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Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Wissenschaft der Logik.
Erster Teil. Die objektive Logik.

B. Knotenlinie von Maaßverhältnissen.

Die letzte Bestimmung des Maaßverhältnisses war, daß es als specifisch ausschließend ist;
das Ausschließen kommt der Neutralität als negativer Einheit der unterschiedenen Momente zu. Für diese fürsichseyende Einheit, die Wahlverwandtschaft, hat sich in Ansehung ihrer Beziehung auf die andern Neutralitäten kein weiteres Princip der Specifikation ergeben;
diese bleibt nur in der quantitativen Bestimmung der Affinität überhaupt,
nach der es bestimmte Mengen sind, welche sich neutralisiren, und damit anderen relativen Wahlverwandtschaften ihrer Momente gegenüberstehen.
Aber ferner um der quantitativen Grundbestimmung willen kontinuirt sich die ausschließende Wahlverwandtschaft auch in die ihr andern Neutralitäten,
und diese Kontinuität ist nicht nur äußerliche Beziehung der verschiedenen Neutralitäts-Verhältnisse, als eine Vergleichung, sondern die Neutralität hat als solche eine Trennbarkeit in ihr, indem die, aus deren Einheit sie geworden ist, als selbstständige Etwas, jedes als gleichgültig, mit diesem oder mit andern der gegenüberstehenden Reihe,
ob zwar in verschiedenen specifisch bestimmten Mengen sich zu verbinden, in Beziehung treten. Dadurch ist dieß Maaß, das auf einem solchen Verhältnisse in ihm selbst beruht, mit eigner Gleichgültigkeit behaftet; es ist ein an ihm selbst Aeußerliches und in seiner Beziehung auf sich ein Veränderliches.

Diese Beziehung des Verhältnißmaaßes auf sich ist verschieden von seiner Aeußerlichkeit und Veränderlichkeit, als seiner quantitativen Seite, es ist als Beziehung auf sich gegen diese, eine seyende, qualitative Grundlage; - bleibendes, materielles Substrat, welches,
zugleich als die Kontinuität des Maaßes in seiner Aeußerlichkeit mit sich selbst, in seiner Qualität jenes Princip der Specification dieser Aeußerlichkeit enthalten müßte.
Das ausschließende Maaß nach dieser nähern Bestimmung nun, in seinem Fürsichseyn sich äußerlich, stößt sich von sich selbst ab, setzt sich sowohl als ein anderes nur quantitatives,
als auch als ein solches anderes Verhältniß, das zugleich ein anderes Maaß ist; ist als an sich selbst specificirende Einheit bestimmt, welche an ihr Maaßverhältnisse producirt.
Diese Verhältnisse sind von der obigen Art der Affinitäten, in welchen ein Selbstständiges sich zu Selbstständigen anderer Qualität und zu einer Reihe solcher verhält, verschieden;
sie finden an einem und demselben Substrate, innerhalb derselben Momente der Neutralität statt; das Maaß bestimmt sich von sich abstoßend zu andern nur quantitativ verschiedenen Verhältnissen, welche gleichfalls Affinitäten und Maaße bilden abwechselnd mit solchen,
welche nur quantitative Verschiedenheiten bleiben. Sie bilden auf solche Weise eine Knotenlinie von Maaßen auf einer Skale des Mehr und Weniger.

Es ist ein Maaßverhältniß vorhanden; eine selbstständige Realität, die qualitativ von andern unterschieden ist. Ein solches Fürsichseyn ist,
weil es zugleich wesentlich ein Verhältniß von Quantis ist, der Aeußerlichkeit und der Quantumsveränderung offen;
es hat eine Weite, innerhalb deren es gegen diese Veränderung gleichgültig bleibt und seine Qualität nicht ändert. Aber es tritt ein Punkt dieser Aenderung des Quantitativen ein,
auf welchem die Qualität geändert wird, das Quantum sich als specificirend erweist,
so daß das veränderte quantitative Verhältniß in ein Maaß und damit in eine neue Qualität,
ein neues Etwas, umgeschlagen ist. Das Verhältniß, das an die Stelle des ersten getreten,
ist durch dieses bestimmt Theils nach der qualitativen Dieselbigkeit der Momente,
die in Affinität stehen, Theils nach der quantitativen Kontinuität. Aber indem der Unterschied in dieses Quantitative fällt, verhält sich das neue Etwas gleichgültig gegen das Vorhergehende,
ihr Unterschied ist der äußerliche des Quantums.
Es ist also nicht aus dem vorhergehenden, sondern unmittelbar aus sich hervorgetreten; d. i. aus der innerlichen, noch nicht ins Daseyn getretenen specificirenden Einheit.
 - Die neue Qualität oder das neue Etwas ist demselben Fortgange seiner Veränderung unterworfen und sofort ins Unendliche.

Insofern der Fortgang von einer Qualität in stätiger Kontinuität der Quantität ist,
sind die einem qualificirenden Punkte sich nähernden Verhältnisse quantitativ betrachtet,
nur durch das Mehr und Weniger unterschieden.
Die Veränderung ist nach dieser Seite ['Seice' bei Henning/A.R.] eine allmählige.
Aber die Allmähligkeit betrifft bloß das Aeußerliche der Veränderung, nicht das Qualitative derselben; das vorhergehende quantitative Verhältniß, das dem folgenden unendlich nahe ist,
 ist noch ein anderes qualitatives Daseyn.
Nach der qualitativen Seite wird daher das bloß quantitative Fortgehen der Allmähligkeit, das keine Grenze an sich selbst ist, absolut abgebrochen; indem die neu eintretende Qualität nach ihrer bloß quantitativen Beziehung eine gegen die verschwindende unbestimmt andere,
eine gleichgültige ist, ist der Uebergang ein Sprung; beide sind s als völlig äußerliche gegeneinander gesetzt. - Man sucht sich gern durch die Allmähligkeit des Uebergangs eine Veränderung begreiflich zu machen; aber vielmehr ist die Allmähligkeit gerade die bloß gleichgültige Aenderung, das Gegentheil der qualitativen. In der Allmähligkeit ist vielmehr der Zusammenhang der beiden Realitäten,
- sie werden als Zustände, oder als selbstständige Dinge genommen,
- aufgehoben; es ist gesetzt, daß keine die Grenze der andern,
sondern eine der andern schlechthin äußerlich ist; hiermit wird gerade das,
was zum Begreiffen nöthig ist, wenn auch noch so wenig dazu erfordert wird, entfernt.

G.W.F. Hegel
Wissenschaft der Logik
Erstes Buch.
Die Lehre vom Sein

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(“Grosse Logik”)

Anmerkung.

Das natürliche Zahlensystem zeigt schon eine solche Knotenlinie von qualitativen Momenten,
die sich in dem bloß äußerlichen Fortgang hervorthun.
Es ist eines Theils ein bloß quantitatives Vor- und Zurückgehen, ein fortwährendes Hinzuthun oder Wegnehmen, so daß jede Zahl dasselbe arithmetische Verhältniß zu ihrer vorhergehenden und nachfolgenden hat, als diese zu ihrer vorhergehenden und nachfolgenden u.s.f.
Aber die hierdurch entstehenden Zahlen haben auch zu andern vorhergehenden oder folgenden ein specifisches Verhältniß, entweder ein solches vielfaches von einer derselben als eine ganze Zahl ausdrückt, oder Potenz und Wurzel zu seyn.
- In den musikalischen Verhältnissen, tritt ein harmonisches Verhältniß in der Skale des quantitativen Fortgehens durch ein Quantum ein, ohne daß dieses Quantum für sich auf der Skale zu seinem vorhergehenden und nachfolgenden ein anderes Verhältniß hätte,
als diese wieder zu ihren vorhergehenden und nachfolgenden. Indem folgende Töne vom Grundtone sich immer mehr zu entfernen oder Zahlen durch das arithmetische Fortgehen nur noch mehr andere zu werden scheinen, thut sich vielmehr auf einmal eine Rückkehr, eine überraschende Uebereinstimmung hervor, die nicht durch das unmittelbar vorhergehende qualitativ vorbereitet war, sondern als eine actio in distans , als eine Beziehung zu einem Entfernten, erscheint; der Fortgang an bloß gleichgültigen Verhältnissen,
welche die vorhergehende specifische Realität nicht ändern oder auch überhaupt keine solche bilden, unterbricht sich auf einmal, und indem er in quantitativer Rücksicht auf dieselbe Weise fortgesetzt ist, bricht somit durch einen Sprung ein specifisches Verhältniß ein.

In chemischen Verbindungen kommen bei der progressiven Aenderung der Mischungsverhältnisse solche qualitative Knoten und Sprünge vor, daß zwei Stoffe auf besondern Punkten der Mischungsskale, Produkte bilden, welche besondere Qualitäten zeigen.
Diese Produkte unterscheiden sich nicht bloß durch ein Mehr und Weniger von einander,
noch sind sie mit den Verhältnissen, die jenen Knotenverhältnissen nahe liegen, schon vorhanden, etwa nur in einem schwächern Grade, sondern sind an solche Punkte selbst gebunden. Z. B. die Verbindungen voll Sauerstoff und Stikstoff geben die verschiedenen Stikstoffoxyde und Salpetersäuren, die nur an bestimmten Quantitäts-Verhältnissen der Mischung hervortreten und wesentlich verschiedene Qualitäten haben, so daß in dazwischen liegenden Mischungsverhältnissen keine Verbindungen Von specifischen Existenzen erfolgen.
- Die Metalloxyde, z. B. die Bleioxyde bilden sich auf gewissen quantitativen Punkten der Oxydation, und unterscheiden sich durch Farben und andere Qualitäten.
Sie gehen nicht allmählig in einander über, die zwischen jenen Knoten liegende Verhältnisse geben kein Neutrales, kein specifisches Daseyn.
Ohne durch Zwischenstufen durchgegangen zu seyn, tritt eine specifische Verbindung auf,
die auf einem Maaßverhältnisse beruht, und eigene Qualitäten hat.
- Oder das Wasser, indem es seine Temperatur ändert, wird damit nicht bloß mehr oder weniger warm, sondern geht durch die Zustände der Härte, der tropfbaren Flüssigkeit und der elastischen Flüssigkeit hindurch; diese verschiedenen Zustände treten nicht allmählig ein,
sondern eben das bloß allmählige Fortgehen der Temperatur-Aenderung wird durch diese Punkte mit einemmale unterbrochen und gehemmt, und der Eintritt eines andern Zustandes ist ein Sprung. - Alle Geburt und Tod, sind, statt eine fortgesetzte Allmähligkeit zu seyn, vielmehr ein Abbrechen derselben, und der Sprung aus quantitativer Veränderung in qualitative.

Es giebt keinen Sprung in der Natur, wird gesagt; und die gewöhnliche Vorstellung,
wenn sie ein Entstehen oder Vergehen begreifen soll, meint, wie erinnert, es damit begriffen zu haben, daß sie es als ein allmähliges Hervorgehen oder Verschwinden vorstellt.
Es hat sich aber gezeigt, daß die Veränderungen des Seyns überhaupt nicht nur das Uebergehen einer Größe in eine andere Größe, sondern Uebergang vom Qualitativen in das Quantitative und umgekehrt sind, ein Anders-werden, das ein Abbrechen des Allmähligen und ein Qualitativ-Anderes gegen das vorhergehende Daseyn ist.
Das Wasser wird durch die Erkältung nicht nach und nach hart,
so daß es breiartig würde und allmählig bis zur Konsistenz des Eises sich verhärtete,
sondern ist auf einmal hart; schon mit der ganzen Temperatur des Eispunktes,
wenn es ruhig steht, kann es noch seine ganze Flüssigkeit haben,
und eine geringe Erschütterung bringt es in den Zustand der Härte.

Bei der Allmähligkeit des Entstehens liegt die Vorstellung zu Grunde,
daß das Entstehende schon sinnlich oder überhaupt wirklich vorhanden,
nur wegen seiner Kleinheit noch nicht wahrnehmbar,
so wie bei der Allmähligkeit des Verschwindens,
daß das Nichtseyn oder das Andere an seine Stelle Tretende gleichfalls vorhanden,
nur noch nicht bemerkbar sey; - und zwar vorhanden nicht in dem Sinne,
daß das Andere in dem vorhandenen Andern an sich enthalten, sondern
daß es als Daseyn, nur unbemerkbar, vorhanden sey.
Es wird damit das Entstehen und Vergehen überhaupt aufgehoben, oder das An-sich,
das Innere, in welchem etwas vor seinem Daseyn ist, in eine Kleinheit des äußerlichen Daseyns verwandelt, und der wesentliche, oder der Begriffsunterschied in einen äußerlichen, bloßen Größeunterschied.
- Das Begreiflichmachen eines Entstehens oder Vergehens aus der Allmähligkeit der Veränderung hat die der Tautologie eigene Langweiligkeit; es hat das Entstehende oder Vergehende schon vorher ganz fertig und macht die Veränderung zu einer bloßen Aenderung eines äußerlichen Unterschiedes, wodurch sie in der That nur eine Tautologie ist.
Die Schwierigkeit für solchen begreifen wollenden Verstand liegt in dem qualitativen Uebergang von Etwas in sein Anderes überhaupt und in sein Entgegengesetztes;
dagegen spiegelt er sich die Identität und die Veränderung als die gleichgültige, äußerliche des Quantitativen vor.

Im Moralischen, insofern es in der Sphäre des Seyns betrachtet wird,
findet derselbe Uebergang des Quantitativen ins Qualitative statt; und verschiedene Qualitäten erscheinen, sich auf eine Verschiedenheit der Größe zu gründen.
Es ist ein Mehr und Weniger, wodurch das Maaß des Leichtsinns überschritten wird,
und etwas ganz Anderes, Verbrechen, hervortritt, wodurch Recht in Unrecht,
Tugend in Laster übergeht. - So erhalten auch Staaten durch ihren Größenunterschied,
wenn das Uebrige als gleich angenommen wird, einen verschiedenen qualitativen Charakter. Gesetze und Verfassung werden zu etwas Anderem,
wenn der Umfang des Staats und die Anzahl der Bürger sich erweitert.
Der Staat hat ein Maaß seiner Größe, über welche hinausgetrieben er haltungslos in sich zerfällt, unter derselben Verfassung, welche bei nur anderem Umfange sein Glück und seine Stärke ausmachte.

 

C. Das Maaßlose

Das ausschließende Maaß bleibt in seinem realisirten Fürsichseyn selbst, mit dem Momente quantitativen Daseyns behaftet,
darum des Auf- und Absteigens an der Skale des Quantums fähig, auf welcher die Verhältnisse sich ändern. Etwas oder eine Qualität als auf solchem Verhältnisse beruhend, wird über sich hinaus in das Maaßlose getrieben, und geht durch die bloße Aenderung seiner Größe zu Grunde. Die Größe ist die Beschaffenheit, an der ein Daseyn mit dem Scheine von Unverfänglichkeit ergriffen und wodurch es zerstört werden kann.

Das abstrakte Maaßlose ist das Quantum überhaupt als in sich bestimmungslos,
und als nur gleichgültige Bestimmtheit, durch welche das Maaß nicht verändert wird.
In der Knotenlinie der Maaße ist sie zugleich als specificirend gesetzt;
jenes abstrakte Maaßlose hebt sich zur qualitativen Bestimmtheit auf; das neue Maaßverhältniß,
 in welches das zuerst vorhandene übergeht, ist ein Maaßloses in Rücksicht auf dieses,
an ihm selbst aber ebenso eine für sich-seyende Qualität;
so ist die Abwechslung von specifischen Existenzen miteinander und derselben ebenso mit bloß quantitativbleibenden Verhältnissen gesetzt,
- sofort ins Unendliche. Was also in diesem Uebergehen vorhanden ist,
ist sowohl die Negation der specifischen Verhältnisse,
als die Negation des quantitativen Fortgangs selbst; das fürsichseyende Unendliche.
- Die qualitative Unendlichkeit, wie sie am Daseyn ist,
war das Hervorbrechen des Unendlichen am Endlichen,
als unmittelbarer Uebergang und Verschwinden des Diesseits in seinem Jenseits.
Die quantitative Unendlichkeit hingegen ist ihrer Bestimmtheit nach schon die Kontinuität des Quantums, eine Kontinuität desselben über sich hinaus. Das Qualitativ-Endliche wird zum Unendlichen; das Quantitativ-Endliche ist sein Jenseits an ihm selbst,
und weist über sich hinaus. Aber diese Unendlichkeit der Specifikation des Maaßes setzt ebensowohl das Qualitative wie das Quantitative als sich in einander aufhebend,
und damit die erste, unmittelbare Einheit derselben, welche das Maaß überhaupt ist, als in sich zurückgekehrt und damit selbst als gesetzt.
Das Qualitative, eine specifische Existenz, geht in eine andere so über,
daß nur eine Veränderung der Größebestimmtheit eines Verhältnisses vorgeht;
die Veränderung des Qualitativen selbst in Qualitatives ist damit als eine äußerliche und gleichgültige, und als ein Zusammengehen mit sich selbst gesetzt; das Quantitative hebt sich ohnehin als umschlagend in Qualitatives, das An- und Für-Sichbestimmtseyn, auf.
Diese so sich in ihrem Wechsel der Maaße in sich selbst kontinuirende Einheit ist die wahrhaft bestehenbleibende, selbstständige Materie, Sache.

Was hiermit vorhanden ist, ist à) eine und dieselbe Sache, welche als Grundlage in ihren Unterscheidungen und als perennirend gesetzt ist.
Schon im Quantum überhaupt beginnt dieß Abtrennen des Seyns von seiner Bestimmtheit;
groß ist etwas, als gleichgültig gegen seine seyende Bestimmtheit.
Im Maaße ist die Sache selbst bereits an sich Einheit des Qualitativen und Quantitativen,
- der beiden Momente, die innerhalb der allgemeinen Sphäre des Seyns, den Unterschied ausmachen, und wovon das Eine das Jenseits des Andern ist; das perennirende Substrat hat auf diese Weise zunachst an ihm selbst die Bestimmung seyender Unendlichkeit.
ß) Diese Dieselbigkeit des Substrats ist darin gesetzt, daß die qualitativen Selbstständigkeiten, in welche die maaßbestimmende Einheit abgestoßen ist, nur in quantitativen Unterschieden bestehen, so daß das Substrat sich in dieß sein Unterscheiden kontinuirt;
ç) in dem unendlichen Progresse der Knotenreihe ist die Kontinuirung des Qualitativen in das quantitative Fortgehen, als in eine gleichgültige Veränderung, aber ebenso die darin enthaltene Negation des Qualitativen, und zugleich damit der bloß quantitativen Aeußerlichkeit, gesetzt.
Das quantitative Hinausweisen über sich zu einem Andern, als anderem Quantitativen geht unter in dem Hervortreten eines Verhältnißmaaßes, einer Qualität, und das qualitative Uebergehen hebt sich eben darin auf, daß die neue Qualität selbst nur ein quantitatives Verhältniß ist. Dieß Uebergehen des Qualitativen und des Quantitativen in einander geht auf dem Boden ihrer Einheit vor, und der Sinn dieses Processes ist nur das Daseyn, das Zeigen oder Setzen, daß demselben ein solches Substrat zu Grunde liegt, welches ihre Einheit sey.

In den Reihen selbstständiger Maaßverhältnisse sind die einseitigen Glieder der Reihen unmittelbare qualitative Etwas, (die specifischen Schweren, oder die chemische Stoffe,
die basischen oder kalischen, die sauren z. B.), und dann die Neutralisationen derselben,
(- worunter hier auch die Verbindungen von Stoffen verschiedener specifischer Schwere zu begreiffen sind -) sind selbstständige und selbst ausschließende Maaßverhältnisse, gegeneinander gleichgültige Totalitäten fürsichseyenden Daseyns. Nun sind solche Verhältnisse nur als Knoten eines und desselben Substrats bestimmt. Damit sind die Maaße und die damit gesetzten Selbstständigkeiten zu Zuständen herabgesetzt. Die Veränderung ist nur Aenderung eines Zustandes und das Uebergehende ist als darin dasselbe bleibend gesetzt.

Um die Fortbestimmung, welche das Maaß durchloffen hat, zu übersehen, so fassen sich die Momente derselben so zusammen, daß das Maaß zunächst die selbst unmittelbare Einheit der Qualität und der Quantität ist als ein gewöhnliches Quantum, das aber specifisch ist.
Hiermit als nicht auf Anderes, sondern auf sich beziehende Quantitätsbestimmtheit ist es wesentlich Verhaltniß. Daher ferner enthält es seine Momente als aufgehobene und ungetrennte in sich; wie immer in einem Begriffe, ist der Unterschied in demselben so, daß jedes von dessen Momenten selbst Einheit des Qualitativen und Quantitativen ist. Dieser hiermit reale Unterschied ergiebt eine Menge von Maaßverhältnissen die als formelle Totalitäten in sich selbstständig sind. Die Reihen, welche die Seiten dieser Verhaltnisse bilden, sind für jedes einzelne Glied, das als einer Seite zugehörig sich zu der ganzen gegenüberstehenden Reihe verhält, dieselbe konstante Ordnung. Diese, als bloße Ordnung, noch ganz äußerliche Einheit, zeigt sich zwar als immanente specificirende Einheit eines fürsichseyenden Maaßes unterschieden von seinen Specifikationen; aber das specificirende Princip ist noch nicht der freie Begriff welcher allein seinen Unterschieden immanente Bestimmung giebt, sondern das Princip ist zunächst nur Substrat, eine Materie, für deren Unterschiede, um als Totalitäten, zu seyn, d. i. die Natur des sich selbst gleich bleibenden Substrats in sich zu haben, nur die äußerliche quantitative Bestimmung vorhanden ist, die sich als Verschiedenheit der Qualität zugleich zeigt. Die Maaßbestimmnng ist in dieser Einheit des Substrats mit sich selbst eine aufgehobene, ihre Qualität ein durch das Quantum (bestimmter, äußerlicher Zustand. - Dieser Verlauf ist ebensowohl die realisirende Fortbestimmung des Maaßes, als sie das Herabsetzen desselben zu einem Momente ist.

 

 

Drittes Kapitel.
Das Werden des Wesens.

 

A. Die absolute Indifferenz.

Das Seyn ist die abstrakte Gleichgültigkeit, wofür, da sie für sich als Seyn gedacht werden soll, der Ausdruck Indifferenz gebraucht worden ist, - an der noch keine Art von Bestimmtheit seyn soll; die reine Quantität ist die Indifferenz als aller Bestimmungen fähig, so aber daß diese ihr äußerlich, und sie aus sich keinen Zusammenhang mit denselben hat; die Indifferenz aber, welche die absolute genannt werden kann, ist, die durch die Negation aller Bestimmtheiten des Seyns, der Qualität und Quantität und deren zunächst unmittelbaren Einheit, des Maaßes, sich mit sich zur einfachen Einheit vermittelt. Die Bestimmtheit ist an ihr nur noch als Zustand d. i. als ein qualitatives Aeußerliches, das die Indifferenz zum Substrate hat.

Das aber, was so als qualitatives Aeußerliches bestimmt worden, ist nur ein Verschwindendes; als so äußerlich gegen das Seyn ist das Qualitative als das Gegentheil seiner selbst nur das sich Aufhebende. Die Bestimmtheit ist auf diese Weise an dem Substrate nur noch gesetzt als ein leeres Unterscheiden. Aber eben dieß leere Unterscheiden ist die Indifferenz selbst als Resultat. Und zwar ist sie so das Konkrete, das in ihm selbst durch die Negation aller Bestimmungen des Seyns mit sich vermittelte. Als diese Vermittelung enthält sie die Negation und Verhältniß, und was Zustand hieß, ist ihr immanentes, sich auf sich beziehendes Unterscheiden; eben die Aeußerlichkeit und deren Verschwinden macht die Einheit des Seyns zur Indifferenz, und ist also innerhalb dieser, welche damit aufhört, nur Substrat und an ihr selbst nur abstrakt zu seyn.

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B. Die Indifferenz als umgekehrtes Verhältniß ihrer Faktoren.

Es ist nun zu sehen, wie diese Bestimmung der Indifferenz an ihr selbst und sie damit als fürsichseyend gesetzt ist.

1. Die Reduktion der zunächst als selbstständig geltenden Maaßverhältnisse begründet Ein Substrat derselben; dieses ist deren Kontinuirung in einander, somit das untrennbare Selbstständige, das in seinen Unterschieden ganz vorhanden ist. Für diesen Unterschied sind die in ihm enthaltenen Bestimmungen, die Qualität und die Quantität vorhanden, und es kommt ganz nur darauf an, wie diese an ihm gesetzt sind. Dieß aber ist dadurch bestimmt, daß das Substrat zunächst als Resultat, und an sich die Vermittelung, aber diese so an ihm noch nicht als solche gesetzt ist; wodurch dasselbe zunächst Substrat und in Ansehung der Bestimmtheit als die Indifferenz ist.

Der Unterschied ist daher an ihr wesentlich zunächst der nur quantitative äußerliche; und es sind zwei unterschiedene Quanta eines und desselben Substrats, welches auf diese Weise die Summe derselben, somit selbst als Quantum bestimmt wäre. Die Indifferenz ist aber dieses feste Maaß, die ansichseyende absolute Grenze nur in Beziehung auf jene Unterschiede so, daß sie nicht an ihr selbst Quantum wäre, und in irgend einer Weise als Summe oder auch Exponent Andern, es sey Summen, Indifferenzen, gegenüber träte. Es ist nur die abstrakte Bestimmtheit, welche in die Indifferenz fällt; die beiden Quanta um als Momente an ihr gesetzt zu seyn, sind veränderlich, gleichgültig, größer oder kleiner gegeneinander. Durch die feste Grenze ihrer Summe beschränkt aber verhalten sie sich zugleich nicht äußerlich, sondern negativ gegeneinander; was nun die qualitative Bestimmung ist, in der sie zu einander stehen. Sie sind darnach im umgekehrten Verhältnisse zu einander. Von dem frühern formellen umgekehrten Verhältnisse ist dieses dadurch unterschieden, daß hier das Ganze ein reales Substrat, und jede der beiden Seiten gesetzt ist, selbst an sich dieß Ganze seyn zu sollen.

Nach der angegebenen qualitativen Bestimmtheit ist der Unterschied ferner als von zwei Qualitäten vorhanden, deren eine durch die andere aufgehoben wird, aber als in Einer Einheit gehalten und sie ausmachend, von der andern untrennbar ist. Das Substrat selbst ist als die Indifferenz gleichfalls an sich die Einheit der beiden Qualitäten; jede der Seiten des Verhältnisses enthält daher ebenso sie beide in sich, und ist nur durch ein Mehr der einen Qualität und das Weniger der andern und umgekehrt unterschieden; die eine Qualität ist durch ihr Quantum, in der einen Seite nur die überwiegende, die andere in der andern.

Jede Seite ist somit an ihr selbst ein umgekehrtes Verhältniß; dieses Verhältniß kehrt als formelles an den unterschiedenen Seiten zurück. Diese Seiten selbst kontinuiren sich so auch nach ihren qualitativen Bestimmungen in einander, jede der Qualitäten verhält in der andern sich zu sich selbst, und ist in jeder der beiden Seiten nur in einem verschiedenen Quantum. Ihr quantitativer Unterschied ist jene Indifferenz, nach der sie sich in einander kontinuiren, und diese Kontinuation ist als Dieselbigkeit der Qualitäten in jeder der beiden Einheiten. - Die Seiten aber, jede als das Ganze der Bestimmungen, hiermit die Indifferenz selbst enthaltend, sind so gegeneinander zugleich als selbstständig gesetzt.

2. Das Seyn ist nun als diese Indifferenz, das Bestimmtseyn des Maaßes nicht mehr in seiner Unmittelbarkeit; sondern dasselbe auf die so eben aufgezeigte entwickelte Weise; - Indifferenz als es an sich das Ganze der Bestimmungen des Seyns, welche zu dieser Einheit aufgelöst sind; - ebenso Daseyn, als Totalität der gesetzten Realisation, in welcher die Momente selbst die ansichseyende Totalität der Indifferenz, von ihr als ihrer Einheit getragen, sind. Weil aber die Einheit nur als Indifferenz und damit nur als an sich festgehalten, und die Momente noch nicht als fürsichseyend, d. i. noch nicht an ihnen selbst und durcheinander sich zur Einheit aufhebend, bestimmt sind, so ist damit überhaupt die Gleichgültigkeit ihrer selbst gegen sich als entwickelte Bestimmtheit vorhanden.

Dieß so untrennbare Selbstständige ist nun näher zu betrachten. Es ist immanent in allen seinen Bestimmungen und bleibt in ihnen in der Einheit mit sich ungetrübt von ihnen, aber hat à) als an sich die Totalität bleibend die Bestimmtheiten, welche in ihr aufgehoben sind, nur grundlos an ihr hervortretend. Das Ansich der Indifferenz und dieß ihr Daseyn ist unverbunden; die Bestimmtheiten zeigen sich auf unmittelbare Weise an ihr; sie ist ganz in jeder derselben; deren Unterschied hiermit zunächst als ein aufgehobener, also als quantitativer gesetzt; aber eben damit nicht als das Abstoßen ihrer von sich selbst, sie nicht als selbstbestimmend, nur als äußerlich bestimmtseyend und bestimmtwerdend.

ß) Die beiden Momente sind in umgekehrtem quantitativem Verhältnisse; - ein Hin- und Hergehen an der Größe, das aber nicht durch die Indifferenz, welche eben die Gleichgültigkeit dieses Hin- und Hergehens ist, sondern hiermit nur äußerlich bestimmt ist. Es wird auf ein Anderes hingewiesen, das außerhalb ihr ist und in welchem das Bestimmen liegt. Das Absolute als Indifferenz hat nach dieser Seite den zweiten Mangel der quantitativen Form, daß die Bestimmtheit des Unterschieds nicht durch dasselbe determinirt ist, wie es daran den ersten hat, daß die Unterschiede an ihm nur überhaupt hervortreten, d. i. das Setzen desselben etwas Unmittelbares nicht seine Vermittelung mit sich selbst ist.

ç) Die quantitative Bestimmtheit der Momente, welche nun Seiten des Verhältnisses sind, macht die Weise ihres Bestehens aus; ihr Daseyn ist durch diese Gleichgültigkeit dem Uebergehen des Qualitativen entnommen. Aber sie haben ein von diesem ihrem Daseyn verschiedenes, ihr an sichseyendes Bestehen darin, daß sie an sich die Indifferenz selbst, jede selbst die Einheit der beiden Qualitäten ist, in welche das qualitative Moment sich spaltet.
Der Unterschied der beiden Seiten beschränkt sich darauf, daß die eine Qualität in der einen Seite mit einem Mehr, in der andern mit einem Weniger, und die andere darnach umgekehrt gesetzt ist. So ist jede Seite an ihr die Totalität der Indifferenz. - Jede der beiden Qualitäten einzeln für sich genommen, bleibt gleichfalls dieselbe Summe, welche die Indifferenz ist;
sie kontinuirt sich aus der einen Seite in die andere, und wird durch die quantitative Grenze,
die dabei in ihr gesetzt wird, nicht beschränkt. Hieran kommen die Bestimmungen in unmittelbaren Gegensatz, welcher sich zum Widerspruch entwickelt, was nun zu sehen ist.

3. Nämlich jede Qualität tritt innerhalb jeder Seite in die Beziehung zu der andern, und zwar so daß auch, wie bestimmt worden ist, diese Beziehung nur ein quantitativer Unterschied seyn soll. Sind beide Qualitäten selbstständig, - etwa genommen wie von einander unabhängige, sinnliche Materien, so fällt die ganze Bestimmtheit der Indifferenz auseinander; ihre Einheit und Totalität wären leere Namen. Sie sind aber vielmehr zugleich so bestimmt, daß sie in Einer Einheit befaßt, daß sie untrennbar sind, jede nur Sinn und Realität in dieser einen qualitativen Beziehung auf die andere hat. Darum nun aber, weil ihre Quantitativität schlechthin von dieser qualitativen Natur ist, reicht jede nur so weit, als die andere. Insofern sie als Quanta verschieden seyn sollten, ginge die eine über die andere hinaus und hätte in ihrem Mehr ein gleichgültiges Daseyn, welches die andere nicht hätte. Aber in ihrer qualitativen Beziehung ist jede nur insofern die andere ist. - Hieraus folgt dieß, daß sie im Gleichgewicht sind, daß um soviel die eine sich vermehrte oder verminderte, die andere gleichfalls zu- oder abnähme, und in demselben Verhältnisse zu- oder abnähme.

Aus dem Grunde ihrer qualitativen Beziehung kann es daher zu keinem quantitativen Unterschiede und keinem Mehr der einen Qualität kommen. Das Mehr, um welches das eine der in Beziehung stehenden Momente über das andere hinaus wäre, wäre nur eine haltungslose Bestimmung, oder dieß Mehr wäre nur wieder das andere selbst; in dieser Gleichheit beider aber ist keines vorhanden, denn ihr Daseyn sollte nur auf der Ungleichheit ihres Quantums beruhen. - Jeder dieser seyn sollenden Faktoren verschwindet ebenso, indem er über den andern hinaus als indem er ihm gleich seyn soll. Jenes Verschwinden erscheint so, daß von der quantitativen Vorstellung aus das Gleichgewicht gestört und der eine Faktor größer genommen wird, als der andere; so ist das Aufheben der Qualität des andern und seine Haltungslosigkeit gesetzt; der erstere wird das überwiegende, daß der andere mit beschleunigter Geschwindigkeit abnimmt und von dem ersten überwältigt wird, dieser also sich zum einzigen Selbstständigen macht; aber damit sind nicht mehr zwei Specifische und Faktoren, sondern nur das eine Ganze.

Diese Einheit so gesetzt als die Totalität des Bestimmens, wie sie selbst darin als Indifferenz bestimmt ist, ist der allseitige Widerspruch; sie ist somit so zu setzen, als dieser sich selbst aufhebende Widerspruch, zur fürsichseyenden Selbstständigkeit bestimmt zu seyn, welche die nicht mehr nur indifferente, sondern die in ihr selbst immanent negative absolute Einheit zum Resultate und Wahrheit hat, welche das Wesen ist.

 

Anmerkung.

Das Verhältniß eines Ganzen, das seine Bestimmtheit in dem Größenunterschiede qualitativ gegen einander bestimmter Faktoren haben soll, wird bei der elliptischen Bewegung der Himmelskörper gebraucht. Dieß Beispiel zeigt zunächst nur zwei Qualitäten im umgekehrten Verhältnisse zu einander, nicht zwei Seiten, deren jede selbst die Einheit beider und ihr umgekehrtes Verhältniß wäre. Bei der Festigkeit der empirischen Grundlage wird die Konsequenz übersehen, auf welche die in dieselbe gebrachte Theorie führt, nämlich das zu Grunde liegende Faktum zu zerstören, oder indem dieses, wie gehörig, festgehalten wird, die Leerheit der Theorie gegen dasselbe darzuthun. Das Ignoriren der Konsequenz läßt Faktum und die ihm widersprechende Theorie ruhig nebeneinander bestehen. - Das einfache Faktum ist, daß in der elliptischen Bewegung der Himmelskörper sich ihre Geschwindigkeit beschleunigt, indem sie sich dem Perihelium, und sich vermindert, indem sie sich dem Aphelium nähert. Das Quantitative dieses Faktums ist durch den unermüdlichen Fleiß des Beobachtens genau bestimmt und dasselbe weiter auf sein einfaches Gesetz und Formel zurückgeführt, somit alles geleistet, was wahrhaft an die Theorie zu fordern ist. Aber dieß hat dem reflektirenden Verstande nicht genügend geschienen. Zur sogenannten Erklärung des Phänomens und seines Gesetzes werden eine Centripetal- und Centrifugalkraft, als qualitative Momente der Bewegung in der krummen Linie, angenommen. Ihr qualitativer Unterschied besteht in der Entgegensetzung der Richtung, und in quantitativer Rücksicht darin, indem sie als ungleich bestimmt sind, daß wie die eine zu-, die andere abnehmen soll, und umgekehrt; dann auch ferner, daß das Verhältniß derselben wieder umschlage, daß nachdem die Centripetalkraft eine Zeitlang zugenommen, die Centrifugalkraft aber abgenommen, ein Punkt eintrete, wo die Centripetalkraft ab-, die Centrifugalkraft dagegen zunehme. Dieser Vorstellung widerspricht aber das Verhältniß ihrer wesentlich qualitativen Bestimmtheit gegeneinander. Durch diese sind sie schlechthin nicht auseinander zu bringen; jede hat nur Bedeutung in Rücksicht auf die andere; insofern also eine einen Ueberschuß über die andere hätte, insofern hätte sie keine Beziehung auf diese und wäre nicht vorhanden. - Bei der Annahme, daß die eine das einemal größer sey als die andere, wenn sie als größere in Beziehung auf die kleinere stünde, tritt das oben Gesagte ein, daß sie absolut das Uebergewicht erhielte, und die andere verschwände; die letztere ist als das Verschwindende, Haltungslose gesetzt, und an dieser Bestimmung ändert es nichts, daß das Verschwinden nur allmählig geschehen, und ebenso wenig, daß so viel sie abnähme an Größe, der erstern zuwachsen soll; dieses geht mit der andern zu Grunde, da was sie ist allein insofern ist, insofern die andere ist. Es ist eine sehr einfache Betrachtung, daß wenn z. B. wie vorgegeben wird, die Centripetalkraft des Körpers, indem er sich dem Perihelium nähert, zunehmen, die Centrifugalkraft hingegen um ebenso viel abnehmen soll, die letztere nicht mehr vermöchte, ihn der erstern zu entreißen, und von seinem Centralkörper wieder zu entfernen; im Gegentheil da die erstere einmal das Uebergewicht haben soll, so ist die andere überwältigt, und der Körper wird mit beschleunigter Geschwindigkeit seinem Centralkörper zugeführt. Wie umgekehrt, wenn die Centrifugalkraft an der unendlichen Nähe des Apheliums die Oberhand hat, es ebenso widersprechend ist, daß sie nun im Aphelium selbst von der schwächern überwältigt werden sollte. - Es erhellt ferner, daß es eine fremde Kraft wäre, welche diese Umkehrung bewirkte, dieß heißt, daß die bald beschleunigte, bald retardirte Geschwindigkeit der Bewegung nicht aus der angenommenen Bestimmung jener Faktoren erkannt oder, wie es genannt wird, erklärt werden könne, welche gerade deswegen angenommen worden sind, um diesen Unterschied zu erklären. Die Konsequenz des Verschwindens der einen oder der andern Richtung und damit der elliptischen Bewegung überhaupt, wird um des feststehenden Faktums willen, daß diese Bewegung fortdauert und aus der beschleunigten in die retardirte Geschwindigkeit übergeht, ignorirt und verborgen. Die Annahme des Umschlagens der Schwäche der Centripetalkraft im Aphelium in eine überwiegende Stärke gegen die Centrifugalkraft, und umgekehrt beim Perihelium, enthält Theils dasjenige, was oben entwickelt worden, daß jede der Seiten des umgekehrten Verhältnisses an ihr selbst dieß ganze umgekehrte Verhältniß ist; denn die Seite der Bewegung vom Aphelium zum Perihelium, - der überwiegend seyn sollenden Centripetalkraft,
- soll noch die Centrifugalkraft enthalten, aber im Abnehmen, wie jene zunimmt;
in eben dem umgekehrten Verhältniß soll sich in der Seite der retardirten Bewegung die überwiegende und immer überwiegender werdende Centrifugalkraft zur Centripetalkraft befinden, so daß auf keiner Seite eine derselben verschwunden sey, sondern nur immer kleiner werde bis zur Zeit ihres Umschlagens zum Ueberwiegen über die andere.
Es rekurrirt damit nur an jeder Seite das, was der Mangel an diesem umgekehrten Verhältniß ist, daß entweder jede Kraft selbstständig für sich genommen wird, und mit dem bloß äußerlichen Zusammentreffen derselben zu einer Bewegung, wie im Parallelogramm der Kräfte,
die Einheit des Begriffs, die Natur der Sache, aufgehoben ist, oder daß, indem beide sich qualitativ durch den Begriff zu einander verhalten, keine ein gleichgültiges, selbstständiges Bestehen gegen die andere erhalten kann, was ihr durch ein Mehr zugetheilt werden sollte;
die Form der Intensität, das sogenannte Dynamische, ändert nichts,
da es selbst in dem Quantum seine Bestimmtheit hat, und damit ebenso nur so viel Kraft äußern kann, d. h. nur insoweit existirt, als es an der entgegengesetzten Kraft sich gegenüber stehen hat. Theils aber enthält jenes Umschlagen aus dem Ueberwiegen in das Gegentheil die Abwechslung der qualitativen Bestimmung von Positiven und Negativen; das Zunehmen der einen ist ebenso viel Verlust der andern.
Der untrennbare qualitative Zusammenhang dieses qualitativen Gegensatzes ist in der Theorie in ein Nacheinander auseinander gerückt;
aber damit bleibt sie die Erklärung dieser Abwechslung sowohl als vornehmlich dieses Auseinanderrückens selbst schuldig.
Der Schein von Einheit, der noch in dem Zunehmen der einen mit ebenso vielem Abnehmen der andern liegt, verschwindet hier vollends;
es ist ein bloß äußerliches Erfolgen angegeben, das nur der Konsequenz jenes Zusammenhangs, nach der insofern die eine überwiegend geworden, die andere verschwinden muß, widerspricht.

Dasselbe Verhältniß ist auf die Attraktiv- und Repulsivkraft angewendet worden, um die verschiedene Dichtigkeit der Körper zu begreifen; auch das umgekehrte Verhältniß der Sensibilität und Irritabilität, hat dazu dienen sollen, um aus dem Ungleichwerden dieser Faktoren des Lebens die verschiedenen Bestimmungen des Ganzen, der Gesundheit, wie auch die Verschiedenheit der Gattungen der Lebendigen zu begreifen.
Jedoch die Verwirrung, und der Galimathias, in welchen sich dieß Erklären,
das eine naturphilosophische Grundlage der Physiologie, Nosologie, und dann der Zoologie werden sollte, in dem unkritischen Gebrauche dieser Begriffsbestimmungen verwickelte,
hat hier zur Folge gehabt, daß dieser Formalismus bald wieder aufgegeben worden ist,
der in der Wissenschaft besonders der physikalischen Astronomie in seiner ganzen Ausdehnung fortgeführt wird.

Insofern die absolute Indifferenz die Grundbestimmung der spinozistischen Substanz zu seyn scheinen kann, so kann hierüber noch bemerkt werden,
daß sie dieß allerdings in der Rücksicht ist,
daß in beiden alle Bestimmungen des Seyns, wie überhaupt jede weitere konkrete Unterscheidung von Denken und Ausdehnung u.s.f. als verschwunden gesetzt werden.
Es ist überhaupt gleichgültig, wenn bei der Abstraktion stehen geblieben werden soll, wie dasjenige, was in diesem Abgrund untergegangen ist, in seinem Daseyn ausgesehen habe.
Aber die Substanz als Indifferenz ist Theils mit dem Bedürfniß des Bestimmens und mit der Rücksicht auf dasselbe verbunden; sie soll nicht die Substanz des Spinoza bleiben, deren einzige Bestimmung das Negative ist, daß in ihr alles absorbirt sey. Bei Spinoza kommt der Unterschied, die Attribute, Denken und Ausdehnung, alsdann auch die Modi, die Affekten und alle übrigen Determinationen, ganz empirisch herbei; es ist der Verstand, selbst ein Modus,
in welchen dieß Unterscheiden fällt; die Attribute stehen zur Substanz und zu einander in keiner weitern Bestimmtheit, als daß sie die Substanz ganz ausdrücken, und ihr Inhalt, die Ordnung der Dinge als ausgedehnter und als Gedanken dieselbe ist. Durch die Bestimmung der Substanz als Indifferenz kommt aber die Reflexion auf den Unterschied hinzu, er wird nun gesetzt, als das was er bei Spinoza an sich ist, nämlich als äußerlicher, und damit näher als quantitativer. Die Indifferenz bleibt so in ihm wohl sich immanent, wie die Substanz, - aber abstrakt, nur an sich; der Unterschied ist nicht ihr immanent, als quantitativer ist er vielmehr das Gegentheil der Immanenz, und die quantitative Indifferenz ist vielmehr das Außersichseyn der Einheit.
Der Unterschied ist damit auch nicht qualitativ aufgefaßt, die Substanz nicht als das sich selbst Unterscheidende, nicht als Subjekt bestimmt. Die nächste Folge in Rücksicht auf die Kategorie der Indifferenz selbst ist, daß an ihr der Unterschied von quantitativer und qualitativer Bestimmung auseinander fällt, wie in der Entwicklung der Indifferenz sich ergab; sie ist die Auflösung des Maaßes, in welchem beide Momente unmittelbar als eins gesetzt waren.

 

C. Uebergang in das Wesen.

Die absolute Indifferenz ist die letzte Bestimmung des Seyns, ehe dieses zum Wesen wird;
sie erreicht aber dieses nicht. Sie zeigt sich noch der Sphäre des Seyns anzugehören,
indem sie noch als gleichgültig bestimmt, den Unterschied als äußerlichen, quantitativen an ihr hat.
Dieß ist ihr Daseyn, womit sie sich zugleich in dem Gegensatze befindet, gegen dasselbe als nur das an sichseyende bestimmt, nicht als das fürsichseyende Absolute gedacht zu seyn.
Oder es ist die äußere Reflexion, welche dabei stehen bleibt,
daß die Specifischen an sich oder im Absoluten dasselbe und eins sind, daß ihr Unterschied nur ein gleichgültiger, kein Unterschied an sich ist. Was hier noch fehlt, besteht darin,
daß diese Reflexion, nicht die äußere Reflexion des denkenden, subjektiven Bewußtseyns, sondern die eigene Bestimmung der Unterschiede jener Einheit sey, sich aufzuheben, welche Einheit denn so sich erweist, die absolute Negativität, ihre Gleichgültigkeit gegen sich selbst,
gegen ihre eigene Gleichgültigkeit, ebenso sehr als gegen das Andersseyn zu seyn.

Dieß Sich-Aufheben der Bestimmung der Indifferenz aber hat sich bereits ergeben; sie hat sich in der Entwicklung ihres Gesetztseyns nach allen Seiten als der Widerspruch gezeigt.
Sie ist an sich die Totalität, in der alle Bestimmungen des Seyns aufgehoben und enthalten sind;
so ist sie die Grundlage, aber ist nur erst in der einseitigen Bestimmung des Ansichseyns und damit sind die Unterschiede, die quantitative Differenz und das umgekehrte Verhältniß von Faktoren,
als äußerlich an ihr. So der Widerspruch ihrer selbst und ihres Bestimmtseyns, ihrer an sich seyenden Bestimmung und ihrer gesetzten Bestimmtheit ist sie die negative Totalität,
deren Bestimmtheiten sich an ihnen selbst und damit diese ihre Grundeinseitigkeit, ihr Ansichseyn, aufgehoben haben.
Gesetzt hiermit als das, was die Indifferenz in der That ist, ist sie einfache und unendliche negative Beziehung auf sich, die Unverträglichkeit ihrer mit ihr selbst, Abstoßen ihrer von sich selbst.
Das Bestimmen und Bestimmtwerden ist nicht ein Uebergehen, noch äußerliche Veränderung, noch ein Hervortreten der Bestimmungen an ihr, sondern ihr eignes Beziehen auf sich,
das die Negativität ihrer selbst, ihres Ansichseyns, ist.

 

Die Bestimmungen, als solche abgestoßene, gehören aber nun nicht sich selbst an,
treten nicht in Selbstständigkeit oder Aeußerlichkeit hervor,
sondern sind als Momente;
- erstens der ansichseyenden Einheit angehörig, nicht von ihr entlassen,
sondern von ihr als dem Substrate getragen und nur von ihr erfüllt;
und zweitens als die Bestimmungen, die der fürsichseyenden Einheit immanent,
nur durch deren Abstoßen von sich, sind.
Sie sind statt Seyender, wie in der ganzen Sphäre des Seyns nunmehr schlechthin nur als Gesetzte, schlechthin mit der Bestimmung und Bedeutung, auf ihre Einheit,
somit jede auf ihre andere und Negation, bezogen zu seyn,
- bezeichnet mit dieser ihrer Relativität.

Damit ist das Seyn überhaupt und das Seyn oder die Unmittelbarkeit der unterschiedenen Bestimmtheiten ebenso sehr als das Ansichseyn verschwunden,
und die Einheit ist Seyn, unmittelbare vorausgesetzte Totalität,
so daß sie diese einfache Beziehung auf sich nur ist,
vermittelt durch das Aufheben dieser Voraussetzung, und dieß Vorausgesetztseyn und unmittelbare Seyn selbst nur ein Moment ihres Abstoßens ist, die ursprüngliche Selbstständigkeit und Identität mit sich nur ist,
als das resultirende, unendliche Zusammengehen mit sich;
so ist das Seyn zum Wesen bestimmt, das Seyn,
als durch Aufheben des Seyns einfaches Seyn mit sich.

 

G.W.F. Hegel
Wissenschaft der Logik
Erstes Buch.
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