a. Der Vorsatz - b. Die Absicht und das Wohl - c. Das Gute und das Böse
§ 504
Insofern die Handlung unmittelbar das Dasein betrifft, so ist das Meinige insofern formell, als das äußerliche Dasein auch selbständig gegen das Subjekt ist. Diese Äußerlichkeit kann dessen Handlung verkehren und anderes zum Vorschein bringen, als in dieser gelegen hat. Obgleich alle Veränderung als solche, welche durch die Tätigkeit des Subjekts gesetzt wird, Tat desselben ist, so erkennt es dieselbe darum nicht als seine Handlung, sondern nur dasjenige Dasein in der Tat, was in seinem Wissen und Willen lag, was sein Vorsatz war, als das Seinige, - als seine Schuld, an.
b. Die Absicht und das Wohl
§ 505
Die Handlung hat 1. nach ihrem empirisch-konkreten Inhalt eine Mannigfaltigkeit besonderer Seiten und Zusammenhänge; das Subjekt muß der Form nach die Handlung nach ihrer wesentlichen, diese Einzelheiten in sich befassenden Bestimmung gewußt und gewollt haben; - Recht der Absicht. - Der Vorsatz betrifft nur das unmittelbare Dasein, die Absicht aber das Substantielle und den Zweck desselben. 2. Das Subjekt hat ebenso das Recht, daß die Besonderheit des Inhalts in der Handlung, der Materie nach, nicht eine ihm äußerliche sei, sondern die eigene Besonderheit des Subjekts, seine Bedürfnisse, Interessen und Zwecke enthalte, welche in einen Zweck gleichfalls zusammengefaßt, wie in der Glückseligkeit (§ 479), sein Wohl ausmachen; - das Recht des Wohls. Die Glückseligkeit ist vom Wohl nur dadurch unterschieden, daß erstere als ein unmittelbares Dasein überhaupt, letzteres aber als berechtigt in Beziehung auf die Moralität vorgestellt wird.
§ 506
Aber die Wesentlichkeit der Absicht ist zunächst die abstrakte Form der Allgemeinheit, und an der empirisch-konkreten Handlung kann die Reflexion diese und jene besondere Seite in diese Form setzen und damit als wesentlich zur Absicht machen oder die Absicht auf sie einschränken, wodurch die gemeinte Wesentlichkeit der Absicht und die wahrhafte der Handlung in den größten Widerspruch (wie eine gute Absicht bei einem Verbrechen) gesetzt werden können. - Ebenso ist das Wohl abstrakt und kann in dies oder jenes gesetzt werden; es ist als diesem Subjekte angehörig überhaupt etwas Besonderes.
c. Das Gute und das Böse
§ 507
Die Wahrheit dieser Besonderheiten und das Konkrete ihres Formalismus ist der Inhalt des allgemeinen, an und für sich seienden Willens, das Gesetz und die Substanz aller Bestimmtheit, das an und für sich Gute, daher der absolute Endzweck der Welt und die Pflicht für das Subjekt, welches die Einsicht in das Gute haben, dasselbe sich zur Absicht machen und durch seine Tätigkeit hervorbringen soll.
§ 508
Aber das Gute ist zwar das an ihm selbst bestimmte Allgemeine des Willens und schließt so die Besonderheit in sich; insofern jedoch diese zunächst selbst noch abstrakt ist, ist kein Prinzip der Bestimmung vorhanden; das Bestimmen tritt auch außerhalb jenes Allgemeinen auf, und als Bestimmen des freien, gegen dasselbe für sich seienden Willens erwacht hier der tiefste Widerspruch. α) Um des unbestimmten Bestimmens des Guten willen gibt es überhaupt mancherlei Gutes und vielerlei Pflichten, deren Verschiedenheit dialektisch gegeneinander ist und sie in Kollision bringt. Zugleich sollen sie in Übereinstimmung stehen um der Einheit des Guten willen, und dennoch ist jede, ob sie schon eine besondere ist, als Pflicht und als Gut absolut. Das Subjekt soll die Dialektik sein, welche eine Verbindung derselben mit Ausschließung der anderen und sonach mit Aufheben dieses absoluten Geltens beschließe.
§ 509
β) Dem Subjekt, das im Dasein seiner Freiheit wesentlich als ein Besonderes ist, soll um dieses Daseins seiner Freiheit willen sein Interesse und Wohl wesentlicher Zweck und darum Pflicht sein. Zugleich aber im Zwecke des Guten, welches das nicht Besondere, sondern nur Allgemeine des Willens ist, soll das besondere Interesse kein Moment sein. Um dieser Selbständigkeit beider Bestimmungen willen ist es gleichfalls zufällig, ob sie harmonieren. Aber sie sollen harmonieren, weil überhaupt das Subjekt als Einzelnes und Allgemeines an sich eine Identität ist. γ) Das Subjekt ist aber nicht nur in seinem Dasein Besonderes überhaupt, sondern es ist auch eine Form seines Daseins, abstrakte Gewißheit seiner selbst, abstrakte Reflexion der Freiheit in sich zu sein. So ist es von der Vernunft des Willens unterschieden und fähig, sich das Allgemeine selbst zu einem Besonderen und damit zu einem Scheine zu machen. Das Gute ist so als ein Zufälliges für das Subjekt gesetzt, welches sich hiernach zu einem dem Guten Entgegengesetzten entschließen, böse sein kann.
§ 510
δ) Die äußere Objektivität, gleichfalls nach dem eingetretenen Unterschiede des subjektiven Willens (§ 503), macht gegen die innerlichen Bestimmungen des Willens das andere selbständige Extrem, eine eigentümliche Welt für sich aus. Es ist daher zufällig, ob sie mit den subjektiven Zwecken zusammenstimmt, ob das Gute sich in ihr realisiert und das Böse, der an und für sich nichtige Zweck, in ihr nichtig ist; - ferner ob das Subjekt sein Wohl in ihr findet, und näher ob das gute Subjekt in ihr glücklich und das böse unglücklich wird. Zugleich aber soll die Welt das Wesentliche, die gute Handlung in sich ausführen lassen, wie dem guten Subjekte die Befriedigung seines besonderen Interesses gewähren, dem bösen aber versagen sowie das Böse selbst zunichte machen.
§ 511
Der allseitige Widerspruch, welchen dieses vielfache Sollen, das absolute Sein, welches doch zugleich nicht ist, ausdrückt, enthält die abstrakteste Analyse des Geistes in ihm selbst, sein tiefstes Insichgehen. Die Beziehung der sich widersprechenden Bestimmungen aufeinander ist nur die abstrakte Gewißheit seiner selbst, und für diese Unendlichkeit der Subjektivität ist der allgemeine Wille, das Gute, Recht und Pflicht, ebensowohl als auch nicht; sie ist es, welche sich als das Wählende und Entscheidende weiß. Diese sich auf ihre Spitze stellende reine Gewißheit seiner selbst erscheint in den zwei unmittelbar ineinander übergehenden Formen des Gewissens und des Bösen. Jenes ist der Wille des Guten, welches aber in dieser reinen Subjektivität das nicht Objektive, nicht Allgemeine, das Unsagbare ist und über welches das Subjekt sich in seiner Einzelheit entscheidend weiß. Das Böse aber ist dieses selbe Wissen seiner Einzelheit als des Entscheidenden, insofern sie nicht in dieser Abstraktion bleibt, sondern gegen das Gute sich den Inhalt eines subjektiven Interesses gibt.
§ 512
Diese höchste Spitze des Phänomens des Willens, der bis zu dieser absoluten Eitelkeit - einem nicht-objektiven, sondern nur seiner selbst gewissen Gutsein und einer Gewißheit seiner selbst in der Nichtigkeit des Allgemeinen - verflüchtigt ist, sinkt unmittelbar in sich zusammen. Das Böse als die innerste Reflexion der Subjektivität in sich gegen das Objektive und Allgemeine, das ihr nur Schein ist, ist dasselbe, was die gute Gesinnung des abstrakten Guten, welche der Subjektivität die Bestimmung desselben vorbehält; - das ganz abstrakte Scheinen, das unmittelbare Verkehren und Vernichten seiner selbst. Das Resultat, die Wahrheit dieses Scheinens, ist nach seiner negativen Seite die absolute Nichtigkeit dieses Wollens, das für sich gegen das Gute, wie des Guten, das nur abstrakt sein soll; nach der affirmativen Seite im Begriffe ist, so in sich zusammenfallend, jenes Scheinen dieselbe einfache Allgemeinheit des Willens, welche das Gute ist. Die Subjektivität in dieser ihrer Identität mit demselben ist nur die unendliche Form, dessen Betätigung und Entwicklung; es ist damit der Standpunkt des bloßen Verhältnisses beider gegeneinander und des Sollens verlassen und zur Sittlichkeit übergegangen.
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