befriedigung oder Nichtbefriedigung durch eine Affektion diese im ersten Fall zu einer angenehmen, im zweiten zur unangenehmen macht.
Ebensowenig kann hier schon die Erweckung der Triebe durch die Affektionen in den Kreis unserer Untersuchung gezogen werden. Diese Erweckung gehört in das uns hier noch fernliegende Gebiet des praktischen Geistes. Was wir an dieser Stelle zu betrachten haben, das ist einzig und allein das bewußtlose Bezogenwerden der äußeren Empfindung auf das geistige Innere. Durch diese Beziehung entsteht in uns dasjenige, was wir Stimmung nennen, - eine Erscheinung des Geistes, von welcher sich zwar
(so wie von der Empfindung des Angenehmen oder Unangenehmen und von der Erweckung der Triebe durch die Affektionen) bei den Tieren ein Analogon findet, die jedoch (wie die eben genannten anderen geistigen Erscheinungen) zugleich einen eigentümlich menschlichen Charakter hat und die ferner, in dem von uns angegebenen engeren Sinne, zu etwas Anthropologischem dadurch wird, daß sie etwas vom Subjekt noch nicht mit vollem Bewußtsein Gewußtes ist. Schon bei Betrachtung der noch nicht zur Individualität fortgeschrittenen natürlichen Seele haben wir von Stimmungen derselben zu reden gehabt, die einem Äußerlichen entsprechen. Dies Äußerliche waren aber dort noch ganz allgemeine Umstände, von welchen man eben wegen ihrer unbestimmten Allgemeinheit eigentlich noch nicht sagen kann, daß sie empfunden werden. Auf dem Standpunkt hingegen, bis zu welchem wir bis jetzt die Entwicklung der Seele fortgeführt haben, ist die äußerliche Empfindung selber das die Stimmung Erregende.
Diese Wirkung wird aber von der äußerlichen Empfindung insofern hervorgebracht, als sich mit dieser unmittelbar, d. h. ohne daß dabei die bewußte Intelligenz mitzuwirken brauchte, eine innere Bedeutung verknüpft. Durch diese Bedeutung wird die äußerliche Empfindung zu etwas Symbolischem.
Dabei ist jedoch zu bemerken, daß hier noch nicht ein Symbol in der eigentlichen Bedeutung dieses Wortes vorhanden ist; streng genommen gehört zum Symbol ein von uns unterschiedener äußerlicher Gegenstand, in welchem wir uns einer innerlichen Bestimmtheit bewußt werden oder den wir überhaupt auf eine solche Bestimmtheit beziehen. Bei der durch eine äußerliche Empfindung erregten Stimmung verhalten wir uns aber noch nicht zu einem von uns unterschiedenen äußerlichen Gegenstande, sind wir noch nicht Bewußtsein. Folglich erscheint wie gesagt, hier das Symbolische noch nicht in seiner eigentlichen Gestalt.
Die durch die symbolische Natur der Affektionen erregten geistigen Sympathien sind nun etwas sehr wohl Bekanntes. Wir erhalten dergleichen von Farben, Tönen, Gerüchen, Geschmäcken, und auch von demjenigen, was für den Gefühlssinn ist.
- Was die Farben betrifft, so gibt es ernste, fröhliche, feurige, kalte, traurige und sanfte Farben.
Man wählt daher bestimmte Farben als Zeichen der in uns vorhandenen Stimmung. So nimmt man für den Ausdruck der Trauer, der inneren Verdüsterung, der Umnachtung des Geistes die Farbe der Nacht, des vom Licht nicht erhellten Finsteren, das farblose Schwarz.
Auch die Feierlichkeit und Würde wird durch Schwarz bezeichnet, weil in demselben das Spiel der Zufälligkeit, Mannigfaltigkeit und Veränderlichkeit keine Stelle findet. Das reine, lichtvolle, heitere Weiß entspricht dagegen der Einfachheit und Heiterkeit der Unschuld. Die eigentlichen Farben haben sozusagen eine konkretere Bedeutung als Schwarz und Weiß. So hat das Purpurrot von jeher für die königliche Farbe gegolten; denn dasselbe ist die machtvollste, für das Auge angreifendste Farbe, - die Durchdringung des Hellen und des Dunklen in der ganzen Stärke ihrer Einheit und ihres Gegensatzes.
Das Blau hingegen, als die dem passiven Dunklen sich zuneigende einfache Einheit des Hellen und Dunklen, ist das Symbol der Sanftmut, der Weiblichkeit, der Liebe und der Treue, weshalb denn auch die Maler die Himmelskönigin fast immer in blauem Gewande gemalt haben.
Das Gelb ist nicht bloß das Symbol einer gewöhnlichen Heiterkeit, sondern auch des gelbsüchtigen Neides. Allerdings kann bei der Wahl der Farbe für die Bekleidung viel Konventionelles herrschen; zugleich offenbart sich jedoch, wie wir bemerklich gemacht haben, in jener Wahl ein vernünftiger Sinn.
Auch der Glanz und die Mattigkeit der Farbe haben etwas Symbolisches; jener entspricht der in glänzenden Lagen gewöhnlich heiteren Stimmung des Menschen, - das Matte der Farbe hingegen der prunkverschmähenden Einfachheit und Ruhe des Charakters. Am Weißen selbst findet sich ein Unterschied des Glanzes und der Mattigkeit, je nachdem es zum Beispiel an Leinwand, an Baumwolle oder an Seide erscheint; und für das Symbolische dieses Unterschiedes trifft man bei vielen Völkern ein bestimmtes Gefühl.
Außer den Farben sind es besonders die Töne, welche eine entsprechende Stimmung in uns hervorbringen. Vornehmlich gilt dies von der menschlichen Stimme, denn diese ist die Hauptweise, wie der Mensch sein Inneres kundtut; was er ist, das legt er in seine Stimme. In dem Wohlklange derselben glauben wir daher die Schönheit der Seele des Sprechenden, in der Rauhigkeit seiner Stimme ein rohes Gefühl mit Sicherheit zu erkennen. So wird durch den Ton in dem ersteren Falle unsere Sympathie, in dem letzteren unsere Antipathie erweckt. Besonders aufmerksam auf das Symbolische der menschlichen Stimme sind die Blinden. Es wird sogar versichert, daß dieselben die körperliche Schönheit des Menschen an dem Wohlklange seiner Stimme erkennen wollen, - daß sie selbst die Pockennarbigkeit an einem leisen Sprechen durch die Nase zu hören vermeinen.
Soviel über die Beziehung der äußerlichen Empfindungen auf das geistige Innere. Schon bei Betrachtung dieser Beziehung haben wir gesehen, daß das Innere des Empfindenden kein durchaus Leeres, kein vollkommen Unbestimmtes, sondern vielmehr ein an und für sich Bestimmtes ist. Dies gilt schon von der tierischen Seele, in unvergleichlich höherem Maße jedoch vom menschlichen Inneren. In diesem findet sich daher ein Inhalt, der für sich nicht ein äußerlicher, sondern ein innerlicher ist. Zum Empfundenwerden dieses Inhalts ist aber einerseits eine äußerliche Veranlassung, andererseits eine Verleiblichung des innerlichen Inhalts, also eine Verwandlung oder Beziehung desselben notwendig, die das Gegenteil von derjenigen Beziehung ausmacht, in welche der von den äußerlichen Sinnen gegebene Inhalt durch seine symbolische Natur gebracht wird. Wie die äußeren Empfindungen sich symbolisieren, d. h. auf das geistige Innere bezogen werden, so entäußern, verleiblichen sich die inneren Empfindungen notwendigerweise, weil sie der natürlichen Seele angehören, folglich seiende sind, somit ein unmittelbares Dasein gewinnen müssen, in welchem die Seele für sich wird. Wenn wir von der inneren Bestimmung des empfindenden Subjekts, ohne Beziehung auf deren Verleiblichung, sprechen, so betrachten wir dies Subjekt auf die Weise, wie dasselbe nur für uns, aber noch nicht für sich selber in seiner Bestimmung bei sich ist, sich in ihr empfindet.
Erst durch die Verleiblichung der inneren Bestimmungen kommt das Subjekt dahin, dieselben zu empfinden, denn zu ihrem Empfundenwerden ist notwendig, daß sie sowohl von dem Subjekt unterschieden als mit demselben identisch gesetzt werden; beides geschieht aber erst durch die Entäußerung, durch die Verleiblichung der inneren Bestimmungen des Empfindenden. Das Verleiblichen jener mannigfaltigen inneren Bestimmungen setzt einen Kreis von Leiblichkeit, in welchem dasselbe erfolgt, voraus.
Dieser Kreis, diese beschränkte Sphäre ist mein Körper. Derselbe bestimmt sich so als Empfindungssphäre, sowohl für die inneren wie für die äußeren Bestimmungen der Seele. Die Lebendigkeit dieses meines Körpers besteht darin, daß seine Materialität nicht für sich zu sein vermag, mir keinen Widerstand leisten kann, sondern mir unterworfen, von meiner Seele überall durchdrungen und für dieselbe ein Ideelles ist. Durch diese Natur meines Körpers wird die Verleiblichung meiner Empfindungen möglich und notwendig, - werden die Bewegungen meiner Seele unmittelbar zu Bewegungen meiner Körperlichkeit.
Die inneren Empfindungen sind nun von doppelter Art:
erstens solche, die meine in irgendeinem besonderen Verhältnisse oder Zustande befindliche unmittelbare Einzelheit betreffen; dahin gehören zum Beispiel Zorn, Rache, Neid, Scham, Reue;
zweitens solche, die sich auf ein an und für sich Allgemeines - auf Recht, Sittlichkeit, Religion, auf das Schöne und Wahre - beziehen.
Beide Arten der inneren Empfindungen haben, wie schon früher bemerkt, das Gemeinsame, daß sie Bestimmungen sind, welche mein unmittelbar einzelner, mein natürlicher Geist in sich findet.
Einerseits können beide Arten sich einander nähern, indem entweder der empfundene rechtliche, sittliche und religiöse Inhalt immer mehr die Form der Vereinzelung erhält oder umgekehrt die zunächst das einzelne Subjekt betreffenden Empfindungen einen stärkeren Zusatz von allgemeinem Inhalt bekommen.
Andererseits tritt der Unterschied beider Arten der inneren Empfindungen immer stärker hervor, je mehr sich die rechtlichen, sittlichen und religiösen Gefühle von der Beimischung der zufälligen Besonderheit des Subjekts befreien und sich dadurch zu reinen Formen des an und für sich Allgemeinen erheben.
In eben dem Maße aber, wie in den inneren Empfindungen das Einzelne dem Allgemeinen weicht, vergeistigen sich dieselben, verliert somit ihre Äußerung an Leiblichkeit der Erscheinung.
Daß der nähere Inhalt der innerlichen Empfindung hier in der Anthropologie noch nicht Gegenstand unserer Auseinandersetzung sein kann, das haben wir bereits oben ausgesprochen. Wie wir den Inhalt der äußeren Empfindungen aus der uns hier im Rücken liegenden Naturphilosophie als einen daselbst in seiner vernünftigen Notwendigkeit erwiesenen aufgenommen haben, so müssen wir den Inhalt der inneren Empfindungen als einen erst im dritten Teile der Lehre vom subjektiven Geiste seine eigentliche Stelle findenden hier, so weit es nötig ist, antizipieren. Unser Gegenstand ist für jetzt nur die Verleiblichung der inneren Empfindungen, und zwar bestimmter die unwillkürlich erfolgende, nicht die von meinem Willen abhängende Verleiblichung meiner Empfindungen vermittels der Gebärde. Die letztere Art der Verleiblichung gehört noch nicht hierher, weil dieselbe voraussetzt, daß der Geist schon über seine Leiblichkeit Herr geworden sei, dieselbe mit Bewußtsein zu einem Ausdrucke seiner innerlichen Empfindungen gemacht habe - etwas, das hier noch nicht stattgefunden hat.
An dieser Stelle haben wir, wie gesagt, nur den unmittelbaren Übergang der innerlichen Empfindung in die leibliche Weise des Daseins zu betrachten, welche Verleiblichung zwar auch für andere sichtbar werden, sich zu einem Zeichen der inneren Empfindung gestalten kann, aber nicht notwendig - und jedenfalls ohne den Willen des Empfindenden - zu einem solchen Zeichen wird.
Wie nun der Geist für die in bezug auf andere geschehende Darstellung seines Inneren vermittels der Gebärde die Glieder seines nach außen gerichteten, seines - wie Bichat2) sich ausdrückt - animalischen Lebens, das Gesicht, die Hände und die Füße, gebraucht, so müssen dagegen die Glieder des nach innen gekehrten Lebens, die sogenannten edlen Eingeweide, vorzugsweise als die Organe bezeichnet werden, in welchen für das empfindende Subjekt selber, aber nicht notwendig für andere die inneren Empfindungen desselben auf unmittelbare, unwillkürliche Weise sich verleiblichen.
Die Haupterscheinungen dieser Verleiblichung sind einem jeden schon durch die Sprache bekannt, die darüber manches enthält, das für tausendjährigen Irrtum nicht wohl erklärt werden kann. Im allgemeinen mag bemerkt werden, daß die inneren Empfindungen sowohl der Seele als dem ganzen Leibe teils zuträglich, teils schädlich und sogar verderblich sein können. Heiterkeit des Gemüts erhält, Kummer untergräbt die Gesundheit. Die durch Kummer und Schmerz in der Seele entstehende, sich auf leibliche Weise zur Existenz bringende Hemmung kann, wenn dieselbe plötzlich erfolgt und ein gewisses Übermaß erreicht, den Tod oder den Verlust des Verstandes herbeiführen. Ebenso gefährlich ist zu große plötzliche Freude; durch dieselbe entsteht, wie durch übermächtigen Schmerz, für die Vorstellung ein so schneidender Widerspruch zwischen den bisherigen und den jetzigen Verhältnissen des empfindenden Subjekts, eine solche Entzweiung des Innern, daß deren Verleiblichung die Zersprengung des Organismus, den Tod, oder die Verrücktheit zur Folge zu haben vermag. Der charaktervolle Mensch ist jedoch solchen Einwirkungen viel weniger ausgesetzt als andere, da sein Geist sich von seiner Leiblichkeit weit freier gemacht und in sich eine viel festere Haltung gewonnen hat als ein an Vorstellungen und Gedanken armer, natürlicher Mensch, der nicht die Kraft besitzt, die Negativität eines plötzlich hereinbrechenden gewaltigen Schmerzes zu ertragen.
Selbst aber wenn diese Verleiblichung in keinem vernichtenden Grade exzitierend oder deprimierend wirkt, wird sie doch mehr oder weniger unmittelbar den ganzen Organismus ergreifen, da in demselben alle Organe und alle Systeme in lebendiger Einheit miteinander sich befinden. Gleichwohl ist nicht zu leugnen, daß die inneren Empfindungen, nach der Verschiedenheit ihres Inhalts, zugleich ein besonderes Organ haben, in welchem sie sich zunächst und vorzugsweise verleiblichen. Dieser Zusammenhang der bestimmten Empfindung mit ihrer besonderen leiblichen Erscheinungsweise kann durch einzelne, wider die Regel laufende Fälle nicht widerlegt werden. Solche der Ohnmacht der Natur zur Last fallende Ausnahmen berechtigen nicht, jenen Zusammenhang für einen rein zufälligen zu erklären und etwa zu meinen, der Zorn könne ganz ebensogut wie im Herzen auch im Unterleibe oder im Kopfe gefühlt werden.
Schon die Sprache hat so viel Verstand, daß sie Herz für Mut, Kopf für Intelligenz und nicht etwa Herz für Intelligenz gebraucht. Der Wissenschaft aber liegt es ob, die notwendige Beziehung zu zeigen, welche zwischen einer bestimmten innerlichen Empfindung und der physiologischen Bedeutung des Organes herrscht, in welchem dieselbe sich verleiblicht. Wir wollen die allgemeinsten, diesen Punkt betreffenden Erscheinungen hier kurz berühren.
- Es gehört zu den ausgemachtesten Erfahrungen, daß der Kummer, dies ohnmächtige Sich-in-sich-Vergraben der Seele, vornehmlich als Unterleibskrankheit, also im Reproduktionssysteme, folglich in demjenigen Systeme sich verleiblicht, welches die negative Rückkehr des animalischen Subjektes zu sich selber darstellt.
Der Mut und der Zorn dagegen, dies negative Nach-außen-Gerichtetsein gegen eine fremde Kraft, gegen eine uns empörende Verletzung, hat seinen unmittelbaren Sitz in der Brust, im Herzen, dem Mittelpunkte der Irritabilität, des negativen Hinaustreibens. Im Zorne schlägt das Herz, wird das Blut heißer, steigt dies ins Gesicht und spannen sich die Muskeln. Dabei, besonders beim Ärger, wo der Zorn mehr innerlich bleibt, als kräftig sich austobt, kann allerdings die schon dem Reproduktionssysteme angehörende Galle überlaufen, und zwar in dem Grade, daß Gelbsucht entsteht. Es muß aber darüber bemerkt werden, daß die Galle gleichsam das Feurige ist, durch dessen Ergießung das Reproduktionssystem sozusagen seinen Zorn, seine Irritabilität an den Speisen ausläßt, dieselben unter Mitwirkung des von der Pankreas ausgeschütteten animalischen Wassers auflöst und verzehrt. - Die mit dem Zorn nahverwandte Scham verleiblicht sich gleichfalls im Blutsystem. Sie ist ein beginnender, ein bescheidener Zorn des Menschen über sich selber, denn sie enthält eine Reaktion gegen den Widerspruch meiner Erscheinung mit dem, was ich sein soll und sein will, - also eine Verteidigung meines Inneren gegen meine unangemessene Erscheinung.
Dies geistige Nach-außen-Gerichtetsein verleiblicht sich dadurch, daß das Blut in das Gesicht getrieben wird, daß somit der Mensch errötet und auf diese Weise seine Erscheinung ändert. Im Gegensatz gegen die Scham äußert sich der Schrecken, dies Insichzusammenfahren der Seele vor einem ihr unüberwindlich scheinenden Negativen, durch ein Zurückweichen des Blutes aus den Wangen, durch Erblassen sowie durch Erzittern. Wenn dagegen die Natur die Verkehrtheit begeht, einige Menschen zu schaffen, die vor Scham erbleichen und vor Furcht erröten, so darf die Wissenschaft sich durch solche Inkonsequenzen der Natur nicht verhindern lassen, das Gegenteil dieser Unregelmäßigkeiten als Gesetz anzuerkennen.
- Auch das Denken endlich, insofern es ein Zeitliches ist und der unmittelbaren Individualität angehört, hat eine leibliche Erscheinung, wird empfunden, und zwar besonders im Kopfe, im Gehirn, überhaupt im System der Sensibilität, des einfachen allgemeinen Insichseins des empfindenden Subjekts.
In allen soeben betrachteten Verleiblichungen des Geistigen findet nur dasjenige Äußerlichwerden der Seelenbewegungen statt, welches zum Empfinden dieser letzteren notwendig ist oder zum Zeigen des Inneren dienen kann. Jenes Äußerlichwerden vollendet sich aber erst dadurch, daß dasselbe zur Entäußerung, zur Wegschaffung der innerlichen Empfindungen wird. Eine solche entäußernde Verleiblichung des Inneren zeigt sich im Lachen, noch mehr aber im Weinen, im Ächzen und Schluchzen, überhaupt in der Stimme, schon noch ehe diese artikuliert ist, noch ehe sie zur Sprache wird.
Den Zusammenhang dieser physiologischen Erscheinungen mit den ihnen entsprechenden Bewegungen der Seele zu begreifen, macht nicht geringe Schwierigkeit.
Was die geistige Seite jener Erscheinungen betrifft, so wissen wir in bezug auf das Lachen, daß dasselbe durch einen sich unmittelbar hervortuenden Widerspruch, durch etwas sich sofort in sein Gegenteil Verkehrendes, somit durch etwas unmittelbar sich selbst Vernichtendes erzeugt wird, - vorausgesetzt, daß wir in diesem nichtigen Inhalte nicht selbst stecken, ihn nicht als den unsrigen betrachten, denn fühlten wir durch die Zerstörung jenes Inhalts uns selber verletzt, so würden wir weinen.
Wenn zum Beispiel ein stolz Einherschreitender fällt, so kann darüber Lachen entstehen,
weil jener an seiner Person die einfache Dialektik erfährt, daß mit ihm das Entgegengesetzte dessen geschieht, was er bezweckte.
Das Lachenerregende wahrhafter Komödien liegt daher auch wesentlich in dem unmittelbaren Umschlagen eines an sich nichtigen Zweckes in sein Gegenteil, wogegen in der Tragödie es substantielle Zwecke sind, die sich in ihrem Gegensatze gegeneinander zerstören.
Bei jener dem komischen Gegenstande widerfahrenden Dialektik kommt die Subjektivität des Zuschauers oder Zuhörers zum ungestörten und ungetrübten Genuß ihrer selbst, da sie die absolute Idealität, die unendliche Macht über jeden beschränkten Inhalt, folglich die reine Dialektik ist, durch welche eben der komische Gegenstand vernichtet wird.
Hierin ist der Grund der Heiterkeit enthalten, in die wir durch das Komische versetzt werden.
Mit diesem Grunde steht aber die physiologische Erscheinung jenes Heiterseins, die uns hier besonders interessiert, im Einklange; denn im Lachen verleiblicht sich die zum ungetrübten Genuß ihrer selbst gelangende Subjektivität, dies reine Selbst, dies geistige Licht, als ein sich über das Antlitz verbreitender Glanz und erhält zugleich der geistige Akt, durch welchen die Seele das Lächerliche von sich stößt, in dem gewaltsam unterbrochenen Ausstoßen des Atems einen leiblichen Ausdruck.
- Übrigens ist das Lachen zwar etwas der natürlichen Seele Angehöriges, somit Anthropologisches, durchläuft aber von dem gemeinen, sich ausschüttenden, schallenden Gelächter eines leeren oder rohen Menschen bis zum sanften Lächeln der edlen Seele, dem Lächeln in der Träne, eine Reihe vielfacher Abstufungen, in welchen es sich immer mehr von seiner Natürlichkeit befreit, bis es im Lächeln zu einer Gebärde, also zu etwas vom freien Willen Ausgehenden wird. Die verschiedenen Weisen des Lachens drücken daher die Bildungsstufe der Individuen auf eine sehr charakteristische Art aus.
Ein ausgelassenes, schallendes Lachen kommt einem Manne von Reflexion niemals oder doch nur selten an; Perikles zum Beispiel soll, nachdem er sich den öffentlichen Geschäften gewidmet hatte, gar nicht mehr gelacht haben. Das viele Lachen hält man mit Recht für einen Beweis der Fadheit, eines törichten Sinnes, welcher für alle großen, wahrhaft substantiellen Interessen stumpf ist und dieselben als ihm äußerliche und fremde betrachtet.
Dem Lachen ist bekanntlich das Weinen entgegengesetzt. Wie in jenem die auf Kosten des lächerlichen Gegenstandes empfundene Zusammenstimmung des Subjekts mit sich selber zu ihrer Verleiblichung kommt, so äußert sich im Weinen die durch ein Negatives bewirkte innerliche Zerrissenheit des Empfindenden, - der Schmerz. Die Tränen sind der kritische Ausschlag, - also nicht bloß die Äußerung, sondern zugleich die Entäußerung des Schmerzes; sie wirken daher bei vorhandenem bedeutenden Seelenleiden auf die Gesundheit ebenso wohltätig, wie der nicht in Tränen zerfließende Schmerz für die Gesundheit und das Leben verderblich werden kann. In der Träne wird der Schmerz, das Gefühl des in das Gemüt eingedrungenen zerreißenden Gegensatzes zu Wasser, zu einem Neutralen, zu einem Indifferenten, und dies neutrale Materielle selbst, in welches sich der Schmerz verwandelt, wird von der Seele aus ihrer Leiblichkeit ausgeschieden. In dieser Ausscheidung wie in jener Verleiblichung liegt die Ursache der heilsamen Wirkung des Weinens. - Daß aber gerade die Augen dasjenige Organ sind, aus welchem der in Tränen sich ergießende Schmerz hervordringt, dies liegt darin, daß das Auge die doppelte Bestimmung hat, einerseits das Organ des Sehens, also des Empfindens äußerlicher Gegenstände, und zweitens der Ort zu sein, an welchem sich die Seele auf die einfachste Weise offenbart, da der Ausdruck des Auges das flüchtige, gleichsam hingehauchte Gemälde der Seele darstellt, - weshalb eben die Menschen, um sich gegenseitig zu erkennen, einander zuerst in die Augen sehen. Indem nun der Mensch durch das im Schmerz empfundene Negative in seiner Tätigkeit gehemmt, zu einem Leidenden herabgesetzt, die Idealität, das Licht seiner Seele getrübt, die feste Einheit derselben mit sich mehr oder weniger aufgelöst wird, so verleiblicht sich dieser Seelenzustand durch eine Trübung der Augen und noch mehr durch ein Feuchtwerden derselben, welches auf die Funktion des Sehens, auf diese ideelle Tätigkeit des Auges so hemmend einwirken kann, daß dieses das Hinaussehen nicht mehr auszuhalten vermag.
Eine noch vollkommenere Verleiblichung und zugleich Wegschaffung der innerlichen Empfindungen, als durch das Lachen und durch das Weinen erfolgt, wird durch die Stimme hervorgebracht.
Denn in dieser wird nicht wie beim Lachen ein vorhandenes Äußerliches bloß formiert oder wie beim Weinen ein real Materielles hervorgetrieben, sondern eine ideelle, eine sozusagen unkörperliche Leiblichkeit, also ein solches Materielles erzeugt, in welchem die Innerlichkeit des Subjekts durchaus den Charakter der Innerlichkeit behält, die für sich seiende Idealität der Seele eine ihr völlig entsprechende äußerliche Realität bekommt - eine Realität, die unmittelbar in ihrem Entstehen aufgehoben wird, da das Sichverbreiten des Tones ebensosehr sein Verschwinden ist.
Durch die Stimme erhält daher die Empfindung eine Verleiblichung, in welcher sie nicht weniger schnell dahinstirbt als sich äußert. Dies ist der Grund der in der Stimme vorhandenen höheren Kraft der Entäußerung des innerlich Empfundenen.
Die mit dieser Kraft wohlbekannten Römer haben daher bei Leichenbegängnissen absichtlich von Weibern Klagegeschrei erheben lassen, um den in ihnen entstandenen Schmerz zu etwas ihnen Fremdem zu machen.
Die abstrakte Leiblichkeit der Stimme kann nun zwar zu einem Zeichen für andere werden, welche dieselbe als ein solches erkennen, sie ist aber hier, auf dem Standpunkte der natürlichen Seele, noch nicht ein vom freien Willen hervorgebrachtes Zeichen, noch nicht die durch die Energie der Intelligenz und des Willens artikulierte Sprache, sondern nur ein von der Empfindung unmittelbar hervorgebrachtes Tönen, das, obgleich dasselbe der Artikulation entbehrt, sich doch schon vielfacher Modifikationen fähig zeigt.
Die Tiere bringen es in der Äußerung ihrer Empfindungen nicht weiter als bis zur unartikulierten Stimme, bis zum Schrei des Schmerzes oder der Freude, und manche Tiere gelangen auch nur in der höchsten Not zu dieser ideellen Äußerung ihrer Innerlichkeit. Der Mensch aber bleibt nicht bei dieser tierischen Weise des Sichäußerns stehen; er schafft die artikulierte Sprache, durch welche die innerlichen Empfindungen zu Worte kommen, in ihrer ganzen Bestimmtheit sich äußern, dem Subjekte gegenständlich und zugleich ihm äußerlich und fremd werden. Die artikulierte Sprache ist daher die höchste Weise, wie der Mensch sich seiner innerlichen Empfindungen entäußert. Deshalb werden bei Todesfällen mit gutem Grunde Leichenlieder gesungen, Kondolationen gemacht, die, so lästig dieselben auch mitunter scheinen oder sein mögen, doch das Vorteilhafte haben, daß sie durch das wiederholte Besprechen des stattgehabten Verlustes den darüber gehegten Schmerz aus der Gedrungenheit des Gemütes in die Vorstellung herausheben und somit zu einem Gegenständlichen, zu etwas dem schmerzerfüllten Subjekt Gegenübertretenden machen.
Besonders aber hat das Dichten die Kraft, von bedrängenden Gefühlen zu befreien; wie denn namentlich Goethe seine geistige Freiheit mehrmals dadurch wiederhergestellt hat, daß er seinen Schmerz in ein Gedicht ergoß.
Von der durch die artikulierte Sprache erfolgenden Äußerung und Entäußerung der innerlichen Empfindungen haben wir jedoch hier, in der Anthropologie, nur antizipierend sprechen können.
Was an diesem Ort noch zu erwähnen bleibt, das ist die physiologische Seite der Stimme. Rücksichtlich dieses Punktes wissen wir, daß die Stimme, diese einfache Erzitterung des animalisch Lebendigen, im Zwerchfell ihren Anfang nimmt, dann aber auch mit den Organen des Atmens in nahem Zusammenhange steht und ihre letzte Bildung durch den Mund erhält, der die doppelte Funktion hat, einmal die unmittelbare Verwandlung der Speise in Gebilde des lebendigen animalischen Organismus zu beginnen und andererseits, im Gegensatze gegen diese Verinnerlichung des Äußerlichen die in der Stimme geschehende Objektivierung der Subjektivität zu vollenden.

§ 402

Die Empfindungen sind, um ihrer Unmittelbarkeit und des Gefundenseins willen, einzelne und vorübergehende Bestimmungen, Veränderungen in der Substantialität der Seele, gesetzt in ihrem mit derselben identischen Fürsichsein. Aber dieses Fürsichsein ist nicht bloß ein formelles Moment des Empfindens; die Seele ist an sich reflektierte Totalität desselben - Empfinden der totalen Substantialität, die sie an sich ist, in sich, - fühlende Seele.

Für Empfindung und Fühlen gibt der Sprachgebrauch eben nicht einen durchdringenden Unterschied an die Hand; doch sagt man etwa nicht wohl Empfindung des Rechts, Selbstempfindung u. dgl., sondern Gefühl des Rechts, Selbstgefühl; mit der Empfindung hängt die Empfindsamkeit zusammen; man kann daher dafür halten, daß die Empfindung mehr die Seite der Passivität des Findens, d. h. der Unmittelbarkeit der Bestimmtheit im Fühlen, hervorhebt, das Gefühl zugleich mehr auf die Selbstischkeit, die darin ist, geht.

Zusatz.
Durch dasjenige, was im vorhergehenden Paragraphen gesagt worden ist, haben wir den ersten Teil der Anthropologie vollendet.
Wir hatten es in diesem Teil zuerst mit der ganz qualitativ bestimmten Seele oder mit der Seele in ihrer unmittelbaren Bestimmtheit zu tun. Durch den immanenten Fortgang der Entwicklung unseres Gegenstandes sind wir zuletzt zu der ihre Bestimmtheit ideell setzenden, darin zu sich selber zurückkehrenden und für sich werdenden, d. h. zur empfindenden individuellen Seele gekommen.
Hiermit ist der Übergang zu dem ebenso schwierigen wie interessanten zweiten Teil der Anthropologie gegeben, in welchem die Seele sich ihrer Substantialität entgegenstellt, sich selber gegenübertritt, in ihren bestimmten Empfindungen zugleich zum Gefühl ihrer selbst oder zu dem noch nicht objektiven, sondern nur subjektiven Bewußtsein ihrer Totalität gelangt und somit, da die Empfindung als solche an das Einzelne gebunden ist, bloß empfindend zu sein aufhört. In diesem Teil werden wir die Seele, weil sie hier auf dem Standpunkt ihrer Entzweiung selber erscheint, im Zustande ihrer Krankheit zu betrachten haben.
Es herrscht in dieser Sphäre ein Widerspruch der Freiheit und Unfreiheit der Seele, denn die Seele ist einerseits noch an ihre Substantialität gefesselt, durch ihre Natürlichkeit bedingt, während sie andererseits schon sich von ihrer Substanz, von ihrer Natürlichkeit zu trennen beginnt und sich somit auf die Mittelstufe zwischen ihrem unmittelbaren Naturleben und dem objektiven, freien Bewußtsein erhebt. Inwiefern die Seele jetzt diese Mittelstufe betritt, wollen wir hier kurz erläutern.
Die bloße Empfindung hat es, wie eben bemerkt, nur mit Einzelnem und Zufälligem, mit unmittelbar Gegebenem und Gegenwärtigem zu tun, und dieser Inhalt erscheint der empfindenden Seele als ihre eigene konkrete Wirklichkeit. - Indem ich mich dagegen auf den Standpunkt des Bewußtseins erhebe, verhalte ich mich zu einer mir äußeren Welt, zu einer objektiven Totalität, zu einem in sich zusammenhängenden Kreise mannigfaltiger und verwickelter, mir gegenübertretender Gegenstände.
Als objektives Bewußtsein habe ich wohl zunächst eine unmittelbare Empfindung, zugleich ist dies Empfundene aber für mich ein Punkt in dem allgemeinen Zusammenhange der Dinge, somit ein über seine sinnliche Einzelheit und unmittelbare Gegenwart Hinausweisendes. An die sinnliche Gegenwart der Dinge ist das objektive Bewußtsein so wenig gebunden, daß ich auch von demjenigen wissen kann, was mir nicht sinnlich gegenwärtig ist, wie zum Beispiel ein mir nur durch Schriften bekanntes fernes Land.
Das Bewußtsein betätigt aber seine Unabhängigkeit von dem Stoffe der Empfindung dadurch, daß es ihn aus der Form der Einzelheit in die Form der Allgemeinheit erhebt, an demselben, mit Weglassung des rein Zufälligen und Gleichgültigen, das Wesentliche festhält, durch welche Verwandlung das Empfundene zu einem Vorgestellten wird. Diese vom abstrakten Bewußtsein vorgenommene Veränderung ist etwas Subjektives, das bis zum Willkürlichen und Unwirklichen fortgehen, Vorstellungen erzeugen kann, die ohne eine ihnen entsprechende Wirklichkeit sind.
- Zwischen dem vorstellenden Bewußtsein einerseits und der unmittelbaren Empfindung andererseits steht nun die im zweiten Teil der Anthropologie zu betrachtende, sich selber in ihrer Totalität und Allgemeinheit fühlende oder ahnende Seele in der Mitte. Daß das Allgemeine empfunden werde, scheint ein Widerspruch, denn die Empfindung als solche hat, wie wir wissen, nur das Einzelne zu ihrem Inhalte. Dieser Widerspruch trifft aber nicht dasjenige, was wir die fühlende Seele nennen; denn diese ist weder in der unmittelbaren sinnlichen Empfindung befangen und von der unmittelbaren sinnlichen Gegenwart abhängig, noch bezieht sie sich umgekehrt auf das nur durch die Vermittlung des reinen Denkens zu erfassende ganz Allgemeine, sondern hat vielmehr einen Inhalt, der noch nicht zur Trennung des Allgemeinen und des Einzelnen, des Subjektiven und des Objektiven fortentwickelt ist. Was ich auf diesem Standpunkt empfinde, das bin ich, und was ich bin, das empfinde ich.
Ich bin hier unmittelbar gegenwärtig in dem Inhalte, der mir erst nachher, wenn ich objektives Bewußtsein werde, als eine gegen mich selbständige Welt erscheint. Zur fühlenden Seele verhält sich dieser Inhalt noch wie die Akzidenzen zur Substanz; jene erscheint noch als das Subjekt und der Mittelpunkt aller Inhaltsbestimmungen, - als die Macht, welche über die Welt des Fühlens auf unmittelbare Weise herrscht.
Der Übergang zu dem zweiten Teil der Anthropologie macht sich nun bestimmter auf die folgende Weise. Zuvörderst muß bemerkt werden, daß der von uns im vorigen Paragraphen betrachtete Unterschied von äußerlichen und innerlichen Empfindungen nur für uns, d. h. für das reflektierende Bewußtsein, aber durchaus noch nicht für die Seele selber ist. Die einfache Einheit der Seele, ihre ungetrübte Idealität erfaßt sich noch nicht in ihrem Unterschiede von einem Äußerlichen. Obgleich aber die Seele über diese ihre ideelle Natur noch kein Bewußtsein hat, so ist sie nichtsdestoweniger die Idealität oder Negativität aller der mannigfaltigen Arten von Empfindungen, die in ihr jede für sich und gleichgültig gegeneinander zu sein scheinen. Wie die objektive Welt sich für unsere Anschauung nicht als ein in verschiedene Seiten Getrenntes, sondern als ein Konkretes darstellt, das sich in unterschiedene Objekte teilt, welche wiederum, jedes für sich, ein Konkretes, ein Konvolut der verschiedensten Bestimmungen sind, so ist die Seele selber eine Totalität unendlich vieler unterschiedener Bestimmtheiten, die in ihr in eins zusammengehen, so daß die Seele in ihnen, an sich, unendliches Fürsichsein bleibt. In dieser Totalität oder Idealität, in dem zeitlosen indifferenten Inneren der Seele verschwinden jedoch die einander verdrängenden Empfindungen nicht absolut spurlos, sondern bleiben darin als aufgehobene, bekommen darin ihr Bestehen als ein zunächst nur möglicher Inhalt, der erst dadurch, daß er für die Seele oder daß diese in ihm für sich wird, von seiner Möglichkeit zur Wirklichkeit gelangt. Die Seele behält also den Inhalt der Empfindung, wenn auch nicht für sich, so doch in sich. Dies nur auf einen für sich innerlichen Inhalt, auf eine Affektion meiner, auf die bloße Empfindung sich beziehende Aufbewahren steht der eigentlichen Erinnerung noch fern, da diese von der Anschauung eines zu einem Innerlichen zu machenden äußerlich gesetzten Gegenstandes ausgeht, welcher, wie bereits bemerkt, hier für die Seele noch nicht existiert.
Die Seele hat aber noch eine andere Seite der Erfüllung
als den bereits in der Empfindung gewesenen Inhalt, von welchem wir zunächst gesprochen haben.
Außer diesem Stoffe sind wir, als wirkliche Individualität, an sich noch eine Welt von konkretem Inhalt mit unendlicher Peripherie, - haben wir in uns eine zahllose Menge von Beziehungen und Zusammenhängen, die immer in uns ist, wenn dieselbe auch nicht in unsere Empfindung und Vorstellung kommt, und die, wie sehr jene Beziehungen sich immerhin, selbst ohne unser Wissen, verändern können, dennoch zum konkreten Inhalt der menschlichen Seele gehört, so daß die letztere wegen des unendlichen Reichtums ihres Inhalts als Seele einer Welt, als individuell bestimmte Weltseele bezeichnet werden darf. Weil die Seele des Menschen eine einzelne, eine nach allen Seiten hin bestimmte und somit beschränkte ist, so verhält sich dieselbe auch zu einem nach ihrem individuellen Standpunkt bestimmten Universum. Dies der Seele Gegenüberstehende ist nicht ein derselben Äußerliches.
Die Totalität der Verhältnisse, in welchen die individuelle menschliche Seele sich befindet, macht vielmehr deren wirkliche Lebendigkeit und Subjektivität aus und ist sonach mit derselben ebenso fest verwachsen wie - um ein Bild zu gebrauchen - mit dem Baume die Blätter, die, obgleich sie einerseits ein von demselben Unterschiedenes sind, dennoch so wesentlich zu ihm gehören, daß er abstirbt, wenn jene ihm wiederholt abgerissen werden. Allerdings vermögen die zu einem taten- und erfahrungsreichen Leben gelangten selbständigeren menschlichen Naturen den Verlust eines Teiles desjenigen, was ihre Welt ausmacht, bei weitem besser zu ertragen als Menschen, die in einfachen Verhältnissen aufgewachsen und keines Weiterstrebens fähig sind; das Lebensgefühl der letzteren ist mitunter so fest an ihre Heimat gebunden, daß sie in der Fremde von der Krankheit des Heimwehs befallen werden und einer Pflanze gleichen, die nur auf diesem bestimmten Boden gedeihen kann. Doch auch den stärksten Naturen ist zu ihrem konkreten Selbstgefühl ein gewisser Umfang äußerer Verhältnisse, sozusagen ein hinreichendes Stück Universum notwendig; denn ohne eine solche individuelle Welt würde, wie gesagt, die menschliche Seele überhaupt keine Wirklichkeit haben, nicht zur bestimmt unterschiedenen Einzelheit gelangen.
Die Seele des Menschen hat aber nicht bloß Naturunterschiede, sondern sie unterscheidet sich in sich selber, trennt ihre substantielle Totalität, ihre individuelle Welt von sich ab, setzt dieselbe sich als dem Subjektiven gegenüber.
Ihr Zweck ist dabei der, daß für sie oder für den Geist werde, was derselbe an sich ist, - daß der an sich im Geiste enthaltene Kosmos in das Bewußtsein desselben trete.
Auf dem Standpunkt der Seele, des noch nicht freien Geistes findet aber, wie gleichfalls schon bemerkt, kein objektives Bewußtsein, kein Wissen von der Welt als einer wirklich aus mir herausgesetzten statt.
Die fühlende Seele verkehrt bloß mit ihren innerlichen Bestimmungen.
Der Gegensatz ihrer selbst und desjenigen, was für sie ist, bleibt noch in sie eingeschlossen.
Erst wenn die Seele den mannigfaltigen, unmittelbaren Inhalt ihrer individuellen Welt negativ gesetzt, ihn zu einem Einfachen, zu einem abstrakt Allgemeinen gemacht hat, wenn somit ein ganz Allgemeines für die Allgemeinheit der Seele ist und diese sich eben dadurch zu dem für sich selbst seienden, sich selbst gegenständlichen Ich, diesem sich auf sich beziehenden vollkommen Allgemeinen, entwickelt hat
- eine Entwicklung, welche der Seele als solcher noch fehlt -,
erst also nach Erreichung dieses Zieles kommt die Seele aus ihrem subjektiven Fühlen zum wahrhaft objektiven Bewußtsein; denn erst das für sich selbst seiende, von dem unmittelbaren Stoff zunächst wenigstens auf abstrakte Weise befreite Ich läßt auch dem Stoffe die Freiheit des Bestehens außer dem Ich. Was wir daher bis zur Erreichung dieses Zieles zu betrachten haben, das ist der Befreiungskampf, welchen die Seele gegen die Unmittelbarkeit ihres substantiellen Inhalts durchzufechten hat, um ihrer selbst vollkommen mächtig und ihrem Begriff entsprechend zu werden, - um sich zu dem zu machen, was sie an sich oder ihrem Begriffe nach ist, nämlich zu der im Ich existierenden sich auf sich beziehenden einfachen Subjektivität. Die Erhebung zu diesem Entwicklungspunkt stellt eine Folge von drei Stufen dar, die hier versicherungsweise im voraus angegeben werden können.
Auf der ersten Stufe sehen wir die Seele in dem Durchträumen und Ahnen ihres konkreten Naturlebens befangen. Um das Wunderbare dieser in neuerer Zeit allgemein beachteten Seelenform zu begreifen, müssen wir festhalten, daß die Seele hier noch in unmittelbarer, unterschiedsloser Einheit mit ihrer Objektivität sich befindet.
Die zweite Stufe ist der Standpunkt der Verrücktheit, d. h. der mit sich selber entzweiten, einerseits ihrer schon mächtigen, andererseits ihrer noch nicht mächtigen, sondern in einer einzelnen Besonderheit festgehaltenen, darin ihre Wirklichkeit habenden Seele.
Auf der dritten Stufe endlich wird die Seele über ihre Naturindividualität, über ihre Leiblichkeit Meister, setzt diese zu einem ihr gehorchenden Mittel herab und wirft den nicht zu ihrer Leiblichkeit gehörigen Inhalt ihrer substantiellen Totalität als objektive Welt aus sich heraus. Zu diesem Ziele gelangt, tritt die Seele in der abstrakten Freiheit des Ich hervor und wird damit Bewußtsein.
Über alle die eben angeführten Stufen haben wir aber zu bemerken, was wir schon bei den früheren Entwicklungsstadien der Seele zu bemerken hatten, daß auch hier Tätigkeiten des Geistes, die erst später in ihrer freien Gestalt betrachtet werden können, vorweg erwähnt werden müssen, weil dieselben bereits durch die fühlende Seele hindurchwirken.
 

1) Matth. 15, 19  >>>

2) Marie François Xavier Bichat, Recherches physiologiques sur la vie et la mort (Paris 1800), 4. Aufl. 1822, S. 91

 

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