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      G.W.F. HEGEL: Vorlesungen über die Philosophie der Religion     

 

1. Begriff der Gemeinde

Die Gemeinde sind die Subjekte, die einzelnen empirischen Subjekte, die im Geiste Gottes sind,
von denen aber zugleich unterschieden ist, denen gegenübersteht dieser Inhalt, diese Geschichte,
die Wahrheit.
Der Glaube an diese Geschichte, an die Versöhnung ist einerseits ein unmittelbares Wissen,
ein Glauben; das andere ist, daß die Natur des Geistes an ihr selbst ist dieser Prozeß,
der in der allgemeinen Idee und in der Idee als in der Erscheinung betrachtet worden,
daß das Subjekt selbst nur Geist, damit Bürger des Reiches Gottes wird dadurch, daß es an ihm selbst diesen Prozeß durchläuft.
Das Andere, das für die Subjekte ist, ist also für sie in diesem göttlichen Schauspiele in dem Sinne gegenständlich, wie im Chor der Zuschauer sich selbst gegenständlich hat.

Zunächst ist allerdings das Subjekt, das menschliche Subjekt - der Mensch, an welchem dies geoffenbart wird, was durch den Geist für den Menschen zur Gewißheit der Versöhnung wird - bestimmt worden als Einzelnes, Ausschließendes, von anderen Verschiedenes.
So ist die Darstellung der göttlichen Geschichte für die anderen Subjekte eine für sie objektive.
Sie haben nun auch noch an ihnen selbst diese Geschichte, diesen Prozeß zu durchlaufen.
Dazu gehört aber zuerst dieses, daß sie voraussetzen: die Versöhnung ist möglich, oder näher,
diese Versöhnung ist an und für sich geschehen und gewiß.

An und für sich ist dies die allgemeine Idee Gottes; daß sie aber gewiß ist für den Menschen, nicht durch spekulatives Denken diese Wahrheit für ihn ist, sondern gewiß, das ist die andere Voraussetzung, diese: es ist gewiß, daß die Versöhnung vollbracht ist, d. h. sie muß vorgestellt sein als etwas Geschichtliches, als eines, das vollbracht ist auf der Erde, in der Erscheinung.
Denn es ist keine andere Weise dessen, was Gewißheit genannt wird.
Das ist diese Voraussetzung, an die wir zunächst glauben.

a) Die Entstehung der Gemeinde ist, was als Ausgießen des Heiligen Geistes vorkommt.
Die Entstehung des Glaubens ist zunächst ein Mensch, eine menschliche, sinnliche Erscheinung,
und dann die geistige Auffassung, Bewußtsein des Geistigen; es ist geistiger Inhalt, Verwandlung des Unmittelbaren zu geistiger Bestimmung.
Die Beglaubigung ist geistig, liegt nicht im Sinnlichen, kann nicht auf unmittelbare, sinnliche Weise vollbracht werden; gegen die sinnlichen Fakta kann daher immer etwas eingewendet werden.

Was die empirische Weise betrifft, so tut die Kirche insofern recht daran, wenn sie solche Untersuchungen nicht annehmen kann, wie die, welche Bewandtnis es habe mit den Erscheinungen Christi nach seinem Tode;
denn solche Untersuchungen gehen von dem Gesichtspunkt aus, als ob es auf das Sinnliche der Erscheinung ankäme, auf dies Historische, als ob in solchen Erzählungen von einem als historisch Vorgestellten, nach geschichtlicher Weise, die Beglaubigung des Geistes und seiner Wahrheit liege. Diese steht aber für sich fest, obgleich sie jenen Anfangspunkt hat.

Dieser Übergang ist die Ausgießung des Geistes, die nur eintreten konnte, nachdem Christus dem Fleisch entrückt war, die sinnliche, unmittelbare Gegenwart aufgehört hat.
Da kommt der Geist hervor; denn da ist die ganze Geschichte vollendet und steht das ganze Bild des Geistes vor der Anschauung.
Es ist etwas anderes, eine andere Form, die das hat, was nun der Geist produziert.

Die Frage nach der Wahrheit der christlichen Religion teilt sich unmittelbar in zwei Fragen:
1. ist es überhaupt wahr, daß Gott nicht ist ohne den Sohn und ihn in die Welt gesendet hat, und
2. ist dieser Jesus von Nazareth, des Zimmermanns Sohn, Gottes Sohn, der Christ gewesen?

Diese beiden Fragen werden gewöhnlich so vermischt, daß, wenn dieser nicht Gottes gesendeter Sohn gewesen und von ihm es sich nicht erweisen lasse, so wäre überhaupt nichts an der Sendung;
wir hätten entweder eines anderen zu warten, wenn ja einer sein soll, wenn eine Verheißung da ist,
d. h. wenn es an und für sich, im Begriff, in der Idee notwendig ist,
- oder, da die Richtigkeit der Idee von dem Erweis jener Sendung abhängig gemacht wird,
so ist überhaupt nicht mehr, nicht weiter an dergleichen zu denken.

Aber wir müssen wesentlich zuerst fragen, ist solches Erscheinen an und für sich wahr?
Es ist dies, weil Gott als Geist der Dreieinige ist.
Er ist dies Manifestieren, sich Objektivieren und identisch mit sich in dieser Objektivierung zu sein,
- die ewige Liebe.
Diese Objektivierung in ihrer vollendeten Entwicklung bis zu dem Extrem der Allgemeinheit Gottes und der Endlichkeit, dem Tod ist diese Rückkehr in sich im Aufheben dieser Härte des Gegensatzes, Liebe im unendlichen Schmerz, der ebenso in ihr geheilt ist.

Diese Wahrheit an und für sich, daß Gott nicht ein Abstraktum, sondern ein Konkretes ist, wird von der Philosophie expliziert, und es ist nur die neuere Philosophie, die zu dieser Tiefe des Begriffes gekommen ist. Hierüber läßt sich mit der unphilosophischen Flachheit gar nicht sprechen, so wie ihr Widerspruch ohne allen Wert und an und für sich geistlos ist.

Aber dieser Begriff muß nicht nur als in der Philosophie fertig sein, er ist nicht nur an sich der wahre; im Gegenteil, das Verhältnis der Philosophie ist, das zu begreifen, was ist, was für sich vorher wirklich ist.
Alles Wahre fängt in seiner Erscheinung, d. h. in seinem Sein von der Form der Unmittelbarkeit an. Der Begriff muß also in dem Selbstbewußtsein der Menschen, im Geiste an sich vorhanden sein,
der Weltgeist sich so gefaßt haben.
Dies sich so Fassen ist aber die Notwendigkeit als der Prozeß des Geistes, der in den vorhergehenden Stufen der Religion, zunächst der jüdischen, der griechischen und römischen sich darstellte und jenen Begriff der absoluten Einheit der göttlichen und menschlichen Natur,
die Wirklichkeit Gottes, d. h. die Objektivierung seiner als seine Wahrheit zum Resultate hatte.
So ist die Weltgeschichte die Darstellung dieser Wahrheit als Resultat im unmittelbaren Bewußtsein des Geistes.

Wir haben den Gott als Gott freier Menschen, aber zunächst noch in subjektiven, beschränkten Volksgeistern und in zufälliger Phantasiegestaltung gesehen; ferner den Schmerz der Welt nach der Zerdrückung der Volksgeister.
Dieser Schmerz war die Geburtsstätte für den Trieb des Geistes, Gott als geistigen zu wissen in allgemeiner Form mit abgestreifter Endlichkeit.
Dieses Bedürfnis ist durch den Fortgang der Geschichte, durch die Heraufbildung des Weltgeistes erzeugt worden.
Dieser unmittelbare Trieb, diese Sehnsucht, die etwas Bestimmtes will und verlangt, gleichsam der Instinkt des Geistes, der darauf hingetrieben wird, hat eine solche Erscheinung, die Manifestation Gottes als des unendlichen Geistes in der Gestalt eines wirklichen Menschen gefordert.

"Als die Zeit erfüllet war, sandte Gott seinen Sohn" 1) , d. h. als der Geist sich so in sich vertieft hatte, seine Unendlichkeit zu wissen und das Substantielle in der Subjektivität des unmittelbaren Selbstbewußtseins zu fassen, aber in einer Subjektivität, die zugleich unendliche Negativität und eben damit absolut allgemein ist.

Die Beglaubigung aber, daß dieser der Christ ist, ist eine andere; sie betrifft nur die Bestimmung,
daß es dieser und nicht ein anderer Dieser, nicht aber dies, ob also die Idee gar nicht sei.
Christus sagte: Lauft nicht dahin und dorthin, das Reich Gottes ist in euch.2)
Viele andere unter Juden und Heiden sind als göttliche Gesandte oder als Götter verehrt. Johannes der Täufer ging Christo voraus; unter den Griechen wurden z. B. dem Demetrios Poliorketes als einem Gotte Statuen errichtet, und der römische Kaiser ward als Gott verehrt. Apollonios von Tyana und viele andere galten als Wundertäter, und Herkules war für die Griechen der Mensch, der durch seine Taten, die zugleich nur Taten des Gehorsams waren, zu den Göttern eingegangen und Gott geworden war, - ohnehin diese Menge der Inkarnationen und das Gottwerden in der Erhebung zum Brahman bei den Indern nicht zu erwähnen.
Aber nur an Christus konnte sich die Idee, als sie reif und die Zeit erfüllt war, anknüpfen und sich in ihm realisiert sehen. An den Großtaten des Herkules ist die Natur des Geistes noch unvollkommen ausgedrückt.
Aber die Geschichte Christi ist Geschichte für die Gemeinde, da sie der Idee schlechthin gemäß ist, während jenen früheren Gestalten nur das Drängen des Geistes nach dieser Bestimmung der an sich seienden Einheit des Göttlichen und Menschlichen zugrunde liegt und anzuerkennen ist.
Dies ist es, worauf es ankommen muß; dies ist die Bewahrheitung, der absolute Beweis;
dies ist es, was unter dem Zeugnis des Geistes zu verstehen ist.
Es ist der Geist, die inwohnende Idee, die Christi Sendung beglaubigt hat, und dies ist für die, die glaubten, und für uns im entwickelten Begriff die Bewährung.
Das ist auch die Bewährung, die eine Macht nach geistiger Weise ist und nicht eine äußere Macht wie die der Kirche gegen die Ketzer.

b) Dies ist denn zweitens das Wissen oder der Glaube; denn Glaube ist auch Wissen, nur in einer eigentümlichen Form. Dies ist zu betrachten.

Es ist also, daß der göttliche Inhalt gesetzt wird als selbstbewußtes Wissen von ihm im Elemente des Bewußtseins, der Innerlichkeit, - einerseits, daß der Inhalt die Wahrheit ist und daß es die Wahrheit des unendlichen Geistes überhaupt ist, d. h. sein Wissen ist, so daß er in diesem Wissen seine Freiheit hat, selbst der Prozeß ist, seine besondere Individualität abzuwerfen und sich in diesem Inhalte frei zu machen.

Aber der Inhalt ist zunächst für das unmittelbare Bewußtsein, und die Wahrheit konnte für dasselbe erscheinen auf mannigfach sinnliche Weise.
Denn die Idee ist eine in allem, allgemeine Notwendigkeit; die Wirklichkeit kann nur Spiegel der Idee sein;
aus allem kann daher für das Bewußtsein die Idee hervorgehen, denn es ist immer die Idee in diesen unendlich vielen Tropfen, die die Idee zurückspiegeln.
Die Idee ist vorgestellt, erkannt, geahnt in dem Samen, der die Frucht ist; die letzte Bestimmung der Frucht erstirbt in der Erde, und erst durch diese Negation geht die Pflanze hervor.
Solche Geschichte, Anschauung, Darstellung, Erscheinung kann von dem Geist auch zum Allgemeinen erhoben werden, und so wird die Geschichte des Samens,  der Sonne Symbol der Idee,
aber nur Symbol;
es sind Gestaltungen, die ihrem eigentlichen Inhalte nach, der spezifischen Qualität nach nicht angemessen sind der Idee. Das an ihnen Gewußte fällt außer ihnen; die Bedeutung existiert nicht in ihnen als Bedeutung.
Der Gegenstand, der an ihm selbst als der Begriff existiert, ist die geistige Subjektivität, der Mensch; er ist an ihm selbst die Bedeutung, sie fällt nicht außer ihm; er ist alles denkend, alles wissend. Er ist nicht Symbol, sondern seine Subjektivität, seine innere Gestalt, sein Selbst ist wesentlich diese Geschichte selbst, und die Geschichte des Geistigen ist nicht in einer Existenz, die der Idee unangemessen ist, sondern in ihrem eigenen Elemente.
So ist also für die Gemeinde notwendig, daß der Gedanke, die Idee gegenständlich wird.
Aber zunächst ist die Idee an dem Einzelnen in sinnlicher Anschauung vorhanden;
diese muß abgestreift werden; die Bedeutung, das ewige wahrhafte Wesen muß hervorgehoben werden. Dies ist der Glaube der entstehenden Gemeinde. Sie fängt vom Glauben an den Einzelnen an; der einzelne Mensch wird verwandelt von der Gemeinde, wird gewußt als Gott und mit der Bestimmung, daß er der Sohn Gottes sei, mit allem dem Endlichen befaßt, das der Subjektivität als solcher in ihrer Entwicklung angehört; aber als Subjektivität ist er von der Substantialität geschieden. Die sinnliche Erscheinung wird nun in Wissen vom Geistigen verwandelt.
Es ist also die Gemeinde so anfangend vom Glauben; aber andererseits wird er als Geist hervorgebracht. Die verschiedenen Bedeutungen des Glaubens und der Beglaubigung sind hervorzuheben.

Indem der Glaube von der sinnlichen Weise anfängt, hat er eine zeitliche Geschichte vor sich;
was er für wahr hält, ist äußere gewöhnliche Begebenheit, und die Beglaubigung ist die historische, juristische Weise, ein Faktum zu beglaubigen, sinnliche Gewißheit.
Die Vorstellung der Grundlage hat wieder die sinnliche Gewißheit anderer Personen über gewisse sinnliche Fakta zugrunde gelegt und bringt anderes damit in Verbindung.

Die Lebensgeschichte Christi ist so die äußere Beglaubigung.
Aber der Glaube verändert seine Bedeutung; nämlich es ist nicht nur um den Glauben zu tun als Glauben an diese äußere Geschichte, sondern daß dieser Mensch Gottes Sohn war.
Da wird der sinnliche Inhalt ein ganz anderer; er wird in einen anderen verwandelt, und die Forderung ist, dies soll beglaubigt werden.
Der Gegenstand hat sich vollkommen verwandelt, aus einem sinnlich, empirisch existierenden in einen göttlichen, in ein wesentlich höchstes Moment Gottes selbst. Dieser Inhalt ist nichts Sinnliches mehr; wenn also die Forderung gemacht wird, ihn auf die vorige sinnliche Weise zu beglaubigen, so ist diese Weise sogleich unzureichend, weil der Gegenstand ganz anderer Natur ist.

Sollen die Wunder die unmittelbare Bewährung enthalten, so sind sie an und für sich eine nur relative Bewährung oder eine Beglaubigung von untergeordneter Art.
Christus sagt als Vorwurf: "Wenn ihr nicht Wunder seht, so glaubt ihr nicht." "Es werden viele kommen und zu mir sagen: haben wir nicht in deinem Namen viele Zeichen getan? und ich werde zu ihnen sagen: Ich habe euch nicht erkannt, hebet euch weg von mir."3)  
Was für ein Interesse ist hier noch für dieses Wundertun übriggelassen?
Das Relative konnte nur für die Interesse haben, die draußen standen, sozusagen zur Belehrung der Juden und Heiden.
Aber die Gemeinde, die formiert ist, bedarf desselben nicht mehr; sie hat den Geist in sich, der in alle Wahrheit leitet und der durch seine Wahrheit als Geist die wahrhafte Gewalt über den Geist ist, d. h. eine Macht, worin dem Geiste seine ganze Freiheit gelassen wird.
Das Wunder ist nur eine Gewalt über natürliche Zusammenhänge und damit nur eine Gewalt über den Geist, der in das Bewußtsein dieser beschränkten Zusammenhänge beschränkt ist.
Wie könnte durch die Vorstellung einer solchen Gewalt die ewige Idee selbst
zum Bewußtsein kommen?

Wenn man den Inhalt so bestimmt, daß die Wunder Christi selbst sinnliche Erscheinungen seien,
die historisch beglaubigt werden können, ebenso seine Auferstehung, Himmelfahrt als sinnliche Begebenheiten betrachtet, so handelt es sich in Rücksicht auf das Sinnliche nicht um die sinnliche Beglaubigung dieser Erscheinungen; die Sache wird nicht so gestellt, als ob nicht die Wunder Christi, seine Auferstehung, Himmelfahrt als selbst äußerliche Erscheinungen und sinnliche Begebenheiten ihre genügenden Zeugnisse hätten, sondern es handelt sich um das Verhältnis der sinnlichen Beglaubigung und der sinnlichen Begebenheiten, beider zusammen zu dem Geist, zu dem geistigen Inhalt.
Die Beglaubigung des Sinnlichen, sie mag einen Inhalt haben, welchen sie will, und sie mag durch Zeugnis oder Anschauung geschehen, bleibt unendlichen Einwendungen unterworfen, weil sinnlich Äußerliches zugrunde liegt, was gegen den Geist, das Bewußtsein das Andere ist.

Hier ist Bewußtsein und Gegenstand getrennt und herrscht diese zugrunde liegende Trennung,
die mit sich führt die Möglichkeit von Irrtum, Täuschung, Mangel an Bildung, ein Faktum richtig aufzufassen, so daß man Zweifel haben und die heiligen Schriften, was das bloß Äußerliche und Geschichtliche betrifft, wie profane Schriften betrachten kann, ohne daß man in den guten Willen der Zeugnis Gebenden Mißtrauen zu setzen braucht.
Der sinnliche Inhalt ist nicht an ihm selbst gewiß, weil er es nicht durch den Geist als solchen ist,
weil er einen anderen Boden hat, nicht durch den Begriff gesetzt ist. Man kann meinen, man müsse durch Vergleichung aller Zeugnisse, Umstände auf den Grund kommen, oder es müßten Entscheidungsgründe für das eine oder für das andere sich finden;
allein diese ganze Weise der Beglaubigung und der sinnliche Inhalt als solcher ist zurückzustellen gegen das Bedürfnis des Geistes.
Was für den Geist Wahrheit haben, was er glauben soll, muß nicht sinnliches Glauben sein;
was für den Geist wahr ist, ist ein solches, für welches die sinnliche Erscheinung herunter gesetzt wird. Indem der Geist vom Sinnlichen anfängt und zu diesem seiner Würdigen kommt, ist sein Verhalten gegen das Sinnliche zugleich ein negatives Verhalten. Es ist dies eine Hauptbestimmung.

Dennoch bleibt aber immer die Neugierde und Wißbegierde übrig, wie denn die Wunder zu nehmen, zu erklären, zu fassen seien, und zwar zu fassen in dem Sinne, daß sie keine Wunder, sondern vielmehr natürliche Erfolge seien.
Solche Neugierde setzt aber den Zweifel und den Unglauben voraus und möchte eine plausible Unterstützung finden, wobei die moralische Tugend und die Wahrhaftigkeit der beteiligten Personen gerettet wäre; dann nimmt man an, es sei eine nicht beabsichtigte Täuschung, d. h. kein Betrug vorgegangen, und ist wenigstens so billig und wohlmeinend, daß Christus und seine Freunde ehrliche Leute bleiben sollen. Das Kürzeste wäre also, die Wunder überhaupt ganz zu verwerfen.
Wenn man keine Wunder glaubt, sie der Vernunft entgegen findet, so hilft es nichts, daß sie bewiesen werden. Sie sollen auf sinnlicher Wahrnehmung beruhen; aber unüberwindlich ist es im Menschen, was bloß solche Beglaubigung hat, nicht als Wahrheit gelten zu lassen. Denn hier sind die Beweise nichts als Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten, d. h. nur subjektive, endliche Gründe.

Oder man muß den Rat geben: habe nur die Zweifel nicht, so sind sie gelöst!
Aber ich muß sie haben, ich kann sie nicht auf die Seite legen, und die Notwendigkeit, sie zu beantworten, beruht auf der Notwendigkeit, sie zu haben.
Die Reflexion macht diese Ansprüche als absolute, sie fixiert sich auf diese endlichen Gründe;
aber in der Frömmigkeit, im wahren Glauben sind diese endlichen Gründe, der endliche Verstand schon längst hinweggeräumt. Solche Neugierde geht schon vom Unglauben aus; der Glaube aber beruht auf dem Zeugnisse des Geistes nicht von den Wundern, sondern von der absoluten Wahrheit, von der ewigen Idee, also dem wahrhaften Inhalte, und von diesem Standpunkt aus haben die Wunder ein geringes Interesse.
Sie können ebensosehr nebenher erbaulich als subjektive Gründe angeführt wie beiseite gelassen werden. Dazu kommt, daß die Wunder, wenn sie beglaubigen sollen, selbst erst beglaubigt werden müssen. Aber was durch sie beglaubigt werden soll, ist die Idee, die ihrer nicht bedarf und darum es auch nicht bedarf, sie zu beglaubigen.

Doch ist folgendes noch zu bemerken: Wunder sind überhaupt Erfolge durch die Macht des Geistes über den natürlichen Zusammenhang, ein Eingreifen in den Gang und in die ewigen Gesetze der Natur. Aber überhaupt ist der Geist dieses Wunder, dieses absolute Eingreifen.
Schon das Leben greift in diese sogenannten ewigen Gesetze der Natur ein;
es vernichtet z. B. die ewigen Gesetze des Mechanismus und der Chemie. Noch mehr wirkt auf das Leben die Macht des Geistes und seine Schwäche. Schrecken kann Tod, Kummer Krankheit herbeiführen, und ebenso hat zu allen Zeiten der unendliche Glaube und das Zutrauen den Krüppel gehend, Taube hörend gemacht usw. Dem neueren Unglauben an solche Erfolge liegt der Aberglaube an die sogenannte Naturmacht und deren Selbständigkeit gegen den Geist zugrunde.

Diese Beglaubigung ist aber nur die erste, zufällige Weise des Glaubens.
Der eigentliche Glaube ruht im Geiste der Wahrheit.
Jene Bewährung betrifft noch ein Verhältnis zur sinnlichen, unmittelbaren Gegenwart;
der eigentliche Glaube ist geistig, und im Geiste hat die Wahrheit die Idee zum Grunde, und indem diese zugleich in der Vorstellung auf zeitliche, endliche Weise an einem diesen Individuum ist, so kann sie als an diesem Individuum realisiert nur erscheinen nach seinem Tode und nach der Entrückung aus der Zeitlichkeit, wenn der Verlauf der Erscheinung selbst zu geistiger Totalität vollendet ist; d. h. darin,
an Jesum zu glauben, liegt es selbst, daß dieser Glaube nicht mehr die sinnliche Erscheinung als solche vor sich habe, deren sinnliche Wahrnehmung sonst die Beglaubigung ausmachen soll.

Es ist dasselbe, was in allem Erkennen vorkommt, insofern es auf ein Allgemeines gerichtet ist.
Die Gesetze des Himmels hat bekanntlich Kepler entdeckt.
Sie gelten für uns auf doppelte Weise, sind das Allgemeine. Man hat von den einzelnen Fällen angefangen, einige Bewegungen auf die Gesetze zurückgeführt; es sind aber nur einzelne Fälle.
Man könnte denken, daß es millionenmal mehr Fälle geben kann, daß es Körper gäbe, die nicht so fallen;
selbst auf die himmlischen Körper ist es so kein allgemeines Gesetz.
Man ist so allerdings durch Induktion mit diesen Gesetzen bekannt geworden;
aber das Interesse des Geistes ist,
daß ein solches Gesetz an und für sich wahr ist, - d. h. aber, daß die Vernunft in ihm ihr Gegenbild habe; dann erkennt sie es als an und für sich wahr.
Dagegen tritt dann jenes sinnliche Erkennen in den Hintergrund; es ist wohl Anfangspunkt, Ausgangspunkt, der dankbar anzuerkennen ist, aber solch ein Gesetz steht jetzt für sich selbst.
So ist denn seine Beglaubigung eine andere: es ist der Begriff, und die sinnliche Existenz ist nun zu einem Traumbild des Erdenlebens herabgesetzt, über dem eine höhere Region mit eigenem festen Inhalte ist.

Dasselbe Verhältnis findet statt bei den Beweisen vom Dasein Gottes, die vom Endlichen anfangen. Der Mangel darin ist, daß das Endliche nur auf affirmative Weise gefaßt ist; aber der Übergang vom Endlichen zum Unendlichen ist zugleich so, daß der Boden des Endlichen verlassen wird und es herabgesetzt wird zum Untergeordneten, zu einem fernen Bild, das nur noch in der Vergangenheit und Erinnerung besteht, nicht in dem Geist, der sich schlechthin gegenwärtig ist, der jenen Ausgangspunkt verlassen hat und auf einem Boden von ganz anderer Würde steht.
Die Frömmigkeit kann so von allem Veranlassung nehmen, sich zu erbauen; dies ist denn so der Ausgangspunkt. Man hat bewiesen, daß mehrere Zitate Christi aus dem Alten Testament unrichtig sind, so daß das daraus Hervorgehende nicht gegründet ist im unmittelbaren Verstand der Worte.
Das Wort sollte auch so ein Festes sein; aber der Geist macht daraus, was das Wahrhafte ist.
So ist die sinnliche Geschichte Ausgangspunkt für den Geist, für den Glauben, und diese zwei Bestimmungen müssen unterschieden werden, und erst die Rückkehr des Geistes in sich, das geistige Bewußtsein ist es, worauf es ankommt.

Es erhellt so, daß die Gemeinde an sich diesen Glaubensinhalt hervorbringt,
daß nicht sozusagen durch die Worte der Bibel dies hervorgebracht wird,
sondern durch die Gemeinde.
Auch nicht die sinnliche Gegenwart, sondern der Geist lehrt die Gemeinde, daß Christus Gottes Sohn ist, daß er ewig zur Rechten des Vaters im Himmel sitzt.
Das ist die Interpretation, das Zeugnis und Dekret des Geistes.
Wenn dankbare Völker ihre Wohltäter nur unter die Sterne versetzten, so hat der Geist die Subjektivität als absolutes Moment der göttlichen Natur anerkannt.
Die Person Christi ist von der Kirche zu Gottes Sohn dekretiert.
Die empirische Weise kirchliche Bestimmung, Konzilien usf. - geht uns hierbei nichts an.
Was ist der Inhalt an und für sich, - das ist die Frage.
Der wahrhafte christliche Glaubensinhalt ist zu rechtfertigen durch die Philosophie, nicht durch die Geschichte. Was der Geist tut, ist keine Historie; es ist ihm nur um das zu tun, was an und für sich ist, nicht Vergangenes, sondern schlechthin Präsentes.

c) Aber es ist dies auch erschienen, hat Beziehung auf das Subjekt, ist für dasselbe, und es hat nicht minder wesentliche Beziehung darauf: das Subjekt soll Bürger des Reiches Gottes sein.
Dieses, daß das Subjekt selbst ein Kind Gottes werden soll, enthält, daß die Versöhnung an und für sich vollbracht ist in der göttlichen Idee und sie dann auch erschienen ist, die Wahrheit dem Menschen gewiß ist. Eben das Gewißsein ist die Erscheinung, die Idee, wie sie in der Weise des Erscheinens an das Bewußtsein kommt.

Das Verhältnis des Subjekts zu dieser Wahrheit ist, daß das Subjekt eben zu dieser bewußten Einheit kommt, sich derselben würdigt, sie in sich hervorbringt, erfüllt wird vom göttlichen Geist.
Dies geschieht durch Vermittlung in sich selbst, und diese Vermittlung ist,
daß es diesen Glauben hat, denn der Glaube ist die Wahrheit, die Voraussetzung, daß an und für sich und gewiß die Versöhnung vollbracht ist.
Nur vermittels dieses Glaubens, daß die Versöhnung an und für sich und gewiß vollbracht ist, ist das Subjekt fähig imstande, sich selbst in diese Einheit zu setzen. Diese Vermittlung ist absolut notwendig.

In dieser Beseligung vermittels dieses Ergreifens ist die Schwierigkeit aufgehoben, die unmittelbar darin liegt, daß das Verhältnis der Gemeinde ist zu dieser Idee ein Verhältnis von einzelnen, besonderen Subjekten zur Idee; aber diese Schwierigkeit ist gehoben in dieser Wahrheit selbst.

Die Schwierigkeit ist näher, daß das Subjekt verschieden ist vom göttlichen Geist, was als seine Endlichkeit erscheint. Dieses ist gehoben, und daß es gehoben ist, liegt darin,
daß Gott das Herz des Menschen ansieht, den substantiellen Willen, die innerste, alles befassende Subjektivität des Menschen, das innere, wahrhafte, ernstliche Wollen.

Außer diesem inneren Willen, verschieden von dieser innerlichen, substantiellen Wirklichkeit ist am Menschen noch seine Äußerlichkeit, seine Mangelhaftigkeit, daß er Fehler begehen,
daß er existieren kann auf eine Weise, die dieser innerlichen, substantiellen Wesentlichkeit,
dieser substantiellen, wesentlichen Innerlichkeit nicht angemessen ist.
Aber die Äußerlichkeit, das Anderssein überhaupt, die Endlichkeit, Unvollkommenheit, wie sie sich weiter bestimmt, ist zu einem Unwesentlichen herabgesetzt und als solches gewußt.
Denn in der Idee ist das Anderssein des Sohnes ein vorübergehendes, verschwindendes,
kein wahrhaftes, wesentliches, bleibendes, absolutes Moment.

Das ist der  Begriff der Gemeinde überhaupt: die Idee, die insofern der Prozeß des Subjekts in und an ihm selbst ist, welches Subjekt in den Geist aufgenommen, geistig ist, so daß der Geist Gottes in ihm wohnt. Dies sein reines Selbstbewußtsein ist zugleich Bewußtsein der Wahrheit, und dieses reine Selbstbewußtsein, das die Wahrheit weiß und will, ist eben der göttliche Geist in ihm.
Oder dieses Selbstbewußtsein als Glaube ausgesprochen, der auf dem Geiste, d. h. auf einer Vermittlung beruht, die alle endliche Vermittlung aufhebt, ist der von Gott gewirkte Glaube.

 

 

1)    Gal. 4, 4

2)    vgl. Luk. 17, 21

3)   Joh. 4, 48; / Matth. 7, 22 f.

 

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