Einleitung
§ 1
Die philosophische Rechtswissenschaft hat die Idee des Rechts, den Begriff des Rechts und dessen Verwirklichung zum Gegenstande.
Die Philosophie hat es mit Ideen und darum nicht mit dem, was man bloße Begriffe zu heißen pflegt, zu tun, sie zeigt vielmehr deren Einseitigkeit und Unwahrheit auf, sowie daß der Begriff (nicht das, was man oft so nennen hört, aber nur eine abstrakte Verstandesbestimmung ist) allein es ist, was Wirklichkeit hat und zwar so, daß er sich diese selbst gibt. Alles, was nicht diese durch den Begriff selbst gesetzte Wirklichkeit ist, ist vorübergehendes Dasein, äußerliche Zufälligkeit, Meinung, wesenlose Erscheinung, Unwahrheit, Täuschung usf. Die Gestaltung, welche sich der Begriff in seiner Verwirklichung gibt, ist zur Erkenntnis des Begriffes selbst das andere, von der Form, nur als Begriff zu sein, unterschiedene wesentliche Moment der Idee.
[zu § 1] 30. X. 1822 Natur der Sache. Nicht: diese und diese Begriffe und Inhalt haben wir, Recht, Freiheit, Eigentum, Staat usf., und [müssen] nun diesen Begriff auch deutlich denken; - formelle Bildung hilft nichts zur Entscheidung über die Sache. Sondern: eben Natur der Sache selbst betrachten, dies ist der Begriff der Sache, - jenes nur ein Gegebenes, Gott weiß woher Aufgefaßtes, Vorgestelltes usf. Nicht sogenannte bloße Begriffe; die Philosophie weiß am besten, daß die sogenannten bloßen Begriffe etwas Nichtiges sind - sondern wesentlich deren Verwirklichung - Realisierung. Wirklichkeit ist nur die Einheit des Inneren und Äußeren - daß der Begriff nicht ein bloßes Innere sei, sondern ebenso reales, - und das Äußere, Reale nicht eine begrifflose Realität, Dasein - Existenz, sondern sei wesentlich durch den Begriff bestimmt. - Dies im allgemeinen Unterschied von Begriff und Idee, - für den unphilosophischen Sinn - vorl. historisch - das Nähere verspare ich auf den Begriff des Rechts - den Begriff dieser Idee selbst - denn Recht ist durchaus nur als Idee -
Zusatz. Der Begriff und seine Existenz sind zwei Seiten, geschieden und einig, wie Seele und Leib. Der Körper ist dasselbe Leben als die Seele, und dennoch können beide als auseinanderliegende genannt werden. Eine Seele ohne Leib wäre nichts Lebendiges, und ebenso umgekehrt. So ist das Dasein des Begriffs sein Körper, so wie dieser der Seele, die ihn hervorbrachte, gehorcht. Die Keime haben den Baum in sich und enthalten seine ganze Kraft, obgleich sie noch nicht er selbst sind. Der Baum entspricht ganz dem einfachen Bilde des Keimes. Entspricht der Körper nicht der Seele, so ist es eben etwas Elendes. Die Einheit des Daseins und des Begriffs, des Körpers und der Seele ist die Idee. Sie ist nicht nur Harmonie, sondern vollkommene Durchdringung. Nichts lebt, was nicht auf irgendeine Weise Idee ist. Die Idee des Rechts ist die Freiheit, und um wahrhaft aufgefaßt zu werden, muß sie in ihrem Begriff und in dessen Dasein zu erkennen sein.
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