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γ. Schluß der Notwendigkeit
§ 191
Dieser Schluß hat, nach den bloß abstrakten Bestimmungen genommen, das Allgemeine, wie der Reflexionsschluß die Einzelheit - dieser nach der zweiten, jener nach der dritten Figur (§ 187) -, zur Mitte; das Allgemeine gesetzt als in sich wesentlich bestimmt. Zunächst ist 1. das Besondere in der Bedeutung der bestimmten Gattung oder Art die vermittelnde Bestimmung, - im kategorischen Schlusse; 2. das Einzelne in der Bedeutung des unmittelbaren Seins, daß es ebenso vermittelnd als vermittelt sei, - im hypothetischen Schlusse; 3. ist das vermittelnde Allgemeine auch als Totalität seiner Besonderungen und als ein einzelnes Besonderes, ausschließende Einzelheit gesetzt, - im disjunktiven Schlusse; - so daß ein und dasselbe Allgemeine in diesen Bestimmungen als nur in Formen des Unterschieds ist.
§ 192
Der Schluß ist nach den Unterschieden, die er enthält, genommen worden, und das allgemeine Resultat des Verlaufs derselben ist, daß sich darin das Sichaufheben dieser Unterschiede und des Außersichseins des Begriffs ergibt. Und zwar hat sich 1. jedes der Momente selbst als die Totalität der Momente, somit als ganzer Schluß erwiesen, sie sind so an sich identisch; und 2. die Negation ihrer Unterschiede und deren Vermittlung macht das Fürsichsein aus; so daß ein und dasselbe Allgemeine es ist, welches in diesen Formen ist und als deren Identität es hiermit auch gesetzt ist. In dieser Idealität der Momente erhält das Schließen die Bestimmung, die Negation der Bestimmtheiten, durch die es der Verlauf ist, wesentlich zu enthalten, hiermit eine Vermittlung durch Aufheben der Vermittlung und ein Zusammenschließen des Subjekts nicht mit Anderem, sondern mit aufgehobenem Anderen, mit sich selbst, zu sein.
Zusatz. In der gewöhnlichen Logik pflegt mit der Abhandlung der Lehre vom Schluß der erste, die sogenannte Elementarlehre bildende Teil beschlossen zu werden. Darauf folgt dann als zweiter Teil die sogenannte Methodenlehre, in welcher nachgewiesen werden soll, wie durch Anwendung der in der Elementarlehre abgehandelten Formen des Denkens auf die vorhandenen Objekte ein Ganzes wissenschaftlicher Erkenntnis zustande zu bringen sei. Wo diese Objekte herkommen und was es überhaupt mit dem Gedanken der Objektivität für eine Bewandtnis hat, darüber wird von der Verstandeslogik weiter keine Auskunft gegeben. Das Denken gilt hier als eine bloß subjektive und formelle Tätigkeit und das Objektive, dem Denken gegenüber, als ein Festes und für sich Vorhandenes. Dieser Dualismus ist aber nicht das Wahre, und es ist ein gedankenloses Verfahren, die Bestimmungen der Subjektivität und der Objektivität so ohne weiteres aufzunehmen und nicht nach ihrer Herkunft zu fragen. Beide, sowohl die Subjektivität als auch die Objektivität, sind jedenfalls Gedanken, und zwar bestimmte Gedanken, welche sich als in dem allgemeinen und sich selbst bestimmenden Denken begründet zu erweisen haben. Dies ist hier zunächst rücksichtlich der Subjektivität geschehen. Diese oder den subjektiven Begriff, welcher den Begriff als solchen, das Urteil und den Schluß in sich enthält, haben wir als das dialektische Resultat der beiden ersten Hauptstufen der logischen Idee, nämlich des Seins oder des Wesens erkannt. Wenn vom Begriff gesagt wird, er sei subjektiv und nur subjektiv, so ist dies insofern ganz richtig, als er allerdings die Subjektivität selbst ist. Ebenso subjektiv wie der Begriff als solcher sind dann auch weiter das Urteil und der Schluß, welche Bestimmungen nächst den sogenannten Denkgesetzen (der Identität, des Unterschiedes und des Grundes) in der gewöhnlichen Logik den Inhalt der sogenannten Elementarlehre bilden. Weiter ist nun aber diese Subjektivität mit ihren hier genannten Bestimmungen, dem Begriff, dem Urteil und dem Schluß, nicht als ein leeres Fachwerk zu betrachten, welches seine Erfüllung erst von außen, durch für sich vorhandene Objekte, zu erhalten hat, sondern die Subjektivität ist es selbst, welche, als dialektisch, ihre Schranke durchbricht und durch den Schluß sich zur Objektivität erschließt.
§ 193
Diese Realisierung des Begriffs, in welcher das Allgemeine diese eine in sich zurückgegangene Totalität ist, deren Unterschiede ebenso diese Totalität sind und die durch Aufheben der Vermittlung als unmittelbare Einheit sich bestimmt hat, ist das Objekt.
So fremdartig auf den ersten Anblick dieser Übergang vom Subjekt, vom Begriff überhaupt und näher vom Schlusse - besonders wenn man nur den Verstandesschluß und das Schließen als ein Tun des Bewußtseins vor sich hat - in das Objekt scheinen mag, so kann es zugleich nicht darum zu tun sein, der Vorstellung diesen Übergang plausibel machen zu wollen. Es kann nur daran erinnert werden, ob unsere gewöhnliche Vorstellung von dem, was Objekt genannt wird, ungefähr dem entspricht, was hier die Bestimmung des Objekts ausmacht. Unter Objekt aber pflegt man nicht bloß ein abstraktes Seiendes oder existierendes Ding oder ein Wirkliches überhaupt zu verstehen, sondern ein konkretes, in sich vollständiges Selbständiges; diese Vollständigkeit ist die Totalität des Begriffs. Daß das Objekt auch Gegenstand und einem Anderen Äußeres ist, dies wird sich nachher bestimmen, insofern es sich in den Gegensatz zum Subjektiven setzt; hier zunächst als das, worein der Begriff aus seiner Vermittlung übergegangen ist, ist es nur unmittelbares, unbefangenes Objekt, so wie ebenso der Begriff erst in dem nachherigen Gegensatze als das Subjektive bestimmt wird. Ferner ist das Objekt überhaupt das eine noch weiter in sich unbestimmte Ganze, die objektive Welt überhaupt, Gott, das absolute Objekt. Aber das Objekt hat ebenso den Unterschied an ihm, zerfällt in sich in unbestimmte Mannigfaltigkeit (als objektive Welt), und jedes dieser Vereinzelten ist auch ein Objekt, ein in sich konkretes, vollständiges, selbständiges Dasein. Wie die Objektivität mit Sein, Existenz und Wirklichkeit verglichen worden, so ist auch der Übergang zu Existenz und Wirklichkeit (denn Sein ist das erste, ganz abstrakte Unmittelbare) mit dem Übergange zur Objektivität zu vergleichen. Der Grund, aus dem die Existenz hervorgeht, das Reflexionsverhältnis, das sich zur Wirklichkeit aufhebt, sind nichts anderes als der noch unvollkommen gesetzte Begriff, oder es sind nur abstrakte Seiten desselben, - der Grund ist dessen nur wesenhafte Einheit, das Verhältnis nur die Beziehung von reellen, nur in sich reflektiert sein sollenden Seiten; - der Begriff ist die Einheit von beiden und das Objekt nicht nur wesenhafte, sondern in sich allgemeine Einheit, nicht nur reelle Unterschiede, sondern dieselben als Totalitäten in sich enthaltend. Es erhellt übrigens, daß es bei diesen sämtlichen Übergängen um mehr als bloß darum zu tun ist, nur überhaupt die Unzertrennlichkeit des Begriffs oder Denkens vom Sein zu zeigen. Es ist öfters bemerkt worden, daß Sein weiter nichts ist als die einfache Beziehung auf sich selbst und daß diese arme Bestimmung ohnehin im Begriff oder auch im Denken enthalten ist. Der Sinn dieser Übergänge ist nicht, Bestimmungen aufzunehmen, wie sie nur enthalten sind (wie auch in der ontologischen Argumentation vom Dasein Gottes durch den Satz geschieht, daß das Sein eine der Realitäten sei), sondern den Begriff zu nehmen, wie er zunächst für sich bestimmt sein soll als Begriff, mit dem diese entfernte Abstraktion des Seins oder auch der Objektivität noch nichts zu tun habe, und an der Bestimmtheit desselben als Begriffsbestimmtheit allein zu sehen, ob und daß sie in eine Form übergeht, welche von der Bestimmtheit, wie sie dem Begriffe angehört und in ihm erscheint, verschieden ist. Wenn das Produkt dieses Übergangs, das Objekt, mit dem Begriffe, der darin nach seiner eigentümlichen Form verschwunden ist, in Beziehung gesetzt wird, so kann das Resultat richtig so ausgedrückt werden, daß an sich Begriff oder auch, wenn man will, Subjektivität und Objekt dasselbe seien. Ebenso richtig ist aber, daß sie verschieden sind. Indem eins so richtig ist als das andere, ist damit eben eines so unrichtig als das andere; solche Ausdrucksweise ist unfähig, das wahrhafte Verhalten darzustellen. Jenes Ansich ist ein Abstraktum und noch einseitiger als der Begriff selbst, dessen Einseitigkeit überhaupt sich darin aufhebt, daß er sich zum Objekte, der entgegengesetzten Einseitigkeit, aufhebt. So muß auch jenes Ansich durch die Negation seiner sich zum Fürsichsein bestimmen. Wie allenthalben ist die spekulative Identität nicht jene triviale, daß Begriff und Objekt an sich identisch seien; - eine Bemerkung, die oft genug wiederholt worden ist, aber nicht oft genug wiederholt werden könnte, wenn die Absicht sein sollte, den schalen und vollends böswilligen Mißverständnissen über diese Identität ein Ende zu machen; was verständigerweise jedoch wieder nicht zu hoffen steht. Übrigens jene Einheit ganz überhaupt genommen, ohne an die einseitige Form ihres Ansichseins zu erinnern, so ist sie es bekanntlich, welche bei dem ontologischen Beweise vom Dasein Gottes vorausgesetzt wird, und zwar als das Vollkommenste. Bei Anselmus, bei welchem der höchst merkwürdige Gedanke dieses Beweises zuerst vorkommt, ist freilich zunächst bloß davon die Rede, ob ein Inhalt nur in unserem Denken sei. Seine Worte sind kurz diese: "Certe id, quo maius cogitari nequit, non potest esse in intellectu solo. Si enim vel in solo intellectu est, potest cogitari esse et in re: quod maius est. Si ergo id, quo maius cogitari non potest, est in solo intellectu: id ipsum, quo maius cogitari non potest, est, quo malus cogitari potest. Sed certe hoc esse non potest."*) - Die endlichen Dinge sind nach den Bestimmungen, in welchen wir hier stehen, dies, daß ihre Objektivität mit dem Gedanken derselben, d. i. ihrer allgemeinen Bestimmung, ihrer Gattung und ihrem Zweck nicht in Übereinstimmung ist. Cartesius und Spinoza usf. haben diese Einheit objektiver ausgesprochen; das Prinzip der unmittelbaren Gewißheit oder des Glaubens aber nimmt sie mehr nach der subjektiveren Weise Anselms, nämlich daß mit der Vorstellung Gottes unzertrennlich die Bestimmung seines Seins in unserem Bewußtsein verbunden ist. Wenn das Prinzip dieses Glaubens auch die Vorstellungen der äußerlichen endlichen Dinge in die Unzertrennlichkeit des Bewußtseins derselben und ihres Seins befaßt, weil sie in der Anschauung mit der Bestimmung der Existenz verbunden sind, so ist dies wohl richtig. Aber es würde die größte Gedankenlosigkeit sein, wenn gemeint sein sollte, in unserem Bewußtsein sei die Existenz auf dieselbe Weise mit der Vorstellung der endlichen Dinge verbunden als mit der Vorstellung Gottes; es würde vergessen, daß die endlichen Dinge veränderlich und vergänglich sind, d. i. daß die Existenz nur transitorisch mit ihnen verbunden, daß diese Verbindung nicht ewig, sondern trennbar ist. Anselm hat darum mit Hintansetzung solcher Verknüpfung, die bei den endlichen Dingen vorkommt, mit Recht das nur für das Vollkommene erklärt, was nicht bloß auf eine subjektive Weise, sondern zugleich auf eine objektive Weise ist. Alles Vornehmtun gegen den sogenannten ontologischen Beweis und gegen diese Anselmische Bestimmung des Vollkommenen hilft nichts, da sie in jedem unbefangenen Menschensinne ebensosehr liegt, als in jeder Philosophie, selbst wider Wissen und Willen, wie im Prinzip des unmittelbaren Glaubens, zurückkehrt. Der Mangel aber in der Argumentation Anselms, den übrigens Cartesius und Spinoza so wie das Prinzip des unmittelbaren Wissens mit ihr teilen, ist, daß diese Einheit, die als das Vollkommenste oder auch subjektiv als das wahre Wissen ausgesprochen wird, vorausgesetzt, d. i. nur als an sich angenommen wird. Dieser hiermit abstrakten Identität wird sogleich die Verschiedenheit der beiden Bestimmungen entgegengehalten, wie auch längst gegen Anselm geschehen ist, d. h. in der Tat, es wird die Vorstellung und Existenz des Endlichen dem Unendlichen entgegengehalten, denn wie vorhin bemerkt, ist das Endliche eine solche Objektivität, die dem Zwecke, ihrem Wesen und Begriffe zugleich nicht angemessen, von ihm verschieden ist, - oder eine solche Vorstellung, solches Subjektives, das die Existenz nicht involviert. Dieser Einwurf und Gegensatz hebt sich nur dadurch [auf], daß das Endliche als ein Unwahres, daß diese Bestimmungen als für sich einseitig und nichtig und die Identität somit als eine, in die sie selbst übergehen und in der sie versöhnt sind, aufgezeigt werden.
*) Anselm von Canterbury, Proslogion 2. "Sicherlich kann 'das, über dem Größeres nicht gedacht werden kann', nicht im Verstande allein sein. Denn wenn es wenigstens im Verstande allein ist, kann gedacht werden, daß es auch in Wirklichkeit existiere - was größer ist. Wenn also 'das, über dem Größeres nicht gedacht werden kann', im Verstande allein ist, so ist eben 'das, über dem Größeres nicht gedacht werden kann', über dem Größeres gedacht werden kann. Das aber kann gewiß nicht sein." (Übers. Fr. S. Schmitt)
Urteil der Notwendigkeit
Urteil des Begriffs
Schluß
Qualitativer Schluß
Reflexionsschluß
G.W.F. Hegel Wissenschaft der Logik
Der Schluss Die Lehre vom Begriff
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Das Leben
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