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 G.W.F.Hegel                                                                                                                hegeleliforp03Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse

 

a. Die Gestalt

§ 353

Gestalt ist das animalische Subjekt als ein Ganzes nur in Beziehung auf sich selbst. Es stellt an ihm den Begriff in seinen entwickelten und in ihm existierenden Bestimmungen dar. Diese sind, obgleich in sich als in der Subjektivität konkret, αa) als dessen einfache Elemente. Das animalische Subjekt ist daher 1. sein einfaches, allgemeines Insichsein in seiner Äußerlichkeit, wodurch die wirkliche Bestimmtheit unmittelbar als Besonderheit in das Allgemeine aufgenommen und dieses in ihr ungetrennte Identität des Subjekts mit sich selbst ist, - Sensibilität; 2. Besonderheit als Reizbarkeit von außen und aus dem aufnehmenden Subjekte kommende Rückwirkung dagegen nach außen, - Irritabilität; 3. die Einheit dieser Momente, die negative Rückkehr zu sich selbst aus dem Verhältnisse der Äußerlichkeit und dadurch Erzeugung und Setzen seiner als eines Einzelnen, - Reproduktion; die Realität und Grundlage der ersteren Momente.

Zusatz. Die Pflanze läßt ihr Holz, ihre Rinde tot werden und die Blätter abfallen; das Tier ist aber diese Negativität selbst. Jene weiß sich gegen ihr Anderswerden nicht anders zu retten, als es gleichgültig liegen zu lassen. Das Tier aber ist die Negativität seiner selbst, die über seine Gestalt übergreift und das Aufhören des Wachstums nicht in seinem Verdauungs- und Geschlechtsprozeß unterbringt; sondern als die Negativität seiner selbst ist sein eigener innerer Prozeß dies, daß es sich zu Eingeweiden gestaltet. Indem es sich so selbst als Individuum gestaltet, ist es Einheit der Gestalt und Individualität. - Die einfache Identität der allgemeinen Subjektivität des Begriffs mit sich selbst, das Empfindende, was im Geiste das Ich, ist die Sensibilität; wird sie durch Anderes berührt, so verkehrt sie dasselbe unmittelbar zu sich. Die zuerst ideell gesetzte Besonderheit kommt in der Irritabilität zu ihrem Rechte; die Tätigkeit des Subjekts besteht darin, das Andere, zu dem es sich verhält, zu rebellieren. Irritabilität ist auch Empfindung, Subjektivität, aber in der Form des Verhältnisses. Da die Empfindung dies aber nur ist als negiertes Verhalten zu Anderem, so ist die Reproduktion diese unendliche Negativität, die Äußerlichkeit zu mir und mich zum Äußerlichen zu machen. Das ist erst die reale, nicht die abstrakte Allgemeinheit, - die entwickelte Sensibilität. Die Reproduktion geht durch die Sensibilität und Irritabilität hindurch und absorbiert sie; so ist sie entspringende, gesetzte Allgemeinheit, die aber, als das Sichproduzieren, zugleich konkrete Einzelheit ist. Die Reproduktion ist erst das Ganze, die unmittelbare Einheit mit sich, in der es zugleich zum Verhältnisse gekommen ist.
Der animalische Organismus ist reproduktiv; dies ist er wesentlich, oder dies ist seine Wirklichkeit.
Die höheren Naturen des Lebendigen sind die, wo die abstrakten Momente, Sensibilität und Irritabilität, für sich hervortreten; das niedere Lebendige bleibt Reproduktion, das Höhere hat die tieferen Unterschiede in sich und erhält sich in dieser stärkeren Diremtion. Es gibt so Tiere, die nichts sind als Reproduktion, - ein gestaltloser Gallert, ein tätiger Schleim, der in sich reflektiert ist, wo Sensibilität und Irritabilität noch nicht getrennt sind. Dies sind die allgemeinen animalischen Momente; sie sind indessen nicht als Eigenschaften zu nehmen, so daß jede gleichsam besonders wirkte, wie Farbe besonders aufs Gesicht, Geschmack auf die Zunge usf. Die Natur legt freilich auch die Momente so gleichgültig auseinander, aber ganz allein in der Gestalt, d. h. im toten Sein des Organismus. - Das Tier ist das Deutlichste an ihm selbst in der Natur; es ist aber am schwersten zu fassen, weil seine Natur der spekulative Begriff ist. Denn obgleich diese Natur als sinnliches Dasein ist, so muß sie doch im Begriffe aufgefaßt werden. Hat das Lebendige in der Empfindung auch die höchste Einfachheit, während alles andere ein Außereinander von Qualitäten ist, so ist es doch zugleich das Konkreteste, weil es den Momenten des Begriffs, die an einem Subjekte real sind, erlaubt, sich Dasein zu geben, wogegen das Tote abstrakt ist. - Am Sonnensystem entspricht die Sensibilität der Sonne, die Differenten sind Komet und Mond, die Reproduktion ist der Planet. Während jedes da aber ein selbständiges Glied ist, sind sie jetzt in Einem gehalten. Dieser Idealismus, in der ganzen Natur die Idee zu erkennen, ist zugleich Realismus, indem der Begriff des Lebendigen die Idee als Realität ist, wenn auch sonst die Individuen nur einem Momente des Begriffs entsprechen. Überhaupt erkennt die Philosophie den Begriff im Realen, Sinnlichen. Vom Begriff muß man ausgehen; und ist er auch vielleicht noch nicht mit der "reichen Mannigfaltigkeit" der Natur, wie man sagt, fertig, so muß man doch dem Begriff trauen, wenn auch vieles Besondere noch nicht erklärt ist. Das ist überhaupt eine unbestimmte Forderung, und daß sie nicht erfüllt ist, tut dem Begriff keinen Eintrag, während ganz im Gegenteil die Theorien der empirischen Physiker alles erklären müssen, da ihre Bewährung nur auf den einzelnen Fällen beruht. Der Begriff aber gilt für sich; das Einzelne wird sich dann schon geben (s. § 270 Zus.). 

§ 354

Diese drei Momente des Begriffs sind β) nicht nur an sich konkrete Elemente, sondern haben ihre Realität in drei Systemen, dem Nerven-, Blut- und Verdauungssystem, deren jedes als Totalität sich nach denselben Begriffsbestimmungen in sich unterscheidet.
1. Das System der
Sensibilität bestimmt sich so αα) zu dem Extreme der abstrakten Beziehung ihrer selbst auf sich selbst, die hiermit ein Übergehen in die Unmittelbarkeit, in das unorganische Sein und in Empfindungslosigkeit, aber nicht ein darein Übergegangensein ist, - das Knochensystem, das gegen das Innere zu Umhüllung, nach außen der feste Halt des Innern gegen das Äußere ist; ββ) zu dem Moment der Irritabilität, dem Systeme des Gehirns und dessen weiterem Auseinandergehen in den Nerven, die ebenso nach innen Nerven der Empfindung, nach außen des Bewegens sind γγ) zu dem der Reproduktion angehörenden System, dem sympathetischen Nerv mit den Ganglien, worein nur dumpfes, unbestimmtes und willenloses Selbstgefühl fällt.
2. Die
Irritabilität ist ebensosehr Reizbarkeit durch Anderes und Rückwirkung der Selbsterhaltung dagegen als umgekehrt aktives Selbsterhalten und darin sich Anderem Preisgeben. Ihr System ist αaαa) abstrakte (sensible) Irritabilität, die einfache Veränderung der Rezeptivität in Reaktivität, - Muskel überhaupt; welcher, an dem Knochengerüste den äußerlichen Halt (unmittelbare Beziehung auf sich für seine Entzweiung) gewinnend, sich zum Streck- und Beugemuskel zunächst differenziert und dann ferner zum eigentümlichen Systeme der Extremitäten ausbildet. ββ) Die Irritabilität, für sich und different gegen andere sich konkret auf sich beziehend und sich in sich haltend, ist die Aktivität in sich, Pulsieren, lebendige Selbstbewegung, deren Materielles nur eine Flüssigkeit, das lebendige Blut, - und die nur Kreislauf sein kann, welcher zunächst zur Besonderheit, von der er herkommt, spezifiziert, an ihm selbst ein gedoppelter und hierin zugleich nach außen gerichteter ist, - als Lungen- und Pfortadersystem, in deren jenem das Blut sich in sich selbst, in diesem anderen gegen Anderes befeuert. γγ) Das Pulsieren als irritable sich mit sich zusammenschließende Totalität ist der von ihrem Mittelpunkte, dem Herzen, aus in der Differenz der Arterien und Venen in sich zurückkehrende Kreislauf, der ebenso immanenter Prozeß als ein allgemeines Preisgeben an die Reproduktion der übrigen Glieder, daß sie aus dem Blute sich ihre Nahrung nehmen, ist.
3. Das Verdauungssystem ist als Drüsensystem mit Haut und Zellgewebe die
unmittelbare, vegetative, in dem eigentlichen Systeme der Eingeweide aber die vermittelnde Reproduktion.

Zusatz. Indem die Sensibilität als Nervensystem, die Irritabilität als Blutsystem, die Reproduktion als Verdauungssystem auch für sich existieren, so läßt sich der Körper aller Tiere in drei verschiedene Bestandteile zerlegen, woraus alle Organe zusammengesetzt sind: in Zellgewebe, Muskelfasern und Nervenmark, die einfachen, abstrakten Elemente der drei Systeme. Da aber diese Systeme ebenso ungeteilt sind und jeder Punkt alle drei in unmittelbarer Einheit enthält, so sind sie nicht die abstrakten Begriffsmomente, Allgemeinheit, Besonderheit und Einzelheit. Sondern jedes dieser Momente stellt die Totalität des Begriffs in seiner Bestimmtheit dar, so daß die anderen Systeme an jedem als existierend vorhanden sind: überall ist Blut und Nerven, überall auch ein Drüsenhaftes, Lymphatisches, was die Reproduktion ausmacht, vorhanden. Die Einheit dieser abstrakten Momente ist die animalische Lymphe, aus der sich das Innere gliedert; wie sie sich aber in sich unterscheidet, so umschließt sie sich auch mit der Haut als ihrer Oberfläche oder dem allgemeinen Verhalten des vegetabilischen Organismus zur unorganischen Natur. Hat nun aber auch jedes System, als das entwickelte Ganze, die Momente der anderen Systeme ebenso an ihm, so bleibt in einem jeden doch die eine Form des Begriffs die herrschende. - Die unmittelbare Gestalt ist der tote, ruhende Organismus, der für die Individualität seine unorganische Natur ist. Weil er dies Ruhende ist, so ist der Begriff, das Selbst noch nicht wirklich, noch nicht sein Erzeugen gesetzt; oder dieses ist nur ein inneres, und wir sind es, die ihn aufzufassen haben.
Dieser äußere Organismus ist in seiner Bestimmung ein Verhalten gegen ebenso gleichgültige Gestalten; er ist der Mechanismus des Ganzen, das in seine bestehenden Teile gegliedert ist.
1. Die
Sensibilität, αaαa) als Identität der Empfindung mit sich, zur abstrakten Identität reduziert, ist das Insensible, das bewegungslose Tote, das Ertöten seiner selbst, das aber immer noch innerhalb der Sphäre der Lebendigkeit fällt; und das ist das Erzeugen der Knochen, wodurch der Organismus sich seinen Grund voraussetzt So hat selbst noch das Knochensystem am Leben des Organismus teil: "Die Knochen werden kleiner im hohen Alter, die Schädelknochen, die zylindrischen Knochen dünner, ihre Markhöhle scheint sich" gleichsam "auf Unkosten der Knochensubstanz zu vergrößern. Das ganze trockene Knochenskelett eines Alten wird verhältnismäßig leichter; daher alte Leute kleiner werden, auch ohne die Krümmung ihres Rückens zu rechnen ... . Knochen verhalten sich im allgemeinen, schon wegen der größeren Menge ihrer Blutgefäße, als belebtere Teile" (im Vergleich zu den Knorpeln); "was ihre leichtere Entzündung und krankhafte Veränderung, ihre Reproduktion, - was ferner das leichte Aufsaugen scharfer Knochenspitzen, das leichtere Erwecken von Empfindung in ihnen und selbst ihr zusammengesetzter Bau noch weiter erweist."
245) Der Knochen, d. h. die der Gestalt als solcher angehörige Sensibilität, ist, wie das Holz der Pflanze, die einfache und darum tote Kraft, die noch nicht Prozeß, sondern abstrakte Reflexion-in-sich ist. Es ist aber zugleich das in sich reflektierte Tote; oder es ist das vegetabilische Knospen, das sich selbst so hervorbringt, daß das Hervorgebrachte ein Anderes wird.
(1) Seine Gestalt ist,
zuerst Knochenkern zu sein; denn so fangen alle Knochen an. Die Knochenkerne vermehren sich und ziehen sich in die Länge, wie der vegetabilische Knoten zur Holzfaser wird. An den Extremitäten der Glieder bleiben die Knochenkerne; sie haben das Mark in sich als ihren noch nicht eigens herausgeborenen Nerv. Das Mark der Knochen ist das Fett, und darum ist wenig oder flüssiges Mark in mageren, viel in fetten Menschen. Die Beinhaut ist das eigentliche Leben der Knochen, eine ganz nach außen gehende Produktion, die deswegen in sich erstirbt und nur an der Oberfläche des Knochens lebt, - die dumpfe Kraft in sich selbst; das Knochensystem fällt insofern mit dem Hautsystem in der Reproduktion zusammen. Fortgehend zur Totalität, aus Kern und Linie, bricht der Knochen auf, wo dann an die Stelle des Marks der Nerv tritt, welcher ein Kern ist, der seine Längen aus seinem Mittelpunkte aussprossen läßt. Aber mit dieser Totalität hört der Knochen auf, der Gestalt als solcher anzugehören, sein Mark wird lebendige Sensibilität, ein Punkt, der sich in Linien verbreitet und von dem, als der Totalität, die Dimensionen ausgehen. Als Kern ist der Knochen das unmittelbar Sensible der Gestalt; näher aber als Knochenskelett hat er zu seiner ersten Bestimmung dies, sich zum Äußeren als das Ruhende, nur Feste, Harte zu verhalten, sich nur in sich fest zu machen, zu mechanischer Objektivität zu kommen und so einen Anhalt gegen die Erde, als das Feste überhaupt, zu gewinnen.
(2) Die Verlängerung des Knochens ist die
Mitte, der Übergang, daß die Gestalt zum Äußeren herabsinkt, das ein anderes Inneres hat. Der Knochen ist in den Gliedern das Innere, das unmittelbar Feste; aber fernerhin hört er auf, das Innere zu sein. Wie das Holz der Pflanze das Innere der Pflanze und die Rinde das Äußere ist (im Samen hingegen ist das Holz überwunden, es ist nur dessen äußerliche Schale), so wird der Knochen für die Eingeweide äußerliche Schale, die keinen eigenen Mittelpunkt mehr hat, zunächst aber noch unterbrochen ist und [weder] durch eine eigene Linie (sternum) zusammenhängt noch eine eigene Gliederung hat. Aber zuletzt wird sie wieder reine Fläche ohne eigene Innerlichkeit, - ein Umschlagen in den Punkt oder die Linie, von wo Linien ausgehen, bis zur Verflächung, welche bloße umschließende Oberfläche ist. Dies ist die Totalität, die sich noch nicht völlig gerundet hat, noch dies an ihr hat, sich nach außen zu kehren. Die Bestimmung des Knochens ist so zweitens, von einem Anderen regiert zu sein, ein Anderes als Subjekt in sich zu haben und nach außen in feste Anhaltspunkte, wie Hörner, Krallen usw., auszulaufen. Die Haut verlängert sich zu Nägeln, Hacken usw.; sie ist das Unzerstörbare am Organismus,
da, nachdem alles an einem Leichnam in Staub zerfallen, noch die Haut oft an einigen Teilen sichtbar ist.
(3) Zugleich ist, indem im
Rückenwirbel der Knoten der Mitte durchbrochen, der Knochen, nun in sich zurückkehrend, drittens der hohle Schädel. Den Schädelknochen liegt die Form der Rückenwirbel zugrunde, und sie können darin auseinandergelegt werden. Das os sphenoideum geht aber darauf, den Mittelpunkt ganz zu überwinden und die Schädelknochen ganz zu verflächen ohne eigenen Mittelpunkt. Zugleich geht aber dieses völlige Aufheben der Kernigkeit in die Wiederherstellung der Kerne über: die Zähne sind nun diese Rückkehr der Kerne in sich, die den Prozeß durchlaufen, d. h. Negative, Tätige, Wirksame sind, also aufhören, nur passive Absonderung zu sein, - die unmittelbare Sensibilität, die zur Irritabilität geworden. Die Beinhaut ist bei ihnen nicht mehr äußere, sondern nur innere Membran. Die Knochen sowie die Beinhaut sind ohne Empfindung; aber in den (syphilitischen) Lymphenkrankheiten gewinnen sie solche.
Der Grundorganismus des Knochens ist der Rückenwirbel und alles nur Metamorphose desselben, nämlich nach inwendig eine 9/442 Röhre und deren Fortsätze nach außen. Daß dies die Grundform der Knochenbildung sei, hat besonders
Goethe
246) mit seinem organischen Natursinn gesehen und die Übergänge vollkommen verfolgt, in einer schon 1784 verfaßten Abhandlung, die er in seiner Morphologie herausgab. Oken, dem er die Abhandlung mitteilte, hat ihre Gedanken in einem Programm, das er darüber schrieb, geradezu als sein Eigentum ausgekramt und so den Ruhm davongetragen.247)
Goethe zeigt (und es ist eine der schönsten Anschauungen, die er gehabt hat), daß die Kopfknochen ganz nur aus dieser Form herausgebildet sind: das
os sphenoideum, das os zygomaticum (das Jochbein), bis zum os bregmatis, dem Stirnbein, welches der Hüftknochen im Kopfe ist. Aber für solche Umbildung der Knochen, daß sie, statt innere Mitte zu sein, jetzt umschließend werden und nun die Bestimmung haben, nach außen für die Extremitäten, Arme, Beine usw., Anhaltspunkte zu werden, miteinander sich zu verbinden und zugleich beweglich zu sein, - für diese Umkehrung reicht die Identität der Form nicht hin, wie auch nicht beim Vegetabilischen. Diese andere Seite, das Hereinwerfen des Rückenwirbels zu den einzelnen Knochen, hat Goethe nicht verfolgt, wohl aber Oken. Der Rückenwirbel ist der Mittelpunkt des Knochensystems, der sich in die Extreme des Schädelknochens und der Extremitäten dirimiert und sie zugleich verbindet: dort die Höhlung, die sich durch Vereinigung der Flächen zur Rundung nach außen schließt, hier das in die Länge gestreckte Hinausgehen, das in die Mitte tritt und sich wesentlich durch Kohäsion an die Längen der Muskeln befestigt.
ββ) Das Moment der Differenz in der Sensibilität ist das nach außen gerichtete, in Zusammenhang mit Anderem stehende
Nervensystem: die Empfindung als bestimmte, - es sei nun unmittelbar äußerlich gesetztes Fühlen oder Selbstbestimmung. Vom Rückenmark gehen mehr die Nerven der Bewegung aus, von dem Gehirn vornehmlich die der Empfindung; jene sind das Nervensystem, insofern es praktisch ist, - diese dasselbe als Bestimmtwerden, wozu die Sinneswerkzeuge gehören. Überhaupt aber konzentrieren sich die Nerven im Gehirn und dirimieren sich auch wieder von ihm aus, indem sie sich in alle Teile des Körpers verteilen. Der Nerv ist die Bedingung dazu, daß Empfindung vorhanden ist, wo der Körper berührt wird; ebenso ist er die Bedingung des Willens, überhaupt jedes selbstbestimmenden Zwecks.
Sonst versteht man aber noch sehr wenig von der Organisation des Gehirns. "Die Erfahrung lehrt, daß Bewegung der bestimmten Organe, um willkürliche Handlungen zu vollbringen, und Erregung von Empfindung von diesen Organen aus leidet oder ganz aufhört, wenn die aus diesen Teilen ausgehenden Nerven oder das Rückenmark, das kleine Gehirn oder das große Hirn, welche mit jenen Nerven zusammenhängen, verletzt oder zerstört werden ... . Die einzelnen Nervenfasern mit ihren Scheiden werden durch Zellgewebe in Bündel, und diese in einen größeren fühlbaren Strang lockerer oder fester vereinigt ... . Schon die einzelnen Markfasern der Nerven hängen überall durch kleine mit Mark gefüllte Nebenkanäle, die bei ihrem Zusammenstoßen sehr feine Knötchen zu bilden scheinen, vielfach unter sich zusammen, und in dieser Hinsicht gleicht ein Nervenbündel einem sehr gedehnten Netze, das strickartig in die Länge gezogen ist und dessen Fäden nun beinahe parallel liegen.
248) Die Kommunikation mit einem äußeren Teile vom Gehirn aus ist nicht so vorzustellen, als ob, nachdem der bestimmte Teil in seinem Nerven affiziert worden, jetzt diese bestimmte Nervenfaser die Affektion für sich forttrüge, oder als ob vom Hirn aus schon auf eine bestimmte Nervenfaser eingewirkt würde, nach der äußeren Verbindung der Nerven, sondern die Mitteilung geschieht durch den gemeinschaftlichen Stamm und ist doch determiniert wegen der allgemeinen Gegenwart des Willens und Bewußtseins. Die Nervenfaser steht mit vielen anderen in Verbindung, ihr Affiziertwerden affiziert auch diese, ohne daß dadurch mehrere Empfindungen hervorgebracht würden, noch umgekehrt der vom Gehirn ausgehende allgemeine Stamm sämtliche Nerven in Bewegung setzte.
γγ) Die in sich gegangene Sensibilität, das Innerlichste des Sensiblen, wonach es nicht mehr abstrakt ist, das noch unausgeschiedene, nicht zum bestimmten Empfinden herausgebildete System der
Ganglien überhaupt und insbesondere des sogenannten sympathetischen Nervs bildet Nervenknoten, die man als kleine Gehirne im Unterleibe betrachten kann, welche aber nicht absolut unabhängig für sich, d. h. außer Verbindung mit den Nerven sind, die unmittelbar mit dem Gehirn und den Rückenmarksnerven zusammenhängen, aber zugleich sind sie selbständig und unterscheiden sich von diesen in Funktion und Struktur.
249) Wegen dieser Teilung in das Gehirn des Kopfes und des Unterleibes entspringt Kopfweh aus dem Unterleibe. "Es ist merkwürdig, daß im Magen, fast könnte man sagen an seiner oberen Öffnung, die Ausbreitung des vom Hirne unmittelbar abstammenden achten Nervs aufhört, dieser dem sympathetischen Nerv den übrigen Teil überläßt und gleichsam hier die Grenze eines deutlicheren Gefühls ist. Diese obere Öffnung spielt in vielen Krankheiten eine ausgezeichnete, bedeutende Rolle. Entzündungen zeigen nach dem Tode in ihrer Nähe sich häufiger als an irgendeiner anderen Stelle des Magens. Das eigentliche Verdauungsgeschäft entzog die Natur der Willkür, der sie die Auswahl der Speisen, das Kauen, das Hinabschlingen sowie am Ende die Ausleerung des Untauglichen großenteils überließ."250)
Im Zustande des Somnambulismus, wo die äußeren Sinne kataleptisch erstarrt sind und das Selbstbewußtsein innerlich ist, fällt diese innere Lebendigkeit in die Ganglien und in das Gehirn dieses dunklen, unabhängigen Selbstbewußtseins.
Richerand251) sagt daher: "Durch den sympathetischen Nerv sind die inneren Organe der Herrschaft des Willens entzogen." Das System dieser Nervenknoten ist unregelmäßig.252) "Man kann" sagt Bichat253) , "das System der Ganglien einteilen in die des Kopfes, des Halses, des Thorax, des Abdomen und des Beckens." Sie befinden sich also im ganzen Körper, vorzüglich jedoch in den Teilen, die zur inneren Gestaltung gehören, vornehmlich im Unterleibe.
 "Eine Reihe von diesen Nervenknoten liegt auf beiden Seiten in den Öffnungen zwischen den Wirbelbeinen, wo die hinteren Wurzeln der Rückenmarksnerven diese Knoten bilden."254) Durch Zusammenhänge unter sich bilden sie den sogenannten sympathetischen Nerv, ferner den
plexus semilunaris, solaris, splanchnicus, endlich die Kommunikation des ganglion semilunare durch Zweige mit den Ganglien des Thorax. "Man findet den sogenannten sympathetischen Nerv bei vielen Subjekten unterbrochen, nämlich den Teil im Thorax von dem im Bauche (pars lumbaris) durch einen Zwischenraum getrennt. Oft, nachdem er viele Fäden am Halse abgegeben, ist er dicker als vorher ... . Die Nervenfäden dieser Systeme sind sehr verschieden von den eigentlichen Gehirn- und Rückenmarksnerven. Diese sind dicker, weniger zahlreich, weißer, dichter in ihrem Gewebe, haben wenig Varietät in ihrer Bildung. Im Gegenteil, äußerste Dünne (ténuité,) sehr große Menge von Fäden, besonders gegen den Plexus, gräuliche Farbe, bedeutende Weichheit des Gewebes, äußerst gewöhnliche Varietäten in den verschiedenen Subjekten, - das sind die Kennzeichen der Ganglien."255) Es ist hier ein Streit, ob diese unabhängig seien oder aus dem Gehirn und Rückenmark entspringen. Dies Entspringen ist eine Hauptvorstellung im Verhältnis der Nerven zum Gehirn und Rückenmarke, heißt aber nichts Bestimmtes. Daß die Nerven aus dem Gehirn entspringen, gilt für eine ausgemachte Wahrheit. Aber wie sie hier in Identität mit dem Gehirn sind, so ist dort Trennung, jedoch nicht so, daß das Gehirn vorher und die Nerven nachher, - sowenig als die Finger aus der flachen Hand oder die Nerven aus dem Herzen entspringen. Man kann einzelne Nerven abschneiden, das Gehirn bleibt lebendig, so wie Stücke vom Gehirn wegnehmen, und die Nerven bleiben.
2. Indem die Sensibilität des äußeren Organismus in
Irritabilität, in Differenz übergeht, so geht seine überwundene Einfachheit αaαa) in den Gegensatz des Muskelsystems über. Das Knospen des Knochens ist in die einfache Differenz des Muskels zurückgenommen, dessen Tätigkeit das reale materielle Verhalten zur unorganischen Natur, der Prozeß des Mechanismus nach außen ist. Die organische Elastizität ist die Weichheit, die auf einen Reiz sich in sich zurücknimmt und ebenso dieses Nachgeben aufhebt und sich wiederherstellt, als Linie sich anstemmend. Der Muskel ist die Einheit dieses Gedoppelten, und beide Momente existieren auch als Arten der Bewegung. Treviranus
256) stellt den Satz auf, "daß mit der Zusammenziehung eine wirkliche Zunahme der Kohäsion verbunden ist". Dies beweist besonders folgender Versuch. "Erman257) (Gilberts Annalen der Physik, Jahrg. 1812, St. I, S. 1) verschloß einen an beiden Enden offenen Glaszylinder unten mit einem Kork, durch welchen ein Platindraht ging, und füllte ihn mit Wasser. In dieses brachte er ein Stück von dem Schwanze eines lebenden Aals und verstopfte dann die obere Öffnung des Zylinders ebenfalls durch einen Kork, durch welchen auch ein Platindraht und außerdem noch eine an beiden Enden offene, enge Glasröhre ging. Bei dem Eindrücken des letzteren Korks trat etwas Wasser in die Röhre, dessen Stand genau bezeichnet wurde. Als hierauf Erman das Rückenmark mit dem einen, die Muskeln mit dem anderen Draht verband und beide Drähte mit den Polen einer Voltaischen Säule in Berührung setzte, fiel jedesmal das Wasser in der kleinen Röhre bei der Zusammenziehung der Muskeln um vier bis fünf Linien, und zwar stoßweise."258) Die Muskeln sind übrigens für sich reizbar, z. B. die des Herzens, auch ohne dessen Nerven zu reizen; ebenso werden die Muskeln in der galvanischen Kette in Bewegung gesetzt, auch ohne Nerven zu berühren.259) Treviranus behauptet auch (Bd. V, S. 346), seine "Hypothese, daß die Fortpflanzung der Willensreize zu den Muskeln und die Überbringung der äußeren Eindrücke zum Gehirn Wirkungen verschiedener Bestandteile der Nerven seien, daß jene durch die Nervenhäute, diese durch das Nervenmark geschehe", sei noch nicht widerlegt.
ββ) Die Bewegung der Muskeln ist die elastische Irritabilität, welche, Moment des Ganzen, eine eigentümliche sich trennende, das Einströmen hemmende Bewegung setzt und, als Bewegung an sich selbst, einen Feuerprozeß, der jenes träge Bestehen aufhebt, aus sich setzt und erzeugt. Diese Auflösung des Bestehens ist das
Lungensystem, der wahre ideelle Prozeß nach außen mit der unorganischen Natur, mit dem Elemente der Luft; er ist das eigene Sichbewegen des Organismus, der als Elastizität ein- und ausstößt. Das Blut ist das Resultat, der in sich an sich selbst durch sich selbst zurückkehrende äußere Organismus, die lebendige Individualität, welche die Glieder zu Eingeweiden erzeugt. Das Blut, als die achsendrehende, sich um sich selbst jagende Bewegung, dies absolute In-sich-Erzittern ist das individuelle Leben des Ganzen, in welchem nichts unterschieden ist, - die animalische Zeit. Alsdann entzweit sich diese achsendrehende Bewegung in den kometarischen oder atmosphärischen und in den vulkanischen Prozeß. Die Lunge ist das animalische Blatt, welches sich zur Atmosphäre verhält und diesen sich unterbrechenden und herstellenden, aus- und einatmenden Prozeß macht. Die Leber dagegen ist das aus dem Kometarischen in das Fürsichsein, in das Lunarische Zurückkehren; es ist das seinen Mittelpunkt suchende Fürsichsein, die Hitze des Fürsichseins, der Zorn gegen das Anderssein und das Verbrennen desselben. Lungen- und Leberprozeß stehen in der engsten Verbindung miteinander; - der flüchtige, ausschweifende Lungenprozeß mildert die Hitze der Leber, diese belebt jenen. Die Lunge ist in Gefahr, in Leber überzugehen, sich zu verknoten, um dann sich selbst zu verzehren, wenn sie die Hitze des Fürsichseins in sich empfängt. In diese zwei Prozesse dirimiert sich das Blut. Sein realer Kreislauf ist also, dieser dreifache Kreislauf zu sein: einer für sich selbst, der andere der Kreislauf der Lunge, der dritte der Leber. In jedem ist ein eigener Kreislauf, indem das, was im Lungenkreislauf als Arterie erscheint, im Pfortadersystem als Vene erscheint, und umgekehrt im Pfortadersystem die eintretenden Venen als Arterien. Dieses System der lebendigen Bewegung ist das dem äußeren Organismus entgegengesetzte; es ist die Kraft der Verdauung, - die Kraft, den äußeren Organismus zu überwinden. Diese unorganische Natur ist hier notwendig die dreifache: (1) die äußere, allgemeine Lunge; (2) die besonderte, das Allgemeine herabgesetzt in das organische Moment, die Lymphe und der ganze seiende Organismus; (3) das Vereinzelte. Das Blut bereitet sich aus der Luft, der Lymphe und der Verdauung und ist die Verwandlung dieser drei Momente. Aus der Luft nimmt es sich die reine Auflösung, das Licht derselben, Oxygen, aus der Lymphe die neutrale Flüssigkeit, aus der Verdauung die Einzelheit, das Substantielle. Und so setzt es die ganze Individualität sich wieder selbst entgegen und erzeugt die Gestalt.
(1) Das Blut im Lungenkreislauf, eine eigene Bewegung habend, ist dies rein negative immaterielle Leben, für welches die Natur Luft ist und das hier die reine Überwindung derselben hat. Der erste Atemzug ist das eigene individuelle Leben des Kindes, das vorher in der Lymphe schwamm und sich vegetabilisch einsaugend verhielt. Aus dem Ei oder Mutterschoße hervortretend, atmet es; es verhält sich zur Natur als einer zu Luft gewordenen und ist nicht dieser kontinuierliche Strom, sondern die Unterbrechung desselben, - die einfache organische Irritabilität und Tätigkeit, wodurch das Blut sich als reines Feuer beweist und wird.
(2) Das Blut ist das Aufhebende der Neutralität, des Schwimmens in der Lymphe; es überwindet diese, indem es den ganzen äußeren Organismus erregt, bewegt, ihn zu seinem Rückgehen in sich disponiert.
Diese Bewegung ist gleichfalls ein Verdauungssystem, ein Kreislauf unterschiedener Momente.
Die lymphatischen Gefäße bilden sich allenthalben eigene Knoten, Mägen, worin die Lymphe sich verdaut und endlich sich im
ductus thoracicus zusammenführt. Das Blut gibt sich darin seine Flüssigkeit überhaupt; denn es kann nichts Starres sein. Die Lymphe wird aus ihrer wäßrigen Neutralität zum Fette (das Mark der Knochen ist dieses selbe Fett), also zu keiner höheren Animalisation, sondern zu vegetabilischem Öle, und dient zur Nahrung. Die Tiere, die einen Winterschlaf haben, werden daher im Sommer sehr fett und zehren im Winter aus sich, so daß sie im Frühjahr ganz mager sind.
(3) Endlich ist das Blut eigentlicher Verdauungsprozeß des Einzelnen, und das ist die
peristaltische Bewegung überhaupt. Als dieser Prozeß der Einzelheit teilt es sich in die drei Momente: (αaαa) des stumpfen, innerlichen Fürsichseins, - das Hypochondrisch-melancholisch-Werden, sein Schlaf, das venöse Blut überhaupt, das in der Milz diese mitternächtige Kraft wird. Man sagt, es werde darin gekohlenstofft; diese Karbonisation ist eben sein Erde-, d. h. absolut Subjekt-Werden. (ββ) Von hier ist seine Mitte das Pfortadersystem, wo seine Subjektivität Bewegung ist und zur Tätigkeit wird, zum verzehrenden Vulkan. So betätigt in der Leber, verhält es sich gegen den im Magen gekochten Speisenbrei. Die Verdauung fängt vom Verkauen und Durchdringen mit der Lymphe des Speichels an, im Magen. Der Magen- und der pankreatische Saft sind gleichsam die auflösenden, die Speisen in Gärung versetzenden Säuren; es ist dies das Lymphieren und Wärmen, - das chemisch-organische Moment. (γγ) Im Zwölffingerdarm (duodenum) geht die eigentliche völlige Überwindung durch das Feuer, die Galle, vor, welche durch das Venenblut der Pfortader hervorgebracht wird. Der nach außen gekehrte, noch in die Lymphe fallende Prozeß wird zum Fürsichsein und nun ins animalische Selbst verwandelt. Der Chylus, dies Produkt des Bluts, kehrt ins Blut zurück; es hat sich selbst erzeugt.
Dies ist der große innere Kreislauf der Individualität, dessen Mitte das Blut selbst ist; denn es ist das individuelle Leben selbst. Das Blut ist überhaupt, als die allgemeine Substanz aller Teile, das irritable Zusammenfassen von allem in die innere Einheit, diese Wärme, dieses Umschlagen der Kohäsion und spezifischen Schwere - aber nicht nur nach dieser Seite des Auflösens, sondern das reale animalische Auflösen von allem. Wie alle Nahrungsmittel sich in Blut verwandeln, so ist es auch das Preisgegebene, aus dem alles seine Nahrung nimmt. Das ist das Pulsieren nach dieser ganz realen Seite. Es ist davon die Rede gewesen, daß die Säfte, weil sie das Ausgeschiedene seien, unorganisch seien und das Leben allein den festen Teilen angehöre. Allein teils sind solche Unterscheidungen an sich etwas Sinnloses, teils ist das Blut, nicht das Leben, sondern das lebendige Subjekt als solches, im Gegensatze gegen die Gattung, das Allgemeine. Das schwache Blumenvolk, die Inder, verzehren kein Tier und lassen es ganz leben; der jüdische Gesetzgeber verbot nur, das Blut der Tiere zu verzehren, weil, heißt der Grund, das Leben des Tieres in dem Blute ist. Das Blut ist diese unendliche, ungeteilte Unruhe des Aus-sich-Heraustreibens, während der Nerv das Ruhige, Beisichbleibende ist. Die unendliche Verteilung und dieses Auflösen des Teilens und dieses Wieder-Teilen ist der unmittelbare Ausdruck des Begriffs, den man hier sozusagen mit Augen sieht. Er stellt sich in der Beschreibung, die Herr Professor
Schultz
260) davon macht, unmittelbar sinnlich dar: Kügelchen wollen sich bilden, sie entstehen aber auch nicht. Läßt man das Blut in Wasser laufen, so ballt es sich in Kügelchen, aber das Blut selbst, in seiner Lebendigkeit, nicht. Die Blutkügelchen kommen so nur bei seinem Sterben zum Vorschein, wenn das Blut an die Atmosphäre kommt. Ihr Bestehen ist also eine Erdichtung, wie die Atomistik, und ist auf falsche Erscheinungen gegründet, wenn man nämlich das Blut gewaltsam hervorlockt. Dies Pulsieren des Bluts bleibt die Hauptbestimmung; dieser Kreislauf ist der Lebenspunkt, wo keine mechanischen Erklärungen des Verstandes helfen. Mit der feinsten Anatomie und Mikroskopen bleibt man zurück. Befeuert das Blut sich an der Luft in sich selbst, so werde, heißt es, Atmosphäre eingeatmet und Stick- und Kohlenstoff ausgeatmet. Aber durch diese Chemie ist nichts zu fassen; es ist kein chemischer Prozeß, sondern das Leben, das ihn immerfort unterbricht.
γγ) Das Zusammenfassen dieser innerlichen Differenzierung in
ein System ist das Herz, die lebendige Muskulosität, - ein System, das überall mit der Reproduktion zusammenhängt. Man findet im Herzen keine Nerven, sondern es ist die reine Lebendigkeit der Irritabilität im Zentrum, als Muskel, der pulsiert. Als die absolute Bewegung, das natürliche lebendige Selbst, der Prozeß selbst, wird das Blut nicht bewegt, sondern ist die Bewegung. Daß es bewegt werde, dazu suchen die Physiologen allerhand Kräfte auf:
"Der Herzmuskel stößt es zunächst aus, und da helfen die Wandungen der Arterien und Venen und der Druck der festen Teile, die es treiben; bei den Venen freilich hilft der Herzstoß nicht mehr, da muß es der Druck der Wandungen allein tun." Alle diese mechanischen Erklärungen der Physiologen sind aber unzureichend. Denn wo kommt dieser elastische Druck der Wandungen und des Herzens her? "Von dem Reiz des Bluts", antworten sie. Das Herz also bewegt hiernach das Blut, und die Blutbewegung ist wieder das Bewegende des Herzens. Das ist aber ein Kreis, ein
perpetuum mobile, das sogleich stillstehen müßte, weil die Kräfte in Gleichgewicht sind. Ebendarum ist vielmehr das Blut selbst das Prinzip der Bewegung; es ist der springende Punkt, durch den die Zusammenziehung der Arterien mit dem Nachlassen der Herzventrikel zusammenfällt. Diese Selbstbewegung ist nichts Unbegreifliches, Unbekanntes, außer wenn Begreifen in dem Sinne genommen wird, daß etwas anderes, die Ursache aufgezeigt werde, von der es bewirkt wird. Dies ist aber nur die äußere, d. h. gar keine Notwendigkeit. Die Ursache ist selbst wieder ein Ding, nach dessen Ursache zu fragen ist, und so fort immer zu etwas anderem, in die schlechte Unendlichkeit, welche die Unfähigkeit ist, das Allgemeine, den Grund, das Einfache, welches die Einheit Entgegengesetzter ist, und daher das Unbewegbare, das aber bewegt, zu denken und vorzustellen.
Dies ist das Blut, das Subjekt, das, sogut als der Wille, eine Bewegung anfängt. Als die ganze Bewegung ist das Blut der Grund und die Bewegung selbst. Es tritt aber ebenso auf die Seite, als ein Moment; denn es ist die Unterscheidung seiner von sich selbst. Die Bewegung ist eben dieses Auf-die-Seite-Treten ihrer selbst, wodurch sie Subjekt, Ding ist und das Aufheben ihres Auf-der-Seite-Stehens als das Übergreifen über sich und das Entgegengesetzte. Sie erscheint aber als ein Teil und Resultat, weil eben das Entgegengesetzte an sich selbst sich aufhebt und der Rückgang von seiner Seite geschieht. So wird die lebendige und belebende Kraft des Bluts aus der Gestalt, und seine innere Bewegung erfordert auch die eigentliche mechanische, äußere Bewegung. Es bewegt, hält die Teile in ihrem negativen qualitativen Unterschiede, aber bedarf des einfachen Negativen der äußeren Bewegung. Ein Kranker, der sich lange nicht bewegt, z. B. bei Amputationen, bekommt Ankylosen; das Gelenkwasser vermindert sich, die Knorpel verhärten sich zu Knochen, die Muskeln werden weiß durch diese äußere Ruhe.
Der Blutlauf selbst ist einesteils als dieser allgemeine Kreislauf zu nehmen, wodurch jeder Teil diesen Zirkellauf nimmt; allein er ist ebenso etwas ganz in sich Elastisches, das nicht nur jener Zirkellauf ist. Schon ist der Lauf in verschiedenen Teilen überhaupt etwas Verschiedenes: im Pfortadersystem ist er langsamer, innerhalb des Schädels ebenso als in den übrigen Teilen, in der Lunge hingegen beschleunigter. Bei einem
panaricium hat die Arterie (radialis) hundert Pulsschläge in einer Minute, während die auf der gesunden Seite nur siebzig, gleichzeitig mit dem Pulse des Herzens, hat. Ferner geschieht der Übergang der Arterien und Venen ineinander durch die feinsten Kanäle (Haargefäße), die zum Teil so fein sind, daß sie keine roten Blutkügelchen enthalten, sondern nur gelbliches Blutwasser. "Im Auge", sagt Sömmerring (§ 72)
261) , "scheint der Fall zu sein, daß die Arterien in feinere, kein rotes Blut mehr enthaltende Zweigchen fortgesetzt werden, die anfangs in eine gleiche Vene, endlich aber in rotes Blut führende Venchen übergehen." Hier geht also das Ding, das eigentlich Blut heißt, nicht über; sondern es ist eine Bewegung gesetzt, worin es verschwindet und wieder hervortritt, oder ein elastisches Erzittern, das nicht ein Fortgang ist. So ist der Übergang nicht oder selten unmittelbar bemerklich. Ferner anastomosieren die Arterien besonders, auch die Venen, so häufig, teils in größeren Ästen, teils bilden sie ganze große Gewebe, wo also gar keine eigentliche Zirkulation mehr denkbar. In den anastomosierenden Zweig treibt sich das Blut von beiden Seiten herein; es ist ein Gleichgewicht, das nicht ein Laufen nach einer Seite, sondern nur ein Erzittern in sich selbst ist. Bei einem Zweige könnte man etwa denken, daß hier die eine Richtung ein Übergewicht hat; allein bei mehreren ganzen Kränzen, Geweben von Anastomosen hebt eine Richtung die andere auf und macht die Bewegung zu einem allgemeinen Pulsieren in sich selbst. "Bei jeder geöffneten Schlagader spritzt das Blut im Augenblicke der Zusammenziehung des Herzens viel weiter als in dem Zeitpunkte der Erschlaffung desselben. Der Zeitpunkt der Zusammenziehung dauert in den Arterien etwas länger als der Zeitpunkt der Ausdehnung; umgekehrt verhält sich das Herz. Man muß sich das belebte Schlagadersystem aber nicht so vorstellen, als ob eine rundliche Blutwelle nach der andern sich fortbewegte oder als stellte eine ihrer ganzen Länge nach entblößte Schlagader gleichsam eine Rosenkranzschnur vor. Sondern das Schlagadersystem erscheint in seiner ganzen Länge und in allen seinen Ästen immer zylindrisch, bei jedem Stoß des Herzens fein oszillierend, gleichförmig, doch kaum und nur in größeren Stämmen etwas merklich seitwärts erweitert, während des Zusammenziehens aber gleichsam verkürzt."262) So ist wohl Zirkulation, aber als oszillatorische vorhanden.
Die Unterscheidung des arteriellen und venösen Bluts kommt zu ihrer Realität in Lunge und Leber; es ist der Gegensatz des Streck- und Beugemuskels. Das arterielle Blut ist die hinausgehende, auflösende Tätigkeit, das venöse das Insichgehen; Lunge und Leber sind, als System, ihr eigentümliches Leben. Die Chemie zeigt den Unterschied so auf, daß das arterielle Blut mehr Sauerstoff enthalte und dadurch heller rot ist, venöses Blut gekohlenstoffter, das auch, in Sauerstoffgas geschüttelt, heller rot wird, - ein Unterschied, der nur das Ding, nicht ihre Natur und ihr Verhältnis im ganzen Systeme ausdrückt.
Der allgemeine Prozeß ist diese Rückkehr des Selbsts aus seiner kometarischen, lunarischen und irdischen Laufbahn zu sich selbst, aus seinen Eingeweiden zu seiner Einheit. Diese Rückkehr ist dann seine allgemeine Verdauung, und so zurückgekehrt ist sein Dasein die Ruhe; d. h. es kehrt zur Gestalt überhaupt zurück, die sein Resultat ist. Jener die Gestalt aufhebende Prozeß, der sich nur in Eingeweide entzweit, damit sich aber eben selbst gestaltet, ist der Ernährungsprozeß, dessen Produkt ebenso die Gestalt ist.
Diese Ernährung besteht nun nicht darin, daß das arterielle Blut seinen gesauerstofften Faserstoff absetze. Sondern die aushauchenden Gefäße der Arterien sind mehr Dunst, der verarbeitet ist, - ein ganz allgemeines Nahrungsmittel, aus dem jeder einzelne Teil sich das Seine nimmt und das daraus macht, was er im Ganzen ist. Diese aus dem Blute geborene Lymphe ist das belebende Nahrungsmittel, oder vielmehr es ist die allgemeine Belebung, das Fürsichsein eines jeden Gliedes, um die unorganische Natur, den allgemeinen Organismus in sich zu verwandeln. Das Blut führt nicht Materien zu, sondern ist die Belebung eines jeden Gliedes, dessen Form die Hauptsache ist; und dies tut nicht nur die Arterie, sondern eben das Blut als dieses Gedoppelte: als Vene und Arterie. So ist das Herz allenthalben und jeder Teil des Organismus nur die spezifizierte Kraft des Herzens selbst.
3. Die
Reproduktion oder das Verdauungssystem ist nicht eigentlich als ausgebildete Gegliederung vorhanden. Denn während die Systeme der Sensibilität und Irritabilität dem Unterschiedenen der Entwicklung angehören, so macht die Reproduktion keine Gestalt, ist auch nicht die ganze Gestalt, außer nur formell, und kommt daher zu keinem Auseinandergehen in Formbestimmungen. Das Reproduktionssystem kann hier nur abstrakt genannt werden, da seine Funktion der Assimilation angehört.
αaαa) Die dumpfe
unmittelbare Reproduktion ist das Zellgewebe und Drüsenartige, die Haut, einfache animalische Gallerte, Röhren; in den Tieren, die nur dies sind, ist die Ausbildung der Unterschiede noch nicht vorhanden. Die Gestalt hat die Haut zu ihrer organischen Tätigkeit; damit hängt die Lymphe zusammen, deren Berührung des Äußeren der ganze Prozeß der Ernährung ist. Die unmittelbare Rückkehr des äußeren Organismus in sich ist die Haut, worin er ein Verhalten zu sich selbst wird; sie ist nur erst noch der Begriff des inneren Organismus und darum das Äußere der Gestalt. Die Haut kann alles sein und werden, Nerven, Blutgefäße usw.; sie ist, als einsaugend, das allgemeine Verdauungsorgan des vegetativen Organismus.
ββ) Die Haut, die sich in den Klauen, Knochen und Muskeln ein differentes Verhältnis gegeben hat, unterbricht nun aber das Einsaugen und verhält sich als Einzelnes zur Luft und zum Wasser. Der Organismus verhält sich nicht nur zum Äußeren als allgemeinem Elemente, sondern [auch] zu ihm als vereinzeltem, wenn es auch nur der einzelne Schluck Wasser ist. Die Haut schlägt sich so nach innen zurück; sie bildet, wie sie sonst ganz Öffnung ist, jetzt eine einzelne Öffnung, den
Mund, und das Unorganische wird als Einzelnes erfaßt und aufgenommen. Das Individuum bemächtigt sich desselben, zermalmt es nach der reinen Äußerlichkeit als Gestalt und verwandelt es in sich, nicht durch die unmittelbare Infektion, sondern vermöge einer vermittelnden Bewegung, welche dasselbe die verschiedenen Momente durchlaufen läßt, - die Reproduktion im Gegensatze. Die unmittelbare einfache Verdauung expliziert sich in den höheren Tierarten in ein System der Eingeweide: die Galle, das Lebersystem, das Pankreas oder die Magendrüse, den pankreatischen Saft. Die animalische Wärme ist überhaupt dadurch gesetzt, daß es einzelne Gestalten überhaupt sind, welche durch sie aufgehoben werden. Diese Wärme ist die absolut vermittelnde Bewegung des in sich reflektierten Organismus, der die Elemente an ihm selbst hat und durch diese sich tätig verhält, indem er das Einzelne mit der Bewegung aller angreift: (1) mit der organischen Lymphe, als Speichel, es infiziert; (2) mit der Neutralität des Kalischen und Sauren, dem animalischen Magen- und pankreatischen Säfte; (3) endlich mit der Galle, dem Angriff des Feurigen auf die empfangene Nahrung.
γγ) Die
in sich gekehrte oder die Eingeweideproduktion ist der Magen und Darmkanal. Unmittelbar ist der Magen diese verdauende Wärme überhaupt und der Darmkanal die Entzweiung des Verdauten (1) in ganz Unorganisches, Auszuscheidendes und (2) in vollkommen Animalisiertes, welches ebenso die Einheit der bestehenden Gestalt als der Wärme des Auflösens ist, - das Blut. Die einfachsten Tiere sind nur ein Darmkanal.

§ 355

γ) Aber für die Gestalt vereinigen sich die Unterschiede der Elemente und deren Systeme ebensowohl zu allgemeiner konkreter Durchdringung, so daß jedes Gebilde der Gestalt sie an ihm verknüpft enthält, als sie selbst sich 1. in die Centra von den drei Systemen abteilt (insectum), Kopf, Brust und Unterleib, wozu die Extremitäten zur mechanischen Bewegung und Ergreifung das Moment der sich nach außen unterschieden setzenden Einzelheit ausmachen. 2. Die Gestalt unterscheidet sich nach der abstrakten Differenz in die zwei Richtungen, nach innen und nach außen. Jeder [Gestalt] ist aus jedem der Systeme die eine nach innen, die andere nach außen gehende Seite zugeteilt, wovon diese als die differente an ihr selbst diese Differenz durch die symmetrische Zweiheit ihrer Organe und Glieder darstellt (Bichats "vie organique et animale"263) ). 3. Das Ganze als zum selbständigen Individuum vollendete Gestalt ist in dieser sich auf sich beziehenden Allgemeinheit zugleich an ihr besondert zum Geschlechtsverhältnisse, zu einem Verhältnisse mit einem anderen Individuum nach außen gekehrt. Die Gestalt weist an ihr, indem sie beschlossen in sich ist, auf ihre beiden Richtungen nach außen hin.

Zusatz. Sensibilität, Irritabilität und Reproduktion, konkret zusammengefaßt zur ganzen Gestalt, bilden die äußere Gestaltung des Organismus, den Kristall der Lebendigkeit.
1. Diese Bestimmungen sind
zunächst bloß Formen, wie sie bei den Insekten auseinandergeschnitten sind; jedes Moment ist ein totales System als dieser Bestimmtheit oder unter dieser einen Form. Der Kopf ist so das Zentrum der Sensibilität, die Brust der Irritabilität, der Unterleib der Reproduktion, welche die edlen Eingeweide, das Innere enthalten, während die Extremitäten Hände, Füße, Flügel, Flossen usw., das Verhalten des Organismus zur Außenwelt bezeichnen.
2. Diese Centra sind
zweitens auch entwickelte Totalitäten, so daß die anderen Bestimmungen nicht bloß als Formen bestimmt, sondern in jeder dieser Totalitäten dargestellt und enthalten sind. Jedes abstrakte System geht durch alle hindurch und hängt mit ihnen zusammen, jedes stellt die ganze Gestalt dar; also das System der Nerven, Adern, des Bluts, der Knochen, Muskeln, der Haut, der Drüsen usw. ist jedes ein ganzes Skelett, und das macht die Verschränkung des Organismus aus, indem jedes, in das andere herrschende verschränkt, zugleich innerhalb seiner selbst den Zusammenhang erhält. Der Kopf, das Gehirn hat Eingeweide der Sensibilität, Knochen, Nerven; aber ebenso gehören dazu alle Teile der anderen Systeme, Blut, Adern, Drüsen, Haut. Ebenso hat die Brust Nerven, Drüsen, Haut usw.
3. Zu diesen zwei unterschiedenen Formen dieser Totalitäten kommt die
dritte Form der Totalität, welche der Empfindung als solcher angehört, wo also das Seelenhafte die Hauptsache ausmacht.
Diese höheren Einheiten, welche Organe aller Totalitäten um sich versammeln und ihren Vereinigungspunkt im empfindenden Subjekte haben, machen noch große Schwierigkeiten. Es sind Zusammenhänge besonderer Teile eines Systems mit besonderen] des oder der anderen, die aber in Ansehung ihrer Funktionen zusammenhängen, indem sie teils einen konkreten Mittelpunkt bilden, teils das Ansich ihrer Vereinigungen, ihre tiefere Bestimmung, im Empfindenden haben, - sozusagen seelenhafte Knoten sind. Überhaupt ist die Seele als für sich bestimmend im Leibe gegenwärtig, ohne dem spezifischen Zusammenhang des Körperlichen bloß nachzugehen.
αaαa) So gehört z. B. der Mund einem einzelnen Systeme, der Sensibilität, an, insofern sich in ihm die Zunge, das Organ des Geschmacksinns, als ein Moment des Theoretischen befindet; ferner hat der Mund Zähne, die zu den Extremitäten gehören, indem sie zur Ergreifung nach außen und zum Zermalmen bestimmt sind; außerdem ist für Stimme, Rede, der Mund das Organ; andere verwandte Empfindungen, z. B. die des Durstes, finden sich auch dort, Lachen, dann auch Küssen, geschieht gleichfalls mit dem Munde, so daß die Ausdrücke vieler Empfindungen sich in ihm vereinigen. Ein anderes Beispiel ist das Auge, das Organ des Sehens, das zugleich Tränen vergießt, wie denn auch Tiere weinen. Sehen und Weinen, die in
einem Organe sind, wieweit sie auch auseinander zu liegen scheinen, haben den inneren Grund ihres Zusammenhanges in der empfindenden Natur, finden also einen höheren Zusammenhang, von dem man nicht sagen kann, daß er in dem Prozeß des lebendigen Organismus liegt.
ββ) Noch gibt es Zusammenhänge anderer Art, wo Erscheinungen im Organischen an voneinander entfernten Teilen hervortreten, die nicht physisch, sondern nur an sich zusammenhängen, so daß man sagt, es gebe eine Sympathie zwischen solchen Teilen, die man durch die Nerven erklären wollte.
Diesen Zusammenhang haben aber alle Teile des Organischen; solche Erklärung ist daher ungenügend.
Der Zusammenhang ist in der Bestimmtheit der Empfindung gegründet und beim Menschen im Geistigen. Die Entwicklung der Stimme und der Pubertät ist ein solcher Zusammenhang, der im Innern der empfindenden Natur liegt; ebenso das Schwellen der Brüste während der Schwangerschaft.
γγ) Wie das Empfindende hier Zusammenhänge hervorbringt, die nicht physikalisch sind, so isoliert es auch wieder Teile, die physikalisch zusammenhängen. Man will z. B. an irgendeinem Teile des Körpers tätig sein, diese Tätigkeit ist durch die Nerven vermittelt; allein diese sind selbst Nervenäste, die mit vielen anderen zusammenhängen, mit denen sie sich in einen Stamm vereinigen, der dann mit dem Gehirn in Verbindung steht. Hier ist das Empfindende dann allerdings in allem diesem wirkend, aber die Empfindung isoliert diesen Punkt der Tätigkeit, so daß sie durch diesen Nerv erfolgt oder vermittelt wird, ohne daß der übrige körperliche Zusammenhang dabei beteiligt ist.
Autenrieth 9/456 (a. a. O., Teil III, § 937) gibt hiervon folgendes Beispiel an: "Schwerer erklärlich ist Weinen von inneren Ursachen; denn die Nerven, welche zur Tränendrüse gelangen, sind vom fünften Paar, das zugleich so viele andere Teile versieht, in welchen traurige Leidenschaften keine Veränderungen wie in den Tränendrüsen hervorbringen. Die Seele besitzt aber die Fähigkeit, nach gewissen Richtungen hin von innen aus zu wirken, ohne daß diese Richtung durch die anatomische Verbindung der Nerven bestimmt würde. So können wir nach einer gewissen Richtung einzelne Teile durch einzelne Muskeln bewegen, wenn diese gleich mit vielen anderen Muskeln durch gemeinschaftliche Nervenstämme in Verbindung stehen, ohne daß alle diese Muskeln jetzt auch mitwirkten. Und doch wirkt ja der Wille in einem solchen Falle so deutlich bloß durch den ihnen allen gemeinschaftlichen Nervenstamm, dessen einzelne Fäden so vielfach untereinander konfluieren, daß, wenn der Nerv durchschnitten oder unterbunden ist, die Seele gar keinen Einfluß mehr auf die Muskeln, zu denen er geht, besitzt, wenngleich sonst alle übrigen Verbindungsarten dieser Muskeln mit dem übrigen Körper, z. B. durch Gefäße, Zellstoff usf., unverletzt bleiben." Über dem organischen Zusammenhang und der Wirksamkeit der Systeme steht also, als das Höchste, das Ansich des Empfindenden, welches Zusammenhänge knüpft, die physikalisch nicht da sind, oder umgekehrt solche unterbricht, die es sind.
Die
Symmetrie in dieser Gestalt ist auch vorhanden, aber nur nach einer Seite: nach der Seite, die nach außen geht
264) ; denn im Verhältnis zu anderen stellt sich die Identität mit sich nur als Gleichheit dar.
Die unterschiedenen Momente der Gestalt, welche nach innen gehen, sind nicht nur nicht symmetrisch gedoppelt, sondern die Anatomen treffen auch sonst noch "häufige Verschiedenheiten in Form, Größe, Lage und Richtung der inneren Organe der Milz, Leber, des Magens, der Nieren, Speicheldrüsen, der Lymphgefäße insbesondere an, indem diese letzteren selten bei zwei Subjekten auf die gleiche Weise an Anzahl und Volumen sich befinden".265) Im Systeme der Sensibilität, bemerkt
Bichat (a. a. O., S. 15 f.) sehr richtig, sind symmetrisch die Empfindungs- und Bewegungsnerven, indem sie zwei auf jeder Seite gleiche Paare haben; ebenso die Sinnesorgane, da wir zwei Augen, zwei Ohren haben, auch die Nase doppelt ist usw.; auch das Knochensystem ist höchst symmetrisch. Im Systeme der Irritabilität sind die Muskeln, die Brüste der Frauen usw. symmetrisch. Ebenso sind die Gliedmaßen der Extremitäten, die zur Lokomotion, Stimme und mechanischen Bemächtigung dienen, zwei Gleiche, wie Arme, Hände, Beine.
Das Unsymmetrische des Larynx, was sich öfters findet, bezeichnet Bichat (a. a. O., S. 41) als eine Ausnahme: "Die meisten Physiologen, besonders Haller, haben als Ursache vom Mangel an harmonischer Stimme die Diskordanz beider symmetrischen Seiten des Kehlkopfs (
du larynx) angegeben, die Ungleichheit in der Stärke seiner Muskeln und Nerven" usw. Hingegen das Gehirn, das Herz, auch die Lunge, die Ganglien, das innere Adersystem der Reproduktion, die Muskeln des Unterleibes, die Leber, der Magen sind ohne Symmetrie. Die Ganglien namentlich haben das Ausgezeichnete, ganz unregelmäßig zu gehen, d. h. gar nicht die Teilung in zwei Seiten zu haben: "Der sympathetische Nerv, der durchaus dem inneren Leben bestimmt ist, zeigt in den meisten seiner Zweige eine unregelmäßige Verteilung; der plexus solaris, mesentericus, hypogastricus, splenicus, stomachicus usf. sind Beispiele davon."
266)
Doch auch das gleichförmig Gedoppelte ist nicht vollkommen gleich. Beim Menschen namentlich wird diese Gleichheit der Gestaltung durch Beschäftigung, Gewohnheit, Tätigkeit, Geistigkeit überhaupt wieder zur Ungleichheit modifiziert. Als Geistiges konzentriert er vornehmlich seine Tätigkeit auf
einen Punkt, spitzt sich sozusagen zu, nicht bloß zum Munde für die tierische Nahrung, wie der tierische Mund von Natur zugespitzt ist, sondern bildet seine Form, indem er seine Einzelheit nach außen setzt, also auf einzelne Weise seine leibliche Kraft in einen leiblichen Punkt bringt und somit auf eine Seite lege - nach Zwecken, z. B. des Schreibens - und nicht sowohl im Gleichgewicht hält. So ist beim Menschen der rechte Arm geübter als der linke, ebenso die rechte Hand; dies hat natürlich seinen Grund in einem Zusammenhang mit dem Ganzen, weil das Herz auf der linken Seite ist und man diese immer zurückhält und sie mit der rechten verteidigt. Ebenso hören die Menschen selten mit beiden Ohren gleich gut; auch die Augen sind oft ungleich scharf, auch die Seiten der Gesichtsbacken selten bei Menschen ganz gleich. Bei den Tieren bleibt diese Symmetrie viel bestimmter. Die Gleichheit ist also in den Gliedern und der Stärke vorhanden, aber die Agilität ist eine unterschiedene. Weniger durch geistige Tätigkeit bestimmte Übungen erhalten indessen die Symmetrie in den Bewegungen. "Tiere springen mit so vieler Geschicklichkeit von Klippe zu Klippe, wo die allergeringste Abweichung sie in den Abgrund stürzen würde, und gehen mit bewundernswürdiger Präzision auf Flächen, die kaum mit den Extremitäten ihrer Glieder von gleicher Breite sind. Selbst diejenigen Tiere, welche sehr unbeholfen sind, machen nicht soviel Fehltritte als der Mensch. Bei ihnen ist das Gleichgewicht in den ortsbewegenden Organen beider Seiten" noch viel strenger erhalten als beim Menschen, der durch seinen Willen Ungleichheit hineinbringt. Wenn Menschen geistige und besondere Geschicklichkeiten erwerben, z. B. viel schreiben, Musik, schöne Künste, technische Kunstfertigkeiten, Fechten usw. treiben, so geht das Gleichgewicht verloren.267) Hingegen rohere, bloß körperliche Übungen, wie Exerzieren, Turnen, Laufen, Klettern, auf schmalen Flächen Gehen, Springen, Voltigieren, erhalten dies Gleichgewicht, sind aber jenen Übungen entgegen und widerstreiten damit überhaupt der geistigen Sammlung, indem sie der Gedankenlosigkeit angehören.
Während dieser Paragraph die Gestalt
zuerst als ruhend betrachtete, zweitens in ihrer Beziehung auf Anderes nach außen, so ist das Dritte an der Gestalt die Beziehung auch auf Anderes, aber auf Anderes, das zugleich zu derselben Gattung gehört und worin das Individuum zur Empfindung seiner selbst kommt, indem es sich im Anderen empfindet. Durch das Männliche und Weibliche kommt eine Determination der ganzen Gestalt heraus, ein verschiedener Habitus, der bei Menschen sich auch aufs Geistige erstreckt und zu einem unterschiedenen Naturell wird.

§ 356

δ. Sie [die Gestalt] ist als lebendig wesentlich Prozeß, und zwar ist sie als solche der abstrakte, der Gestaltungsprozeß innerhalb ihrer selbst, in welchem der Organismus seine eigenen Glieder zu seiner unorganischen Natur, zu Mitteln macht, aus sich zehrt und sich, d. i. eben diese Totalität der Gliederung, selbst produziert, so daß jedes Glied, wechselseitig Zweck und Mittel, aus den anderen und gegen sie sich erhält; - der Prozeß, der das einfache unmittelbare Selbstgefühl zum Resultate hat.

Zusatz. Der Gestaltungsprozeß ist, als der erste Prozeß, der Begriff des Prozesses, die Gestaltung als Unruhe, aber nur als allgemeine Tätigkeit, als allgemeiner animalischer Prozeß. Als dieser abstrakte Prozeß ist er zwar wie der vegetabilische Prozeß mit der Außenwelt zu fassen, insofern die Kraft des Lebendigen die unmittelbare Verwandlung des Äußerlichen in Animalität ist. Indem das Organische aber als ein Entwickeltes sich in seiner besonderen Gliederung äußert, die nicht selbständige Teile enthält, sondern nur Momente in der lebendigen Subjektivität, so sind sie aufgehoben, negiert und durch die Lebendigkeit des Organismus gesetzt. Dieser Widerspruch, daß sie sind und nicht sind, herausgeboren und doch in der Subjektivität gehalten, stellt sich als dieser fortdauernde Prozeß dar. Der Organismus ist die Einheit des Inneren und Äußeren, so daß er:
1. als innerer der Prozeß des Gestaltens und die Gestalt ein Aufgehobenes ist, das im Selbst eingeschlossen bleibt; oder dieses Äußere, Andere, das Produkt ist in das Hervorbringende zurückgekehrt. Das organische Eins bringt sich selbst hervor, ohne daß es, wie bei der Pflanze, ein anderes Individuum würde; es ist ein in sich zurückkehrender Kreislauf.
2. Das Anderssein des Organismus, oder er als äußerer, ist freie seiende Gestalt, die Ruhe, die dem Prozesse entgegengesetzt ist. 3. Der Organismus selbst ist die höhere Ruhe, als Einheit beider, - der unruhige Begriff, der sich selbst gleich ist. Die allgemeine Gestaltung ist nun, daß das Blut in seinem Aushauchen sich in die Lymphe herabsinken läßt, aber die träge unbestimmte Flüssigkeit der Lymphe sich befestigt und gliedert, indem sie sich einerseits in den Gegensatz des Muskels entzweit, der eine der Gestalt immanente Bewegung ist, und auf der andern Seite sich in die Ruhe des Knochens zurücknimmt. Das Fett, das Mark des Knochens ist jenes Vegetabilische, das bis zum Öle fortgeht und die Neutralität von sich abscheidet, nicht als Wasser, sondern als eine erdige Neutralität, als Kalk, wie die Pflanze bis zur Produktion von Kiesel fortgeht. Der Knochen ist diese tote Neutralität zwischen der Lymphe und dem Mark.
Das Individuum macht sich aber nicht nur so zum Objekte, sondern idealisiert ebenso diese Realität.
Jeder Teil ist feindlich gegen den anderen, erhält sich auf Unkosten desselben, gibt sich aber ebenso auch auf. Es ist nichts Bleibendes; alles wird reproduziert, selbst die Knochen sind davon nicht ausgeschlossen. Über die Knochenbildung sagt daher
Richerand (a. a. O., Teil II, S. 256): "Wenn das innere periostium durch ein Stilett zerstört wird, so trennt sich das äußere von dem Knochen, den es bedeckte, eignet sich den Phosphorkalk zu, den die Gefäße, die in sein Gewebe verbreitet sind, führen, und bildet einen neuen Knochen um den anderen." Die Bestimmtheit des Organs ist selbst nur, daß es sich zum allgemeinen Zwecke, das ganze Lebendige herauszubilden, macht. Jedes Glied reißt aus dem anderen an sich, indem jedes animalische Lymphe sezerniert, die, in die Gefäße gesendet, zum Blut zurückgeführt wird; aus dieser Sekretion nimmt jedes seine Restauration. Der Gestaltungsprozeß ist so durch Aufzehren der Gebilde bedingt. Ist der Organismus auf diesen Prozeß beschränkt wie z. B. in der Krankheit, wo die Tätigkeit nach außen unterbrochen ist, so zehrt der Mensch sich dann selbst auf, macht sich zum Lebensmittel.
Daher kommt das Abmagern in der Krankheit, indem der Organismus nicht mehr die Kraft hat, das Unorganische zu assimilieren, sondern nur noch die, sich selbst zu verdauen. In der Blumauerschen
Aeneis
268) verzehren so die Gefährten des Aeneas ihren Magen, und bei verhungerten Hunden hat man wirklich den Magen angefressen und teilweise von den lymphatischen Gefäßen absorbiert gefunden. Dieser Prozeß des Sichauslegens seiner selbst und des Sichzusammenfassens in sich ist ein immer fortgehender Prozeß. Nach fünf, zehn oder zwanzig Jahren, sagt man, hat der Organismus nichts mehr von sich an ihm; alles Materielle ist aufgezehrt, nur die substantielle Form beharrt.
Die höhere Einheit ist überhaupt die, daß die Tätigkeit des einen Systems durch die des anderen bedingt ist. Hier sind nun viele Versuche und Untersuchungen angestellt worden, inwiefern z. B. die Verdauung, der Blutumlauf usw. von der Nerventätigkeit, die Respiration vom Gehirn usf. unabhängig sei und umgekehrt, folglich das Leben noch bestehen könne, wenn das eine oder das andere gehemmt ist; ferner, was für einen Einfluß das Atemholen auf den Blutumlauf ausübe usw. In dieser Hinsicht führt
Treviranus (a. a. O., Bd. IV, S. 264) den Fall eines Kindes an, "welches ohne Herz und Lungen geboren wurde, dennoch aber Arterien und Venen hatte". Im Mutterleibe konnte es so freilich wohl gelebt haben, aber nicht außer demselben. Aus diesem Beispiel schloß man nun, Hallers269) Behauptung, "daß das Herz die einzige Triebfeder des Blutumlaufs" sei, sei falsch; und das war eine Hauptfrage Es fragt sich aber, ob, wenn das Herz ausgeschnitten worden, das Blut noch umlaufe. Besonders Herzen von Fröschen hat Treviranus (a. a. O., Bd. IV, S. 645 ff.) vielfach untersucht, wobei aber nichts herauskommt, als wie er diese Tiere torquierte. Im Gegensatze zu Hallers Meinung, daß bloß der Herzschlag den Kreislauf des Bluts bewirke, stellte Treviranus nun auf, "daß das Blut eine eigene bewegende Kraft hat, die von dem Nervensystem abhängt und zu deren Fortdauer der ungestörte Einfluß dieses Systems besonders des Rückenmarks, notwendig ist." Denn indem der Nervenstamm und das Rückenmark eines Gliedes durchschnitten werden, so höre der Blutumlauf in diesem Teile auf; woraus also folge, daß "jeder Teil des Rückenmarks und jeder daraus entspringende Nervenstamm den Blutumlauf in denjenigen Organen unterhält, die er mit Nervenzweigen versorgte. Gegen Treviranus stellt Legallois270) , der "gar nicht scheint geahnt zu haben, daß eine andere Theorie der Bewegung des Bluts möglich wäre als die Hallersche", die Hypothese auf, daß "der Blutumlauf bloß von den Zusammenziehungen des Herzens abhängt und partielle Zerstörungen des Nervensystems ihn nur durch ihre Einwirkung auf dieses Organ schwächen oder ganz aufheben"; überhaupt behauptet er, daß das Herz seine Kraft vom ganzen Rückenmark erhalte.271) Die Versuche, die Legallois an Kaninchen, auch an Tieren mit kaltem Blute machte, brachten ihn nun zu folgendem Resultate: Eine Portion Rückenmark, z. B. die des Nackens oder der Brust oder der Lenden, stehe mit der Zirkulation des ihr entsprechenden Teils des Körpers, der die Bewegungsnerven von derselben erhält, allerdings in der genausten Verbindung. Die Zerstörung einer solchen Portion habe nun aber die doppelte Wirkung auf die Zirkulation des Bluts:
1. daß sie die allgemeine Zirkulation schwächt, indem sie das Herz des Kontingents von Kräften beraubt, die es von dieser zerstörten Markportion erhielt; 2. daß sie zunächst die Zirkulation in dem entsprechenden Teile schwächt und dann das Herz, das nicht mehr die Kraft des ganzen Marks hat, nötigt, doch für den ganzen Bereich der Zirkulation noch dasselbe zu leisten. Wenn hingegen an dem Teile, z. B. der Lende, wo das Mark zerstört ist, die Arterien unterbunden worden, so habe er keine Zirkulation nötig; und da in dem überbleibenden Teile des Körpers Rückenmark sei, so bleibe das Herz und die Zirkulation darin im Gleichgewicht. Ja, dieser übrige Teil lebte dann sogar länger, oder wenn Legallois das Hirn und das Zervikalrückenmark zerstörte, so dauerte die Zirkulation durch die Jugulararterien fort. So lebte ein Kaninchen noch länger als 3/4 Stunden, nachdem ihm der Kopf ganz abgeschnitten und die Verblutung verhindert wurde, weil dann ein Gleichgewicht eintrat; diese Versuche wurden an Kaninchen von drei, zehn bis höchstens vierzehn Tagen gemacht, während bei älteren der Tod schneller erfolgte.272) Nämlich hier hat das Leben eine intensivere Einheit; dort ist es noch mehr polypenartig. Treviranus widerlegt die Schlüsse von Legallois nun hauptsächlich mit der Erfahrung, daß, auch wenn der Blutumlauf durch Zerstörung des Rückenmarks schon aufgehört habe, doch der Herzschlag noch eine Zeitlang fortdauere, woraus er dann, die Untersuchung endend, gegen Legallois das Resultat zieht: "Hallers Lehre, daß der Schlag des Herzens in keiner
unmittelbaren Abhängigkeit von dem Einfluß des Nervensystems steht, ist also unwiderlegt."273) Für so wichtig dergleichen Bestimmungen und Resultate gehalten werden, so kann man es nie weiter bringen als zu einigem Unterschiede, daß z. B., wenn das Herz exstirpiert ist, doch noch Verdauung bestehe usw. Dies Bestehen ist aber von so kurzer Dauer, daß beides gar nicht als unabhängig voneinander angesehen werden kann. Je vollkommener die Organisation, d. i. je mehr auseinandergetreten die Funktionen, gerade desto abhängiger sind sie voneinander; in unvollkommenen Tieren haben diese daher stärkere Lebenstenazität. Treviranus (a. a. O., Bd. V, S. 267) führt hier Amphibien als Beispiele an, nämlich "Kröten und Eidechsen, die man in völlig verschlossenen Höhlungen von Steinen lebend antraft - die also wohl bei der Schöpfung der Welt mochten gegenwärtig gewesen sein! "Neuerlich beobachtete man in England zwei Eidechsen, die in einem Kreidefelsen fünfzehn Fuß tief unter der Oberfläche zu Eldon in Suffolk entdeckt wurden. Sie schienen anfangs völlig leblos zu sein; nach und nach fingen sie an, Zeichen von Leben zu äußern, besonders nachdem sie in die Sonne gelegt waren. Beiden war der Mund durch eine klebrige Materie verschlossen; wodurch sie am Atemholen verhindert wurden. Die eine Eidechse wurde in Wasser gesetzt, die andere auf dem Trocknen gelassen. Jener gelang es, sich von der klebrigen Substanz zu befreien; worauf sie mehrere Wochen lebte, endlich aber entkam. Die andere starb in der folgenden Nacht." Noch weit auffallendere Tatsachen bieten Mollusken, Insekten, Würmer dar, sie können viele Monate und Jahre lang fasten. Schnecken können ohne Kopf über ein Jahr lang leben. Manche Insekten können ohne Nachteil für ihr Leben lange eingefroren sein, andere Tiere längere Zeit die atmosphärische Luft entbehren, noch andere in sehr heißem Wasser leben. Rädertiere hat man nach vier Jahren wieder ins Leben zurückgerufen usw.274) 

245) *Johann Heinrich Ferdinand von Autenrieth, Handbuch der [empirischen menschlichen] Physiologie [Tübingen 1801/02], Teil II, § 767, 772

246) *vgl. Zur Morphologie [I. Bd., 2. Heft, 1820], S. 162 ["Erster Entwurf einer allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie, ausgehend von der Osteologie", 1795], S. 248, 250 f. ["Dem Menschen wie den Tieren ist ein Zwischenknochen der oberen Kinnlade zuzuschreiben", 1786]

247) vgl. Okens Jenaer Antrittsrede (1807), "Über die Bedeutung der Schädelknochen"

248) *Johann Heinrich Ferdinand von Autenrieth, Handbuch der [empirischen menschlichen] Physiologie [Tübingen 1801/02], Teil III, § 824, 866, 868

249) *Johann Heinrich Ferdinand von Autenrieth, Handbuch der [empirischen menschlichen] Physiologie [Tübingen 1801/02], Teil III, § 869

250) *Johann Heinrich Ferdinand von Autenrieth, Handbuch der [empirischen menschlichen] Physiologie [Tübingen 1801/02], Teil II, § 587

251) [Authelm Balthasar Richerand] Nouveaux éléments de physiologie [Paris 1801], Vol. I, Prolegom. CIII

252) *Johann Heinrich Ferdinand von Autenrieth, Handbuch der [empirischen menschlichen] Physiologie [Tübingen 1801/02], Teil III, § 871

253) *[Marie François Xavier Bichat] Recherches physiologiques sur la vie et la mort [Paris 1800], (4. Aufl., Paris 1822), S. 91

254) *Johann Heinrich Ferdinand von Autenrieth, Handbuch der [empirischen menschlichen] Physiologie [Tübingen 1801/02], Teil III, § 870

255) *[Marie François Xavier Bichat] Recherches physiologiques sur la vie et la mort [Paris 1800], (4. Aufl., Paris 1822), S. 90, 92

256) *[Gottfried Reinhold Treviranus] Biologie oder Philosophie der lebenden Natur [für Naturforscher und Ärzte, 6 Bde., Göttingen 1802-22] Bd. V, S. 238

257) Paul Erman, 1764-1851, seit 1810 Professor der Physik an der Berliner Universität; Umrisse zu den physischen Verhältnissen des von Oersted entdeckten elektrochemischen Magnetismus, Berlin 1820

258) *[Gottfried Reinhold Treviranus] Biologie oder Philosophie der lebenden Natur [für Naturforscher und Ärzte, 6 Bde., Göttingen 1802-22] Bd. V, S. 243

259) *[Gottfried Reinhold Treviranus] Biologie oder Philosophie der lebenden Natur [für Naturforscher und Ärzte, 6 Bde., Göttingen 1802-22] Bd. V, S. 291

260) Carl Heinrich Schultz, Die Natur der lebendigen Pflanze. Erweiterung und Bereicherung der Entdeckungen des Kreislaufs im Zusammenhange mit dem ganzen Pflanzenleben, 2 Bde., 1823/28

261) Samuel Thomas von Sömmering, Abbildungen des menschlichen Auges, Frankfurt 1801

262) *Johann Heinrich Ferdinand von Autenrieth, Handbuch der [empirischen menschlichen] Physiologie [Tübingen 1801/02], Teil I, § 367-369

263) *[Marie François Xavier Bichat] Recherches physiologiques sur la vie et la mort [Paris 1800], (4. Aufl., Paris 1822), S. 7 f.

264) *[Marie François Xavier Bichat] Recherches physiologiques sur la vie et la mort [Paris 1800], (4. Aufl., Paris 1822), S. 14

265) *[Marie François Xavier Bichat] Recherches physiologiques sur la vie et la mort [Paris 1800], (4. Aufl., Paris 1822), S. 22

266) *[Marie François Xavier Bichat] Recherches physiologiques sur la vie et la mort [Paris 1800], (4. Aufl., Paris 1822), S. 17 f.

267) *[Marie François Xavier Bichat] Recherches physiologiques sur la vie et la mort [Paris 1800], (4. Aufl., Paris 1822), S. 35-40

268) Johann Aloys Blumauer, Virgils Aeneis travestiert, 3 Bde., Wien 1784 ff.

269) Albrecht von Haller, 1708-1777, Anatom, Begründer der modernen Physiologie; Dichter der "Alpen".

270) Julien Jean César Legallois, 1770-1814, Arzt und Physiologe

271) *[Gottfried Reinhold Treviranus] Biologie oder Philosophie der lebenden Natur [für Naturforscher und Ärzte, 6 Bde., Göttingen 1802-22] Bd. IV, S. 653, 272, 266 f., 269 f., 273, 644

272) *Moniteur universel, 1811, no. 312 (vgl. [Gottfried Reinhold Treviranus] Biologie oder Philosophie der lebenden Natur [für Naturforscher und Ärzte, 6 Bde., Göttingen 1802-22] Bd. IV, S. 273-275)

273) *[Gottfried Reinhold Treviranus] Biologie oder Philosophie der lebenden Natur [für Naturforscher und Ärzte, 6 Bde., Göttingen 1802-22] Bd. IV, S. 651-653

274) *[Gottfried Reinhold Treviranus] Biologie oder Philosophie der lebenden Natur [für Naturforscher und Ärzte, 6 Bde., Göttingen 1802-22] Bd. V, S. 269-273 (Bd. II, S. 16)

 

 

 

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