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Vorlesungen über die Philosophie der Religion

 

2. Die Realisierung der Gemeinde

Die reale Gemeinde ist, was wir im allgemeinen die Kirche nennen.
Das ist nicht mehr das Entstehen der Gemeinde, sondern die bestehende Gemeinde, die sich auch erhält. Das Bestehen der Gemeinde ist ihr fortdauerndes, ewiges Werden, welches darin begründet ist,
daß der Geist dies ist, sich ewig zu erkennen, sich auszuschließen zu endlichen Lichtfunken des einzelnen Bewußtseins und sich aus dieser Endlichkeit wieder zu sammeln und zu erfassen, indem in dem endlichen Bewußtsein das Wissen von seinem Wesen und so das göttliche Selbstbewußtsein hervorgeht.
Aus der Gärung der Endlichkeit, indem sie sich in Schaum verwandelt, duftet der Geist hervor.

In der bestehenden Gemeinde ist nun die Kirche die Veranstaltung überhaupt, daß die Subjekte zu der Wahrheit kommen, die Wahrheit sich aneignen und dadurch der Heilige Geist in ihnen auch real, wirklich, gegenwärtig werde, in ihnen seine Stätte habe, daß die Wahrheit in ihnen sei und sie im Genusse, in der Betätigung der Wahrheit, des Geistes seien, daß sie als Subjekte die Betätigenden des Geistes seien.

Das Allgemeine der Kirche ist, daß die Wahrheit hier vorausgesetzt ist, nicht wie im Entstehen der Heilige Geist erst ausgegossen, erst erzeugt wird, sondern daß die Wahrheit als vorhandene Wahrheit ist.
Das ist ein verändertes Verhältnis des Anfangs für das Subjekt.

a) Diese Wahrheit, die so vorausgesetzt, vorhanden ist, ist die Lehre der Kirche, die Glaubenslehre, und den Inhalt dieser Lehre kennen wir: es ist mit einem Wort die Lehre von der Versöhnung.
Es ist nicht mehr, daß dieser Mensch zu der absoluten Bedeutung erhoben wird durch das Ausgießen, Dekretieren des Geistes, sondern daß diese Bedeutung eine gewußte, anerkannte ist.
Diese absolute Befähigung des Subjekts ist es, sowohl in ihm selbst als objektiv Anteil zu nehmen an der Wahrheit, zur Wahrheit zu kommen, in der Wahrheit zu sein, zum Bewußtsein derselben zu gelangen.
Dies Bewußtsein der Lehre ist hier vorausgesetzt, vorhanden.

Es erhellt sowohl, daß eine Lehre notwendig ist, als daß in dem Bestehen der Gemeinde die Lehre schon fertig ist. Diese Lehre ist es, welche vorstellig gemacht wird, und dies ist ein Inhalt, in dem an und für sich vollbracht, aufgezeigt ist, was am Individuum als solchem hervorgebracht werden soll.

So als Vorausgesetztes in seinen Elementen, Fertiges ist es, daß sie erst in der Gemeinde selbst ausgebildet wird. Der Geist, der ausgegossen wird, ist erst der Anfang, das Anfangende, die Erhebung. Die Gemeinde ist das Bewußtsein dieses Geistes, das Aussprechen dessen, was der Geist gefunden hat, wovon er getroffen wurde, daß Christus für den Geist ist.
Der Unterschied, ob die Gemeinde auf dem Grund einer geschriebenen Urkunde ihr Bewußtsein ausspricht oder ihre Selbstbestimmungen an die Tradition knüpft, ist kein wesentlicher;
die Hauptsache ist, daß sie durch den in ihr gegenwärtigen Geist die unendliche Macht und Vollmacht zur Fortbildung und Fortbestimmung ihrer Lehre ist.
Diese Vollmacht beweist sich auch in jenen beiden unterschiedenen Fällen.
Die Erklärung einer zugrunde liegenden Urkunde ist immer selbst wieder Erkenntnis und entwickelt sich zu neuen Bestimmungen, und wenn auch in der Tradition an ein Gegebenes, Vorausgesetztes angeknüpft wird, so ist die Tradition selbst in ihrer geschichtlichen Fortbildung wesentlich ein Setzen.
Die Lehre wird wesentlich so in der Kirche hervorgebracht, in der Kirche ausgebildet. Sie ist zuerst als Anschauung, Gefühl, als gefühltes, blitzähnliches Zeugnis des Geistes.
Aber jene Bestimmung des Hervorbringens ist selbst nur eine einseitige Bestimmung, denn die Wahrheit ist zugleich an sich vorhanden, vorausgesetzt; das Subjekt ist in den Inhalt schon aufgenommen.

Die Glaubenslehre ist daher wesentlich erst in der Kirche gemacht worden, und es ist dann das Denken,
das gebildete Bewußtsein, das auch darin seine Rechte behauptet und, was es sonst gewonnen an Bildung der Gedanken, an Philosophie, für diese Gedanken und zum Behuf dieser so gewußten Wahrheit verwendet; es bildet sich aus anderem, konkretem, noch mit Unreinem gemischtem Inhalt die Lehre aus.

Diese vorhandene Lehre muß dann auch erhalten werden in der Kirche, das, was Lehre ist, auch gelehrt werden. Um es der Willkür und Zufälligkeit der Meinung und Einsicht zu entziehen, als Wahrheit, die an und für sich ist, und als ein Festes zu bewahren, wird es in Symbolen niedergelegt.
Es ist, existiert, gilt, ist anerkannt, unmittelbar, - aber nicht auf eine sinnliche Weise, daß das Auffassen dieser Lehre durch die Sinne geschähe, wie die Welt auch ein Vorausgesetztes ist, zu der wir uns als einem Sinnlichen äußerlich verhalten.
Die geistige Wahrheit ist nur als gewußte vorhanden; die Weise ihres Erscheinens ist, daß sie gelehrt werde.
Der Kirche ist wesentlich die Veranstaltung, daß ein Lehrstand sei, dem aufgetragen ist, diese Lehre vorzutragen.

In dieser Lehre wird das Subjekt geboren; es fängt an in diesem Zustand der geltenden, vorhandenen Wahrheit, in dem Bewußtsein derselben. Das ist sein Verhältnis zu dieser an und für sich vorausgesetzten, vorhandenen Wahrheit.

b) Das Individuum, indem es so in der Kirche geboren, ist sogleich, obzwar noch bewußtloses,
doch bestimmt, an dieser Wahrheit teilzunehmen, derselben teilhaftig zu werden; seine Bestimmung ist für diese Wahrheit.
Die Kirche spricht dies aus im Sakrament der Taufe; der Mensch ist in der Gemeinschaft der Kirche, worin das Böse an und für sich überwunden, Gott an und für sich versöhnt ist.
Die Taufe zeigt an, daß das Kind in der Gemeinschaft der Kirche, nicht im Elend geboren wird, nicht antreffen werde eine feindliche Welt, sondern seine Welt die Kirche sei und sich nur der Gemeinde anzubilden habe, die schon als sein Weltzustand vorhanden ist.

Der Mensch muß zweimal geboren werden, einmal natürlich und sodann geistig, wie der Brahmane.
Der Geist ist nicht unmittelbar, er ist nur, wie er sich aus sich gebiert; er ist nur als der wiedergeborene. Diese Wiedergeburt ist nicht mehr die unendliche Wehmut, die der Geburtsschmerz der Gemeinde überhaupt ist.
Der unendliche reale Schmerz ist dem Subjekte zwar nicht erspart, aber gemildert, denn vorhanden ist noch der Gegensatz der Partikularität, der besonderen Interessen, Leidenschaften, Eigensucht.
Das natürliche Herz, worin der Mensch befangen ist, ist der Feind, der zu bekämpfen ist; es ist dies aber nicht mehr der reale Kampf, aus welchem die Gemeinde hervorgegangen ist.

Zu diesem Individuum verhält sich die Lehre als ein Äußerliches. Das Kind ist nur erst Geist an sich,
noch nicht realisierter Geist, nicht als Geist wirklich, hat nur die Fähigkeit, das Vermögen, Geist zu sein,
als Geist wirklich zu werden; so kommt die Wahrheit an es zunächst als ein Vorausgesetztes, Anerkanntes, Geltendes, - d. h. es kommt die Wahrheit notwendig zuerst als Autorität an den Menschen.

Alle Wahrheit, auch die sinnliche - aber dies ist keine eigentliche Wahrheit - kommt zunächst in dieser Weise an den Menschen. In unserem sinnlichen Wahrnehmen kommt so die Welt als Autorität an uns;
sie ist, wir finden sie so, wir nehmen sie auf als Seiendes, und wir verhalten uns dazu als zu einem Seienden. Das ist so, und wie es ist, so gilt es.
Die Lehre, das Geistige ist nicht als solche sinnliche Autorität vorhanden, sondern muß gelehrt werden als geltende Wahrheit. Sitte ist ein Geltendes, eine bestehende Überzeugung; weil es aber ein Geistiges ist, sagen wir nicht: es ist, sondern: es gilt; weil es jedoch an uns kommt so als Seiendes, es ist.
Und wie es an uns kommt so als ein Geltendes, so nennen wir diese Weise Autorität. 

Dieses, wie der Mensch das Sinnliche zu lernen hat - auf die Autorität, weil es da ist, weil es ist,
hat er sich's gefallen zu lassen; die Sonne ist auch da, und weil sie da ist, muß ich mir's gefallen lassen -,
so die Lehre, die Wahrheit. Sie kommt aber nicht durch sinnliches Wahrnehmen, durch Tätigkeit der Sinne, sondern durch Lehre an uns als ein Seiendes, durch Autorität.
Was im menschlichen Geist, d. i. in seinem wahren Geist ist, wird ihm damit zum Bewußtsein gebracht als ein Gegenständliches; oder was in ihm ist, wird entwickelt, so daß er es weiß als die Wahrheit, in der er ist. In solcher Erziehung, Übung, Bildung und Aneignung handelt es sich nur um Angewöhnung an das Gute und Wahre. Es ist insofern da nicht darum zu tun, das Böse zu überwinden, denn das Böse ist an und für sich überwunden.
Es handelt sich nur um die zufällige Subjektivität. Mit der einen Bestimmung des Glaubens, daß das Subjekt nicht ist, wie es sein soll, ist zugleich die absolute Möglichkeit verknüpft, daß es seine Bestimmung erfülle, von Gott zu Gnaden angenommen werde.
Dies ist die Sache des Glaubens. Das Individuum muß die Wahrheit der an sich seienden Einheit der göttlichen und menschlichen Natur ergreifen, und diese Wahrheit ergreift es im Glauben an Christum;
Gott ist so nicht mehr ein Jenseits für dasselbe, und das Ergreifen jener Wahrheit ist der ersteren Grundbestimmung entgegengesetzt, daß das Subjekt nicht sei, wie es sein soll. Das Kind, insofern es in der Kirche geboren ist, ist in der Freiheit und zur Freiheit geboren. Es ist kein absolutes Anderssein mehr für dasselbe; dieses Anderssein ist als ein Überwundenes, Besiegtes gesetzt.

Es ist bei diesem Hineinbilden nur darum zu tun, das Böse nicht aufkommen zu lassen, wozu die Möglichkeit im allgemeinen im Menschen liegt; aber insofern das Böse aufkommt, wenn der Mensch Böses tut, so ist dies zugleich vorhanden als ein an sich Nichtiges, über das der Geist mächtig ist, so daß der Geist die Macht hat, das Böse ungeschehen zu machen.

Die Reue, Buße hat diesen Sinn, daß das Verbrechen durch die Erhebung des Menschen zur Wahrheit gewußt wird als ein an und für sich Überwundenes, das keine Macht für sich hat.
Daß so das Geschehene ungeschehen gemacht wird, kann nicht auf sinnliche Weise geschehen,
aber auf geistige Weise, innerlich.
Es wird ihm verziehen; er gilt als ein vom Vater Angenommener unter den Menschen.

Das ist das Geschäft der Kirche, diese Angewöhnung, daß die Erziehung des Geistes immer innerlicher, diese Wahrheit mit seinem Selbst, mit dem Willen des Menschen identischer, sein Wollen, sein Geist wird. Der Kampf ist vorbei, und es ist das Bewußtsein, daß es nicht ein Kampf ist wie in der persischen Religion oder in der Kantischen Philosophie, wo das Böse überwunden sein soll, aber an und für sich dem Guten gegenübersteht, das Höchste der unendliche Progreß ist. Da ist das Streben unendlich, die Auflösung der Aufgabe ins Unendliche verlegt, wo man beim Sollen stehenbleibt.

Hier ist vielmehr der Widerspruch schon an sich gelöst; es wird im Geiste das Böse als an und für sich überwunden gewußt, und vermittels dessen, daß es an und für sich überwunden ist, hat das Subjekt nur seinen Willen gut zumachen, so ist das Böse, die böse Tat verschwunden.
Hier ist das Bewußtsein, daß keine Sünde ist, die nicht vergeben werden kann, wenn der natürliche Wille aufgegeben wird, - nur nicht die Sünde gegen den Heiligen Geist, das Leugnen des Geistes; denn er nur ist die Macht, die alles aufheben kann.

Es gibt der Schwierigkeiten dabei sehr viele, die aus dem Begriff des Geistes und der Freiheit entstehen. Einerseits ist der Geist als allgemeiner Geist und andererseits das Fürsichsein des Menschen, das Fürsichsein des einzelnen Individuums.
Es muß gesagt werden, es ist der göttliche Geist, der die Wiedergeburt bewirkt;
dies ist göttlich freie Gnade, denn alles Göttliche ist frei; es ist nicht Fatum, nicht Schicksal. Andererseits ist aber auch das Selbstsein der Seele feststehend, und man sucht nun zu ermitteln, wieviel dem Menschen zukommt; eine velleitas, nisus wird ihm gelassen, aber dies feste Verharren in diesem Verhältnisse ist selbst das Ungeistige.
Das erste Sein, das Selbstsein, ist an sich der Begriff, an sich der Geist, und das was aufzuheben ist, ist die Form seiner Unmittelbarkeit, seines vereinzelten, partikularen Fürsichseins. Dies Sichaufheben und Zusichkommen des Begriffs ist aber nicht beschränkter, allgemeiner Geist.
Das Tun im Glauben an die an sich seiende Versöhnung ist einerseits das Tun des Subjekts, andererseits das Tun des göttlichen Geistes; der Glaube selbst ist der göttliche Geist, der im Subjekte wirkt.
Aber so ist dieses nicht ein passives Gefäß, sondern der Heilige Geist ist ebenso des Subjektes Geist, indem es den Glauben hat; in diesem Glauben handelt es gegen seine Natürlichkeit, tut sie ab, entfernt sie.

Zur Erläuterung der Antinomie, die in diesem Wege der Seele liegt, kann auch der Unterschied der drei Vorstellungsweisen dienen, die sich in dieser Rücksicht gebildet haben.

α) Die erste, die moralische Ansicht, die ihren Gegensatz an dem ganz äußerlichen Verhältnisse des Selbstbewußtseins hat, an einem Verhältnisse, das für sich genommen als viertes oder erstes sich stellen würde, nämlich am orientalischen, despotischen Verhältnis der Vernichtung des eigenen Denkens und Wollens.
Diese moralische Ansicht setzt den absoluten Zweck, das Wesen des Geistes in einen Zweck des Wollens, und zwar des Wollens als nur meines Wollens, so daß diese subjektive Seite die Hauptsache ist.
Das Gesetz, das Allgemeine, das Vernünftige ist meine Vernünftigkeit in mir; ebenso das Wollen und die Verwirklichung, die es mir zu eigen und zu meinem subjektiven Zwecke macht, ist auch das Meinige,
und insofern in diese Ansicht auch die Vorstellung von einem Höheren, Höchsten, von Gott und dem Göttlichen eintritt, so ist dies selbst nur ein Postulat meiner Vernunft, ein von mir Gesetztes.
Es soll zwar ein Nichtgesetztes, die schlechthin unabhängige Macht sein; aber in diesem Nichtgesetztsein desselben vergesse ich nicht, daß auch dies Nichtgesetztsein selbst ein Gesetztsein durch mich ist.
Ob man dies nun in Form des Postulats ausspricht oder sagt: mein Gefühl von Abhängigkeit oder von Erlösungsbedürftigkeit ist das Erste, das ist dasselbe; denn es ist ebenso die eigene Objektivität der Wahrheit damit aufgehoben.

β) Die Frömmigkeit fügt nun in Ansehung des Entschließens wie noch mehr in Ansehung des Allgemeinen, des Gesetzes, die Ansicht hinzu, daß dies göttlicher Wille sei und daß auch die Kraft des guten Entschlusses ein Göttliches überhaupt ist, und läßt es bei dieser allgemeinen Beziehung bestehen.

γ) Die mystische und kirchliche Ansicht bestimmt diesen Zusammenhang Gottes und des subjektiven Wollens und Seins näher und bringt ihn in das Verhältnis, dem die Natur der Idee zugrunde liegt.
- Die verschiedenen kirchlichen Vorstellungen sind nur verschiedene Versuche der Auflösung dieser Antinomie. Die Lutherische Fassung ist ohne Zweifel die geistreichste, wenn sie auch noch nicht vollständig die Form der Idee erreicht hat.

c) Das Letzte in dieser Sphäre ist der Genuß dieser Aneignung, der Gegenwärtigkeit Gottes.
Es handelt sich eben um die bewußte Gegenwärtigkeit Gottes, Einheit mit Gott, die unio mystica,
das Selbstgefühl Gottes. Dies ist das Sakrament des Abendmahls, in welchem auf sinnliche, unmittelbare Weise dem Menschen gegeben wird das Bewußtsein seiner Versöhnung mit Gott, das Einkehren und Innewohnen des Geistes in ihm.

Indem dies Selbstgefühl ist, ist es auch eine Bewegung, setzt voraus ein Aufheben Unterschiedener,
damit diese negative Einheit herauskommt. Wenn schon die beständige Erhaltung der Gemeinde,
die zugleich die ununterbrochene Erschaffung derselben ist, die ewige Wiederholung des Lebens, Leidens und Auferstehens Christi in den Gliedern der Kirche ist, so wird diese Wiederholung ausdrücklich im Sakrament des Abendmahls vollbracht.
Das ewige Opfer ist hier dies, daß der absolute Gehalt, die Einheit des Subjekts und des absoluten Objekts dem Einzelnen zum unmittelbaren Genuß dargeboten wird, und indem der Einzelne versöhnt ist,
so ist diese vollbrachte Versöhnung die Auferstehung Christi.
Daher ist auch das Abendmahl der Mittelpunkt der christlichen Lehre, und von hier aus erhalten alle Differenzen in der christlichen Kirche ihre Farbe und Bestimmung. Darüber sind nun dreierlei Vorstellungen:

α) Nach der einen Vorstellung ist die Hostie, dieses Äußerliche, dieses sinnliche, ungeistige Ding,
durch Konsekration der gegenwärtige Gott-
Gott als ein Ding, in der Weise eines empirischen Dings, ebenso empirisch von dem Menschen genossen. Indem Gott so als Äußerliches im Abendmahl, diesem Mittelpunkt der Lehre, gewußt wird, ist diese Äußerlichkeit die Grundlage der ganzen katholischen Religion.
Es entsteht so die Knechtschaft des Wissens und Handelns; durch alle weiteren Bestimmungen geht diese Äußerlichkeit, indem das Wahre als Festes, Äußerliches vorgestellt ist.
Als so Vorhandenes außerhalb des Subjektes kann es in die Gewalt anderer kommen; die Kirche ist im Besitz desselben sowie aller Gnadenmittel. Das Subjekt ist in jeder Hinsicht das passive, empfangende,
das nicht wisse, was wahr, recht und gut sei, sondern es nur anzunehmen habe von anderen.

β) Die Lutherische Vorstellung ist, daß die Bewegung anfängt von einem Äußerlichen, das ein gewöhnliches, gemeines Ding ist, daß aber der Genuß, das Selbstgefühl der Gegenwärtigkeit Gottes zustande kommt, insoweit und insofern die Äußerlichkeit verzehrt wird, nicht bloß leiblich, sondern im Geist und Glauben.
Im Geist und Glauben nur ist der gegenwärtige Gott. Die sinnliche Gegenwart ist für sich nichts, und auch die Konsekration macht die Hostie nicht zu einem Gegenstand der Verehrung, sondern der Gegenstand ist allein im Glauben, und so im Verzehren und Vernichten des Sinnlichen die Vereinigung mit Gott und das Bewußtsein dieser Vereinigung des Subjekts mit Gott.
Hier ist das große Bewußtsein aufgegangen, daß außer dem Genuß und Glauben die Hostie ein gemeines, sinnliches Ding ist: der Vorgang ist allein im Geiste des Subjekts wahrhaft.
Da ist keine Transsubstantiation - allerdings eine Transsubstantiation, aber eine solche, wodurch das Äußerliche aufgehoben wird, die Gegenwart Gottes schlechthin eine geistige ist, so daß der Glaube des Subjekts dazugehört.

γ) Die Vorstellung ist, daß der gegenwärtige Gott in der Vorstellung nur, in der Erinnerung, also insofern nur diese unmittelbare, subjektive Gegenwärtigkeit habe. Dies ist die reformierte Vorstellung, eine geistlose, nur lebhafte Erinnerung der Vergangenheit, nicht göttliche Präsenz, keine wirkliche Geistigkeit. Hier ist das Göttliche, die Wahrheit in die Prosa der Aufklärung und des bloßen Verstandes heruntergefallen, ein bloß moralisches Verhältnis.

(Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion)

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