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 G.W.F.Hegel                                                                                                                hegeleliforp03Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse

 

b. Die Besonderung des individuellen Körpers

§ 316

Die Gestaltung, das den Raum bestimmende Individualisieren des Mechanismus, geht in die physikalische Besonderung über. Der individuelle Körper ist an sich die physische Totalität; diese ist an ihm im Unterschiede, aber wie er in der Individualität bestimmt und gehalten ist, zu setzen. Der Körper als das Subjekt dieser Bestimmungen enthält dieselben als Eigenschaften oder Prädikate; aber so, daß sie zugleich ein Verhalten zu ihren ungebundenen, allgemeinen Elementen und Prozesse mit denselben sind.
Es ist ihre unmittelbare, noch nicht
gesetzte (welches Setzen der chemische Prozeß ist) Besonderung, wonach sie noch nicht in die Individualität zurückgeführt, nur Verhältnisse zu jenen Elementen, nicht die reale Totalität des Prozesses, sind. Ihre Unterscheidung gegeneinander ist die ihrer Elemente, deren logische Bestimmtheit in ihrer Sphäre aufgezeigt worden. (§ 282 ff.) 

Bei dem alten, allgemeinen Gedanken, daß jeder Körper aus den vier Elementen, oder dem neueren Paracelsischen, daß er aus Merkurius oder Flüssigkeit, Schwefel oder Öl und Salz bestehe, und bei vielen anderen Gedanken dieser Art ist fürs erste die Widerlegung leicht gewesen, indem man unter jenen Namen die einzelnen empirischen Stoffe verstehen wollte, welche zunächst durch solche Namen bezeichnet sind.
Es ist aber nicht zu verkennen, daß sie viel wesentlicher die Begriffsbestimmungen enthalten und ausdrücken sollten; es ist daher vielmehr die Gewaltsamkeit zu bewundern, mit welcher der Gedanke in solchen sinnlichen besonderen Existenzen nur seine eigene Bestimmung und die allgemeine Bedeutung erkannte und festhielt.
Fürs andere ist ein solches Auffassen und Bestimmen, da es die Energie der Vernunft zu seiner treibenden Quelle hat, welche sich durch die sinnliche Spielerei der Erscheinung und deren Verworrenheit nicht irremachen, noch sich gar in Vergessenheit bringen läßt, weit über das bloße Aufsuchen und das chaotische Hererzählen der Eigenschaften der Körper erhaben. In diesem Suchen gilt es für Verdienst und Ruhm, immer noch etwas Besonderes ausgegangen
7) zu haben, statt das so viele Besondere auf das Allgemeine und den Begriff zurückzubringen und diesen darin zu erkennen.

Zusatz. Die unendliche Form hat sich im Kristall nur auf räumliche Weise in die schwere Materie hineingesetzt; was fehlt, ist die Spezifikation des Unterschieds. Indem die Formbestimmungen nun selbst als Materien erscheinen müssen, so ist dies die Rekonstruktion und Umbildung der physikalischen Elemente durch die Individualität. Der individuelle Körper, das Irdische, ist die Einheit von Luft, Licht, Feuer, Wasser; und wie sie an ihm sind, das ist die Besonderung der Individualität. Das Licht entspricht der Luft, und das an der Dunkelheit des Körpers zu einer spezifischen Trübung individualisierte Licht ist die Farbe.
Das Brennliche, Feurige, als ein Moment des individuellen Körpers, ist der Geruch des Körpers, - sein beständiges, verdachtloses Aufgezehrtwerden, aber nicht Verbranntwerden im chemischen Sinne, wo es Oxydiertwerden heißt, sondern die zur Einfachheit eines spezifischen Prozesses individualisierte Luft.
Das Wasser ist, als individualisierte Neutralität, das Salz, die Säure usf., - der Geschmack des Körpers;
die Neutralität deutet schon auf Auflösbarkeit, reales Verhältnis zu Anderem, d. i. auf chemischen Prozeß hin. Diese Eigenschaften des individuellen Körpers, Farbe, Geruch, Geschmack existieren nicht selbständig für sich, sondern kommen einem Substrate zu. Da sie nur erst in der unmittelbaren Individualität gehalten sind, so sind sie auch gegeneinander gleichgültig; was also Eigenschaft ist, ist auch Materie, z. B. das Farbenpigment. Es ist noch die unkräftige Individualität, daß die Eigenschaften auch frei werden; die zusammenhaltende Kraft des Lebens ist hier noch nicht, wie im Organischen, vorhanden. Als besondere haben sie auch den allgemeinen Sinn, ihre Beziehung zu dem zu behalten, wovon sie herkommen.
Die Farbe verhält sich mithin zum Licht, wird von demselben gebleicht; der Geruch ist Prozeß mit der Luft, der Geschmack behält ebenso eine Beziehung auf sein abstraktes Element, das Wasser.
Weil insbesondere Geruch und Geschmack, von denen jetzt gleichfalls die Rede [sein] wird, schon dem Namen nach an die sinnliche Empfindung erinnern, indem sie nicht bloß objektiv jene dem Körper zukommenden physikalischen Eigenschaften, sondern auch diese Subjektivität bezeichnen, nämlich das Sein dieser Eigenschaften für den subjektiven Sinn, so ist mit diesem Hervortreten der elementarischen Bestimmtheiten innerhalb der Sphäre der Individualität also auch die Beziehung derselben auf die Sinne zu erwähnen. Es fragt sich nun zunächst, warum hier gerade das
Verhältnis des Körpers zum subjektiven Sinn entsteht, ferner, was unseren fünf Sinnen an objektiven Eigenschaften entspricht.
Die soeben angegebenen, Farbe, Geruch, Geschmack, sind nur drei; so haben wir die drei Sinne des Gesichts, des Geruchs und des Geschmacks. Da Gehör und Gefühl hier nicht zum Vorschein kommen, so fragt sich zugleich: Wo hat das Objektive für diese zwei übrigen Sinne seinen Platz?
α) In betreff jenes Verhältnisses ist folgendes zu bemerken. Wir hatten die individuelle, in sich selbst geschlossene Gestalt, die, weil sie als Totalität die Bedeutung hat, für sich fertig zu sein, nicht mehr in einer Differenz zu anderem begriffen ist und daher kein praktisches Verhältnis zu anderem hat.
Die Bestimmungen der Kohäsion sind nicht gleichgültig gegen Anderes, sondern nur in Beziehung auf Anderes; der Gestalt ist dagegen diese Beziehung gleichgültig. Sie kann zwar auch mechanisch behandelt werden; weil die Gestalt aber das sich auf sich Beziehende ist, so findet keine notwendige Beziehung eines Anderen auf sie, sondern nur eine zufällige statt. Ein solches Verhältnis eines Anderen zu ihr können wir ein theoretisches Verhältnis nennen; dieses haben aber nur
die empfindenden Naturen zu etwas, und höher die denkenden. Ein solches theoretisches Verhältnis besteht näher darin, daß das Empfindende, indem es in Beziehung auf das Andere ist, darin zugleich in Beziehung auf sich selbst ist, sich frei gegen den Gegenstand erhält; womit zugleich der Gegenstand freigelassen ist. Zwei individuelle Körper, z. B. Kristalle, lassen zwar auch einander frei, aber nur, weil sie kein Verhältnis zueinander haben: sie müßten dann chemisch, durch Vermittlung des Wassers, bestimmt sein; sonst bestimmt nur ein Drittes, Ich, sie durch Vergleichung.
Dies theoretische Verhältnis gründet sich also nur darauf, daß sie keine Beziehung aufeinander haben.
Das wahre theoretische Verhältnis ist erst da vorhanden, wo wirklich Beziehung aufeinander und doch Freiheit der sich Verhaltenden gegeneinander eintritt; ein solches Verhältnis ist eben das der Empfindung zu ihrem Objekte. So ist die geschlossene Totalität hier nun vom Anderen freigelassen und nur so in Beziehung auf Anderes; d. h. die physische Totalität ist für die Empfindung und - da sie wieder selbst (wozu wir hier übergehen) sich in ihre Bestimmtheiten auslegt - für verschiedene Empfindungsweisen, für die Sinne. Deswegen denn ist es, daß hier bei der Gestaltung das Verhältnis zu den Sinnen uns auffällt, obgleich wir es noch nicht zu berühren brauchten (s. unten § 358), da es nicht in den Kreis des Physischen gehört.
β) Während wir nun hier Farbe, Geruch und Geschmack als Bestimmungen der Gestalt fanden, die durch die drei Sinne des Gesichts, Geruchs und Geschmacks wahrgenommen werden, so haben wir das Sinnliche der zwei anderen Sinne, des Gefühls und Gehörs, schon früher gehabt (s. oben Zus. zu § 300).
Die Gestalt als solche, die mechanische Individualität, ist für das Gefühl überhaupt; vornehmlich gehört die Wärme auch hierher. Zur Wärme verhalten wir uns mehr theoretisch als zur Gestalt überhaupt; denn diese fühlen wir nur, insofern sie uns Widerstand leistet. Das ist schon praktisch, indem das eine das andere nicht lassen will, was es ist; man muß hier drücken, berühren, während bei de Wärme noch kein Widerstand eintritt. Das Gehör haben wir beim Klange gehabt; er ist die durch das Mechanische bedingte Individualität. Der Sinn des Gehörs fällt somit in diese Besonderung, wo die unendliche Form auf das Materielle bezogen ist.
Dies Seelenhafte ist aber nur äußerlich darauf bezogen; es ist die der mechanischen Materialität nur entfliehende Form, die daher unmittelbar verschwindend ist und noch nicht Bestand hat. Zum Gehör, welches der Sinn der als ideell erscheinenden Totalität des Mechanismus ist, ist das Gefühl der Gegensatz; es hat das Terrestrische, die Schwere, die noch nicht in sich besonderte Gestalt zum Gegenstande.
Die beiden Extreme, den ideellen Sinn des Gehörs und den realen des Gefühls, hatten wir so in der totalen Gestalt; die Unterschiede der Gestalt beschränken sich auf die drei übrigen Sinne.
Die bestimmten physikalischen Eigenschaften der individuellen Gestalt sind nicht selbst die Gestalt, sondern Manifestationen derselben, die sich in ihrem Sein-für-Anderes wesentlich erhalten; damit fängt aber die reine Gleichgültigkeit des theoretischen Verhältnisses an aufzuhören. Das Andere, worauf diese Qualitäten sich beziehen, ist ihre allgemeine Natur oder ihr Element, noch keine individuelle Körperlichkeit; und hierin selbst ist sogleich ein prozessualisches, differentes Verhalten begründet, das indessen nur ein abstraktes sein kann. Da der physikalische Körper aber nicht nur so ein besonderer Unterschied, noch bloß in diese Bestimmtheiten zerlegt, sondern Totalität dieser Differenzen ist, so ist diese Zerlegung nur eine Unterscheidung an ihm selbst als seiner Eigenschaften, worin er ein Ganzes bleibt. Indem wir nun auf diese Weise den differenten Körper überhaupt haben, so verhält er sich auch selbst zu anderen ebensolchen differenten als Totalität. Die Differenz dieser totalen Gestalten ist ein äußerlich mechanisches Verhältnis,
weil sie bleiben sollen, was sie sind, und ihre Selbsterhaltung noch nicht aufgelöst wird; diese Äußerung different bleibender [Körper] ist die Elektrizität, die damit zugleich ein oberflächlicher Prozeß dieser Körper gegen die Elemente ist. Wir haben so einerseits besondere Differenzen, andererseits die Differenz überhaupt als Totalität.
Näher ist die
Einteilung des Folgenden diese: erstens Verhältnis des individuellen Körpers zum Lichte; zweitens die differenten Verhältnisse als solche, Geruch und Geschmack; drittens Differenz überhaupt zweier totaler Körper, Elektrizität. Die physikalischen Bestimmtheiten des individuellen Körpers betrachten wir hier nur in ihrem Verhalten zu ihren respektiven allgemeinen Elementen gegen welche sie, als individuell, totale Körper sind. Es ist daher die Individualität nicht als solche, die in diesem Verhalten aufgelöst wird;
sie soll als solche sich vielmehr erhalten. Es sind somit nur Eigenschaften, welche hier betrachtet werden. Die Gestalt wird erst im chemischen Prozeß wirklich aufgelöst; d. i. was hier Eigenschaften sind, wird dort als besondere Materie dargestellt werden. Die materialisierte Farbe z. B. gehört, als Pigment, nicht mehr dem individuellen Körper als totaler Gestalt an, sondern ist durch chemische Auflösung aus dem individuellen Körper ausgeschieden und für sich gesetzt. Solche außer ihrem Verbande mit dem Selbst der Individualität existierende Eigenschaft kann man nun zwar auch eine individuelle Totalität nennen, wie z. B. das Metall, das aber nur ein indifferenter, kein neutraler Körper ist. In dem chemischen Prozesse werden wir dann auch betrachten, daß solche Körper nur formelle, abstrakte Totalitäten sind. Diese Besonderungen geschehen zunächst von uns aus, durch den Begriff; d. h. sie sind an sich oder auf unmittelbare Weise, wie auch die Gestalt. Aber sie sind ferner auch durch den
wirklichen Prozeß gesetzt, d. i. durch den chemischen; und daselbst liegen auch erst die Bedingungen ihrer Existenz, wie auch die der Gestalt.

7) schwäbisch für "herausgefunden", "in Erfahrung gebracht"

 

 

 

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