|
α. Verhältnis zum Licht
§ 317
In der gestalteten Körperlichkeit ist die erste Bestimmung ihre mit sich identische Selbstischkeit, die abstrakte Selbstmanifestation ihrer als unbestimmter, einfacher Individualität, - das Licht. Aber die Gestalt leuchtet als solche nicht, sondern diese Eigenschaft ist (vorh. §) ein Verhältnis zum Lichte; 1. Der Körper ist als reiner Kristall in der vollkommenen Homogenität seiner neutral-existierenden inneren Individualisierung durchsichtig und ein Medium für das Licht.
Was in Beziehung auf Durchsichtigkeit die innere Kohäsionslosigkeit der Luft ist, ist im konkreten Körper die Homogenität der in sich kohärenten und kristallisierten Gestalt. - Der individuelle Körper unbestimmt genommen, ist freilich sowohl durchsichtig als undurchsichtig, durchscheinend usf. Aber die Durchsichtigkeit ist die nächste erste Bestimmung desselben als Kristalls, dessen physische Homogenität noch nicht weiter in sich besondert und vertieft ist.
Zusatz. Die Gestalt ist hier noch die ruhende Individualität, die sich in mechanischer und chemischer Neutralität befindet, die letztere aber noch nicht, wie die vollkommene Gestalt, auf allen Punkten besitzt. Die Gestalt ist so als die reine Form, von der die Materie vollkommen bestimmt und durchdrungen ist, darin nur mit sich selbst identisch und sie durchaus beherrschend. Das ist die erste Bestimmung der Gestalt im Gedanken. Da nun diese Identität mit sich im Materiellen physisch ist, das Licht aber diese abstrakte physische Identität mit sich darstellt, so ist die erste Besonderung der Gestalt ihr Verhältnis zum Lichte, das sie aber, vermöge dieser Identität, in ihr selbst hat. Indem die Gestalt durch dieses Verhältnis sich für Anderes setzt, so ist dies ihr eigentlich theoretisches, - kein praktisches, sondern vielmehr ein ganz ideelles Verhalten. Die nicht mehr nur wie in der Schwere als Streben gesetzte, sondern im Licht freigewordene Identität, die jetzt an der terrestrischen Individualität gesetzt ist, ist das Aufgehen der Lichtseite in der Gestalt selbst. Aber da die Gestalt noch nicht absolut freie, sondern bestimmte Individualität ist, so ist diese terrestrische Vereinzelung ihrer Allgemeinheit noch nicht innere Beziehung der Individualität auf ihre eigene Allgemeinheit. Nur das Empfindende ist dies, das Allgemeine seiner Bestimmtheit als Allgemeines an ihm selbst zu haben, d. h. für sich als Allgemeines zu sein. Erst das Organische ist also ein solches Scheinen gegen Anderes, daß seine Allgemeinheit innerhalb seiner selbst fällt. Hier dagegen ist das Allgemeine dieser Individualität noch, als Element, ein Anderes, Äußerliches gegen den individuellen Körper. Vollends hat die Erde nur als allgemeines Individuum ein Verhältnis zur Sonne, und zwar noch ein ganz abstraktes, während der individuelle Körper doch wenigstens ein reales Verhältnis zum Licht hat. Denn der individuelle Körper ist zwar zunächst finster, weil dies überhaupt die Bestimmung der abstrakten, fürsichseienden Materie ist; aber die Individualisierung der Materie hebt, durch die durchdringende Form, jene abstrakte Verfinsterung auf. Die besonderen Modifikationen dieses Verhaltens zum Lichte sind dann die Farben, von denen also hier auch gesprochen werden muß; und wie sie einerseits dem realen, individuellen Körper zukommen, so sind sie andererseits auch nur außer der Individualität der Körper schwebend: Schattige überhaupt, denen noch keine objektive materielle Existenz zugeschrieben werden kann, - Scheine, bloß auf dem Verhältnis des Lichts und des noch unkörperlichen Finstern beruhend, kurz ein Spektrum. Die Farben sind so zum Teil ganz subjektiv, vom Auge hingezaubert, - eine Wirksamkeit einer Helligkeit oder Finsternis und eine Modifikation ihres Verhältnisses im Auge; wozu jedoch allerdings auch eine äußere Helligkeit gehört. Schultz8) schreibt dem Phosphor in unserem Auge eine eigentümliche Helligkeit zu, so daß es oft schwer zu sagen ist, ob die Helligkeit und Dunkelheit und ihr Verhältnis in uns liegt oder nicht. Dies Verhältnis der individualisierten Materie zum Lichte haben wir nun erstens als die gegensatzlose Identität zu betrachten, die noch nicht im Unterschiede ist gegen eine andere Bestimmung, - die formelle, allgemeine Durchsichtigkeit; das Zweite ist, daß diese Identität gegen Anderes besondert ist, die Vergleichung zweier durchsichtiger Medien, - die Brechung, wo das Medium nicht schlechthin durchsichtig, sondern spezifisch bestimmt ist; das Dritte ist die Farbe als Eigenschaft, - das Metall, das mechanisch, aber nicht chemisch Neutrale. Was erstens die Durchsichtigkeit betrifft, so gehört die Undurchsichtigkeit, die Finsternis, der abstrakten Individualität, dem Irdischen an. Luft, Wasser, Flamme, wegen ihrer elemtarischen Allgemeinheit und Neutralität, sind durchsichtig, nicht finster. Ebenso hat die reine Gestalt die Finsternis, dieses abstrakte, spröde, unenthüllte Fürsichsein der individuellen Materie, das Sich-nicht-Manifestieren überwunden und sich also vielmehr durchsichtig gemacht, weil sie sich eben wieder zur Neutralität und Gleichförmigkeit gebracht hat, welche eine Beziehung auf das Licht ist. Die materielle Individualität ist die Verfinsterung in sich, weil sie sich der ideellen Manifestation für Anderes verschließt. Aber die individuelle Form, die als Totalität ihre Materie durchdrungen hat, hat sich eben damit in die Manifestation gesetzt und geht zu dieser Idealität des Daseins fort. Sich zu manifestieren ist Entwicklung der Form, Setzen eines Daseins für Anderes, so daß dies aber zugleich in individueller Einheit gehalten ist. Das Spröde, der Mond, ist darum undurchsichtig, der Komet aber durchsichtig. Da diese Durchsichtigkeit das Formelle ist, so ist sie dem Kristall gemeinschaftlich mit dem in sich Gestaltlosen, der Luft und dem Wasser. Die Durchsichtigkeit des Kristalls ist aber ihrem Ursprung nach zugleich eine andere als die jener Elemente: diese sind durchsichtig, weil sie noch nicht zur Individualität in sich, zu Irdischem, zur Verfinsterung gekommen sind. Die gestalteten Körper aber sind zwar nicht selbst Licht, denn sie sind individuelle Materie; aber das punktuelle Selbst der Individualität, insofern es, als dieser innere Bildner, ungehindert ist, hat an diesem finster Materiellen nichts Fremdes mehr, sondern als rein in die entwickelte Totalität der Form übergegangen, ist hier dies Insichsein zur homogenen Gleichheit der Materie gebracht. Die Form, als frei und unbeschränkt das Ganze wie die einzelnen Teile umfassend, ist Durchsichtigkeit. Alle einzelnen Teile sind diesem Ganzen vollkommen gleich gemacht und eben deswegen vollkommen gleich unter sich und in mechanischer Durchdringung unabgesondert voneinander. Die abstrakte Identität des Kristalls, seine vollkommene mechanische Einheit als Indifferenz und chemische Einheit als Neutralität sind mithin das, was die Durchsichtigkeit desselben ausmacht. Wenn nun diese Identität auch nicht selbst Leuchten ist, so ist sie doch dem Lichte so nahe verwandt, daß sie beinah bis zum Leuchten fortgehen kann. Es ist der Kristall, zu dem das Licht sich geboren; das Licht ist die Seele dieses Insichseins, indem die Masse in diesem Strahle vollkommen aufgelöst ist. Der Urkristall ist der Diamant der Erde, dessen jedes Auge sich erfreut, ihn als den erstgeborenen Sohn des Lichts und der Schwere anerkennend. Das Licht ist die abstrakte, vollkommen freie Identität, - die Luft die elementarische; die unterworfene Identität ist die Passivität für das Licht, und das ist die Durchsichtigkeit des Kristalls. Das Metall ist dagegen undurchsichtig, weil in ihm das individuelle Selbst durch hohe spezifische Schwere zum Fürsichsein konzentriert ist (s. Zusatz zu § 320 gegen das Ende). Zur Durchsichtigkeit ist erforderlich, daß der Kristall keinen erdigen Bruch habe; denn dann gehört er schon zum Spröden. Das Durchsichtige kann ferner auch sogleich undurchsichtig gemacht werden ohne Chemismus, bloß durch eine mechanische Veränderung, wie wir dies in bekannten Erscheinungen sehen; es braucht nur in einzelne Teile geteilt zu werden. Glas zu Pulver gestoßen, Wasser, das man in Schaum verwandelt, wird undurchsichtig; es wird ihm die mechanische Indifferenz und Homogenität genommen, es wird unterbrochen und in die Form des vereinzelten Fürsichseins gebracht, da es früher ein mechanisches Kontinuum war. Eis ist schon weniger durchsichtig als Wasser, und zerstoßen wird es ganz undurchsichtig. Aus dem Durchsichtigen entsteht das Weiße, indem die Kontinuität der Teile aufgehoben wird und sie zu vielen gemacht werden, wie z. B. im Schnee; und erst als Weißes hat dann das Licht Dasein für uns und erregt unser Auge. Goethe, Zur Farbenlehre, Teil I, S. 189 [Didaktischer Teil, XXXV. Ableitung des Weißen, Nr. 495], sagt: "Man könnte den zufällig" (d. i. mechanisch) "undurchsichtigen Zustand des rein Durchsichtigen Weiß nennen ... . Die bekannten unzerlegten Erden sind in ihrem reinen Zustand alle weiß. Sie gehen durch natürliche Kristallisation in Durchsichtigkeit über." So ist Kalkerde, Kieselerde undurchsichtig, sie haben eine metallische Basis, die aber in den Gegensatz und die Differenz übergegangen, daher ein Neutrales geworden ist. Es gibt also chemisch Neutrale, die undurchsichtig sind; aber eben damit sind sie nicht vollkommen neutral, d. h. es ist ein Prinzip in ihnen zurück, das nicht in das Verhältnis zum Anderen eingegangen ist. Wird Kieselerde aber kristallisiert - ohne Säure im Bergkristall oder Tonerde im Glimmer, Bittererde in dem Talk, Kalkerde freilich mit Kohlensäure -, so entsteht Durchsichtigkeit. Diese Erscheinung des leichten Übergangs von Durchsichtigkeit in Undurchsichtigkeit ist häufig. Ein gewisser Stein, Hydrotion, ist undurchsichtig; mit Wasser getränkt, wird er aber durchsichtig. Das Wasser macht ihn neutral, und dadurch wird seine Unterbrochenheit aufgehoben. Auch Borax, in Baumöl getaucht, wird vollkommen durchsichtig; die Teile werden also nur kontinuierlich gesetzt9) . Indem das chemisch Neutrale zum Durchsichtigen hinstrebt, so werden auch metallische Kristalle, insofern sie nicht gediegene Metalle, sondern metallische Salze sind (Vitriole), vermittels ihrer Neutralität durchscheinend. Es gibt auch gefärbte Durchsichtige, z. B. die Edelsteine; sie sind eben nicht vollkommen durchsichtig, weil das metallische Prinzip, von dem die Farbe herkommt, nicht vollkommen überwunden, obgleich neutralisiert ist.
§ 318
2. Die erste, einfachste Bestimmtheit, die das physische Medium hat, ist seine spezifische Schwere, deren Eigentümlichkeit für sich in der Vergleichung, so auch in Beziehung auf Durchsichtigkeit nur in der Vergleichung der verschiedenen Dichtigkeit eines anderen Mediums zur Manifestation kommt. Was bei der Durchsichtigkeit beider von dem einen (dem vom Auge entfernteren) in dem anderen Medium (um die Dar- und Vorstellung zu erleichtern, mag jenes als Wasser, dieses als Luft genommen werden) wirksam ist, ist allein die Dichtigkeit, als den Ort qualitativ bestimmend: das Volumen des Wassers mit dem darin enthaltenen Bilde wird daher so in der durchsichtigen Luft gesehen, als ob dasselbe Volumen Luft, in die jenes gesetzt ist, die größere spezifische Dichtigkeit, die des Wassers hätte, also in einen um so kleineren Raum kontrahiert wäre, - sogenannte Brechung.
Der Ausdruck Brechung des Lichts ist zunächst ein sinnlicher und insofern richtiger Ausdruck, als man z. B. einen ins Wasser gehaltenen Stab bekanntlich gebrochen sieht; auch wendet sich dieser Ausdruck für die geometrische Verzeichnung des Phänomens natürlich an. Aber ein ganz anderes ist die Brechung des Lichts und der sogenannten Lichtstrahlen in physikalischer Bedeutung, - ein Phänomen, das viel schwerer zu verstehen ist, als es dem ersten Augenblicke nach scheint. Abgerechnet das sonstige Unstatthafte der gewöhnlichen Vorstellung macht sich die Verwirrung, in welche sie verfallen muß, in der Verzeichnung der angenommenermaßen sich von einem Punkte aus als Halbkugel verbreitenden Lichtstrahlen leicht augenfällig. Es muß in Rücksicht der Theorie, wodurch die Erscheinung erklärt zu werden pflegt, an die wesentliche Erfahrung erinnert werden, daß der ebene Boden eines mit Wasser gefüllten Gefäßes eben, somit ganz und gleichförmig gehoben erscheint, - ein Umstand, welcher der Theorie gänzlich widerspricht, aber, wie es in solchen Fällen gewöhnlich geschieht, darum in den Lehrbüchern ignoriert oder verschwiegen wird. - Worauf es ankommt, ist, daß ein Medium nur schlechthin Durchsichtiges überhaupt ist und erst das Verhältnis zweier Medien von verschiedener spezifischer Schwere das Wirksame wird für eine Partikularisation der Sichtbarkeit, - eine Determination, die zugleich nur ortbestimmend, d. i. durch die ganz abstrakte Dichtigkeit gesetzt ist. Ein Verhältnis der Medien als wirksam findet aber nicht im gleichgültigen Nebeneinandersein, sondern allein statt, indem das eine in dem anderen - nämlich hier nur als Sichtbares - als Sehraum gesetzt ist. Dieses andere Medium wird von der immateriellen Dichtigkeit des darin gesetzten sozusagen infiziert, so daß es in ihm den Sehraum des Bildes nach der Beschränkung zeigt, die es selbst (das Medium) erleidet und ihn damit beschränkt. Die rein mechanische, nicht physisch reale Eigenschaft, sondern ideelle der Dichtigkeit, nur raumbestimmend zu sein, kommt hier ausdrücklich vor; sie scheint so außerhalb des Materiellen, dem sie angehört, zu wirken, weil sie allein auf den Ort des Sichtbaren wirkt; ohne jene Idealität läßt sich das Verhältnis nicht fassen.
Zusatz. Nachdem wir zunächst die Durchsichtigkeit des Kristalls betrachtet haben, der als durchsichtig selber unsichtbar ist, ist das Zweite die Sichtbarkeit in diesem Durchsichtigen, aber dann zugleich das sichtbare Undurchsichtige. Das Sichtbare in dem unbestimmten Durchsichtigen hatten wir schon oben (§ 278) als das Geradlinige eines in einem anderen sich ideell setzenden Körpers, - die Reflexion des Lichts. An der formellen Identität des Kristalls kommen aber weiter Besonderungen vor. Der durchsichtige Kristall, zu der Idealität seines finsteren Fürsichseins gediehen, läßt anderes Finstere durch sich scheinen, ist das Medium, das Vermittelnde des Scheinens von Anderem in Anderem. Zwei Erscheinungen gehören nun hierher: die Refraktion des Lichts und das Doppelbild, welches eine Menge von Kristall zeigen. Die Sichtbarkeit, von der hier die Rede ist, ist die Sichtbarkeit, insofern etwas durch mehrere Durchsichtige gesehen wird, so daß diese Medien verschieden sind; denn weil wir die Durchsichtigkeit des individuellen Körpers haben, die ebenso spezifisch bestimmt ist, so tritt dieselbe nur in Beziehung auf ein anderes durchsichtiges Medium auf. Als spezifisch bestimmt, ist das Medium von eigener spezifischer Schwere und sonstigen physikalischen Qualitäten. Aber diese Bestimmtheit kommt erst zur Äußerung, indem es mit einem anderen durchsichtigen Medium zusammentrifft und das Scheinen durch diese beiden Medien vermittelt wird. In einem Medium ist die Vermittlung ein einförmiges, bloß durch die Expansion des Lichts bestimmtes Scheinen; im Wasser z. B. sieht man auch, nur trüber. Ist das Medium auf diese Weise eins, haben wir nur eine Dichtigkeit, also auch nur eine Ortsbestimmung; sind aber zwei Medien, so sind auch zweierlei Ortsbestimmungen. Hier kommt nun eben das höchst merkwürdige Phänomen der Brechung zum Vorschein. Es scheint einfach, ja trivial zu sein; man sieht es alle Tage. Brechung ist aber ein bloßes Wort. Durch jedes Medium für sich sieht man den Gegenstand in gerader Linie nach dem Auge und in gleichem Verhältnisse zu den übrigen Gegenständen fortgehend; bloß das Verhältnis beider Medien zueinander begründet den Unterschied. Sieht das Auge einen Gegenstand durch ein anderes Medium, so daß das Sehen durch zwei Medien geht, so sieht man den Gegenstand an einem anderen Orte, als er sich zeigen würde ohne die besondere Beschaffenheit jenes Mediums; d. h. an einem anderen Orte, als er sich nach dem Gefühl im Zusammenhang des Materiellen befindet, - oder er hat im Zusammenhange des Lichts einen anderen Ort. So wird z. B. das Bild der Sonne gesehen, auch wenn sie nicht am Horizonte ist. Einen Gegenstand in einem Gefäße sieht man, wenn Wasser darin ist, verrückt und höher, als wenn es leer ist. Die Fischschützen wissen, daß, weil der Fisch gehoben ist, sie nach einem tieferen Orte schießen müssen, als wo sie den Fisch sehen.
Der Winkel (a r s), den in dieser Figur die Linie a d vom Auge (a) zu dem Gegenstande als gesehen (d) mit dem Einfallslot (s t) macht, ist größer als der (a u s), welchen die Linie (a o) zwischen dem Auge und dem Punkte (o), wo der Gegenstand sich wirklich befindet, damit macht. Man sagt gewöhnlich, das Licht wird gebrochen, wenn beim Übertritt von einem Medium ins andere das Licht von seinem Wege (o r) abgelenkt wird und man den Gegenstand in der abgelenkten Richtung (a r d) sieht. Das hat aber, näher betrachtet, keinen Sinn; denn ein Medium bricht nicht für sich, sondern das Wirksame für ein solches Sehen ist allein im Verhältnis beider Medien zu suchen. Tritt das Licht aus dem einen Medium heraus, so hat es keine besondere Qualität erlangt, die es für das andere verändert hätte, so daß ihm dieses nun einen anderen Weg anwiese. Noch deutlicher wird dies durch folgende Figur.
Wenn nämlich von A B bis a, wo sich das Auge befindet, ein Medium, z. B. Wasser, ist, so wird o an der Stelle o in der Richtung a q o gesehen; also das Medium C D A B verändert die Richtung nicht, daß sie von q nach p ginge statt von q nach o. Wenn nun dies Medium zwischen a b und C D weggenommen wird, so wäre es doch lächerlich, anzunehmen, α) daß o nun nicht mehr nach q, sondern nach r führe, als ob der Strahl o jetzt gemerkt hätte, daß über ihm nun Luft und er jetzt in r herauskommen möchte, damit o in r von mir gesehen würde; und ebenso hätte es β) keinen Sinn, daß o nicht mehr nach und durch q führe, von wo der Strahl ebensogut nach a käme. Denn o geht überallhin, nach q so gut als nach r usf. Es ist dies auf diese Weise ein schwieriges Phänomen, und zwar weil das Sinnliche hier geistermäßig wird. Ich habe oft mein Nachdenken darauf gerichtet und will vortragen, wie ich die Schwierigkeit überwunden. Was also geschieht, ist, daß C D A B nicht nur durchsichtig ist, sondern daß auch seine eigentümliche Natur gesehen wird, d. h. das ideelle Verhältnis das Sehen zwischen A B und a vermittelt. Wir befinden uns im Felde der Idealität, da wir von der Sichtbarkeit handeln; denn die Sichtbarkeit überhaupt ist das Sich-ideell-Setzen im Anderen. Indem hier das Ideelle aber noch nicht in Einheit mit der körperlichen Erscheinung ist, so ist nur die ideelle Bestimmtheit, die an sich ist, d. h. körperlos, nämlich die spezifische Schwere, das Bestimmende im Sehen, - nicht in Farbe usf sondern allein für das räumliche Verhältnis; d. h. ich sehe die immaterielle Bestimmtheit des Mediums C D A B, ohne daß diese mit seinem körperlichen Dasein als solchem wirksam sei. Der Unterschied der Materien als solcher geht das Auge nichts an; der Lichtraum oder das Medium des Auges aber ist zugleich materiell, doch verändert diese Materialität nur sein Bestimmen des Räumlichen. Näher ist die Sache so zu fassen. Bleiben wir bei dem Verhältnis von Wasser und Luft stehen (obgleich dies nur elementarische Durchsichtigkeiten sind, d. h. nicht durch die Form gesetzte, welche die Schwere überwunden hat) und setzen wir sie als die zwei aneinandergrenzenden Medien (denn kommen sie auch in ihrer abstrakten Bestimmtheit früher als die spezifische Schwere vor, so müssen wir doch, sollen sie als physisch Konkrete bestimmt werden, alle Qualitäten berücksichtigen, die bei der Entwicklung ihrer eigentümlichen Natur noch nicht in Betracht zu ziehen sind), so sehen wir den Körper an einer andern Stelle, als er sich befindet, - wenn wir nämlich beide Medien zwischen dem Gegenstand und dem Auge haben. Die Frage ist, was da geschieht. Das ganze Medium C D A B mit seinem Objekte o wird in das Medium C D a als ideell, und zwar nach seiner qualitativen Natur gesetzt. Was sehe ich aber von seiner qualitativen Natur? oder was kann von derselben in das andere Medium eintreten? Es ist diese seine qualitative immaterielle Natur (des Wassers z. B.), welche in das andere Medium, die Luft, eintritt, aber nur seine körperlose qualitative, nicht seine chemische Natur, - wasserlos und als die Sichtbarkeit bestimmend. Diese qualitative Natur ist in bezug auf Sichtbarkeit nunmehr wirksam in der Luft gesetzt, d. h. das Wasser mit seinem Inhalt wird gesehen, als ob es Luft wäre; seine qualitative Natur befindet sich als sichtbar in der Luft, dies ist die Hauptsache. Der Sehraum, den das Wasser bildet, wird in einen anderen Sehraum, in den der Luft, worin das Auge sich befindet, versetzt. Welches ist die besondere Bestimmtheit, die ihm in diesem neuen Sehraum bleibt, durch welche er sich als sichtbar kundgibt, d. h. wirksam ist? Nicht die Gestalt, denn Wasser und Luft sind als durchsichtig gestaltlos gegeneinander, - nicht die Kohäsion, sondern die spezifische Schwere. Sonst machen Öligkeit, Brennbarkeit auch einen Unterschied; doch wir bleiben bei der spezifischen Schwere stehen, wollen nicht alles auf alles anwenden. Nur die spezifische Bestimmtheit des einen Mediums scheint im anderen Medium. Das Schwierige ist, daß die Qualität der spezifischen Schwere, die ortbestimmend ist, hier, befreit von ihrer Materie, nur den Ort der Sichtbarkeit bestimmt. Was heißt aber spezifische Schwere anderes als raumbestimmende Form? Die spezifische Schwere des Wassers kann also hier keine andere Wirksamkeit haben, als den zweiten Sehraum, die Luft, mit der spezifischen Schwere des Wassers zu setzen. Das Auge geht von dem Sehraum als Luftraum aus; dieser erste, in welchem es ist, ist sein Prinzip, seine Einheit. Es hat nun einen zweiten, den Wasser-Sehraum, vor sich, an dessen Stelle es den Luftraum setzt und jenen auf diesen reduziert, also (da nur diese Verschiedenheit in Betracht kommt) auf das Volumen, das der Luftraum würde, wenn er die Dichtigkeit des Wassers hätte; denn der Wasserraum macht sich sichtbar in einem Anderen, dem Luftraum. Ein gewisser Umfang des Wassers wird also zu Luft gemacht, mit der beibehaltenen spezifischen Schwere des Wassers; d. h. der sichtbare Luftraum, der von gleichem Umfang ist als das Wasser, nun von der spezifischen Schwere des Wassers spezifiziert, bekommt, obgleich derselbe Inhalt, dennoch ein kleineres Volumen. Indem der Wasserraum jetzt in den Luftraum versetzt wird, d. h. ich Luftmedium statt Wasser sehe, so bleibt das Quantum Luft wohl dasselbe extensive Quantum als vorher; aber das Wasser-Volumen erscheint nur so groß, als wenn eine gleiche Menge, d. i. ein gleiches Volumen Luft die spezifische Schwere des Wassers hätte. Man kann also auch umgekehrt sagen, dieses Stück für sich bestimmter Umfang Luft wird qualitativ verändert, d. i. in den Raum zusammengezogen, den sie einnehmen würde, wenn sie in Wasser verwandelt wäre. Da nun die Luft spezifisch leichter ist und folglich derselbe Raum der Luft als der Wasserraum ein geringeres Volumen erhält, wird der Raum herausgehoben und auch von allen Seiten auf ein Kleineres reduziert. Dies ist die Art und Weise, nach welcher dies zu fassen ist; es kann künstlich scheinen, aber es ist nicht anders. Der Strahl, sagt man, verbreite sich, das Licht gehe durch; aber hier wird das ganze Medium - eben der durchsichtige, lichte Wasserraum - in ein anderes gesetzt nach seiner spezifische Qualität, nicht als bloßes Ausstrahlen. Man darf sich so beim Lichte kein materielles Verbreiten vorstellen, sondern als sichtbar ist das Wasser ideell präsent in der Luft. Diese Präsenz ist eine eigentümliche Schwere; mit dieser spezifischen Bestimmtheit erhält es sich allein und macht sich geltend in dem, zu dem es verwandelt worden, und verwandelt so diese seine Umformung in sich. Es ist, wie wenn eine menschliche Seele, in einen tierischen Körper versetzt, sich darin erhalten sollte und ihn zu einem menschlichen erweitern würde. Oder eine Mauseseele in einem Elephantenleib wäre elephantisch zugleich und würde ihn zugleich zu sich verkleinern und verzwergen. Das beste Beispiel ist, wenn wir die Welt des Vorstellens betrachten, da jenes Verhältnis doch ein ideelles ist und die Vorstellung auch dies Verkleinern vollbringt. Wird nämlich die Heldentat eines großen Mannes in eine kleine Seele gesetzt, so nimmt diese nach ihrer spezifischen Bestimmtheit dieses Große auf und verzwergt den Gegenstand zu sich, so daß die eigene Kleinheit den Gegenstand nur nach der Größe sieht, die sie ihm mitteilt. Wie der angeschaute Held wirksam in mir vorhanden ist, aber nur auf ideelle Weise, so nimmt auch die Luft den Wasser-Sehraum auf und verzwergt ihn zu sich. Die Aufnahme ist es, was am schwersten zu fassen ist, eben weil es ein ideelles und doch ein wirksames, reelles Dasein ist. Eben als durchsichtig ist das Medium diese Immaterialität, dieses Lichte, das immateriell anderwärts gegenwärtig sein kann und doch bleibt, wie es ist. So ist in der Durchsichtigkeit der materielle Körper zum Lichte verklärt. Das Phänomen ist empirisch dieses, daß in einem Wassergefäß z. B. die Gegenstände gehoben sind. Snellius, ein Holländer10) , hat den Brechungswinkel entdeckt; und Cartesius hat es aufgenommen. Es wird vom Auge nach dem Gegenstande eine Linie gezogen, und obgleich das Licht sich geradlinig manifestiert, so sieht man doch den Gegenstand nicht am Ende der geraden Linie, sondern gehoben. Der Ort, wo er gesehen wird, ist ein bestimmter, von dem wieder eine Linie nach dem Auge gezogen wird. Die Größe des Unterschiedes zwischen beiden Orten bestimmt man geometrisch genau, indem man durch den Punkt der Oberfläche des Wassers, wo die erste Linie herauskommt, eine senkrechte Linie zieht (Einfallslot) und dann den Winkel bestimmt, den die Linie des Sehens mit diesem Perpendikel macht. Ist nun das Medium, worin wir uns befinden, spezifisch leichter als das, worin der Gegenstand ist, so wird er sich uns entfernter vom Einfallslot zeigen, als wenn wir ihn nur durch Luft sehen; d. h. der Winkel wird durch dieses zweite Medium größer. Die Veränderung wird von den mathematischen Physikern nach dem Sinus des Winkels bestimmt, als dem Maße der Brechung. Ist kein solcher Winkel vorhanden, sondern befindet sich das Auge ganz perpendikular zur Oberfläche des Mediums, so folgt zwar unmittelbar aus der Bestimmung vom Sinus, daß der Gegenstand nicht verrückt, sondern an seinem wahren Orte gesehen wird; was so ausgedrückt wird, daß der Strahl, der senkrecht auf die Ebene der Brechung fällt, nicht gebrochen wird. Das andere aber, daß der Gegenstand doch immer gehoben ist, indem wir ihn, wenn auch in derselben Richtung, doch näher sehen, liegt nicht in dieser Bestimmung. Die mathematischen Physiker und die physischen Lehrbücher überhaupt geben also nur das Gesetz der Größe der Brechung im Verhältnis der Sinus, nicht das Heben selbst an, das auch stattfindet, wenn der Inzidenzwinkel = 0 ist. Daraus folgt, daß die Bestimmungen der Sinus der Winkel nicht hinreichend sind, indem sie sich nicht auf das Annähern des Gegenstandes beziehen. Denn hätte man nichts als dieses Gesetz, so folgte, daß ich den Punkt, nach welchem ich vom Auge eine senkrechte Linie ziehen kann, allein in seiner reellen Entfernung sähe, und die anderen Punkte stufenweise nur immer näher, wobei die Erscheinung dann weiter diese sein müßte, daß der Boden gewölbt nach der Mitte zu, wie das Stück einer Kugel, an seinem Rande höher mit immer abnehmender Tiefe (d. i. konkav) wäre. Aber dies ist nicht der Fall; in sehe den Boden ganz eben, nur näher gebracht. So wird in der Physik gehandelt! Um dieses Umstands willen kann man nicht wie die Physiker tun, vom Inzidenz- und Brechungswinkel und deren Sinus ausgehen, d. h. nicht diese Bestimmung als das ansehen, wohin allein die Veränderung fällt. Sondern da in dieser Bestimmung liegt, daß im Perpendikel, wo Winkel und Sinus = 0 sind, keine Veränderung vorgeht, allein dort ebensogut Hebung ist als überall, so muß vielmehr von der Hebung angefangen werden, und die Bestimmung der Brechungswinkel unter den verschiedenen Einfallswinkeln ergibt sich alsdann hieraus. Die Stärke der Refraktion hängt ab von der spezifischen Schwere der Medien, die verschieden ist; es ist im ganzen der Fall, daß die Medien von größerer spezifischer Schwere auch eine größere Brechung hervorbringen. Doch ist diese Erscheinung nicht allein von der spezifischen Schwere abhängig, sondern es treten auch andere Bestimmungen als wirkend ein; es kommt auch darauf an, ob das eine ein öliges, brennliches Prinzip hat. So führt Gren (§ 700)11) Beispiele an, in welchen die brechenden Kräfte nicht von den Dichtigkeiten abhängen sollen: bei Alaun und Vitriol werde z. B. das Licht merklich gebrochen, obgleich die spezifischen Gewichte nicht merklich verschieden seien; ebenso bei Borax mit Baumöl getränkt, die beide brennlich, ist die Brechung nicht mit der spezifischen Schwere konform, - auch bei Wasser und Terpentinöl usf. Ebenso sagt Biot (Traité de Physique III, p. 296) daß die irdischen Substanzen sich wohl ziemlich nach ihren Dichtigkeiten verhalten, ein anderes sei es aber mit den brennlichen und gasigen. Und auf der folgenden Seite: "On voit que des substances de densités très diverses peuvent avoir des forces réfringentes égales, et qu'une substance moins dense qu'une autre peut cependant posséder un pouvoir réfringent plus fort. Cette force dépend surtout de la nature chimique de chaque particule. La force la plus énergique réfringente est dans les huiles et resines, et l'eau destillée ne leur est pas inférieure."12) Das Brennliche ist so ein Spezifisches, das sich hier auf eigentümliche Weise kundgibt: Öl, Diamant, Wasserstoffgas haben so eine stärkere Brechung. Wir müssen uns aber hier begnügen, die allgemeinen Gesichtspunkte festzuhalten und anzugeben. Die Erscheinung ist von dem Verworrensten, das es gibt. Die eigene Natur dieser Verworrenheit liegt aber darin, daß das Geistigste hier unter materielle Bestimmungen gesetzt wird, das Göttliche ins Irdische einkehrt, aber bei dieser Vermählung des reinen, jungfräulichen, unbetastbaren Lichts mit der Körperlichkeit jede Seite zugleich ihr Recht behält.
§ 319
Diese zunächst äußerliche Vergleichung und das Ineinssetzen verschiedener die Sichtbarkeit bestimmender Dichtigkeiten, welche in verschiedenen Medien (Luft, Wasser, dann Glas usf.) existieren, ist in der Natur der Kristalle eine innerliche Vergleichung. Diese sind einerseits durchsichtig überhaupt, andererseits aber besitzen sie in ihrer inneren Individualisierung (Kerngestalt) eine von der formellen Gleichheit13) , der jene allgemeine Durchsichtigkeit angehört, abweichende Form. Diese ist auch Gestalt als Kerngestalt, aber ebenso ideelle, subjektive Form, die wie die spezifische Schwere den Ort bestimmend wirkt und daher auch die Sichtbarkeit, als räumliches Manifestieren auf spezifische Weise, von der ersten abstrakten Durchsichtigkeit verschieden, bestimmt, - doppelte Strahlenbrechung.
Die Kategorie Kraft könnte hier passend gebraucht werden, indem die rhomboidalische Form (die gewöhnlichste unter den von jener formellen Gleichheit der Gestalt in sich abweichenden) durch und durch den Kristall innerlich individualisiert, aber, wenn dieser nicht zufällig in Lamellen gesplittert ist, nicht zur Existenz als Gestalt kommt und dessen vollkommene Homogenität und Durchsichtigkeit nicht im mindesten unterbricht und stört, also nur als immaterielle Bestimmtheit wirksam ist. Ich kann nichts Treffenderes in Beziehung auf den Übergang von einem zunächst äußerlich gesetzten Verhältnis zu dessen Form als innerlich wirksamer Bestimmtheit oder Kraft anführen, als wie Goethe die Beziehung der äußerlichen Vorrichtung von zwei zueinander gerichteten Spiegeln auf das Phänomen der entoptischen Farben, das im Innern des Glaskubus in seiner Stellung zwischen ihnen erzeugt wird, ausdrückt. Zur Naturwissenschaft [überhaupt], I. Bd., 3. Heft [1820, "Entoptische Farben"], XXII [Doppelt refrangierende Körper], S. 148 heißt es von den "natürlichen, durchsichtigen, kristallisierten Körpern": "Wir sprechen also von ihnen aus, daß die Natur in das Innerste solcher Körper einen gleichen Spiegelapparat aufgebaut habe, wie wir es mit äußerlichen, physisch-mechanischen Mitteln getan" - vgl. vorherg. S. daselbst.14) - Es handelt sich, wie gesagt, bei dieser Zusammenstellung des Äußeren und Inneren nicht von Refraktion, wie im Paragraph, sondern von einer äußeren Doppelspiegelung und dem ihr im Innern entsprechender Phänomen. So ist weiter zu unterscheiden, wenn es daselbst S. 147 heißt, man habe beim rhombischen Kalkspat gar deutlich bemerken können, "daß der verschiedene Durchgang der Blätter und die deshalb gegeneinander wirkenden Spiegelungen die nächste Ursache der Erscheinung sei", - daß im Paragraph von der sozusagen rhomboidalischen Kraft oder Wirksamkeit, nicht von Wirkung existierender Lamellen (vgl. Zur Naturwissenschaft [überhaupt] I. Bd., 1. Heft [1817, "Doppelbilder des rhombischen Kalkspats"], S. 25) gesprochen wird.
Zusatz. Von den zwei Bildern, welche der Isländische Kalkspat zeigt, ist das eine an der gewöhnlichen Stelle, oder die Refraktion ist nur die gewöhnliche. Das zweite Bild, welches das extraordinäre genannt wird, scheint gehobener durch die rhomboidalische Gestalt, die ein verschobener Kubus ist, wenn also die molécules intégrantes kein Kubus oder doppelte Pyramide sind. Es sind zwei verschiedene Ortsstellungen und so zwei Bilder, aber in einer Gestalt; denn weil diese einmal passiv für das Licht ist, so schickt sie das Bild einfach durch; dann aber macht sie auch ebenso ihre Materialität geltend, indem das gesamte Innere des individuellen Körpers eine Oberfläche bildet. Goethe hat sich viel mit diesem Phänomen zu tun gemacht, das er auf feine Risse im Kristall, auf existierende Lamellen schiebt, aber Risse sind es nicht, sondern nur die innere Gestalt, welche das Verschieben bewirkt. Denn sowie wirkliche Unterbrechungen vorhanden sind, treten auch sogleich Farben hervor (s. folg. §). Durch andere Körper sieht man eine Linie nicht nur doppelt, sondern sogar zwei Paare. In neueren Zeiten hat man viel mehr Körper entdeckt, die eine doppelte Strahlenbrechung haben. Hierher gehört auch die Erscheinung, welche Fata Morgana und von den Franzosen mirage genannt wird (Biot, Traité de Physique III, p. 321), wenn man am Ufer der See einen Gegenstand doppelt sieht. Dieses ist nicht Reflexion, sondern Refraktion, indem man wie beim Doppelspat den Gegenstand durch Luftschichten sieht, die, auf verschiedene Weise erwärmt, eine verschiedene Dichtigkeit haben.
§ 320
3. Dies immaterielle Fürsichsein (Kraft) der Form, zu innerlichem Dasein fortgehend, hebt die neutrale Natur der Kristallisation auf, und es tritt die Bestimmung der immanenten Punktualität, Sprödigkeit (und dann Kohäsion) ein, bei noch vollkommener, aber formeller Durchsichtigkeit (sprödes Glas z. B.). Dies Moment der Sprödigkeit ist Verschiedenheit von dem mit sich identischen Manifestieren, dem Lichte und der Erhellung; es ist also innerer Beginn oder Prinzip der Verdunkelung, noch nicht existierendes Finsteres, aber wirksam als verdunkelnd (sprödes Glas, obgleich vollkommen durchsichtig, ist die bekannte Bedingung der entoptischen Farben). Das Verdunkeln bleibt nicht bloß Prinzip, sondern geht gegen die einfache, unbestimmte Neutralität der Gestalt außer den äußerlich und quantitativ bewirkten Trübungen und geringeren Durchsichtigkeiten fort zum abstrakten einseitigen Extreme der Gediegenheit, der passiven Kohäsion (Metallität). So gibt dann ein auch für sich existierendes Finsteres und für sich vorhandenes Helles, vermittels der Durchsichtigkeit zugleich in konkrete und individualisierte Einheit gesetzt, die Erscheinung der Farbe.
Dem Licht als solchem ist die abstrakte Finsternis unmittelbar entgegengesetzt (§ 277). Aber das Finstere wird erst reell als physische, individualisierte Körperlichkeit, und der aufgezeigte Gang der Verdunkelung ist diese Individualisierung des Hellen, d. h. hier des Durchsichtigen. nämlich der im Kreise der Gestalt passiven Manifestation, zum Insichsein der individuellen Materie. Das Durchsichtige ist das in seiner Existenz homogene Neutrale; das Finstere das in sich zum Fürsichsein Individualisierte, das aber nicht in Punktualität existiert, sondern nur als Kraft gegen das Helle ist und darum ebenso in vollkommene, Homogenität existieren kann. - Die Metallität ist bekanntlich das materielle Prinzip aller Färbung - oder der allgemeine Färbestoff, wenn man sich so ausdrücken will. Was vom Metalle hier in Betracht kommt, ist nur seine hohe spezifische Schwere, in welche überwiegende Partikularisierung sich die spezifische Materie gegen die aufgeschlossene innere Neutralität der durchsichtigen Gestalt zurücknimmt und zum Extreme steigert; im Chemischen ist dann die Metallität ebenso einseitige, indifferente Base. In der gemachten Aufzeigung des Ganges der Verdunkelung kam es darauf an, die Momente nicht nur abstrakt anzugeben, sondern die empirischen Weisen zu nennen, in denen sie erscheinen. Es erhellt von selbst, daß beides seine Schwierigkeiten hat; aber was für die Physik noch größere Schwierigkeiten hervorbringt, ist die Vermengung der Bestimmungen oder Eigenschaften, die ganz verschiedenen Sphären angehören. So wesentlich es ist, für die allgemeinen Erscheinungen wie Wärme, Farbe usf. die einfache spezifische Bestimmtheit unter noch so verschiedenen Bedingungen und Umständen auszufinden, so wesentlich ist es auf der andern Seite, die Unterschiede festzuhalten, unter denen solche Erscheinungen sich zeigen. Was Farbe, Wärme usf. sei, kann in der empirischen Physik nicht auf den Begriff, sondern muß auf die Entstehungsweisen gestellt werden. Diese aber sind höchst verschieden. Die Sucht aber, nur allgemeine Gesetze zu finden, läßt zu diesem Ende wesentliche Unterschiede weg und stellt nach einem abstrakten Gesichtspunkte das Heterogenste chaotisch in eine Linie (wie in der Chemie etwa Gase, Schwefel, Metalle usf.). So die Wirkungsweisen nicht nach den verschiedenen Medien und Kreisen, in welchen sie statthaben, partikularisiert zu betrachten, hat dem Verlangen selbst, allgemeine Gesetze und Bestimmungen zu finden, nachteilig sein müssen. So chaotisch finden sich diese Umstände nebeneinandergestellt, unter denen die Farbenerscheinung hervortritt, und es pflegen Experimente, die dem speziellsten Kreise von Umständen angehören, gegen die einfachen allgemeinen Bedingungen, in denen sich die Natur der Farbe dem unbefangenen Sinne ergibt, den Urphänomenen, entgegengestellt zu werden. Dieser Verwirrung, welche bei dem Scheine feiner und gründlicher Erfahrung in der Tat mit roher Oberflächlichkeit verfährt, kann nur durch Beachtung der Unterschiede in den Entstehungsweisen begegnet werden, die man zu diesem Behuf kennen und in ihrer Bestimmtheit auseinanderhalten muß. Zunächst ist sich davon als von der Grundbestimmung zu überzeugen, daß die Hemmung der Erhellung mit der spezifischen Schwere und der Kohäsion zusammenhängt. Diese Bestimmungen sind gegen die abstrakte Identität der reinen Manifestation (das Licht als solches) die Eigentümlichkeiten und Besonderungen der Körperlichkeit; von ihnen aus geht diese weiter in sich, in das Finstere, zurück; es sind die Bestimmungen, welche unmittelbar den Fortgang der bedingten zur freien Individualität (§ 307) ausmachen und hier in der Beziehung der ersteren zur letzteren erscheinen. Die entoptischen Farben haben darin das Interessante, daß das Prinzip der Verdunkelung hier die Sprödigkeit als immaterielle (nur als Kraft wirksame) Punktualität ist, welche in der Pulverisierung eines durch sichtigen Kristalls auf eine äußerliche Weise existiert und die Undurchsichtigkeit bewirkt, wie z. B. auch Schäumen durchsichtiger Flüssigkeit, usf. - Der Druck einer Linse der die epoptischen Farben erzeugt, ist äußerlich mechanische Veränderung bloß der spezifischen Schwere, wobei Teilung in Lamellen und dergleichen existierende Hemmungen nicht vorhanden sind. - Bei der Erhitzung der Metalle (Veränderung der spezifischen Schwere) "entstehen auf ihrer Oberfläche flüchtig aufeinanderfolgend Farben, welche selbst nach Belieben festgehalten werden können" (Goethe, Zur Farbenlehre, Teil I, S. 181 [Didaktischer Teil, XXXIII. Epoptische Farben, Nr. 471]). - In der chemischen Bestimmung tritt aber durch die Säure ein ganz anderes Prinzip der Erhellung des Dunkeln, der immanenteren Selbstmanifestation, der Befeuerung ein. Aus der Betrachtung der Farben für sich ist die chemisch determinierte Hemmung, Verdunkelung, Erhellung, zunächst auszuschließen; denn der chemische Körper, wie das Auge (bei den subjektiven, physiologischen Farbenerscheinungen),ist ein Konkretes, das vielfache weitere Bestimmungen in sich enthält, so daß sich die, welche sich auf die Farbe beziehen, nicht bestimmt für sich herausheben und abgesondert zeigen lassen, sondern vielmehr wird die Erkenntnis der abstrakten Farbe vorausgesetzt, um an dem Konkreten das sich darauf Beziehende herauszufinden. Das Gesagte bezieht sich auf die innere Verdunkelung insofern sie zur Natur des Körpers gehört; in Beziehung auf die Farbe hat es insofern Interesse, sie nachzuweisen, als die durch sie bewirkte Trübung nicht auf eine äußerlich für sich existierende Weise gesetzt und damit so nicht aufgezeigt werden kann. Ein - aber in äußerlicher Existenz - als trübend wirksames Medium ist ein weniger durchsichtiges, nur durchscheinendes Medium überhaupt; ein ganz durchsichtiges (die elementarische Luft ist ohne das Konkrete, wie ein solches schon in der Neutralität des unindividualisierten Wassers liegt), wie Wasser oder reines Glas, hat einen Anfang von Trübung, die durch Verdickung des Mediums besonders in Vermehrung der Lagen (d. i. unterbrechenden Begrenzungen) zum Dasein kommt. Das berühmteste äußerlich trübende Mittel ist das Prisma, dessen trübende Wirksamkeit in den zwei Umständen liegt: erstlich in seiner äußeren Begrenzung als solcher, an seinen Rändern; zweitens in seiner prismatischen Gestalt, der Ungleichheit der Durchmesser seines Profils von der ganzen Breite seiner Seite bis zur gegenüberstehenden Kante. Zu dem Unbegreiflichen an den Theorien über die Farbe gehört unter anderem, daß in ihnen die Eigenschaft des Prisma, trübend zu wirken und besonders ungleich trübend nach der ungleichen Dicke der Durchmesser der verschiedenen Teile, durch die das Licht fällt, übersehen wird. Die Verdunkelung aber überhaupt ist nur der eine Umstand, die Helligkeit der andere; zur Farbe gehört eine nähere Determination in der Beziehung derselben. Das Licht erhellt, der Tag vertreibt die Finsternis; die Verdüsterung als bloße Vermischung des Hellen mit vorhandenem Finsteren gibt im allgemeinen ein Grau. Aber die Farbe ist eine solche Verbindung beider Bestimmungen, daß sie, indem sie auseinandergehalten sind, ebensosehr in eins gesetzt werden; sie sind getrennt, und ebenso scheint eines im anderen; eine Verbindung, die somit Individualisierung zu nennen ist; ein Verhältnis, wie bei der sogenannten Brechung aufgezeigt wurde, daß eine Bestimmung in der anderen wirksam ist und doch für sich ein Dasein hat. Es ist die Weise des Begriffs überhaupt, welcher als konkret die Momente zugleich unterschieden und in ihrer Idealität, ihrer Einheit enthält. Diese Bestimmung findet sich in der Goetheschen Darstellung115) auf die ihr gehörige sinnliche Weise ausgedrückt, - daß beim Prisma das Helle über das Dunkle (oder umgekehrt) hergezogen wird, so daß das Helle ebenso noch als Helles selbständig durchwirkt, als es getrübt, daß es (im Falle des Prisma), die gemeinschaftliche Verrückung abgerechnet, ebensowohl an seiner Stelle bleibt, als es zugleich verrückt wird. Wo das Helle oder Dunkle oder vielmehr Erhellende und Verdunkelnde (beides ist relativ) in den trüben Medien für sich existiert, behält das trübe Medium, vor einen dunklen Hintergrund, auf diese Weise als erhellendes wirkend, gestellt (und umgekehrt), seine eigentümliche Erscheinung, und zugleich ist eins im andern negativ, beides identisch gesetzt. So ist der Unterschied der Farbe von dem bloßen Grau (obgleich z. B. bloß grauer, ungefärbter Schatten sich vielleicht seltener findet, als man zunächst meint) zu fassen - er ist derselbe als innerhalb des Farbenvierecks der Unterschied des Grünen von dem Roten, jenes die Vermischung des Gegensatzes, des Blauen und des Gelben, dieses die Individualität desselben. Nach der bekannten Newtonschen Theorie besteht das weiße, d. i. farblose Licht aus fünf oder aus sieben Farben; denn genau weiß dies die Theorie selbst nicht. - Über die Barbarei fürs erste der Vorstellung, daß auch beim Lichte nach der schlechtesten Reflexionsform, der Zusammensetzung, gegriffen worden ist und das Helle hier sogar aus sieben Dunkelheiten bestehen soll, wie man das klare Wasser aus sieben Erdarten bestehen lassen könnte, kann man sich nicht stark genug ausdrücken; so wie über die Ungeschicktheit und Unrichtigkeit des Newtonschen Beobachtens und Experimentierens, nicht weniger über die Fadheit desselben, ja selbst, wie Goethe gezeigt hat116) , über dessen Unredlichkeit; - eine der auffallendsten sowie einfachsten Unrichtigkeiten ist die falsche Versicherung, daß ein durch ein Prisma bewirkter einfarbiger Teil des Spektrums, durch ein zweites Prisma gelassen, auch wieder nur einfarbig erscheine (Newton, Optice, Lib. I, P. I, prop. V in fine); alsdann über die gleich schlechte Beschaffenheit des Schließens, Folgerns und Beweisens aus jenen unreinen empirischen Daten; Newton gebrauchte nicht nur das Prisma, sondern der Umstand war ihm auch nicht entgangen, daß zur Farbenerzeugung durch dasselbe eine Grenze von Hell und Dunkel erforderlich sei (Optice, Lib. II, P. II, p. 230, ed. lat. London 1719), und doch konnte er das Dunkle als wirksam zu trüben übersehen. Diese Bedingung der Farbe wird überhaupt von ihm nur bei einer ganz speziellen Erscheinung (und auch dabei selbst ungeschickt), nebenher und nachdem die Theorie längst fertig ist, erwähnt. So dient diese Erwähnung den Verteidigern der Theorie nur dazu, sagen zu können, diese Bedingung sei Newton nicht unbekannt gewesen, nicht aber dazu, als Bedingung sie mit dem Lichte an die Spitze aller Farbenbetrachtung zu stellen. Vielmehr wird jener Umstand, daß bei aller Farbenerscheinung Dunkles vorhanden ist, in den Lehrbüchern verschwiegen, so wie die ganz einfache Erfahrung, daß, wenn durchs Prisma eine ganz weiße (oder überhaupt einfarbige) Wand angesehen wird, man keine Farbe (im Falle der Einfarbigkeit keine andere als eben die Farbe der Wand) sieht, sobald aber ein Nagel in die Wand geschlagen, irgendeine Ungleichheit auf ihr gemacht wird, sogleich und nur dann und nur an solcher Stelle Farben zum Vorschein kommen. Zu den Ungehörigkeiten der Darstellung der Theorie ist darum auch diese zu zählen, daß so viele widerlegende Erfahrungen verschwiegen werden; hierauf endlich insbesondere über die Gedankenlosigkeit, mit der eine Menge der unmittelbaren Folgerungen jener Theorie (z. B. die Unmöglichkeit achromatischer Fernrohre) aufgegeben worden und doch die Theorie selbst behauptet wird; zuletzt aber über die Blindheit des Vorurteils, daß diese Theorie auf etwas Mathematischem beruhe, als ob die zum Teil selbst falschen und einseitigen Messungen nur den Namen von Mathematik verdienten und als ob die in die Folgerungen hineingebrachten quantitativen Bestimmungen irgendeinen Grund für die Theorie und die Natur der Sache selbst abgäben. Ein Hauptgrund, warum die ebenso klare als gründliche, auch sogar gelehrte Goethesche Beleuchtung dieser Finsternis im Lichte nicht eine wirksamere Aufnahme erlangt hat, ist ohne Zweifel dieser, weil die Gedankenlosigkeit und Einfältigkeit, die man eingestehen sollte, gar zu groß ist. - Statt daß sich diese ungereimten Vorstellungen vermindert hätten, sind sie in den neuesten Zeiten auf die Malusschen Entdeckungen117) noch durch die Polarisation des Lichts und gar durch die Viereckigkeit der Sonnenstrahlen, durch eine links rotierende Bewegung roter und eine rechts rotierende blauer Lichtkügelchen, vollends durch die wieder aufgenommenen Newtonschen Fits, die accès de facile transmission und accès de facile réflexion18) zu weiterem metaphysischen Galimathias vermehrt worden. - Ein Teil solcher Vorstellungen entsprang auch hier aus der Anwendung von Differentialformeln auf Farbenerscheinungen, indem die guten Bedeutungen, welche Glieder dieser Formeln in der Mechanik haben, unstatthafterweise auf Bestimmungen eines ganz anderen Feldes übertragen worden sind.
Zusatz. Erstens. Im Prisma ist gleichfalls sogenannte doppelte Strahlenbrechung vorhanden; und hier tritt die weitere Bestimmtheit ein, mit der die Durchsichtigkeit zur Verdunkelung übergeht, wodurch Farben entstehen. Die Sprödigkeit im Glase zeigt sich als trübend das Helle, obgleich das Glas vollkommen durchsichtig ist. Ein milchiges Glas, ein Opal tut dasselbe; dort aber sind die Trübungen bewirkt, die sich nicht als äußerlich existierend kundgeben. Das Licht trübt sich nicht selbst, es ist vielmehr das Ungetrübte; erst mit dem Individuellen, Subjektiven, welches sich selbst in seine Unterschiede dirimiert und sie in sich bindet, hängt also die Vorstellung der Farbe zusammen. Das Nähere davon gehört in die empirische Physik; doch indem diese nicht nur zu beobachten, sondern auch die Beobachtungen auf die allgemeinen Gesetze zurückzuführen hat, so berührt sie sich dann mit der philosophischen Betrachtung. Über die Farben sind zwei Vorstellungen herrschend: die eine ist die, welche wir haben, daß das Licht ein Einfaches sei. Die andere Vorstellung, daß das Licht zusammengesetzt sei, ist allem Begriffe geradezu entgegengesetzt und die roheste Metaphysik; sie ist darum das Schlimme, weil es sich um die ganze Weise der Betrachtung handelt. Am Licht ist es, wo wir die Betrachtung der Vereinzelung, der Vielheit aufgeben und uns zur Abstraktion des Identischen als existierend erheben müßten. Am Licht wäre man also genötigt, sich ins Ideelle, in den Gedanken zu erheben; aber der Gedanke ist bei jener Vorstellung unmöglich gemacht, indem man sich diese Stelle ganz vergröbert hat. Die Philosophie hat es daher nie mit einem Zusammengesetzten zu tun, sondern mit dem Begriffe, mit der Einheit von Unterschiedenen, die eine immanente, keine äußerliche, oberflächliche Einheit derselben ist. Diese Zusammensetzung hat man, um der Newtonschen Theorie nachzuhelfen, dadurch wegbringen wollen, daß man sagte, das Licht bestimme sich in sich selbst zu diesen Farben, wie die Elektrizität oder der Magnetismus sich zu Unterschiedenen polarisiere. Aber die Farben stehen nur auf der Grenze zwischen Hellem und Dunklem, was Newton selbst zugibt. Daß das Licht sich zur Farbe determiniert, dazu ist immer eine äußere Bestimmung oder Bedingung vorhanden, wie der unendliche Anstoß im Fichteschen Idealismus, und zwar eine spezifische. Trübte sich das Licht aus sich selbst, so wäre es die Idee, die in sich selbst different ist; es ist aber nur ein abstraktes Moment, die zur abstrakten Freiheit gelangte Selbstheit und Zentralität der Schwere. Dies ist das, was philosophisch auszumachen ist, - nämlich auf welchen Standpunkt das Licht gehöre. Das Licht hat also das Physikalische noch außer sich. Das helle Körperliche, fixiert, ist das Weiße, das noch keine Farbe ist; das Dunkle, materialisiert und spezifiziert, ist das Schwarze. Zwischen beiden Extremen ist die Farbe gelegen; die Verbindung von Licht und Finsterem, und zwar die Spezifikation dieser Verbindung ist es erst, was die Farbe hervorbringt. Außer diesem Verhältnis ist die Finsternis nichts, aber auch das Licht nicht etwas. Die Nacht enthält die sich auflösende Gärung und den zerrüttenden Kampf aller Kräfte, die absolute Möglichkeit von allem, das Chaos, das nicht eine seiende Materie, sondern eben in seiner Vernichtung alles enthält. Sie ist die Mutter, die Nahrung von allem, und das Licht die reine Form, die erst Sein hat in ihrer Einheit mit der Nacht. Der Schauer der Nacht ist das stille Beben und Regen aller Kräfte; die Helle des Tages ist ihr Außersichsein, das keine Innerlichkeit behalten kann, sondern als geist- und kraftlose Wirklichkeit ausgeschüttet und verloren ist. Aber die Wahrheit ist, wie sich gezeigt, die Einheit beider: das Licht, das nicht in die Finsternis scheint, sondern von ihr als dem Wesen durchdrungen, eben hierin substantiiert, materialisiert ist. Es scheint nicht in sie, es erhellt sie nicht, es ist nicht in ihr gebrochen; sondern der in sich selbst gebrochene Begriff, als die Einheit beider, stellt in dieser Substanz sein Selbst, die Unterschiede seiner Momente dar. Das ist das heitere Reich der Farben und ihre lebendige Bewegung im Farbenspiel. Jedermann weiß, daß die Farbe dunkler ist als das Licht; nach der Newtonschen Vorstellung ist das Licht aber nicht Licht, sondern in sich finster, und das Licht entsteht erst, indem man diese verschiedenen Farben, die ein Ursprüngliches sein sollen, vermengt. Streitet man gegen Newton, so scheint dies anmaßend; die Sache ist aber nur empirisch auszumachen, und so hat sie Goethe dargestellt, während Newton sie durch Reflexion und Verknöcherung der Vorstellung trübte. Und nur weil die Physiker durch diese Verknöcherung im Anschauen der Versuche blind gemacht worden, hat das Newtonsche System sich bis jetzt erhalten können. Ich kann hierüber kürzer sein, da Hoffnung ist, daß bald auf hiesiger Universität diese höchst interessante Materie von den Farben in besonderen Vorlesungen vorgetragen und durch Experimente die Sache, der ungeheure Irrtum Newtons und die gedankenlose Nachbeterei der Physiker Ihnen näher vor Augen gestellt werden wird. Die Betrachtung der Farben ist da anzufangen und aufzunehmen, wo die Durchsichtigkeit durch trübende Mittel, wie auch das Prisma als solches behauptet werden muß, bedingt ist, also eine Beziehung des Lichts aufs Dunkle eintritt. Die Farbe, als dieses Einfache, Freie, bedarf eines Anderen zu ihrer Wirklichkeit, einer Figur, die eine bestimmte, ungleiche, unter verschiedenem Winkel ihre Seiten schließende ist. Dadurch entstehen an Intensität unterschiedene Erhellungen und Trübungen, die, aufeinanderfallend und damit getrübt oder erhellt, die freien Farben geben. Zu dieser Verschiedenheit der Trübung gebrauchen wir vornehmlich durchsichtige Gläser; sie sind aber gar nicht einmal zur Entstehung der Farbe nötig, sondern dies ist schon eine zusammengesetztere, weitere Wirkung. Man kann unmittelbar verschiedene Trübungen oder Beleuchtungen aufeinanderfallen lassen, wie Tageslicht und Kerzenlicht, so hat man sogleich farbige Schatten, indem der dunkle Schatten eines jeden Lichts zugleich vom andern Lichte beleuchtet ist; mit den beiden Schatten hat man also zwei Beleuchtungen dieser Schatten. Wenn mannigfaltige, unordentliche Trübungen aufeinanderfallen, so entsteht das farblose Grau, wie uns an den gewöhnlichen Schatten überhaupt bekannt ist; es ist dies eine unbestimmte Erleuchtung. Wenn aber nur wenige, zwei bestimmte Unterschiede der Erhellung aufeinanderfallen, so entsteht sogleich Farbe: ein qualitativer Unterschied, während die Schatten bloß quantitative Unterschiede darbieten. Sonnenlicht ist zu entschieden, als daß noch eine andere Helligkeit dagegen auftreten könnte, sondern die ganze Gegend erhält eine allgemeine Hauptbeleuchtung. Fallen aber verschiedene Beleuchtungen ins Zimmer, wenn auch nur neben dem Sonnenschein, z. B. der blaue Himmel, so sind sogleich farbige Schatten da, so daß, wenn man anfängt, auf die verschiedene Färbung der Schatten aufmerksam zu werden, man bald keine grauen Schatten mehr findet, sondern allenthalben gefärbte, aber oft so schwach, daß die Farben sich nicht individualisieren. Kerzenlicht und Mondschein geben die schönsten Schatten. Hält man in diese zweierlei Helligkeiten ein Stäbchen, so werden beide Schatten von den beiden Lichtern erhellt - der Schatten des Mondlichts durchs Kerzenlicht und umgekehrt; man erhält dann blau und rötlichgelb, während zwei Kerzenlichter allein entschieden gelb gefärbt sind. Jener Gegensatz tritt auch ein mit dem Kerzenlicht in der Morgen- und Abenddämmerung, wo das Sonnenlicht nicht so blendend ist, daß der farbige Schatten durch die vielen Reflexe verdrängt würde. Einen schlagenden Beweis glaubt Newton an dem Schwungrade gefunden zu haben, auf das alle Farben gemalt worden; denn da man beim schnellen Umdrehen desselben keine Farbe deutlich sieht, sondern nur einen weißlichen Schimmer, so soll das weiße Licht aus sieben Farben bestehen. Man sieht aber nur Grau, ein "niederträchtig" Grau, eine Dreckfarbe, weil das Auge bei der Schnelle die Farben nicht mehr unterscheidet, wie beim Schwindel und bei der Betäubung man die Gegenstände nicht mehr als bestimmte in der Vorstellung festhalten kann. Hält irgendeiner etwa den Kreis für wirklich, den man sieht, wenn man einen Stein an einer Schnur herumdreht? Jenes Hauptexperiment der Newtonianer widerlegt unmittelbar das, was sie damit wollen; denn wären die Farben das ursprünglich Feste, so könnte das Trübe, was die Farbe in sich hat, sich hier gar nicht zur Helligkeit reduzieren. Vielmehr also weil das Licht überhaupt die Finsternis vertreibt, wie auch die Nachtwächter singen, so ist das Trübe nichts Ursprüngliches. Aber wo das Trübe überwiegt, verschwindet umgekehrt die geringe Erleuchtung. Wenn also Gläser von bestimmten Farben aufeinandergelegt werden, so sieht man bald weiß durch, wenn die Gläser hell, bald schwarz, wenn sie eben sonst dunkel gefärbt sind. Da müßten nun die Newtonianer ebenso sagen, die Finsternis besteht aus Farben; wie in der Tat ein anderer Engländer behauptete, Schwarz bestehe aus allen Farben. Die Partikularität der Farbe ist da verlöscht. Der Gang der Newtonschen Reflexion ist, wie in seiner ganzen Manier der Physik, einfach der: α) Newton fängt mit den Erscheinungen durchs gläserne Prisma an in einem ganz dunkeln Zimmer (welche Pedanterie, so wie das foramen ovale und dergleichen, ganz überflüssig ist) und läßt dort "Lichtstrahlen", wie er sich ausdrückt, auf das Prisma fallen. Man sieht dann durchs Prisma verschiedene Farben, das Lichtbild überhaupt an einem anderen Ort und die Farben ebenso in einer besonderen Ordnung dieses Orts: Violett z. B. weiter oben, Rot weiter unten. Das ist die einfache Erscheinung. Da sagt Newton: weil ein Teil des Bildes mehr als der andere verschoben sei und an dem mehr verschobenen Orte andere Farben sichtbar seien, so sei die eine Farbe ein mehr Verschobenes als eine andere. Dies wird dann so ausgedrückt, daß die innere Verschiedenheit der Farben ihrer Natur nach in der diversen Refrangibilität derselben bestehe. Sie sind dann jede ein Ursprüngliches, das im Lichte schon von jeher als verschieden vorhanden und fertig ist, und das Prisma z. B. tue nichts, als diese vorher schon von Haus aus vorhandene Verschiedenheit zur Erscheinung zu bringen, die nicht erst durch dieses Verfahren entstehe; wie wir durch ein Mikroskop Schuppen z. B. auf dem Flügel eines Schmetterlings zu Gesicht bekommen, die wir mit bloßen Augen nicht sehen. Das ist das Räsonnement. Dieses Weiche, Zarte, unendlich Bestimmbare, absolut mit sich Identische des Lichts, das jedem Eindrucke nachgiebig ist und ganz gleichgültig nur alle äußeren Modifikationen aufnimmt, soll so in sich aus Festem bestehen. Man könnte auf einem anderen Felde analog so verfahren: Werden auf einem Klavier verschiedene Tasten angeschlagen, so entstehen verschiedene Töne, weil in der Tat verschiedene Saiten angeschlagen werden. Bei der Orgel hat ebenso jeder Ton eine Pfeife, die, wenn in sie geblasen wird, einen besonderen Ton gibt. Wird aber ein Horn oder eine Flöte geblasen, so läßt sie auch verschiedene Töne hören, obgleich man keine besonderen Tasten oder Pfeifen sieht. Freilich gibt es eine Russische Hornmusik, wo jeder Ton ein eigenes Horn hat, indem jeder Spieler mit seinem Horne nur einen Ton angibt. Wenn man nun nach diesen Erfahrungen dieselbe Melodie auf einem gewöhnlichen Waldhorn ausgeführt hört, so könnte man wie Newton schließen: "In diesem einen Horne stecken verschiedene solche Hörner, die nicht gesehen noch gefühlt werden, aber der Spielende, der hier das Prisma ist, bringt sie zur Erscheinung; weil er verschiedene Töne hervorbringt, so bläst er jedesmal in ein verschiedenes Horn, indem jeder Ton für sich ein Festes und Fertiges ist, der sein eigenes Bestehen und sein eigenes Horn hat." Wir wissen zwar sonst, daß auf einem Horn die verschiedenen Töne hervorgebracht werden durch verschiedene Beugung der Lippen, dadurch, daß die Hand in die Öffnung gesteckt wird usw. Aber dies soll nichts machen, nur eine formelle Tätigkeit sein, die nur die schon vorhandenen verschiedenen Töne zur Erscheinung bringt, nicht die Verschiedenheit des Tönens selbst hervorbringt. So wissen wir auch, daß das Prisma eine Art von Bedingung ist, vermittels derer die verschiedenen Farben erscheinen, indem durch die verschiedenen Dichtigkeiten, die seine Gestalt darbietet, die verschiedenen Trübungen des Lichts übereinandergezogen werden. Aber die Newtonianer bleiben dabei, wenn man ihnen auch die Entstehung der Farben nur unter diesen Bedingungen aufzeigt, zu behaupten, diese verschiedenen Tätigkeiten in bezug auf das Licht bringen nicht im Produkte die Verschiedenheiten hervor, sondern die Produkte sind schon vor dem Produzieren fertig; wie die Töne im Waldhorn schon ein verschieden Tönendes seien, ob ich die Lippen so oder so anschließe, öffne, und die Hand so oder so in die vordere Öffnung hineinstecke; diese Tätigkeiten seien nicht Modifizierungen des Tönens, sondern nur ein wiederholtes Anblasen eines immer anderen Horns. Es ist das Verdienst Goethes, das Prisma heruntergebracht zu haben. Der Schluß Newtons ist: "Das, was das Prisma hervorbringt, ist das Ursprüngliche"; das ist ein barbarischer Schluß. Die Atmosphäre trübt, und zwar verschiedentlich; wie z. B. die Sonne beim Aufgehen röter ist, weil dann mehr Dünste in der Luft sind. Wasser und Glas trübt noch viel mehr. Indem Newton die Wirkungsweise des Instruments das Licht zu verdunkeln, nicht in Rechnung bringt, so hält er die Verdunkelung, die hinter dem Prisma erscheint, für die ursprünglichen Bestandteile, in die das Licht durchs Prisma zerlegt werden soll. Zu sagen, daß das Prisma zerstreuende Kraft habe, ist aber eine Liederlichkeit, weil darin die Theorie bereits vorausgesetzt ist, die durch die Erfahrung erwiesen werden soll. Es ist dasselbe, wie wenn ich beweisen will, das Wasser sei nicht ursprünglich klar, nachdem ich das Wasser durch einen an eine Stange befestigten kotigen Lappen, den ich darin umrühre, schmutzig gemacht habe. β) Wenn Newton ferner behauptet, daß die sieben Farben, Violett, Dunkelblau, Hellblau, Grün, Gelb, Orange und Rot, einfach und unzerlegbar seien, so läßt sich kein Mensch bereden, Violett z. B. für einfach anzusehen, da es eine Mischung aus Blau und einem gewissen Rot ist. Es ist jedem Kinde bekannt, daß, wenn Gelb und Blau gemischt werden, Grün entsteht; ebenso Lila, wen zum Blau weniger Rot als beim Violett hinzugesetzt wird; ebenso Orange aus Gelb und Rot. Wie den Newtonianern aber Grün, Violett und Orange ursprünglich sind, so sind ihnen auch Indigo- blau und Hellblau (d. i. Seladon, ein Stich aufs Grüne) absolut verschieden, obgleich sie gar kein qualitativer Unterschied sind. Kein Maler ist ein solcher Tor, Newtonianer zu sein; sie haben Rot, Gelb und Blau, und machen sich daraus die anderen Farben. Selbst durch die mechanische Mischung zweier trockener Pulver, die gelb und blau sind, entsteht Grün. Da mehrere Farben durch Mischung entstehen, wie die Newtonianer zugeben müssen, so sagen sie, um dennoch deren Einfachheit zu retten: die Farben, die durchs Spektrum (oder Gespenst) des Prismas entstehen, seien wieder ursprünglich verschieden von den übrigen natürlichen Farben, den an Stoffen fixierten Pigmenten. Aber das ist ein nichtiger Unterschied; Farbe ist Farbe und entweder homogen oder heterogen, - ob sie so oder so entstanden sei, physisch oder chemisch sei. Ja, die gemischten Farben entstehen selbst im Prisma ebenso als anderwärts, wir haben hier einen bestimmten Schein in seinem Entstehen als Schein, also auch eine bloße Vermischung des Scheins mit Schein, ohne weitere Verbindung der Gefärbten. Hält man nämlich das Prisma der Wand nahe, so hat man nur die Ränder des Farbenbildes blau und rot gefärbt, die Mitte bleibt weiß. Man sagt: in der Mitte, wo viele Farben zusammenfallen, entstehe ein weißes Licht. Welcher Unsinn! Die Menschen können es darin unglaublich weit bringen; und so fortzuschwatzen, wird zu einer bloßen Gewohnheitssache. Eine größere Entfernung macht ja aber die Säume breiter, bis das Weiß endlich ganz verschwindet und durch Berührung der Säume Grün entsteht. In jenem Versuch der Newtonianer, wodurch sie beweisen wollen, daß die Farben schlechthin einfach seien, zeigt freilich die durch ein Loch in der Wand abgeschnittene und auf eine zweite Wand fallende Farbe, durch ein Prisma gesehen, die verschieden Farben nicht so vollkommen; die Ränder, die sich bilden, können aber auch natürlich nicht so lebhaft sein, weil der Grund eine andere Farbe ist, wie wenn ich eine Gegend durch ein farbiges Glas sehe. Man muß sich also keineswegs, weder durch die Autorität des Namens Newtons noch auch durch das Gerüst eines mathematischen Beweises, das vorzüglich in neuerer Zeit um seine Lehre gebaut worden ist, imponieren lassen. Man sagt nämlich, Newton sei ein großer Mathematiker gewesen, als ob dadurch schon seine Theorie der Farben gerechtfertigt sei. Das Physikalische kann nicht, nur die Größe, mathematisch bewiesen werden. Bei den Farben hat die Mathematik nichts zu tun, etwas anderes ist es in der Optik; und wenn Newton die Farben gemessen hat, so ist das noch nicht oder doch nur blutwenig Mathematik. Er hat das Verhältnis der Säume gemessen, die von verschiedener Breite sind, sagt aber, seine Augen seien nicht scharf genug gewesen, um selbst zu messen; und so habe ein guter Freund, der scharfe Augen hätte und dem er geglaubt, es für ihn getan.19) Wenn Newton dann aber diese Verhältnisse mit den Zahlenverhältnissen der musikalischen Töne verglich (s. oben § 280 Anm.), so ist auch das noch nicht mathematisch. Auch kann keiner bei den schärfsten Augen, wenn das Bild groß ist, angeben, wo die verschiedenen Farben anfangen; wer nur einmal das Spektrum angesehen, weiß, daß es keine festen Grenzen (confinia) gibt, die durch Linien bestimmbar wären. Die Sache ist vollends absurd, wenn man bedenkt, daß die Breiten der Ränder höchst verschieden sind bei größerer oder kleinerer Entfernung, bei der größten Entfernung z. B. das Grün die größte Breite erhält, weil Gelb und Blau als solche immer schmäler werden, indem sie wegen ihrer zunehmenden Breite sich immer mehr übereinanderziehen. γ) Eine dritte Vorstellung Newtons, die dann Biot weiter ausgesponnen hat, ist die, daß, wenn man mit einer Linse auf ein Glas drückt, wobei man einen Ring sieht, der mehrere Regenbogen übereinander bildet, dann die verschiedenen Farben verschiedene Triebe haben. An diesem Punkte sieht man z. B. einen gelben Ring und alle anderen Farben nicht; hier hat also, sagen jene, die gelbe Farbe die Anwandlung des Erscheinens, die anderen den Paroxysmus, durchzuschlüpfen und sich nicht sehen zu lassen. Durchsichtige Körper sollen gewisse Strahlen durchlassen, andere nicht. Also ist die Natur der Farbe dies: bald den accès zu haben, zu erscheinen, dann durchzugehen; das ist ganz leer, - die einfache Erscheinung in die steife Reflexionsform aufgenommen. Die dem Begriffe angemessene Darstellung der Farben verdanken wir Goethe, den die Farben und das Licht früh angezogen haben, sie zu betrachten, besonders dann von Seiten der Malerei; und sein reiner, einfacher Natursinn, die erste Bedingung des Dichters, mußte solcher Barbarei der Reflexion, wie sie sich in Newton findet, widerstreben. Was von Platon an über Licht und Farbe statuiert und experimentiert worden ist, hat er durchgenommen. Er hat das Phänomen einfach aufgefaßt; und der wahrhafte Instinkt der Vernunft besteht darin, das Phänomen von der Seite aufzufassen, wo es sich am einfachsten darstellt. Das Weitere ist die Verwicklung des Urphänomens mit einer ganzen Menge von Bedingungen; fängt man bei solchem Letzten an, so ist es schwer, das Wesen zu erkennen. α) Das Hauptmoment der Goetheschen Theorie ist nun, daß das Licht für sich und die Finsternis ein Anderes außer ihm ist, Weiß sichtbares Licht, Schwarz sichtbare Finsternis und Grau ihr erstes, bloß quantitatives Verhältnis ist, also Verminderung oder Vermehrung der Helle oder Dunkelheit, - bei dem zweiten bestimmteren Verhältnis aber, wo Helles und Dunkles diese feste spezifische Qualität gegeneinander behalten, es darauf ankommt, welches zugrunde liegt und welches das trübende Mittel ist. Es ist ein heller Grund vorhanden und darauf ein Dunkleres oder umgekehrt, und daraus entsteht Farbe. Goethes großer Sinn ließ ihn von diesem dem Begriffe gemäßen Zusammenhalten Unterschiedener sagen, dies ist so; und nur das denkende Bewußtsein kann darüber Rechenschaft geben, daß die Vernünftigkeit eine Identität in der bleibenden Verschiedenheit ist. Wo also z. B. das Selbstische den Gegenstand nicht von sich abhält, sondern mit ihm zusammenfließt, da ist nur tierische Empfindung vorhanden. Sage ich aber, ich fühle etwas Warmes usw., so setzt das Bewußtsein ein Objekt und bei dieser Trennung halte ich doch beides in einer Einheit zusammen. Das ist das Verhältnis; 3 : 4 ist ganz etwas anderes, als wenn ich sie nur zusammenknete als 7 (3 + 4), oder 12 (3 × 4) oder 4—3 = 1, sondern dort gilt Drei als Drei und Vier als Vier. Ebenso müssen bei den Farben Helles und Dunkles aufeinander bezogen sein; das Medium und die Unterlage müssen hierbei getrennt bleiben und jenes in der Tat ein Medium, nicht selbst strahlend sein. - αα) Sonst kann ich mir vorstellen einen dunklen Grund und Sonnenlicht, das darauf scheint; dies ist jedoch kein Medium. Aber auch bei trübenden Medien kann bloßes Grau statt Farbe entstehen: z. B. wenn ich durch durchscheinenden Musselin einen schwarzen Gegenstand betrachte oder durch schwarzen Musselin einen weißen Gegenstand; denn daß die Farbe überhaupt bestimmt wahrnehmbar sei, dazu gehören besondere Bedingungen. Bei solcher Erscheinung der Farbe kommt es ferner auf die Verschiedenheit des Auges, auf das Umgebende an. Wegen der Nähe eines anderen Dunkeln oder Hellen von bestimmtem Grade, oder ist sonst eine prononcierte Farbe in der Nachbarschaft, so erscheint der schwache Farbenschein eben nur als Grau. Auch die Augen sind äußerst verschieden in der Empfänglichkeit für Farben; doch kann man seine Aufmerksamkeit schärfen, wie mir denn ein Hutrand durch Musselin bläulich erscheint. Bloße Trübung muß also unterschieden werden ββ) von gegenseitigem Durchscheinen von Hell und Dunkel. Der Himmel ist Nacht, schwarz, unsere Atmosphäre ist, als Luft, durchsichtig; wäre sie ganz rein, so sähen wir nur den schwarzen Himmel. Sie ist aber mit Dunst erfüllt, also ein Trübendes, so daß wir den Himmel farbig - blau - sehen; auf den Bergen, wo die Luft reiner ist, sehen wir den Himmel schwärzer. Umgekehrt: haben wir einen hellen Grund, z. B. die Sonne, und sehen wir sie durch ein dunkles Glas, z. B. ein Milchglas, so erscheint sie uns farbig, gelb oder rot. Es gibt ein gewisses Holz, dessen Absud, gegen Helles gehalten, gelb, gegen Dunkles gehalten, blau ist. Dieses einfachste Verhältnis ist immer die Grundlage; jedes durchscheinende Medium, das noch keine entschiedene Farbe hat, ist auf diese Weise wirksam. So hat man einen Opal, der gegen den Himmel gehalten gelb oder rot, gegen Dunkles gehalten blau ist. Rauch aus einer Esse sah ich (am 5. Januar 1824) vor meinem Fenster aufsteigen; der Himmel war überzogen, also ein weißer Hintergrund. Sowie der Rauch nun aufstieg und diesen Hintergrund hatte, war er gelblich, sowie er sich senkte, daß er die dunklen Dächer und das Dunkle entlaubter Bäume hinter sich hatte, war er bläulich; und wo er wieder darunter weiße Wände der Häuser hinter sich hatte, war er wieder gelb. Ebenso gibt es Bierflaschen, die dieselbe Erscheinung darbieten. Goethe hatte ein Böhmisches Trinkglas, dessen Rand er von innen halb mit schwarzem, halb mit weißem Papier umkleidete; und so war es blau und gelb. Das nennt nun Goethe das Urphänomen. β) Eine weitere Weise, wie diese Trübung zustande gebracht wird, ist durch das Prisma bewerkstelligt; wenn man nämlich weißes Papier hat und darauf schwarze Figuren (oder umgekehrt) und dies durch ein Prisma betrachtet, so sieht man farbige Ränder, weil das Prisma, als zugleich durchsichtig und undurchsichtig, den Gegenstand an dem Orte darstellt, wo er ist, und zugleich an einem anderen; die Ränder werden dadurch Grenzen und einer über den anderen herübergeführt, ohne daß bloße Trübung vorhanden wäre. Newton verwundert sich an der oben (Anm. S. 247) angeführten Stelle (Optice, p. 230), daß gewisse dünne Lamellen - oder Glaskügelchen (p. 217) - völlig durchsichtig und ohne allen Schein von Schatten, durchs Prisma gesehen, sich farbig zeigen (annulos coloratos exhibeant): "cum e contrario, prismati refractione, corpora omnia ea solummodo sui parte apparere soleant coloribus distincta, ubi vel umbris terminentur, vel partes habeant inaequaliter luminosas."20) Wie hat er aber jene Glaskügelchen ohne ihre Umgebung im Prisma sehen können? Denn das Prisma verrückt immer die scharfe Trennung des Bildes und der Umgebung; oder es setzt ihre Grenze als Grenze. Dieses ist, obgleich noch nicht hinlänglich erklärt; gerade wie man bein Isländischen Kalkspat ein Doppelbild sieht, indem er einmal als durchsichtig das natürliche Bild zeigt, dann durch seine rhomboidalische Form dasselbe verrückt, ebenso muß es sich nun mit den andern Glase verhalten. Beim Prisma nehme ich also Doppelbilder an, die in einem unmittelbar zusammengefaßt sind: das ordinäre Bild, das im Prisma an seiner Stelle bleibt, wirkt von dieser, eben nur als Schein fortgerückt, in das durchsichtige Medium; das verschobene, extraordinäre Bild ist das trübende Medium für jenes. Das Prisma setzt so am Lichte die Trennung des Begriffs, die durch die Finsternis real ist. Die Wirkungsweise des Prismas ist aber überhaupt αα) Verrückung des ganzen Bildes, die durch die Natur des Mediums bestimmt ist. Aber ββ) auch die Gestalt des Prisma ist ein Bestimmendes, und darin ist wohl die Größe des Bildes zu sehen, indem die prismatische Gestalt eben dieses ist, daß das Bild, durch Brechung fixiert, weiter in sich selbst verrückt wird; und auf dieses Insich kommt es hierbei eigentlicher an. Da das Prisma nämlich (wenn der Winkel z. B. abwärts gekehrt ist) oben dick und unten dünn ist, so fällt das Licht auf jedem Punkt anders auf. Die prismatische Gestalt bringt also eine bestimmte weitere Verrückung hervor. Ist dies auch noch nicht gehörig deutlich, so lief die Sache doch darin, daß dadurch das Bild zugleich noch an einen weiteren Ort innerlich gestellt wird. Noch mehr wird diese Innerlichkeit durch die chemische Beschaffenheit des Glases modifiziert, wie das Flintglas usw. eine eigene Kristallisation, d. h. eine innere Richtungsweise hat. γ) Ich mit meinen Augen sehe in einer Entfernung schon von wenigen Fußen die Kanten, Ränder der Gegenstände undeutlich: die breiten Ränder eines Fensterrahmens, der im ganzen grau eingefaßt erscheint wie im Halbschatten, sehe ich höchst leicht, ohne zu blinzen, farbig; auch hier ist ein Doppelbild. Solche Doppelbilder finden wir auch objektiv bei der sogenannten Beugung; ein Haar wird doppelt, auch dreifach gesehen, wenn Licht in eine dunkle Kammer durch eine feine Ritze hineinscheint. Nur der Versuch Newtons mit den beiden Messerklingen hat Interesse; die vorhergehenden, die er anführt, worunter auch der soeben erwähnte, heißen gar nichts. Besonders merkwürdig ist bei den Messerklingen der Umstand, daß je weiter man die Messer von der Fensteröffnung entfernt, desto breiter die Säume werden (Newton, Optice, L. III, p. 328), woraus man sieht, daß diese Erscheinung sich den prismatischen eng anschließt. Das Licht erscheint auch hier, wie es als Grenze an dem Anderen ist. Das Licht aber ist nicht durch die äußerliche Gewalt des Prismas nur abgelenkt, sondern es ist eben dies seine Realität, sich auf die Finsternis selbst zu beziehen, sich nach ihr zu beugen und eine positive Grenze mit ihr zu machen, d. h. eine solche, wo sie nicht abgeschnitten sind, sondern eins ins andere hinübertritt. Die Beugung des Lichts ist allenthalben vorhanden, wo Licht und Finsternis sich begegnen; sie macht den Halbschatten. Das Licht weicht von seiner Richtung ab: und jedes tritt über seine scharfe Grenze herüber in das andere. Es kann dies mit der Bildung einer Atmosphäre verglichen werden, sogut der Geruch die Bildung einer solchen ist oder wie von einer sauren Atmosphäre der Metalle, einer elektrischen usf. gesprochen wird. Es ist das Heraustreten des in die Gestalt als das Ding gebunden erscheinenden Ideellen. Die Grenze wird so ferner positiv, nicht nur eine Vermischung überhaupt, sondern ein Halbschatten, der nach der Lichtseite zu vom Lichte begrenzt, aber nach der finsteren gleichfalls von dieser durch Licht abgesondert wird, so daß er, nach jener am schwärzesten, nach dem ihn vom Finsteren absondernden Lichte zu abnimmt und sich dies vielfach wiederholt, wodurch Schattenlinien nebeneinander entstehen. Diese Beugung des Lichts, das freie eigene Refrangieren, erfordert noch die besondere Figur, um diese Synthesen, diese Neutralität auch qualitativ bestimmt darzustellen. δ) Es ist noch anzugeben, wie die Totalität der Farben sich verhält. Die Farbe ist nämlich eine bestimmte. Diese Bestimmtheit ist nun nicht mehr nur die Bestimmtheit überhaupt, sondern als die wirkliche Bestimmtheit hat sie den Unterschied des Begriffs an ihr selbst; sie ist nicht mehr unbestimmte Bestimmtheit. Die Schwere als das allgemeine, unmittelbare Insichsein im Anderssein hat unmittelbar an ihr den Unterschied als unwesentlichen, einer so großen Masse; Größe und Kleine sind vollkommen qualitätslose. Die Wärme hingegen, als das in ihr Negative, hat ihn in der Verschiedenheit der Temperatur als Wärme und Kälte, die zunächst selbst nur der Größe angehören, aber eine qualitative Bedeutung erhalten. Die Farbe, als das wahrhaft Wirkliche, hat den unmittelbaren Unterschied als durch den Begriff gesetzten und bestimmten. Aus unserer sinnlichen Wahrnehmung wissen wir, daß Gelb, Blau, Rot die Grundfarben sind, wozu noch Grün als selbst die Farbe der Vermischung kommt. Das Verhältnis ist dieses, wie es sich in der Erfahrung zeigt: die erste Farbe ist Gelb, ein heller Grund und ein trüberes Medium, das von ihm durchhellt oder durchleuchtet wird, wie Herr Schultz21) sich ausdrückt. Daher erscheint uns die Sonne gelb, eine oberflächliche Trübung. Das andere Extrem ist Blau, wo das hellere Medium von der dunkleren Grundlage durchschattet wird, wie sich gleichfalls Herr Schultz ausdrückt. Deswegen ist der Himmel blau, wo die Atmosphäre dunstig ist und tief dunkelblau, fast ganz schwarzblau auf hohen Gebirgen. z. B. den Schweizeralpen, auch im Luftballon, wo man über das trübe Medium der Atmosphäre hinaus ist. Blinzt man mit den Augen, so macht man die Kristall-Linse zu einem Prisma, indem man sie zur Hälfte bedeckt; und da sieht man in der Flamme auf der einen Seite Gelb, auf der andern Blau. Die Ferngläser sind als Linsen, auch prismatisch und zeigen daher Farben. Völlige Achromasie kann man nur hervorbringen, indem man zwei Prismen übereinanderlegt. Zwischen beiden Extremen, Blau und Gelb welche die einfachsten Farben sind, fällt Rot und Grün, die nicht mehr so diesem ganz einfachen, allgemeinen Gegensatze angehören. Die eine Vermittlung ist das Rot, zu dem das Blaue sowohl als das Gelbe gesteigert werden kann; das Gelbe wird leicht ins Rote durch gesteigerte Trübung hinübergezogen. Bei dem Spektrum tritt im Violett schon Rot hervor, ebenso auf der andern Seite bei dem Gelben im Orange. Das Rote entsteht, insofern das Gelbe wieder durchschattet oder das Blaue wieder durchleuchtet wird; das Gelbe also mehr ins Dunkle gezogen, oder das Blaue mehr ins Helle, wird Rot. Das Rot ist die Vermittlung, die ausgesprochen werden muß - im Gegensatz von dem Grün, welches die passive Vermittlung ist - als die aktive Vermittlung, als die subjektive individuelle Bestimmung beider. Das Rot ist die königliche Farbe, das Licht, welches die Finsternis überwunden und vollkommen durchdrungen hat: dieses Angreifende für das Auge, dieses Tätige, Kräftige, die Intensität der beiden Extreme. Grün ist die einfache Vermischung, die gemeine Neutralität von Gelb und Blau, was man beim Prisma ganz deutlich sieht, wenn Gelb und Blau zusammenfallen. Als die neutrale Farbe ist Grün die Farbe der Pflanzen, indem aus ihrem Grün das weitere Qualitative derselben herausgeboren wird. Das Gelbe als das Erste ist das Licht mit der einfachen Trübung, - die Farbe als unmittelbar daseiend; es ist eine warme Farbe. Das Zweite ist das Vermittelnde, wo der Gegensatz selbst doppelt dargestellt wird, als Rot und Grün; sie entsprechen dem Feuer und Wasser, von denen schon früher gehandelt worden (§ 283 und 284). Das Dritte ist Blau, eine kalte Farbe, die dunkle Grundlage, die durch ein Helles gesehen wird, ein Grund, der nicht bis zur konkreten Totalität geht. Das Blau des Himmels ist sozusagen der Grund, aus dem die Erde hervorgeht. Das Symbolische dieser Farben ist, daß Gelb die heitere, edle, in ihrer Kraft und Reinheit erfreuliche Farbe ist, Rot Ernst und Würde wie Huld und Anmut ausdrückt, Blau sanfte und tiefe Empfindungen. Weil Rot und Grün den Gegensatz machen, so springen sie leicht ineinander um; denn sie sind nah miteinander verwandt. Das Grün, intensiv gemacht, sieht rot aus. Nimmt man einen grünen Pflanzenextrakt (z. B. von Salbei), so sieht er ganz grün aus. Wenn man diese Flüssigkeit, die aber dunkelgrün sein muß, nun in ein gläsernes Gefäß gießt, das die Form eines Champagnerglases hat, und es gegen das Licht hält, so sieht man unten Grün und oben das schönste Purpur. Wo das Glas nämlich eng ist, erscheint Grün; dann geht es über durch Gelb ins Rot. Hat man diese Flüssigkeit in einer großen weiten Flasche, so ist sie rot; läuft sie heraus, so sieht sie grün aus. Die Intensität macht sie also rot; oder vielmehr das Grün, intensiver gemacht, sieht rot aus. Die Lichtflamme sieht unten blau aus, denn da ist sie am dünnsten; oben sieht sie rot aus, weil sie da am intensivsten ist, wie denn auch die Flamme dort am wärmsten ist; unten ist so das Dunkle, in der Mitte ist die Flamme gelb. εe) Was objektiv notwendig ist, knüpft sich auch im subjektiven Sehen zusammen. Sieht man eine Farbe, so wird die andere vom Auge gefordert: Gelb fordert das Violett, Orange das Blau, Purpur das Grün, und umgekehrt. Goethe nennt dies daher geforderte Farben. Die gelb oder blau gefärbten Schatten in der Morgen- und Abenddämmerung beim Gegensatz des Mond- und Kerzenlichts können hierher gezogen werden. Hält man, nach einem Versuche Goethes, hinter einem Lichte ein rotes Glas, so hat man eine rote Beleuchtung; hält man dazu noch eine andere Kerze, so ist der Schatten rot, worauf das rote Licht fällt; der andere Schatten sieht grün aus, weil das die geforderte Farbe zum Roten ist. Das ist physiologisch. Da soll nun Newton einmal sagen, wo das Grün herkommt. Sieht man ins Licht und macht dann die Augen zu, so sieht man in einem Kreise die entgegengesetzte Farbe von der, welche man gesehen hat. Über dies subjektive Bild ist folgender Versuch anzuführen. Ich hatte das Sonnenbild im Fokus einer Linse eine Zeitlang betrachtet. Das Bild, das mir im Auge blieb, wenn ich dasselbe schloß, war in der Mitte blau, und die übrige konzentrische Fläche schön meergrün, - jene Mitte von der Größe der Pupille, diese Umgebung größer als die Iris und etwas länglich. Bei Öffnung des Auges blieb dies Bild; auf einem dunkeln Grunde gesehen war die Mitte ebenso schönes Himmelblau und die Umgebung grün, auf einem hellen Grunde gesehen aber wurde die Mitte gelb und die Umgebung rot. Legt man auf ein Blatt Papier eine rote Siegellackstange und sieht sie eine Zeitlang an und dann darüber hinaus, so sieht man einen grünen Schein. Die Purpurfarbe am bewegten Meer ist die geforderte Farbe: der beleuchtete Teil der Wellen erscheint grün in seiner eigenen Farbe und der beschattete in der entgegengesetzten, purpurnen. Auf Wiesen, wo man nichts als grün sieht, sieht man bei mittlerer Helle des Himmels öfters die Baumstämme und Wege mit einem rötlichen Schein leuchten. Über diese psychologischen Farben hat der Regierungsbevollmächtigte Schultz höchst wichtige und interessante Erfahrungen gemacht, die er Herrn v. Goethe und auch ein paar hiesigen Freunden bekanntmachte und bald dem Publikum mitteilen wird.22) Man muß sich an das Goethesche Urphänomen halten. Kleinliche Erscheinungen, durch Verzwickungen hervorgebracht, sollen zum Einwand dienen. Schon die Newtonschen Versuche sind verzwickt, schlecht, kleinlich gemacht, schmierig, schmutzig. In hundert Kompendien ist diese Farbentheorie nachgeschwatzt. Die von Goethe verfochtene Ansicht ist indessen nie ganz untergegangen, wie er dies durch die Literatur aufgezeigt hat. Man hat gegen Goethe gestritten, weil er Dichter, nicht Professor ist. Nur die sich Idiotismen, gewisse Theorien usw. gelten lassen, gehören zum Handwerk; was die anderen sagen, wird ganz ignoriert, als wenn es gar nicht vorhanden wäre. Solche Leute wollen also oft eine Kaste bilden und im ausschließlichen Besitz der Wissenschaft sein, anderen kein Urteil lassen, - so z. B. die Juristen. Das Recht ist aber für alle, ebenso die Farbe. In einer solchen Klasse bilden sich gewisse Grundvorstellungen, in die sie festgerannt ist. Spricht man nicht danach, so soll man dies nicht verstehen, als ob nur die Gilde etwas davon verstände. Das ist richtig; den Verstand jener Sache, diese Kategorie hat man nicht, - diese Metaphysik, nach der die Sache betrachtet werden soll. Philosophen werden vorzüglich zurückgewiesen; sie haben aber gerade jene Kategorien anzugreifen. Die weitere Verdunkelung sehen wir zweitens in anderen Erscheinungen. Da die Verdunkelung das Gestaltlose der Punktualität, der Sprödigkeit, der Pulverisation ist (freilich nur als Prinzip, nicht als wirkliches Aufheben der Kohäsion durch Zerschlagen), so tritt eine weitere Verdüsterung ein bei schnell geglühtem und schnell abgekühltem Glase, weil dies im höchsten Grade spröde ist, weswegen es auch sehr leicht springt. α) Hier kommen die entoptischen Farben vor. Goethe hat in seiner Morphologie diese Stufe sehr sinnreich dargestellt.23) Wenn man nämlich einen Kubus oder eine viereckige Platte von dergleichen sprödem Glas hat, so findet sich diese Erscheinung, sonst nicht. Legt man einen gewöhnlichen, nicht spröden Glaskubus auf eine schwarze Unterlage und stellt sich der hellen Himmelsgegend entgegen (das ist am Morgen die Abendgegend, indem die dunkelste Partie die ist, welche der Sonne am nächsten ist), so sieht man den Schein dieser Helligkeit, der, auf das Täfelchen fallend, sich als Spiegelung (vgl. oben § 278 Zus. S. 125) im Auge sichtbar macht; steht im Sommer die Sonne hoch im Mittag, so ist der ganze Horizont hell, und da erscheint dies Phänomen überall. Bei jenem spröden Glase sieht man nun außer der Helligkeit, die bei jedem Glase vorkommt, noch in den vier Ecken des Täfelchens dunkle Flecke, so daß die Helligkeit ein weißes Kreuz bildet. Stellt man sich aber so, daß man einen rechten Winkel mit der vorigen Linie bildet, also gegen Süden statt gegen Abend nach dem Täfelchen sehend, so sieht man statt der vier dunklen Punkte vier helle und ein schwarzes Kreuz statt des weißen. Das ist das Urphänomen. Treibt man durch Spiegelung die Verdüsterung weiter, so kommen an den vier Punkten Farbenkreise hervor. Was man hier überhaupt hat, ist also die Entstehung eines Dunklen in diesem Durchsichtigen, in dieser Helligkeit; dieses Dunkle wird einerseits durch die Grenze der Tafel, andererseits durch die unterbrechende Natur des Mediums hervorgebracht. Man hat so ein Verhältnis von Dunklem und Hellem, die, weiter in sich bestimmt und unterschieden, übereinander gebracht, die verschiedenen Farben nach der Reihenfolge geben, welche umgekehrt ist nach der verschiedenen Stellung. Sind nämlich die vier Punkte weiß, das Kreuz schwarz, so quillt durch Trübung zuerst Gelb hervor, von da gehts ins Grüne und Blaue. Ist im Gegenteil das Kreuz weiß und die Ecken dunkel, so quillt durch größere Verdunkelung zuerst das Blaue heraus, indem das Helle in die dunkle Grundlage getrieben wird. Wir haben also hier im durchsichtigen Medium eine weitere Verdunkelung, die bis zur Farbe getrieben wird und von der qualitativen Natur des spröden Körpers abhängt. β) Damit verwandt sind die epoptischen Farben, die mechanisch entstehen, indem der Punkt einer Glasplatte, auf die man mit einer Linse einen Druck anbringt, zunächst schwarz ist, sich aber bei stärkerem Druck in mehrere Farbenkreise, grüne, rote, gelbe, erweitert und unterscheidet. Ebenso ist es mit dem Eise, wenn man Steine darauf drückt. Hier ist es bloß der mechanische Druck, welcher die Farben bewirkt, und er ist nichts anderes als eine Veränderung der Kohäsion in den nächsten Teilen, wie ja auch die Wärme nur Kohäsionsverwandlung ist. Wie beim Klang das Schwingen ein Verbreiten des mechanischen Eindrucks ist, ein Erzittern, das sich wieder aufhebt, so ist hier im Glase ein Wellenförmiges, das perenniert, - der verschiedene Widerstand gegen ein Gedrücktwerden, eine beharrende Ungleichheit der Kohäsion, welche an verschiedenen Stellen eine verschiedene Verdunkelung hervorbringt. Während also bei den entoptischen Farben die Sprödigkeit die Farbe hervorbrachte, so tut es hier die Unterbrechung der Kohäsion. γ) Geht die Unterbrechung der Kohäsion noch weiter, so haben wir die paroptischen Farben. Es entstehen Lamellen, feine Spaltungen in diesem Glase, vorzüglich im Kalkspat; und da geht die Farbe oft ins Schillern über, wie bei Taubenhälsen. Hier ist eine Verdüsterung vorhanden, die dadurch bewirkt worden, daß das Durchsichtige bis zur wirklichen Scheidung seines Zusammenhalts fortgetrieben wird. Diese Bestimmungen gehören in den Übergang von der Helligkeit zur Verdunkelung. In dieser Totalität des Lichts und der Finsternis ist das Licht seinem Begriffe nach etwas ganz anderes geworden; es hat seine reine Qualität aufgegeben, die sein Wesen ausmacht. Oder das Physikalische tritt als lichtdurchdrungene Einheit, Substanz und Möglichkeit der Schwere und des Prozesses hervor. Die konstanten physikalischen Farben, die als Färbestoffe dargestellt werden können, sind drittens diese fixierte Verdunkelung der Körper, die nicht mehr als eine äußere Bestimmung, als ein bloßes Spiel des Lichts mit dem Körper erscheint; sondern die Finsternis der Materie ist hiermit selbst wesentlich nur eine Verdunkelung derselben in sich selbst, indem das Licht immanent in den Körper gedrungen und spezifisch darin bestimmt ist. Was ist der Unterschied dieser körperlichen Farbe von der bloß hell oder dunkel durchscheinenden? Indem der physikalische Körper farbig in sich ist, z. B. das Gold gelb, so fragt sich: Wie kommt das Licht in diese Körperlichkeit hinein? wie gerinnt das äußerlich einfallende Licht zur Materie, so daß es ein mit der finsteren Körperlichkeit gebundenes Farbenpigment wird? Wie wir nun bei unserem bisherigen Gange von der Helligkeit ausgegangen sind, so müssen wir auch beim Pigment von ihr anfangen. Das Erste am Kristall war seine abstrakt-ideale Gleichheit, seine Durchsichtigkeit durch ein ihm anderes, einfallendes Licht. Alle Körper sind zunächst nur auf der Oberfläche hell, insofern sie erleuchtet werden; ihre Sichtbarkeit ist das Auffallen eines äußeren Lichts auf sie. Aber der Kristall erhält die Helligkeit in ihn hinein, indem er durch und durch die reale Möglichkeit ist, gesehen zu werden, d. h. ideell oder theoretisch in einem Anderen zu sein, sich in ihm zu setzen. Indem diese Sichtlichkeit nicht als reelle Helligkeit, sondern als diese theoretische Natur überhaupt erscheint und die Gestalt sich zu der inneren Indifferenz der spezifischen Schwere, des Insichseins punktualisiert, d. i. zur realen Sprödigkeit, zum fürsichseienden Eins fortgeht, so ist dieser Fortgang der Sichtbarkeit zur Finsternis, das Aufheben der freien inneren Kristallisation, die Farbe. Die Farbe also ist das Physische, das auf die Oberfläche herausgetreten, das nichts Inneres mehr für sich hat noch außer ihm, wie die Wärme an der Gestalt, sondern reine Erscheinung ist; oder alles, was sie an sich ist, ist auch da. Der bestimmte physische Körper hat also eine Farbe. Diese Verdunkelung der Gestalt ist das Aufheben ihrer gleichförmigen Neutralität, d. i. der Form, die als solche eben in Neutralität sich erhält, indem sie die durchdringende Einheit ihrer Momente bleibt, deren bestimmte Unterschiedenheit sie negiert. Die Farbe ist das Aufheben dieser Gleichgültigkeit und Identität, zu der sich die Form gebracht hat; das Verdunkeln der Form ist hiermit Setzen einer einzelnen Formbestimmung, als Aufheben der Totalität der Unterschiede. Der Körper, als mechanische Totalität, ist durch und durch in sich entwickelte Form. Die Auslöschung derselben zur abstrakten Indifferenz ist die Verdunkelung als Farbe am individualisierten Körper. Diese gesetzte Bestimmtheit ist das Freiwerden der Einzelheit, worin die Gestalt nun ihre Teile zur Punktualität bestimmt, der mechanischen Weise, - aber ein Freiwerden, das in der Kontinuität der Gestalt überhaupt eine Indifferenz derselben in sich ist. Die Idealität und absolute Identität des Lichts mit sich wird zur Form der materiellen Individualität, die sich zu eben dieser Identität resumiert, welche aber als Reduktion der realen Form zur Indifferenz Verdunkelung, aber bestimmte, ist; es ist die innere Kristallisation, die sich verdunkelt, d. h. die Formunterschiede aufhebt und daher zur reinen, gediegenen Indifferenz zurückgeht, zur hohen spezifischen Schwere. Dieses Insichsein, diese Gediegenheit der dunklen Materie, welche als die in sich formlose Identität, nur intensiv in sich ist, ist die Metallität, das Prinzip aller Färbung, die als Stoff dargestellte Lichtseite des Körpers. Die hohe spezifische Schwere ist eben das unaufgeschlossene Insichsein, die Einfachheit, die noch nicht zersetzt ist; am Metall hat die spezifische Schwere Bedeutung, da sie hingegen an anderer Körpern fast bedeutungslos wird. Das eine der Momente, das hier als unterschiedene Bestimmtheit gesetzt ist, ist nun also die abstrakte reine Identität, aber zugleich als reale Identität der Körper, das in den Körper - selbst als seine eigene Farbe gesetzte Licht, die materiell gewordene Identität. Dieses Allgemeine wird dadurch zu einem besonderen, vom Ganzen getrennten Momente, und das andere Moment ist der Gegensatz. Das Durchsichtige ist auch Indifferenz, aber vermöge der Form; und so ist diese Indifferenz der toten, dunklen Indifferenz, die wir jetzt haben, entgegengesetzt. Jene ist, wie der Geist, hell in sich durch die Herrschaft der Form; die Indifferenz des Dunklen ist, als bloße Gediegenheit des Körpers mit sich selbst, vielmehr die Herrschaft des Materiellen. In den epoptischen und paroptischen Farben sahen wir auch die Trennung der Materie von der Form, als Weise der beginnenden Dunkelheit und Entstehung der Farben. Das ist auch Formlosigkeit als Vereinzelung und Punktualisierung, aber mehr eine äußerlich gesetzte Weise der Verdunkelung. Das Formlose an sich ist aber nicht als Vielheit, sondern als Indifferenz, als Ungestaltetes; und so ist an dem Metallinischen nicht vielerlei zu unterscheiden. Das Metall ist nichts Mannigfaltiges in sich, weder brennbar noch neutral. Zum Empirischen gehört dann, daß jedes regulinische Metall seine besondere Farbe hat. Schelling sagt so vom Gold, es sei geronnenes Licht.24) Das Eisen dagegen hat diese Neigung zum Schwarzen, weil es magnetisch ist. Alles Gefärbte kann als Metall dargestellt werden, wenn die Farbe als Pigment ausgesondert wird; und das muß empirisch nachgewiesen werden. Selbst Farbe, z. B. der Indigo, aus Pflanzen gebrochen, hat einen metallischen Glanz, überhaupt ein metallisches Ansehen. Die Röte des Bluts läßt sich auf Eisen zurückführen usw. Die Farbe des Metalls ist aber modifizierbar, wenn es in die chemischen Verhältnisse gebracht wird, oder auch schon durch die Einwirkung der Wärme. Was das Letztere betrifft, so kommt hier das unendlich Flüchtige der Farbe zum Vorschein. Wird Silber geschmolzen, so gibt es einen Punkt, wo es den hellsten Glanz erreicht; das ist der höchste Grad der Schmelzung, den die Metallurgen den Silberblick nennen: er ist nur momentan und läßt sich nicht verlängern. Vor diesem Blick läuft es durch alle Farben des Regenbogens, die sich wellenweise darüber hinwälzen; die Folge ist Rot, Gelb, Grün, Blau. Goethe sagt im Verfolg der oben angeführten Stelle: "Man erhitze einen polierten Stahl, und er wird in einem gewissen Grade der Wärme gelb überlaufen. Nimmt man ihn schnell von den Kohlen weg, so bleibt ihm diese Farbe. Sobald der Stahl heißer wird, erscheint das Gelb dunkler, höher und geht bald in den Purpur hinüber. Dieser ist schwer festzuhalten, denn er eilt schnell ins Hochblaue. Dieses schöne Blau ist festzuhalten, wenn man schnell den Stahl aus der Hitze nimmt und ihn in Asche steckt. Die blau angelaufenen Stahlarbeiten werden auf diesem Wege hervorgebracht. Fährt man aber fort, den Stahl über dem Feuer zu halten, so wird er in kurzem hellblau, und so bleibt er ... . Wenn man ein Federmesser ins Licht hält, so wird ein farbiger Streif quer über die Klinge entstehen. Der Teil des Streifs, der am tiefsten in der Flamme war, ist hellblau, das sich ins Blaurote verliert. Der Purpur steht in der Mitte, dann folgt Gelbrot und Gelb. Dieses Phänomen leitet sich aus dem vorhergehenden ab; denn die Klinge nach dem Stiele zu ist weniger erhitzt als an der Spitze, welche sich in der Flamme befindet; und so müssen alle Farben, die sonst nacheinander entstehen, auf einmal erscheinen, und man kann sie auf das beste figiert aufbewahren". Es ist also auch hier eine bloße Änderung der Dichtigkeit, wodurch der Unterschied der Farben bestimmt wird; denn die Dunkelheit des Körpers, in verschiedenen Bestimmungen gesetzt, bringt die Farbe hervor. - Die Metallität ist also diese zur Ruhe gekommene physische Sichselbstgleichheit. Das Metall hat die Farbe an ihm, als dem Lichte noch schlechthin angehörend, das noch in seiner reinen Qualität, noch nicht aufgelöst ist, d. h. als Glanz. Es ist undurchsichtig; denn Durchsichtigkeit ist die eigene Lichtlosigkeit, für welche das wirkliche Licht ein Fremdes ist. In chemischer Bedeutung ist dann das Metall das Oxydierbare, ein Extrem der Form gegen die Neutralität, die Reduktion derselben zur formellen unterschiedslosen Identität. Zum Weiß wird so das Metall durch eine leichte Säure leicht herübergezogen, wie Blei durch Essigsäure Bleiweiß wird; eine ähnliche Bewandtnis hat es mit der Zinkblume. Das Gelbe und Gelbrote widmet sich dagegen den Säuren, das Blau und Blaurot den Alkalien. Aber nicht die Metalle allein verändern durch chemische Behandlung ihre Farbe. Goethe (Farbenlehre, Teil II, S. 451) sagt25) : "Die Säfte von allen blauen und violetten Blumen werden grün" (gegen das Helle also geführt) "durch die Alkalien und schön rot durch die Säuren. Die Absude roter Hölzer werden gelb durch die Säuren, violett durch die Alkalien; aber die Aufgüsse gelber Pflanzen werden dunkel 9/267 durch die Alkalien und verlieren fast gänzlich ihre Farbe durch die Säuren." Ebendaselbst S. 201 [Erster, didaktischer Teil, Abschnitt XL. Balancieren, Nr. 533] heißt es: "Lackmus ist ein Farbematerial, das durch Alkalien zum Rotblauen spezifiziert worden. Es wird dieses sehr leicht durch Säuren ins Rotgelbe hinüber und durch Alkalien wieder herüber gezogen." Weil wir aber hier die Besonderung des individuellen Körpers betrachten, so haben wir die Farbe hier nur als Moment, als Eigenschaft darzustellen, indessen mit der Möglichkeit, Stoff zu werden. Die Farbe also in solcher Trennung und Absonderung als Metall geht uns hier noch nichts an. Als Eigenschaften sind die Farben noch in der Individualität gehalten, wenn sie auch als Stoffe dargestellt werden können; und diese Möglichkeit kommt von der Ohnmacht der Individualität, die hier noch nicht die unendliche Form ist: in der Objektivität, d. h. in den Eigenschaften, ganz gegenwärtig zu sein. Werden aber auch noch im Organischen die Eigenschaften als Stoffe dargestellt, so gehören sie dem Reiche des Todes an. Denn da im Lebendigen die unendliche Form sich in ihrer Besonderung gegenständlich, in ihren Eigenschaften identisch mit sich ist, so ist diese Besonderung hier nicht mehr trennbar, sonst wäre das Ganze tot und aufgelöst. Als Eigenschaft setzt die Farbe nun ein Subjekt voraus, und daß sie in dieser Subjektivität gehalten ist; sie ist aber auch als ein Besonderes, für Andere, - wie jede Eigenschaft als solche nur für den Sinn eines Lebendigen. Dieses Andere sind wir, die Empfindenden; unsere Empfindung des Gesichts wird durch die Farben bestimmt. Für das Gesicht sind nur Farben; die Gestalt gehört dem Gefühle an und ist für das Gesicht nur ein Erschlossenes durch den Wechsel des Dunklen und Hellen. Das Physische hat sich aus dem Gefühl, aus dem allgemeinen qualitätslosen Dasein, in sich zurückgezogen; es ist in sich reflektiert, in seinem Anderssein. Schwere sowie Wärme gehören dem Gefühle [an]; jetzt aber ist eine allgemeine Gegenwart, ein Sein-für-Anderes, eine Verbreitung, wie Wärme und Schwere auch wohl hat, aber zugleich bleibt die Eigenschaft darin unmittelbar gegenständlich. Die Natur, welche zuerst ihren Sinn des Gefühls entwickelte, entwickelt jetzt ihren Sinn des Gesichts; von diesem geht sie zum Geruch und Geschmack über. Indem die Farbe für das Andere ist, muß dieses sie dem Körper lassen; und so verhält es sich nur theoretisch zu ihr, nicht praktisch. Der Sinn läßt die Eigenschaft, wie sie ist; sie ist zwar für ihn, er reißt sie aber nicht an sich. Da die Eigenschaft aber der Natur angehört, so muß diese Beziehung auch physisch sein, nicht rein theoretisch, wie zum Sinn eines Lebendigen; wie also die Eigenschaft einmal dem Dinge angehört, so muß sie dann auch auf ein Anderes innerhalb der Sphäre des Unorganischen selbst bezogen werden. Dieses Andere, worauf sich die Farbe bezieht, ist das Licht, als allgemeines Element; es ist das Andere ihrer, d. i. dasselbe Prinzip, aber insofern es nicht individuell, sondern eben frei ist. Das Allgemeine ist dann die Macht dieses Besonderen und zehrt es immer auf; alle Farbe verbleicht am Lichte, d. h. die Farbe des Unorganischen. Mit der Farbe des Organischen ist es anders; dieses erzeugt sie immer wieder. Dieses Verbleichen ist noch kein chemischer Prozeß, sondern ein stiller, theoretischer Prozeß, indem das Besondere diesem seinem allgemeinen Wesen nichts entgegenzusetzen hat.
Denn die Elemente hassen Das Gebild der Menschenhand26) , wie überhaupt jedes Individualisierte, und lösen es auf. Ebenso ist aber auch die abstrakte allgemeine Idealität des Elements stets an der Farbe individualisiert.
8) Christoph Ludwig Friedrich Schultz, 1781-1834, Staatsrat und Regierungsbevollmächtigter bei der Berliner Universität, später Privatgelehrter; schrieb drei Aufsätze "Über physiologische Gesichts- und Farbenerscheinungen", deren letzten (1821) Goethe in Zur Naturwissenschaft überhaupt, II. Bd., 1. Heft (1823), veröffentlichte.
9) *Biot, Traité de Physique III, p. 199: "Unregelmäßige Stücke Borax" (d. i. boraxsaures Natrum, ein durchsichtiger Kristall, der mit der Zeit etwas unscheinbar wird und an seiner Oberfläche etwas von seinem Kristallisationswasser verliert) "erscheinen wegen ihrer Ungleichheiten und wegen Mangels an Glätte ihrer Oberflächen nicht mehr als durchsichtig. Aber sie werden vollkommen durchsichtig, wenn sie in Olivenöl getaucht werden, weil dasselbe alle ihre Ungleichheiten ausgleicht; und es entsteht so wenig Reflexion an der gemeinschaftlichen Berührungsoberfläche dies beiden Substanzen, daß man kaum die Grenzen ihrer Trennung unterscheiden kann." [Jean Baptiste Biot, Traité de physique experimentale et mathématique, 4 Bde., Paris 1816. "Alle permanenten Gase dehnen sich bei gleicher Temperatur und gleichem Druck um gleichviel aus."]
10) Willebrord Snellius (Snel van Roijen), 1591-1626, Mathematiker
11) Friedrich Albert Karl Gren, Grundriß der Naturlehre, 3. Aufl. Halle 1797
12) "Man sieht, daß Substanzen von ganz unterschiedlicher Dichte gleiche brechende Kräfte haben können und daß eine Substanz, die weniger dicht ist als eine andere, gleichwohl eine stärkere brechende Kraft haben kann. Diese Kraft hängt insbesondere von der chemischen Natur eines jeden Teilchens ab. Die stärkste brechende Kraft ist in Ölen und Harzen, und beim destillierten Wasser ist sie nicht geringer."
13) *Das Kubische überhaupt ist hier unter der formellen Gleichheit bezeichnet. Als hier genügende Bestimmung der Kristalle, welche die sogenannte doppelte Strahlenbrechung zeigen, in Ansehung ihrer inneren Gestaltung, führe ich die aus Biot, Traité de Physique III [Jean Baptiste Biot, Traité de physique experimentale et mathématique, 4 Bde., Paris 1816. "Alle permanenten Gase dehnen sich bei gleicher Temperatur und gleichem Druck um gleichviel aus."], ch. 4., p. 325 an: "Dies Phänomen zeigt sich an allen durchsichtigen Kristallen, deren primitive Form weder ein Kubus noch ein regelmäßiges Oktaeder ist."
14) 114)*Was ich über dieses Aperçu gesagt [Brief an Goethe vom 24. 2. 1821], hat Goethe so freundlich aufgenommen, daß es Zur Naturwissenschaft [überhaupt], 4. Heft [1822, "Neueste aufmunternde Teilnahme"], S. 294 zu lesen ist.
15) Zur Farbenlehre, Didaktischer Teil, Abschnitt XIII ff.
16) Zur Farbenlehre, Polemischer Teil, Nr. 645
17) Etienne Louis Malus, Théorie de la double réfraction de la lumière dans les substances cristallisées, Paris 1810
18) vgl. Biot, Traité de physique IV, p. 88 ff.
19) *Newton, Optice, p. 120-121: "amicus, qui interfuit et cuius oculi coloribus discernendis acriores quam mei essent, notavit lineis rectis imagini in transversum ductis confinia colorum." So ein guter Freund ist Newton für alle Physiker geworden; keiner hat selbst gesehen, und wenn er gesehen, wie Newton gesprochen und gedacht.
20) "während doch die Brechung durch ein Prisma die Gegenstände gewöhnlich nur an den Stellen farbig erscheinen läßt, wo sie durch den Schatten begrenzt oder ungleich beleuchtet sind".
21) Christoph Ludwig Friedrich Schultz, 1781-1834, Staatsrat und Regierungsbevollmächtigter bei der Berliner Universität, später Privatgelehrter; schrieb drei Aufsätze "Über physiologische Gesichts- und Farbenerscheinungen", deren letzten (1821) Goethe in Zur Naturwissenschaft überhaupt, II. Bd., 1. Heft (1823), veröffentlichte.
22) Christoph Ludwig Friedrich Schultz, 1781-1834, Staatsrat und Regierungsbevollmächtigter bei der Berliner Universität, später Privatgelehrter; schrieb drei Aufsätze "Über physiologische Gesichts- und Farbenerscheinungen", deren letzten (1821) Goethe in Zur Naturwissenschaft überhaupt, II. Bd., 1. Heft (1823), veröffentlichte.
23) Zur Naturwissenschaft überhaupt, I. Bd., 1. Heft (1817), "Elemente der entoptischen Farben"; I. Bd., 3. Heft (1820), "Entoptische Farben"
24) Neue Zeitschrift für spekulative Physik, I. Bd., 3. Stück (1803), "Die vier edlen Metalle", § XVII
25) Genauer: Goethe zitiert, im Historischen Teil, in dem Abschnitt über Edme Mariotte aus dessen Traité de la nature des couleurs, Paris 1688.
26) Schiller, "Das Lied von der Glocke", V. 167 f.
|
|