β. Die Vorstellung
§ 451
Die Vorstellung ist als die erinnerte Anschauung die Mitte zwischen dem unmittelbaren Bestimmt-sich-Finden der Intelligenz und derselben in ihrer Freiheit, dem Denken. Die Vorstellung ist das Ihrige der Intelligenz noch mit einseitiger Subjektivität, indem dies Ihrige noch bedingt durch die Unmittelbarkeit, nicht an ihm selbst das Sein ist. Der Weg der Intelligenz in den Vorstellungen ist, die Unmittelbarkeit ebenso innerlich zu machen, sich in sich selbst anschauend zu setzen, als die Subjektivität der Innerlichkeit aufzuheben und in ihr selbst ihrer sich zu entäußern und in ihrer eigenen Äußerlichkeit in sich zu sein. Aber indem das Vorstellen von der Anschauung und deren gefundenem Stoffe anfängt, so ist diese Tätigkeit mit dieser Differenz noch behaftet, und ihre konkreten Produktionen in ihr sind noch Synthesen, die erst im Denken zu der konkreten Immanenz des Begriffes werden.
Zusatz. Die verschiedenen Formen des auf dem Standpunkt der Vorstellung stehenden Geistes pflegen noch mehr, als dies bei der vorhergehenden Stufe der Intelligenz geschieht, für vereinzelte, voneinander unabhängige Kräfte oder Vermögen angesehen zu werden. Man spricht neben dem Vorstellungsvermögen überhaupt von Einbildungskraft und von Gedächtniskraft und betrachtet dabei die gegenseitige Selbständigkeit dieser Geistesformen als etwas völlig Ausgemachtes. Die wahrhaft philosophische Auffassung besteht aber gerade darin, daß der zwischen jenen Formen vorhandene vernünftige Zusammenhang begriffen, die in ihnen erfolgende organische Entwicklung der Intelligenz erkannt wird. Die Stufen dieser Entwicklung wollen wir hier nun, um die Übersicht derselben zu erleichtern, auf allgemeine Weise in voraus bezeichnen. 1. Die erste dieser Stufen nennen wir die Erinnerung im eigentümlichen Sinne des Wortes, wonach dieselbe in dem unwillkürlichen Hervorrufen eines Inhalts besteht, welcher bereits der unsrige ist. Die Erinnerung bildet die abstrakteste Stufe der in Vorstellungen sich betätigenden Intelligenz. Hier ist der vorgestellte Inhalt noch derselbe wie in der Anschauung; er erhält an dieser seine Bewährung, wie umgekehrt der Inhalt der Anschauung sich an meiner Vorstellung bewährt. Wir haben folglich auf diesem Standpunkt einen Inhalt, der nicht nur als seiender angeschaut, sondern zugleich erinnert, als der meinige gesetzt wird. So bestimmt, ist der Inhalt dasjenige, was wir Bild heißen. 2. Die zweite Stufe in dieser Sphäre ist die Einbildungskraft. Hier tritt der Gegensatz zwischen meinem subjektiven oder vorgestellten Inhalte und dem angeschauten Inhalte der Sache ein. Die Einbildungskraft erarbeitet sich einen ihr eigentümlichen Inhalt dadurch, daß sie sich gegen den angeschauten Gegenstand denkend verhält, das Allgemeine desselben heraushebt und ihm Bestimmungen gibt, die dem Ich zukommen. Auf diese Weise hört die Einbildungskraft auf, bloß formelle Erinnerung zu sein, und wird zu der den Inhalt betreffenden, ihn verallgemeinernden, somit allgemeine Vorstellungen schaffenden Erinnerung. Weil auf diesem Standpunkt der Gegensatz des Subjektiven und Objektiven herrscht, kann die Einheit dieser Bestimmungen hier keine unmittelbare, wie auf der Stufe der bloßen Erinnerung, sondern nur eine wiederhergestellte sein. Diese Wiederherstellung geschieht auf die Art, daß der angeschaute äußerliche Inhalt dem zur Allgemeinheit erhobenen, vorgestellten Inhalte unterworfen, zu einem Zeichen des letzteren herabgesetzt, dieser aber eben dadurch objektiv, äußerlich gemacht, verbildlicht wird. 3. Das Gedächtnis ist die dritte Stufe der Vorstellung. Hier wird einerseits das Zeichen erinnert, in die Intelligenz aufgenommen, andererseits dieser eben dadurch die Form eines Äußerlichen, Mechanischen gegeben und auf diesem Wege eine Einheit des Subjektiven und Objektiven hervorgebracht, welche den Übergang zum Denken als solchem bildet.
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