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Erste Abteilung. Der subjektive Geist
§ 387
Der Geist, in seiner Idealität sich entwickelnd, ist der Geist als erkennend. Aber das Erkennen wird hier nicht bloß aufgefaßt, wie es die Bestimmtheit der Idee als logischer ist (§ 223), sondern wie der konkrete Geist sich zu demselben bestimmt. Der subjektive Geist ist:
A. An sich oder unmittelbar; so ist er Seele oder Naturgeist; - Gegenstand der
Anthropologie.
B. Für sich oder vermittelt, noch als identische Reflexion in sich und in Anderes; der Geist im Verhältnis oder Besonderung; Bewußtsein, - der Gegenstand der
Phänomenologie des Geistes.
C. Der sich in sich bestimmende Geist, als Subjekt für sich, der Gegenstand der
Psychologie.
In der Seele erwacht das Bewußtsein; das Bewußtsein setzt sich als Vernunft, die unmittelbar zur sich wissenden Vernunft erwacht ist, welche sich durch ihre Tätigkeit zur Objektivität, zum Bewußtsein ihres Begriffs befreit.
Wie im Begriffe überhaupt die Bestimmtheit, die an ihm vorkommt, Fortgang der Entwicklung ist, so ist auch an dem Geiste jede Bestimmtheit, in der er sich zeigt, Moment der Entwicklung und, in der Fortbestimmung, Vorwärtsgehen seinem Ziele zu, sich zu dem zu machen und für sich zu werden das, was er an sich ist. Jede Stufe ist innerhalb ihrer dieser Prozeß, und das Produkt derselben, daß für den Geist (d. i. die Form desselben, die er in ihr hat) das ist, was er im Beginn derselben an sich oder damit nur für uns war. - Die psychologische, sonst gewöhnliche Betrachtungsweise gibt an, erzählungsweise, was der Geist oder die Seele ist, was ihr geschieht, was sie tut; so daß die Seele als fertiges Subjekt vorausgesetzt ist, an dem dergleichen Bestimmungen nur als Äußerungen zum Vorschein kommen, aus denen soll erkannt werden, was sie ist, - in sich für Vermögen und Kräfte besitzt; ohne Bewußtsein darüber, daß die Äußerung dessen, was sie ist, im Begriffe dasselbe für sie setzt, wodurch sie eine höhere Bestimmung gewonnen hat. - Von dem hier zu betrachtenden Fortschreiten ist dasjenige zu unterscheiden und davon ausgeschlossen, welches Bildung und Erziehung ist. Dieser Kreis bezieht sich nur auf die einzelnen Subjekte als solche, daß der allgemeine Geist in ihnen zur Existenz gebracht werde. In der philosophischen Ansicht des Geistes als solchen wird er selbst als nach seinem Begriffe sich bildend und erziehend betrachtet und seine Äußerungen als die Momente seines Sich-zu-sich-selbst-Hervorbringens, seines Zusammenschließens mit sich, wodurch er erst wirklicher Geist ist.
Zusatz. In § 385 ist der Geist in seine drei Hauptformen, den subjektiven, den objektiven und den absoluten Geist unterschieden und zugleich die Notwendigkeit des Fortgangs von dem ersten zu dem zweiten und von diesem zum dritten angedeutet worden. Wir haben diejenige Form des Geistes, welche wir zuerst betrachten müssen, den subjektiven Geist genannt, weil der Geist hier noch in seinem unentwickelten Begriffe ist, sich seinen Begriff noch nicht gegenständlich gemacht hat. In dieser seiner Subjektivität ist der Geist aber zugleich objektiv, hat eine unmittelbare Realität, durch deren Aufhebung er erst für sich wird, zu sich selbst, zum Erfassen seines Begriffs, seiner Subjektivität gelangt. Man könnte daher ebensowohl sagen, der Geist sei zunächst objektiv und solle subjektiv werden, wie umgekehrt, er sei erst subjektiv und habe sich objektiv zu machen. Der Unterschied des subjektiven und des objektiven Geistes ist folglich nicht als ein starrer anzusehen. Schon im Anfang haben wir den Geist nicht als bloßen Begriff als ein bloß Subjektives, sondern als Idee, als eine Einheit des Subjektiven und Objektiven zu fassen, und jeder Fortgang von diesem Anfange ist ein Hinausgehen über die erste einfache Subjektivität des Geistes, ein Fortschritt in der Entwicklung der Realität oder Objektivität desselben. Diese Entwicklung bringt eine Reihe von Gestaltungen hervor, die zwar von der Empirie angegeben werden müssen, in der philosophischen Betrachtung aber nicht äußerlich nebeneinandergestellt bleiben dürfen, sondern als der entsprechende Ausdruck einer notwendigen Reihe bestimmter Begriffe zu erkennen sind und für das philosophische Denken nur insofern Interesse haben, als sie eine solche Reihe von Begriffen ausdrücken. - Zunächst können wir nun aber die unterschiedenen Gestaltungen des subjektiven Geistes nur versicherungsweise angeben; erst durch die bestimmte Entwicklung desselben wird deren Notwendigkeit hervortreten. Die drei Hauptformen des subjektiven Geistes sind 1. die Seele, 2. das Bewußtsein und 3. der Geist als solcher. Als Seele hat der Geist die Form der abstrakten Allgemeinheit, als Bewußtsein die der Besonderung, als für sich seiender Geist die der Einzelheit. So stellt sich in seiner Entwicklung die Entwicklung des Begriffes dar. Warum die jenen drei Formen des subjektiven Geistes entsprechenden Teile der Wissenschaft in dem obenstehenden Paragraphen den Namen Anthropologie, Phänomenologie und Psychologie erhalten haben, wird aus einer näheren vorläufigen Angabe des Inhalts der Wissenschaft vom subjektiven Geiste erhellen. Den Anfang unserer Betrachtung muß der unmittelbare Geist bilden, dies aber ist der Naturgeist, die Seele. Wenn gemeint würde, es sei mit dem bloßen Begriff des Geistes zu beginnen, so ist dies ein Irrtum; denn wie bereits gesagt, ist der Geist immer Idee, also verwirklichter Begriff. Zu Anfang aber kann der Begriff des Geistes noch nicht die vermittelte Realität haben, welche er im abstrakten Denken erhält; seine Realität muß zu Anfang zwar auch schon eine abstrakte sein - nur dadurch entspricht sie der Idealität des Geistes-, sie ist aber notwendig eine noch unvermittelte, noch nicht gesetzte, folglich eine seiende, ihm äußerliche, eine durch die Natur gegebene. Wir müssen also von dem noch in der Natur befangenen, auf seine Leiblichkeit bezogenen, noch nicht bei sich selbst seienden, noch nicht freien Geiste anfangen. Diese, wenn wir so sagen dürfen, Grundlage des Menschen ist der Gegenstand der Anthropologie. In diesem Teile der Wissenschaft vom subjektiven Geiste ist der gedachte Begriff des Geistes nur in uns, den Betrachtenden, noch nicht im Gegenstande selber; den Gegenstand unserer Betrachtung bildet hier der erst bloß seiende Begriff des Geistes, der seinen Begriff noch nicht erfaßt habende, noch außer sich seiende Geist. Das Erste in der Anthropologie ist die qualitativ bestimmte, an ihre Naturbestimmungen gebundene Seele (hierher gehören z. B. die Rassenunterschiede). Aus diesem unmittelbaren Einsseins mit ihrer Natürlichkeit tritt die Seele in den Gegensatz und Kampf mit derselben (dahin gehören die Zustände der Verrücktheit und 10/40 des Somnambulismus). Diesem Kampfe folgt der Sieg der Seele über ihre Leiblichkeit, die Herabsetzung und das Herabgesetztsein dieser Leiblichkeit zu einem Zeichen, zur Darstellung der Seele. So tritt die Idealität der Seele in ihrer Leiblichkeit hervor, wird diese Realität des Geistes auf eine, selbst aber noch leibliche Weise ideell gesetzt. In der Phänomenologie erhebt sich nun die Seele durch die Negation ihrer Leiblichkeit zur reinen ideellen Identität mit sich, wird Bewußtsein, wird Ich, ist ihrem Anderen gegenüber für sich. Aber dies erste Fürsichsein des Geistes ist noch bedingt durch das Andere, von welchem der Geist herkommt. Das Ich ist noch vollkommen leer, eine ganz abstrakte Subjektivität, setzt allen Inhalt des unmittelbaren Geistes außer sich und bezieht sich auf denselben als auf eine vorgefundene Welt. So wird dasjenige, was zunächst nur unser Gegenstand war, zwar dem Geiste selber zum Gegenstande, das Ich weiß aber noch nicht, daß das ihm Gegenüberstehende der natürliche Geist selber ist. Das Ich ist daher trotz seines Fürsichseins doch zugleich nicht für sich, da es nur in Beziehung auf Anderes, auf ein Gegebenes ist. Die Freiheit des Ich ist folglich nur eine abstrakte, bedingte, relative. Der Geist ist hier zwar nicht mehr in die Natur versenkt, sondern in sich reflektiert und auf dieselbe bezogen, erscheint aber nur, steht nur in Beziehung zur Wirklichkeit, ist noch nicht wirklicher Geist. Daher nennen wir den Teil der Wissenschaft, in welchem diese Form des Geistes betrachtet wird, die Phänomenologie. Indem nun aber das Ich sich aus seiner Beziehung auf Anderes in sich reflektiert, wird es Selbstbewußtsein. In dieser Form weiß das Ich sich zunächst nur als das unerfüllte Ich und allen konkreten Inhalt als ein Anderes. Die Tätigkeit des Ich besteht hier darin, die Leere seiner abstrakten Subjektivität zu erfüllen, das Objektive in sich hineinzubilden, das Subjektive dagegen objektiv zu machen. Dadurch hebt das Selbstbewußtsein die Einseitigkeit seiner Subjektivität auf, kommt aus seiner Besonderheit, aus seinem Gegensatze gegen das Objektive zu der beide Seiten umfassenden Allgemeinheit und stellt in sich die Einheit seiner selbst mit dem Bewußtsein dar; denn der Inhalt des Geistes wird hier ein objektiver, wie im Bewußtsein, und zugleich, wie im Selbstbewußtsein, ein subjektiver. Dies allgemeine Selbstbewußtsein ist an sich oder für uns Vernunft; aber erst im dritten Teil der Wissenschaft vom subjektiven Geiste wird die Vernunft sich selber gegenständlich. Dieser dritte Teil, die Psychologie, betrachtet den Geist als solchen, den Geist, wie er im Gegenstande sich nur auf sich selber bezieht, darin nur mit seinen eigenen Bestimmungen zu tun hat, seinen eigenen Begriff erfaßt. So kommt der Geist zur Wahrheit; denn nun ist die in der bloßen Seele noch unmittelbare, noch abstrakte Einheit des Subjektiven und Objektiven durch Aufhebung des im Bewußtsein entstehenden Gegensatzes dieser Bestimmungen als eine vermittelte wiederhergestellt, die Idee des Geistes also aus der ihr widersprechenden Form des einfachen Begriffs und aus der ihr ebensosehr widersprechenden Trennung ihrer Momente zur vermittelten Einheit und somit zur wahren Wirklichkeit gelangt. In dieser Gestalt ist der Geist die für sich selbst seiende Vernunft. Geist und Vernunft stehen zueinander in solchem Verhältnis wie Körper und Schwere, wie Wille und Freiheit. Die Vernunft bildet die substantielle Natur des Geistes; sie ist nur ein anderer Ausdruck für die Wahrheit oder die Idee, welche das Wesen des Geistes ausmacht; aber erst der Geist als solcher weiß, daß seine Natur die Vernunft und die Wahrheit ist. Der beide Seiten, die Subjektivität und die Objektivität, befassende Geist setzt sich nun erstens in der Form der Subjektivität, - so ist er Intelligenz; zweitens in der Form der Objektivität, - so ist er Wille. Die zunächst auch selbst noch unerfüllte Intelligenz hebt ihre dem Begriff des Geistes unangemessene Form der Subjektivität dadurch auf, daß sie den ihr gegenüberstehenden, noch mit der Form des Gegebenseins und der Einzelheit behafteten objektiven Inhalt nach dem absoluten Maßstabe der Vernunft mißt, diesem Inhalt die Vernünftigkeit antut, die Idee in ihn einbildet, ihn zu einem konkret Allgemeinen verwandelt und so in sich aufnimmt. Dadurch kommt die Intelligenz dahin, daß das, was sie weiß, nicht eine Abstraktion, sondern der objektive Begriff ist und daß andererseits der Gegenstand die Form eines Gegebenen verliert und die Gestalt eines dem Geiste selber angehörenden Inhalts bekommt. Indem die Intelligenz aber zu dem Bewußtsein gelangt, daß sie den Inhalt aus sich selbst nimmt, wird sie zu dem nur sich selber zum Zwecke setzenden praktischen Geiste, dem Willen, der nicht, wie die Intelligenz, mit einem von außenher gegebenen Einzelnen, sondern mit einem solchen Einzelnen anfängt, das er als das Seinige weiß, dann, aus diesem Inhalt, den Trieben, Neigungen, sich in sich reflektierend, denselben auf ein Allgemeines bezieht und endlich zum Wollen des an und für sich Allgemeinen, der Freiheit, seines Begriffes sich erhebt. Zu diesem Ziele gelangt, ist der Geist ebensosehr zu seinem Anfange, zur Einheit mit sich zurückgekehrt wie zur absoluten, zur wahrhaft in sich bestimmten Einheit mit sich fortgeschritten, einer Einheit, in welcher die Bestimmungen nicht Naturbestimmungen, sondern Begriffsbestimmungen sind.
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