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G.W.F. HEGEL
Vorlesungen über die Philosophie der Religion

 

a. Das unmittelbare Wissen und die Vermittlung

Es ist eine sehr allgemeine Ansicht und Versicherung, das Wissen von Gott sei nur auf unmittelbare Weise; es ist Tatsache unseres Bewußtseins, es ist so; wir haben eine Vorstellung von Gott und daß diese nicht nur subjektiv, in uns ist, sondern daß Gott auch ist. Man sagt: die Religion, das Wissen von Gott ist nur Glaube, das vermittelte Wissen ist auszuschließen, es verdirbt die Gewißheit, Sicherheit des Glaubens und den Inhalt dessen, was Glaube ist. Da haben wir diesen Gegensatz des unmittelbaren und vermittelten Wissens. Das Denken, konkrete Denken, Begreifen ist vermitteltes Wissen. Aber Unmittelbarkeit und Vermittlung des Wissens sind eine einseitige Abstraktion, das eine wie das andere. Es ist nicht die Meinung, Voraussetzung, als ob dem einen mit Ausschluß des anderen, dem einen für sich oder dem anderen, einem von beiden isoliert die Richtigkeit, Wahrheit zugesprochen werden soll. Weiterhin werden wir sehen, daß das wahrhafte Denken, das Begreifen, beide in sich vereint, nicht eines von beiden ausschließt.

α) Zum vermittelten Wissen gehört das Schließen vom einen auf das andere, die Abhängigkeit, Bedingtheit einer Bestimmung von einer anderen, die Form der Reflexion.
Das unmittelbare Wissen entfernt alle Unterschiede, diese Weisen des Zusammenhangs, und hat nur ein Einfaches, einen Zusammenhang, Wissen, die subjektive Form; und dann: es ist. Insofern ich gewiß weiß, daß Gott ist, ist das Wissen Zusammenhang meiner und dieses Inhalts, das Sein meiner - so gewiß ich bin, so gewiß ist Gott -, mein Sein und das Sein Gottes ist ein Zusammenhang, und die Beziehung ist das Sein; dies Sein ist ein einfaches und zugleich ein zweifaches.

Im unmittelbaren Wissen ist dieser Zusammenhang ganz einfach; alle Weisen des Verhältnisses sind vertilgt. Zunächst wollen wir selbst es auf empirische Weise auffassen, d. h. uns auf denselben Standpunkt stellen, auf dem das unmittelbare Wissen steht. Dieses ist im allgemeinen, was wir das empirische Wissen nennen: ich weiß es eben, das ist Tatsache des Bewußtseins, ich finde in mir die Vorstellung Gottes und daß er ist.

Der Standpunkt ist: es soll nur gelten das Empirische, man soll nicht hinausgehen über das, was man im Bewußtsein findet; warum ich es finde, wie es notwendig ist, wird nicht gefragt. Dies führte zum Erkennen, und das ist eben das Übel, das abzuhalten ist. Da ist die empirische Frage: gibt es ein unmittelbares Wissen?

Zum vermittelten Wissen gehört Wissen der Notwendigkeit; was notwendig ist, hat eine Ursache, es muß sein; es ist wesentlich ein Anderes, wodurch es ist, und indem dies ist, ist es selbst, - da ist Zusammenhang von Unterschiedenem. Die Vermittlung kann nur sein die bloß endliche; die Wirkung z. B. wird angenommen als etwas auf der einen Seite, die Ursache als etwas auf der anderen.

Das Endliche ist ein Abhängiges von einem Anderen, ist nicht an und für sich, durch sich selbst; es gehört zu seiner Existenz ein Anderes. Der Mensch ist physisch abhängig; dazu hat er nötig eine äußerliche Natur, äußerliche Dinge. Diese sind nicht durch ihn gesetzt, erscheinen als selbst seiend gegen ihn, und er kann sein Leben nur fristen, insofern sie sind und brauchbar sind.

Die höhere Vermittlung des Begriffs, der Vernunft ist eine Vermittlung mit sich selbst.
Zur Vermittlung gehört diese Unterschiedenheit und Zusammenhang von zweien und solcher Zusammenhang, daß das eine nur ist, insofern das andere.
Diese Vermittlung wird nun ausgeschlossen in der Weise der Unmittelbarkeit.

β) Wenn wir uns aber auch nur äußerlicherweise, empirisch verhalten, so gibt es gar nichts Unmittelbares, es ist nichts, dem nur die Bestimmung der Unmittelbarkeit zukäme mit Ausschließung der Bestimmung der Vermittlung; sondern was unmittelbar ist, ist ebenso vermittelt, und die Unmittelbarkeit ist wesentlich selbst vermittelt.

Endliche Dinge sind dies, daß sie vermittelt sind; endliche Dinge, der Stern, das Tier, sind geschaffen, erzeugt. Der Mensch, der Vater ist, ist ebenso erzeugt, vermittelt wie der Sohn. Fangen wir vom Vater an, so ist dieser zunächst das Unmittelbare und der Sohn als das Erzeugte Vermittelte.
 Alles Lebendige aber, indem es ein Erzeugendes ist, als Anfangendes, Unmittelbares bestimmt, ist Erzeugtes.

Unmittelbarkeit heißt Sein überhaupt, diese einfache Beziehung auf sich; es ist unmittelbar, insofern wir das Verhältnis entfernen. Wenn wir diese Existenz als solche, die im Verhältnis eine der Seiten des Verhältnisses ist, als Wirkung bestimmen, so wird das Verhältnislose erkannt als solches, das vermittelt ist. Ebenso ist die Ursache nur darin, daß sie Wirkung hat, denn sonst wäre sie gar nicht Ursache; nur in diesem Verhältnisse, also nur in dieser Vermittlung ist sie Ursache.
Alles, was existiert - wir sprechen noch nicht von Vermittlung mit sich selbst -, da es zu seinem Sein, d. h. zu seiner Unmittelbarkeit ein Anderes nötig hat, ist insofern vermittelt. 

Das Logische ist das Dialektische, wo das Sein als solches betrachtet ist, das als Unmittelbares unwahr ist. Die Wahrheit des Seins ist das Werden; Werden ist eine Bestimmung, sich auf sich beziehend, etwas Unmittelbares, eine ganz einfache Vorstellung, enthält aber die beiden Bestimmungen: Sein und Nichtsein. Es gibt kein Unmittelbares, das vielmehr nur eine Schulweisheit ist; Unmittelbares gibt es nur in diesem schlechten Verstande.

Ebenso ist es mit dem unmittelbaren Wissen, einer besonderen Weise, einer Art der Unmittelbarkeit: es gibt kein unmittelbares Wissen. Unmittelbares Wissen ist, wo wir das Bewußtsein der Vermittlung nicht haben; vermittelt aber ist es. Gefühle haben wir, das ist unmittelbar; haben Anschauung, das erscheint unter der Form der Unmittelbarkeit. Wenn wir aber mit Gedankenbestimmungen zu tun haben, so muß man nicht dabei stehenbleiben, wie das einem zunächst vorkommt, sondern ob es in der Tat so ist.

Betrachten wir eine Anschauung, so bin Ich, das Wissen, Anschauen, und dann ist ein Anderes, ein Objekt oder eine Bestimmtheit, wenn es nicht als Objektives gefaßt wird, sondern als Subjektives; ich bin in der Empfindung vermittelt nur durch das Objekt, durch die Bestimmtheit meines Empfindens. Es ist immer ein Inhalt, es gehören zwei dazu. Wissen ist ganz einfach, aber ich muß etwas wissen; bin ich nur Wissen, so weiß ich gar nichts. Ebenso reines Sehen: da sehe ich gar nicht. Das reine Wissen kann man unmittelbar nennen, dies ist einfach; ist aber das Wissen ein wirkliches, so ist Wissendes und Gewußtes; da ist Verhältnis und Vermittlung.

Näher ist das in Ansehung des religiösen Wissens der Fall, daß es wesentlich ein vermitteltes ist; aber ebensowenig dürfen wir einseitig das bloß vermittelte Wissen als ein reelles, wahrhaftes betrachten. Mag man in jeder Religion sein, so weiß jeder, daß er darin erzogen worden, Unterricht darin erhalten hat. Dieser Unterricht, diese Erziehung verschafft mir mein Wissen, mein Wissen ist vermittelt durch Lehre, Bildung usf. 

Spricht man ohnehin von positiver Religion, so ist sie geoffenbart, und zwar auf eine dem Individuum äußerliche Weise; da ist der Glaube der Religion wesentlich vermittelt durch Offenbarung. Diese Umstände - Lehre, Offenbarung - sind nicht zufällig, akzidentell, sondern wesentlich. Allerdings betreffen sie ein äußerliches Verhältnis; aber daß es äußerliches Verhältnis ist, darum ist es nicht unwesentlich.

Sehen wir uns nun nach der anderen, inneren Seite um und vergessen, daß Glaube, Überzeugung so ein Vermitteltes ist, so sind wir auf dem Standpunkt, sie für sich zu betrachten.
Hierher ist es vornehmlich, daß die Behauptung des unmittelbaren Wissens fällt: wir wissen unmittelbar von Gott, das ist eine Offenbarung in uns. Dies ist ein großer Grundsatz, den wir wesentlich festhalten müssen; es liegt das darin, daß positive Offenbarung nicht so Religion bewirken kann, daß sie ein mechanisch Hervorgebrachtes, von außen Gewirktes und in den Menschen Gesetztes wäre.

Hierher gehört das Alte, was Platon sagt: der Mensch lerne nichts, er erinnere sich nur, es sei etwas, das der Mensch ursprünglich in sich trage; äußerlicher, nicht-philosophischer Weise heißt es, er erinnere sich an einen Inhalt, den er früher in einem vorhergehenden Zustande gewußt habe.
Dort ist es mythisch dargestellt; aber das ist darin: Religion, Recht, Sittlichkeit, alles Geistige werde im Menschen nur aufgeregt; er sei Geist an sich, die Wahrheit liege in ihm, und es handle sich nur darum, daß sie zum Bewußtsein gebracht werde.

Der Geist gibt Zeugnis dem Geist; dies Zeugnis ist die eigene, innere Natur des Geistes.
Es ist diese wichtige Bestimmung darin, daß die Religion nicht äußerlich in den Menschen hineingebracht ist, sondern in ihm selbst, in seiner Vernunft, Freiheit überhaupt liegt. Wenn wir von diesem Verhältnis abstrahieren und betrachten, was dieses Wissen ist, wie dieses religiöse Gefühl, dieses Sichoffenbaren im Geiste beschaffen ist, so ist dies wohl Unmittelbarkeit, wie alles Wissen, aber Unmittelbarkeit, die ebenso Vermittlung in sich enthält. Denn wenn ich mir Gott vorstelle, so ist dies sogleich vermittelt, obschon die Beziehung ganz direkt, unmittelbar auf Gott geht.
 Ich bin als Wissen, und dann ist ein Gegenstand, Gott, also ein Verhältnis, und Wissen als dies Verhältnis ist Vermittlung. Ich als religiös Wissender bin nur ein solcher vermittels dieses Inhalts.

γ) Betrachten wir das religiöse Wissen näher, so zeigt es sich nicht nur als einfache Beziehung von mir auf den Gegenstand, sondern dies Wissen ist ein viel konkreteres; diese ganze Einfachheit, das Wissen von Gott, ist Bewegung in sich, näher Erhebung zu Gott. Die Religion sprechen wir wesentlich aus als dies Übergehen von einem Inhalt zu einem anderen, vom endlichen Inhalt zum absoluten, unendlichen.

Dies Übergehen, worin das Eigentümliche des Vermittelns bestimmt ausgesprochen ist, ist von gedoppelter Art: [erstens] von endlichen Dingen, von Dingen der Welt oder von der Endlichkeit unseres Bewußtseins und dieser Endlichkeit überhaupt, die wir uns nennen - Ich, dieses besondere Subjekt -, zum Unendlichen, dieses Unendliche näher bestimmt als Gott.
Die zweite Art des Übergehens hat abstraktere Seiten, die sich nach einem tieferen, abstrakteren Gegensatz verhalten. Da ist nämlich die eine Seite bestimmt als Gott, das Unendliche überhaupt als Gewußtes von uns, und die andere Seite, zu der wir übergehen, ist die Bestimmtheit als Objektives überhaupt oder als Seiendes. Im ersteren Übergang ist das Gemeinschaftliche das Sein, und dieser Inhalt beider Seiten wird als endlich und unendlich gesetzt; im zweiten ist das Gemeinschaftliche das Unendliche, und dieses wird in der Form des Subjektiven und Objektiven gesetzt.

Es ist jetzt zu betrachten das Verhältnis des Wissens von Gott in sich selbst. Das Wissen ist Verhältnis in sich selbst, vermittelt, entweder Vermittlung durch Anderes oder in sich; Vermittlung überhaupt, weil da Beziehung von mir stattfindet auf einen Gegenstand, Gott, der ein Anderes ist. 

Ich und Gott sind voneinander verschieden; wären beide eins, so wäre unmittelbare, vermittlungslose Beziehung, beziehungslose, d. h. unterschiedslose Einheit. Indem beide verschieden sind, sind sie eines nicht, was das andere; wenn sie aber doch bezogen sind, bei ihrer Verschiedenheit zugleich Identität haben, so ist diese Identität selbst verschieden von ihrem Verschiedensein, etwas von diesen beiden Verschiedenes, weil sie sonst nicht verschieden wären.

Beide sind verschieden; ihre Einheit ist nicht sie selbst. Das, worin sie eins sind, ist das, worin sie verschieden sind; sie aber sind verschieden, also ist ihre Einheit verschieden von ihrer Verschiedenheit.
Die Vermittlung ist damit näher in einem Dritten gegen das Verschiedene; so haben wir einen Schluß:
zwei Verschiedene und ein Drittes, das sie zusammenbringt, in dem sie vermittelt, identisch sind.

Damit liegt es also nicht nur nahe, sondern in der Sache selbst, daß, insofern vom Wissen Gottes gesprochen wird, gleich von der Form eines Schlusses die Rede ist. Beide sind verschieden, und es ist eine Einheit, worin beide durch ein Drittes in eins gesetzt sind: das ist Schluß.
Es ist also näher von der Natur des Wissens von Gott, das in sich wesentlich vermittelt ist, zu sprechen.
Die nähere Form des Wissens von Gott kommt unter der Form von Beweisen vom Dasein Gottes vor:
dies ist das Wissen von Gott als ein vermitteltes vorgestellt.

Nur das ist unvermittelt, was eins ist, abstrakt eins. Die Beweise vom Dasein Gottes stellen das Wissen von Gott vor, weil es Vermittlung in sich enthält. Das ist die Religion selbst, Wissen von Gott.
Die Explikation dieses Wissens, welches vermittelt ist, ist Explikation der Religion selbst. Aber diese Form der Beweise hat allerdings etwas Schiefes an ihr, wenn dies Wissen vorgestellt wird als Beweisen vom Dasein Gottes. Gegen jenes hat sich die Kritik gerichtet; aber das einseitige Moment der Form, das an diesem vermittelten Wissen ist, macht nicht die ganze Sache zu nichts. Es ist darum zu tun, die Beweise vom Dasein Gottes wieder zu Ehren zu bringen, indem wir ihnen das Unangemessene abstreifen.
Wir haben Gott und sein Dasein - Dasein ist bestimmtes, endliches Sein, das Sein Gottes ist nicht auf irgendeine Weise ein beschränktes; Existenz wird auch in bestimmtem Sinne genommen -, wir haben also Gott in seinem Sein, Wirklichkeit, Objektivität, und das Beweisen hat den Zweck, uns den Zusammenhang aufzuzeigen zwischen beiden Bestimmungen, weil sie verschieden, nicht unmittelbar eins sind.

Unmittelbar ist jedes in seiner Beziehung auf sich, Gott als Gott, Sein als Sein. Beweisen ist, daß diese zunächst Verschiedenen auch einen Zusammenhang, Identität haben, - nicht reine Identität, das wäre Unmittelbarkeit, Einerleiheit. Zusammenhang zeigen heißt beweisen überhaupt; dieser Zusammenhang kann von verschiedener Art sein, und bei Beweisen ist es unbestimmt, von welcher Art Zusammenhang die Rede sei.

Es gibt ganz äußerlichen, mechanischen Zusammenhang: Wir sehen, daß ein Dach notwendig ist zu den Wänden; das Haus hat diese Bestimmung gegen Witterung usf.; man kann sagen: es ist bewiesen, daß ein Haus ein Dach haben muß; der Zweck ist das Verknüpfende der Wände mit dem Dach.
Das gehört wohl zusammen, ist Zusammenhang, aber wir haben zugleich das Bewußtsein, daß dieser Zusammenhang nicht das Sein dieser Gegenstände betrifft; daß Holz, Ziegel ein Dach ausmachen, geht ihr Sein nichts an, ist für sie bloß äußerlicher Zusammenhang. Hier liegt im Beweisen: einen Zusammenhang aufzeigen zwischen solchen Bestimmungen, denen der Zusammenhang selbst äußerlich ist.

Sodann gibt es andere Zusammenhänge, die in der Sache, dem Inhalt selbst liegen.
Das ist der Fall z. B. bei geometrischen Lehrsätzen. Wenn ein rechtwinkliges Dreieck ist, so ist sogleich vorhanden ein Verhältnis des Quadrats der Hypotenuse zu den Quadraten der Katheten.
Das ist Notwendigkeit der Sache; hier ist Beziehung nicht von solchen, denen der Zusammenhang äußerlich ist, sondern hier kann das eine nicht ohne das andere sein, mit dem einen ist hier auch das andere gesetzt.

Aber in dieser Notwendigkeit ist die Art unserer Einsicht in die Notwendigkeit verschieden vom Zusammenhang der Bestimmungen in der Sache selbst.
Der Gang, den wir im Beweisen machen, ist nicht Gang der Sache selbst, ist ein anderer, als der in der Natur der Sache ist. Wir ziehen Hilfslinien; es wird niemand einfallen zu sagen, damit ein Dreieck drei Winkel gleich zwei rechten habe, nehme es diesen Gang, einen seiner Winkel zu verlängern, und erst dadurch erreiche es dies. Da ist unsere Einsicht, die Vermittlung, die wir durchgehen, und die Vermittlung in der Sache selbst voneinander verschieden. Die Konstruktion und der Beweis sind nur zum Behuf unserer subjektiven Erkenntnis; das ist nicht objektive Weise, daß die Sache durch diese Vermittlung zu diesem Verhältnis gelangt, sondern nur wir gelangen durch diese Vermittlung zur Einsicht; das ist bloß subjektive Notwendigkeit, nicht Zusammenhang, Vermittlung im Gegenstande selbst.

Diese Art von Beweisen, diese Zusammenhänge sind unbefriedigend sogleich für sich selbst in Rücksicht auf das Wissen von Gott, auf den Zusammenhang der Bestimmungen Gottes in sich und den Zusammenhang unseres Wissens von Gott und seinen Bestimmungen. Näher erscheint das Unbefriedigende so:
In jenem Gang der subjektiven Notwendigkeit gehen wir aus von ersten gewissen Bestimmungen, von solchem, das uns schon bekannt ist.
Da haben wir Voraussetzungen, gewisse Bedingungen, - daß das Dreieck, der rechte Winkel ist.
Es gehen voraus gewisse Zusammenhänge, und wir zeigen in solchen Beweisen auf: wenn diese Bestimmung ist, so ist auch jene; d. h. wir machen das Resultat abhängig von gegebenen, bereits vorhandenen Bedingungen. Es ist das Verhältnis dies: das, worauf wir kommen, wird  vorgestellt als ein Abhängiges von Voraussetzungen. Das geometrische Beweisen als bloß verständiges ist allerdings das vollkommenste, das verständige Beweisen am konsequentesten durchgeführt, daß etwas aufgezeigt wird als abhängig von einem anderen. Indem wir das anwenden auf das Sein Gottes, so erscheint da gleich die Unangemessenheit, einen solchen Zusammenhang bei Gott aufzeigen zu wollen Es erscheint nämlich besonders im ersten Gang, den wir Erhebung zu Gott nannten, so daß, wenn wir dies in die Form des Beweises fassen, wir das Verhältnis haben, daß das Endliche die Grundlage sei, aus welcher bewiesen wird das Sein Gottes;
in diesem Zusammenhang erscheint das Sein Gottes als Folge, als abhängig vom Sein des Endlichen.

Da erscheint die Unangemessenheit dieses Fortgangs, den wir Beweisen nennen, mit dem, was wir uns unter Gott vorstellen, daß er gerade das Nichtabgeleitete, schlechthin an und für sich Seiende ist.
Das ist das Schiefe. Wenn man nun aber meint, durch solche Bemerkung habe man überhaupt diesen Gang als nichtig gezeigt, so ist dies ebenso eine Einseitigkeit, die dem allgemeinen Bewußtsein der Menschen sogleich widerspricht.

Der Mensch betrachtet die Welt und erhebt sich, weil er denkend, vernünftig ist, da er in der Zufälligkeit der Dinge keine Befriedigung findet, vom Endlichen zum absolut Notwendigen und sagt: weil das Endliche ein Zufälliges ist, muß ein an und für sich Notwendiges sein, welches Grund dieser Zufälligkeit ist.
Das ist der Gang der menschlichen Vernunft, des menschlichen Geistes, und dieser Beweis vom Dasein Gottes ist nichts als die Beschreibung von dieser Erhebung zum Unendlichen.

Ebenso werden die Menschen immer diesen konkreteren Gang gehen: Weil Lebendiges in der Welt ist, das für seine Lebendigkeit, als Lebendiges in sich organisiert, eine solche Zusammenstimmung seiner verschiedenen Teile ist, und diese Lebendigen ebenso äußerer Gegenstände, Luft usf. bedürfen, die selbständig gegen sie sind, - weil diese, die nicht durch sie selbst gesetzt sind, so zusammenstimmen, muß ein innerer Grund dieser Zusammenstimmung sein.

Es ist diese Zusammenstimmung an und für sich, und sie setzt eine Tätigkeit, die sie hervorgebracht hat, ein nach Zwecken Tätiges voraus.
Das ist, was man nennt die Weisheit Gottes in der Natur bewundern, dieses Wunderbare des lebendigen Organismus und die Zusammenstimmung äußerlicher Gegenstände zu ihm: von dieser erhebt sich der Mensch zum Bewußtsein Gottes. Wenn man meint, falls die Form der Beweise vom Dasein Gottes bestritten wird, diese auch ihrem Inhalt nach antiquiert zu haben, so irrt man sich.

Aber der Inhalt ist allerdings nicht in seiner Reinheit dargestellt. Dieser Mangel kann auch so bemerklich gemacht werden. Man sagt, bei den Beweisen bleibe man kalt, man habe es mit gegenständlichem Inhalt zu tun, man könne wohl einsehen: das und das ist; aber das Erkennen sei äußerlich, dieses Einsehen bleibe nur etwas Äußerliches, dieser Gang sei zu objektiv, es sei kalte Überzeugung, diese Einsicht sei nicht im Herzen, die Überzeugung müsse im Gemüt sein.

In diesem Vorwurf des Mangelhaften liegt, daß eben dieser Gang unsere eigene Erhebung sein soll, nicht daß wir uns betrachtend verhalten gegen einen Zusammenhang von äußerlichen Bestimmungen;
sondern es soll der fühlende, glaubende Geist, der Geist überhaupt sich erheben.
Die geistige Bewegung, die Bewegung unserer selbst, unseres Wissens soll auch darin sein, und das vermissen wir, wenn wir sagen, es sei ein äußerlicher Zusammenhang von Bestimmungen.

Die Erhebung und die Bewegung des gegenständlichen Inhalts fällt aber in der Tat in eins, in das Denken. Ich selbst als denkend bin dieses Übergehen, diese geistige Bewegung, und als diese Bewegung ist jetzt das Denken zu betrachten.
Zunächst aber ist es die empirische Beobachtung und die Reflexion

 

HEGEL:Religion,Denken Freiheit

Vermittlung

Beobachtung

Die Endlichkeit in der sinnlichen Existenz

 

G.W.F. HEGEL

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C. Dritte Stellung des Gedankens zur Objektivität.
Das unmittelbare Wissen
  
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