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G.W.F.Hegel
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse
   
(1830)

Erster Teil. Die Wissenschaft der Logik

Vorbegriff

§ 19

Die Logik ist die Wissenschaft der reinen Idee, das ist der Idee im abstrakten Elemente des Denkens.

Es gilt von dieser wie von anderen in diesem Vorbegriffe enthaltenen Bestimmungen dasselbe, was von den über die Philosophie überhaupt vorausgeschickten Begriffen gilt,
daß sie aus und nach der Übersicht des Ganzen geschöpfte Bestimmungen sind.
Man kann wohl sagen, daß die Logik die Wissenschaft des Denkens,
seiner Bestimmungen und Gesetze sei, aber das Denken als solches macht nur die allgemeine Bestimmtheit oder das Element aus, in der die Idee als logische ist.
Die Idee ist das Denken nicht als formales, sondern als die sich entwickelnde Totalität seiner eigentümlichen Bestimmungen und Gesetze,
die es sich selbst gibt, nicht schon hat und in sich vorfindet.
Die Logik ist insofern die schwerste Wissenschaft, als sie es nicht mit Anschauungen,
nicht einmal wie die Geometrie mit abstrakten sinnlichen Vorstellungen,
sondern mit reinen Abstraktionen zu tun hat und eine Kraft und Geübtheit erfordert,
sich in den reinen Gedanken zurückzuziehen, ihn festzuhalten und in solchem sich zu bewegen. Auf der andern Seite könnte sie als die leichteste angesehen werden,
weil der Inhalt nichts als das eigene Denken und dessen geläufige Bestimmungen und diese zugleich die einfachsten und das Elementarische sind. Sie sind auch das Bekannteste, Sein, Nichts usf., Bestimmtheit, Größe usw., Ansichsein, Fürsichsein, Eines, Vieles usw.
Diese Bekanntschaft erschwert jedoch eher das logische Studium; einesteils wird es leicht der Mühe nicht wert gehalten, mit solchem Bekannten sich noch zu beschäftigen,
andernteils ist es darum zu tun, auf ganz andere, ja selbst entgegengesetzte Weise damit bekannt zu werden, als man es schon ist. 
Der Nutzen der Logik betrifft das Verhältnis zum Subjekt, inwiefern es sich eine gewisse Bildung zu anderen Zwecken gibt. Die Bildung desselben durch die Logik besteht darin,
daß es im Denken geübt wird, weil die Wissenschaft Denken des Denkens ist,
und daß es die Gedanken und auch als Gedanken in den Kopf bekommt.
- Insofern aber das Logische die absolute Form der Wahrheit und, noch mehr als dies,
auch die reine Wahrheit selbst ist, ist es ganz etwas anderes als bloß etwas Nützliches.
Aber wie das Vortrefflichste, das Freiste und Selbständigste auch das Nützlichste ist,
so kann auch das Logische so gefaßt werden.
Sein Nutzen ist dann noch anders anzuschlagen, als bloß die formelle Übung des Denkens zu sein.

Zusatz 1.
Die erste Frage ist: was ist der Gegenstand unserer Wissenschaft?
Die einfachste und verständlichste Antwort auf diese Frage ist die, daß die Wahrheit dieser Gegenstand ist.
Wahrheit ist ein hohes Wort und die noch höhere Sache.
Wenn der Geist und das Gemüt des Menschen noch gesund sind,
so muß diesem dabei sogleich die Brust höher schlagen.
Es tritt dann aber auch alsbald das Aber auf,
ob wir auch die Wahrheit zu erkennen vermögen.
Es scheint eine Unangemessenheit stattzufinden zwischen uns beschränkten Menschen und der an und für sich seienden Wahrheit, und es entsteht die Frage nach der Brücke zwischen dem Endlichen und dem Unendlichen. Gott ist die Wahrheit; wie sollen wir ihn erkennen?
Die Tugenden der Demut und der Bescheidenheit scheinen mit solchem Vorhaben im Widerspruch zu stehen.
- Man fragt dann aber auch danach, ob die Wahrheit erkannt werden könne, um eine Rechtfertigung dafür zu finden, daß man in der Gemeinheit seiner endlichen Zweck fortlebt. Mit solcher Demut ist es dann nicht weit her.
Solche Sprache: wie soll ich armer Erdenwurm das Wahre zu erkennen vermögen?,
ist vergangen; an deren Stelle ist der Dünkel und die Einbildung getreten, und man hat sich eingebildet, unmittelbar im Wahren zu sein.
- Man hat der Jugend eingeredet, sie besitze das Wahre (in der Religion und im Sittlichen) schon, wie sie geht und steht.
Insbesondere hat man auch in dieser Rücksicht gesagt, die sämtlichen Erwachsenen seien versunken, verholzt und verknöchert in der Unwahrheit.
Der Jugend sei die Morgenröte erschienen, die ältere Welt aber befinde sich im Sumpf und Morast des Tages. Die besonderen Wissenschaften hat man dabei als etwas bezeichnet, das allerdings erworben werden müsse, aber als bloßes Mittel für äußere Lebenszwecke.
Hier ist es also nicht Bescheidenheit, welche von der Erkenntnis und vom Studium der Wahrheit abhält, sondern die Überzeugung, daß man die Wahrheit schon an und für sich besitze.
Die Älteren setzen nun allerdings ihre Hoffnung auf die Jugend, denn sie soll die Welt und die Wissenschaft fortsetzen. Aber diese Hoffnung wird nur auf die Jugend gesetzt, insofern sie nicht bleibt, wie sie ist, sondern die saure Arbeit des Geistes übernimmt.
Es gibt noch eine andere Gestalt der Bescheidenheit gegen die Wahrheit.
Dieses ist die Vornehmheit gegen die Wahrheit, die wir bei Pilatus sehen, Christus gegenüber.
Pilatus fragte "was ist Wahrheit?" in dem Sinne dessen, der mit allem fertig geworden ist,
dem nichts mehr Bedeutung hat, - in dem Sinn, in welchem Salomon sagt: "alles ist eitel".
- Hier bleibt nur die subjektive Eitelkeit übrig.
Ferner noch steht der Erkenntnis der Wahrheit die Furchtsamkeit entgegen.
Dem trägen Geist fällt leicht ein, zu sagen: so sei es nicht gemeint, daß es mit dem Philosophieren Ernst werden solle.
Man hört so wohl auch Logik, aber diese soll uns so lassen, wie wir sind.
Man meint, wenn das Denken über den gewöhnlichen Kreis der Vorstellungen hinausgehe,
so gehe es zu bösen Häusern; man vertraue sich da einem Meere an, auf dem man von den Wellen des Gedankens da- und dorthin geschlagen werde und am Ende doch wieder auf der Sandbank dieser Zeitlichkeit anlange, die man für nichts und wieder nichts verlassen habe. Was bei solcher Ansicht herauskommt, das sieht man in der Welt.
Man kann sich mancherlei Geschicklichkeiten und Kenntnisse erwerben, ein routinierter Beamter werden und sich sonst für seine besonderen Zwecke ausbilden.
Aber ein anderes ist es, daß man seinen Geist auch für das Höhere bildet und um dasselbe sich bemüht. Man darf hoffen, daß in unserer Zeit ein Verlangen nach etwas Besserem in der Jugend aufgegangen ist und daß diese sich nicht bloß mit dem Stroh der äußeren Erkenntnis begnügen will.

Zusatz 2.
Daß das Denken der Gegenstand der Logik sei, darüber ist man allgemein einverstanden. Vom Denken aber kann man eine sehr geringe und auch eine sehr hohe Meinung haben. So sagt man einerseits: dies ist nur ein Gedanke, - und meint damit,
daß der Gedanke nur subjektiv, willkürlich und zufällig, nicht aber die Sache selbst, das Wahre und Wirkliche sei. Andererseits kann man aber auch eine hohe Meinung vom Gedanken haben und denselben so fassen, daß nur er allein das Höchste, die Natur Gottes erreicht und
daß mit den Sinnen nichts von Gott zu erkennen sei.
Man sagt, Gott sei Geist und wolle im Geist und in der Wahrheit angebetet werden.
Das Empfundene aber und Sinnliche, geben wir zu, sei nicht das Geistige; sondern das Innerste desselben sei der Gedanke, und nur der Geist könne den Geist erkennen.
Der Geist kann sich zwar (z. B. in der Religion) auch fühlend verhalten, aber ein anderes ist das Gefühl als solches, die Weise des Gefühls, und ein anderes der Inhalt desselben.
Das Gefühl als solches ist überhaupt die Form des Sinnlichen, welches wir mit den Tieren gemein haben.
Diese Form kann dann wohl des konkreten Inhalts sich bemächtigen, aber dieser Inhalt kommt dieser Form nicht zu, die Form des Gefühls ist die niedrigste Form für den geistigen Inhalt. Dieser Inhalt, Gott selbst, ist nur in seiner Wahrheit im Denken und als Denken.
In diesem Sinne ist also der Gedanke nicht bloß nur Gedanke, sondern ist vielmehr die höchste und, genau betrachtet, die einzige Weise, in der das Ewige und an und für sich Seiende gefaßt werden kann.
Wie vom Gedanken, so kann man auch von der Wissenschaft des Gedankens eine hohe und eine geringe Meinung haben. Denken meint man, kann jeder ohne Logik, wie verdauen ohne Studium der Physiologie. Habe man auch Logik studiert, so denke man doch nach wie vor, vielleicht methodischer, doch mit wenig Änderung.
Wenn die Logik kein anderes Geschäft hätte, als mit der Tätigkeit des bloß formellen Denkens bekanntzumachen, so brächte sie freilich nichts hervor, was man nicht sonst auch schon ebensogut getan hätte.
Die frühere Logik hatte in der Tat auch nur diese Stellung. Übrigens gereicht auch die Kenntnis des Denkens als bloß subjektiver Tätigkeit dem Menschen schon zur Ehre und hat Interesse für ihn; dadurch, daß der Mensch weiß, was er ist und was er tut, unterscheidet er sich vom Tiere.
- Andererseits hat nun aber auch die Logik als Wissenschaft des Denkens einen hohen Standpunkt, insofern der Gedanke allein das Höchste, das Wahre zu erfahren vermag.
Wenn also die Wissenschaft der Logik das Denken in seiner Tätigkeit und seiner Produktion betrachtet (und das Denken ist nicht inhaltlose Tätigkeit, denn es produziert Gedanken und den Gedanken), so ist der Inhalt überhaupt die übersinnliche Welt und die Beschäftigung mit derselben das Verweilen in dieser Welt. Die Mathematik hat es mit den Abstraktionen der Zahl und des Raumes zu tun, diese sind aber noch ein Sinnliches, obschon das abstrakt Sinnliche und Daseinslose. Der Gedanke nimmt auch Abschied von diesem letzten Sinnlichen und ist frei bei sich selbst, entsagt der äußerlichen und innerlichen Sinnlichkeit, entfernt alle besonderen Interessen und Neigungen.
Insofern die Logik diesen Boden hat, haben wir würdiger von ihr zu denken,
als man gewöhnlich zu tun pflegt.

Zusatz 3.
Das Bedürfnis, die Logik in einem tieferen Sinne als dem der Wissenschaft des bloß formellen Denkens zu erfassen, ist veranlaßt durch das Interesse der Religion, des Staats, des Rechts und der Sittlichkeit. Man hat früher beim Denken nichts Arges gehabt, frisch vom Kopfe weg gedacht. Man dachte über Gott, Natur und Staat und hatte die Überzeugung, nur durch Gedanken komme man dazu, zu erkennen, was die Wahrheit sei, nicht durch die Sinne oder durch ein zufälliges Vorstellen und Meinen. Indem man so fort dachte, ergab es sich aber,
daß die höchsten Verhältnisse im Leben dadurch kompromittiert wurden.
Durch das Denken war dem Positiven seine Macht genommen. Staatsverfassungen fielen dem Gedanken zum Opfer; die Religion ist vom Gedanken angegriffen, feste religiöse Vorstellungen, die schlechthin als Offenbarungen galten, sind untergraben worden, und der alte Glaube wurde in vielen Gemütern umgestürzt. So stellten sich z. B. die griechischen Philosophen der alten Religion entgegen und vernichteten die Vorstellungen derselben.
Daher wurden Philosophen verbannt und getötet wegen Umsturzes der Religion und des Staats, welche beide wesentlich zusammenhingen. So machte sich das Denken in der Wirklichkeit geltend und übte die ungeheuerste Wirksamkeit.
Dadurch wurde man aufmerksam auf diese Macht des Denkens, fing an, seine Ansprüche näher zu untersuchen, und wollte gefunden haben, daß es sich zu viel anmaße und nicht zu leisten vermöge, was es unternommen. Anstatt das Wesen Gottes, der Natur und des Geistes, überhaupt anstatt die Wahrheit zu erkennen, habe dasselbe den Staat und die Religion umgestürzt. Es wurde deshalb eine Rechtfertigung des Denkens über seine Resultate verlangt, und die Untersuchung über die Natur des Denkens und seine Berechtigung ist es, welche in der neueren Zeit zum großen Teil das Interesse der Philosophie ausgemacht hat.

§ 20

Nehmen wir das Denken in seiner am nächsten liegenden Vorstellung auf, so erscheint es
α) zunächst in seiner gewöhnlichen subjektiven Bedeutung, als eine der geistigen Tätigkeiten oder Vermögen neben anderen, der Sinnlichkeit, Anschauen, Phantasie usf., Begehren, Wollen usf. Das Produkt desselben, die Bestimmtheit oder Form des Gedankens, ist das Allgemeine, Abstrakte überhaupt.
Das Denken als die Tätigkeit ist somit das tätige Allgemeine,
und zwar das sich betätigende, indem die Tat, das Hervorgebrachte, eben das Allgemeine ist.
Das Denken als Subjekt vorgestellt ist Denkendes, und der einfache Ausdruck des existierenden Subjekts als Denkenden ist Ich.

Die hier und in den nächstfolgenden §§ angegebenen Bestimmungen sind nicht als Behauptungen und meine Meinungen über das Denken zu nehmen; jedoch da in dieser vorläufigen Weise keine Ableitung oder Beweis stattfinden kann, mögen sie als Facta gelten, so daß in dem Bewußtsein eines jeden, wenn er Gedanken habe und sie betrachte, es sich empirisch vorfinde, daß der Charakter der Allgemeinheit und so gleichfalls die nachfolgenden Bestimmungen darin vorhanden seien. Eine bereits vorhandene Bildung der Aufmerksamkeit und der Abstraktion wird allerdings zu Beobachtung von Factis seines Bewußtsein und seiner Vorstellungen erfordert.
Schon in dieser vorläufigen Exposition kommt der Unterschied von Sinnlichem, Vorstellung und Gedanken zur Sprache; er ist durchgreifend für das Fassen der Natur und der Arten des Erkennens; es wird daher zur Erläuterung dienen, diesen Unterschied auch hier schon bemerklich zu machen.
- Für das Sinnliche wird zunächst sein äußerlicher Ursprung, die Sinne oder Sinneswerkzeuge zur Erklärung genommen. Allein die Nennung des Werkzeuges gibt keine Bestimmung für das, was damit erfaßt wird. Der Unterschied des Sinnlichen vom Gedanken ist darein zu setzen, daß die Bestimmung von jenem die Einzelheit ist, und indem das Einzelne (ganz abstrakt das Atom) auch im Zusammenhange steht, so ist das Sinnliche ein Außereinander, dessen nähere abstrakte Formen das Neben- und das Nacheinander sind.
- Das Vorstellen hat solchen sinnlichen Stoff zum Inhalte, aber in die Bestimmung des Meinigen, daß solcher Inhalt in Mir ist, und der Allgemeinheit, der Beziehung-auf-sich, der Einfachheit, gesetzt.
- Außer dem Sinnlichen hat jedoch die Vorstellung auch Stoff zum Inhalt, der aus dem selbstbewußten Denken entsprungen, wie die Vorstellungen vom Rechtlichen, Sittlichen, Religiösen, auch vom Denken selbst, und es fällt nicht so leicht auf, worin der Unterschied solcher Vorstellungen von den Gedanken solchen Inhalts zu setzen sei.
Hier ist sowohl der Inhalt Gedanke, als auch die Form der Allgemeinheit vorhanden ist, welche schon dazu gehört, daß ein Inhalt in Mir, überhaupt daß er Vorstellung sei.
Die Eigentümlichkeit der Vorstellung aber ist im allgemeinen auch in dieser Rücksicht darein zu setzen, daß in ihr solcher Inhalt gleichfalls vereinzelt steht. Recht, rechtliche und dergleichen Bestimmungen stehen zwar nicht im sinnlichen Außereinander des Raums.
Der Zeit nach erscheinen sie wohl etwa nacheinander, ihr Inhalt selbst wird jedoch nicht als von der Zeit behaftet, in ihr vorübergehend und veränderlich vorgestellt. Aber solche an sich geistige Bestimmungen stehen gleichfalls vereinzelt im weiten Boden der inneren, abstrakten Allgemeinheit des Vorstellens überhaupt.
Sie sind in dieser Vereinzelung einfach; Recht, Pflicht, Gott. Die Vorstellung bleibt nun entweder dabei stehen, daß das Recht Recht, Gott Gott ist, - oder gebildeter gibt sie Bestimmungen an, z. B. daß Gott Schöpfer der Welt, allweise, allmächtig usf. ist; hier werden ebenso mehrere vereinzelte einfache Bestimmungen aneinandergereiht, welche, der Verbindung ungeachtet, die ihnen in ihrem Subjekte angewiesen ist, außereinander bleiben. Die Vorstellung trifft hier mit dem Verstande zusammen, der sich von jener nur dadurch unterscheidet, daß er Verhältnisse von Allgemeinem und Besonderem oder von Ursache und Wirkung usf. und dadurch Beziehungen der Notwendigkeit unter den isolierten Bestimmungen der Vorstellung setzt, da diese sie in ihrem unbestimmten Raume durch das bloße Auch verbunden nebeneinander beläßt.
- Der Unterschied von Vorstellung und von Gedanken hat die nähere Wichtigkeit, weil überhaupt gesagt werden kann, daß die Philosophie nichts anderes tue, als die Vorstellungen in Gedanken zu verwandeln, - aber freilich fernerhin den bloßen Gedanken in den Begriff.
Übrigens wenn für das Sinnliche die Bestimmungen der Einzelheit und des Außereinander angegeben worden, so kann noch hinzugefügt werden, daß auch diese selbst wieder Gedanken und Allgemeine sind; in der Logik wird es sich zeigen,
daß der Gedanke und das Allgemeine eben dies ist, daß er er selbst und sein Anderes ist, über dies übergreift und daß nichts ihm entflieht. Indem die Sprache das Werk des Gedankens ist, so kann auch in ihr nichts gesagt werden, was nicht allgemein ist.
Was ich nur meine, ist mein, gehört mir als diesem besonderen Individuum an;
wenn aber die Sprache nur Allgemeines ausdrückt, so kann ich nicht sagen, was ich nur meine. Und das Unsagbare, Gefühl, Empfindung, ist nicht das Vortrefflichste, Wahrste, sondern das Unbedeutendste, Unwahrste.
Wenn ich sage: "das Einzelne", "dieses Einzelne", "Hier, "Jetzt", so sind dies alles Allgemeinheiten; Alles und Jedes ist ein Einzelnes, Dieses, auch wenn es sinnlich ist, Hier, Jetzt.
Ebenso wenn ich sage: "Ich", meine ich Mich als diesen alle anderen Ausschließenden;
aber was ich sage, Ich, ist eben jeder; Ich, der alle anderen von sich ausschließt.
- Kant hat sich des ungeschickten Ausdrucks bedient, daß Ich alle meine Vorstellungen,
auch Empfindungen, Begierden, Handlungen usf. begleite. 1)
Ich ist das an und für sich Allgemeine, und die Gemeinschaftlichkeit ist auch eine, aber eine äußerliche Form der Allgemeinheit. Alle anderen Menschen haben es mit mir gemeinsam,
Ich zu sein, wie es allen meinen Empfindungen, Vorstellungen usf. gemeinsam ist, die meinigen zu sein. Ich aber, abstrakt als solches, ist die reine Beziehung auf sich selbst, in der vom Vorstellen, Empfinden, von jedem Zustand wie via jeder Partikularität der Natur, des Talents, der Erfahrung usf. abstrahiert ist. Ich ist insofern die Existenz der ganz abstrakten Allgemeinheit, das abstrakt Freie.
Darum ist das Ich das Denken als Subjekt, und indem Ich zugleich in allen meinen Empfindungen, Vorstellungen, Zuständen usf. bin, ist der Gedanke allenthalben gegenwärtig und durchzieht als Kategorie alle diese Bestimmungen.

Zusatz.
Wenn wir vom Denken sprechen, so erscheint dasselbe zunächst als eine subjektive Tätigkeit, als ein Vermögen, deren wir vielerlei haben, wie z. B. Gedächtnis, Vorstellung, Willensvermögen u. dgl.
Wäre das Denken bloß eine subjektive Tätigkeit und als solche Gegenstand der Logik,
so hätte diese wie andere Wissenschaften ihren bestimmten Gegenstand.
Es könnte dann als Willkür erscheinen, daß man das Denken zum Gegenstand einer besonderen Wissenschaft macht und nicht auch den Willen, die Phantasie usw.
Daß dem Denken diese Ehre geschieht, dies möchte wohl darin seinen Grund haben,
daß man demselben eine gewisse Autorität zugesteht und dasselbe als das Wahrhafte des Menschen, als dasjenige betrachtet, worin dessen Unterschied vom Tier besteht.
- Das Denken auch bloß als subjektive Tätigkeit kennenzulernen, ist nicht ohne Interesse. Seine näheren Bestimmungen wären dann Regeln und Gesetze, deren Kenntnis man durch die Erfahrung erwirbt. Das Denken in diesem Verhältnis nach seinen Gesetzen betrachtet ist das, was sonst gewöhnlich den Inhalt der Logik ausmachte.
Aristoteles ist der Begründer dieser Wissenschaft. Er hatte die Kraft, dem Denken zuzuweisen, was ihm als solchem zukommt.
Unser Denken ist sehr konkret, aber an dem mannigfaltigen Inhalt muß unterschieden werden, was dem Denken oder der abstrakten Form der Tätigkeit angehört.
Ein leises geistiges Band, die Tätigkeit des Denkens, verknüpft allen diesen Inhalt, und dieses Band, diese Form als solche, hob Aristoteles hervor und bestimmte sie.
Diese Logik des Aristoteles ist bis auf den heutigen Tag das Logische, welches nur weiter ausgesponnen ist, vornehmlich von den Scholastikern des Mittelalters.
Diese vermehrten den Stoff noch nicht, sondern entwickelten denselben nur weiter.
Das Tun der neueren Zeit in Beziehung auf die Logik besteht vornehmlich nur einerseits im Hinweglassen von vielen durch Aristoteles und die Scholastiker hervorgebildeten logischen Bestimmungen und andererseits im Aufpropfen von vielem psychologischen Stoff.
Das Interesse bei dieser Wissenschaft ist, das endliche Denken in seinem Verfahren kennenzulernen, und die Wissenschaft ist richtig, wenn sie ihrem vorausgesetzten Gegenstand entspricht. Die Beschäftigung mit diese formellen Logik hat ohne Zweifel ihren Nutzen;
es wird dadurch, wie man zu sagen pflegt, der Kopf ausgeputzt; man lernt sich sammeln, lernt abstrahieren, während man im gewöhnlichen Bewußtsein mit sinnlichen Vorstellungen zu tun hat, die sich durchkreuzen und verwirren.
Bei der Abstraktion aber ist die Sammlung des Geistes auf einen Punkt vorhanden, und es wird dadurch die Gewohnheit erworben, sich mit der Innerlichkeit zu beschäftigen.
Die Bekanntschaft mit den Formen des endlichen Denkens kann man als Mittel für die Bildung zu den empirischen Wissenschaften gebrauchen, welche nach diesen Formen verfahren, und man hat in diesem Sinn die Logik als Instrumentallogik bezeichnet.
Man kann nun zwar liberaler tun und sagen, die Logik sei nicht um des Nutzens, sondern um ihrer selbst willen zu studieren, denn das Vortreffliche sei nicht um des bloßen Nutzens willen zu suchen. Dies ist nun zwar einerseits ganz richtig, andererseits ist aber auch das Vortreffliche das Nützlichste, denn es ist das Substantielle, das für sich feststeht und deshalb der Träger ist für die besonderen Zwecke, die es befördert und zum Ziel bringt.
Man muß die besonderen Zwecke nicht als das Erste ansehen, aber das Vortreffliche befördert sie doch. So hat z. B. die Religion ihren absoluten Wert in sich selbst; zugleich werden die andern Zwecke durch dieselbe getragen und gehalten.
Christus sagt:
 "Trachtet zuerst nach dem Reiche Gottes, so wird euch das andere auch zufallen."2)
Die besonderen Zwecke können nur erreicht werden, indem das Anundfürsichseiende erreicht wird.

§ 21

β) Indem Denken als tätig in Beziehung auf Gegenstände genommen wird, das Nachdenken über etwas, so enthält das Allgemeine als solches Produkt seiner Tätigkeit den Wert der Sache, das Wesentliche, das Innere, das Wahre.

Es ist § 5 der alte Glaube angeführt worden, daß, was das Wahrhafte an Gegenständen, Beschaffenheiten, Begebenheiten, das Innere, Wesentliche, die Sache sei, auf welche es ankommt, sich nicht unmittelbar im Bewußtsein einfinde, nicht schon dies sei, was der erste Anschein und Einfall darbiete, sondern daß man erst darüber nachdenken müsse, um zur wahrhaften Beschaffenheit des Gegenstandes zu gelangen, und daß durch das Nachdenken dies erreicht werde.

Zusatz.
Schon dem Kinde wird das Nachdenken geboten.
Es wird ihm z. B. aufgegeben, Adjektive mit Substantiven zu verbinden.
Hier hat es aufzumerken und zu unterscheiden; es hat sich einer Regel zu erinnern und den besonderen Fall danach einzurichten. Die Regel ist nichts anderes als ein Allgemeines,
und diesem Allgemeinen soll das Kind das Besondere gemäß machen.
- Wir haben ferner im Leben Zwecke. Dabei denken wir darüber nach, wodurch wir dieselben erreichen können.
Der Zweck ist hier das Allgemeine, das Regierende, und wir haben Mittel und Werkzeuge, deren Tätigkeit wir nach dem Zweck bestimmen.
- In ähnlicher Weise betätigt sich das Nachdenken bei moralischen Verhältnissen. Nachdenken heißt hier, sich des Rechten, der Pflicht erinnern, nach welchem Allgemeinen,
als der feststehenden Regel, wir unser besonderes Benehmen in den vorliegenden Fällen einzurichten haben.
In unserem besonderen Verfahren soll die allgemeine Bestimmung erkennbar und enthalten sein. - Auch in unserem Verhalten zu Naturerscheinungen finden wir dasselbe.
Wir bemerken z. B. Blitz und Donner. Diese Erscheinung ist uns bekannt, und wir nehmen sie oft wahr. Aber der Mensch ist mit der bloßen Bekanntschaft, mit der nur sinnlichen Erscheinung nicht zufrieden, sondern will dahinterkommen, will wissen, was sie ist, will sie begreifen. Man denkt deshalb nach, will die Ursache wissen, als ein von der Erscheinung als solcher Unterschiedenes, das Innere in seinem Unterschied von dem bloß Äußeren.
Man verdoppelt so die Erscheinung, bricht sie entzwei in Inneres und Äußeres, Kraft und Äußerung, Ursache und Wirkung.
Das Innere, die Kraft, ist hier wieder das Allgemeine, das Dauernde, nicht dieser und jener Blitz, diese und jene Pflanze, sondern das in allem dasselbe Bleibende.
Das Sinnliche ist ein Einzelnes und Verschwindendes; das Dauernde darin lernen wir durch das Nachdenken kennen.
Die Natur zeigt uns eine unendliche Menge einzelner Gestalten und Erscheinungen.
Wir haben das Bedürfnis, in diese Mannigfaltigkeit Einheit zu bringen; wir vergleichen deshalb und suchen das Allgemeine eines jeden zu erkennen.
Die Individuen werden geboren und vergehen; die Gattung ist das Bleibende in ihnen, das in allem Wiederkehrende, und nur für das Nachdenken ist dasselbe vorhanden.
Hierher gehören auch die Gesetze, so z. B. die Gesetze der Bewegung der himmlischen Körper. Wir sehen die Gestirne heute hier und morgen dort; diese Unordnung ist dem Geist ein Unangemessenes, dem er nicht traut, denn er hat den Glauben an eine Ordnung, an eine einfache, konstante und allgemeine Bestimmung.
In diesem Glauben hat er sein Nachdenken auf die Erscheinungen gewendet und hat ihre Gesetze erkannt, die Bewegung der himmlischen Körper auf eine allgemeine Weise
festgesetzt, so daß aus diesem Gesetz sich jede Ortsveränderung bestimmen und erkennen läßt.
- Ebenso ist es mit den Mächten, welche das menschliche Tun in seiner unendlichen Mannigfaltigkeit regieren. Auch hier hat der Mensch den Glauben an ein beherrschendes Allgemeines.
- Aus allen diesen Beispielen ist zu entnehmen, wie das Nachdenken immer nach dem Festen, Bleibenden, Insichbestimmten und dem das Besondere Regierenden sucht.
Dies Allgemeine ist mit den Sinnen nicht zu erfassen, und dasselbe gilt als das Wesentliche und Wahre. So sind z. B. die Pflichten und Rechte das Wesentliche der Handlungen, und deren Wahrheit besteht darin, jenen allgemeinen Bestimmungen gemäß zu sein.
Indem wir so das Allgemeine bestimmen, so finden wir, daß dasselbe den Gegensatz eines Anderen bildet, und dies Andere ist das bloß Unmittelbare, Äußerliche und Einzelne gegen das Vermittelte, Innere und Allgemeine.
Dies Allgemeine existiert nicht äußerlich als Allgemeines: die Gattung als solche läßt sich nicht wahrnehmen; die Gesetze der Bewegung der Himmelskörper sind nicht an den Himmel geschrieben. Das Allgemeine also hört man nicht und sieht man nicht, sondern dasselbe ist nur für den Geist. Die Religion führt uns auf ein Allgemeines, welches alles andere in sich befaßt, auf ein Absolutes, wodurch alles andere hervorgebracht ist, und dies Absolute ist nicht für die Sinne, sondern nur für den Geist und den Gedanken.

§ 22

γ) Durch das Nachdenken wird an der Art, wie der Inhalt zunächst in der Empfindung, Anschauung, Vorstellung ist, etwas verändert; es ist somit nur vermittels einer Veränderung, daß die wahre Natur des Gegenstandes zum Bewußtsein kommt.

Zusatz.
Dasjenige, was beim Nachdenken herauskommt, ist ein Produkt unseres Denkens. So hat z. B. Solon die Gesetze, welche er den Atheniensern gab, aus seinem Kopf hervorgebracht. Das andere dagegen ist, daß wir das Allgemeine, die Gesetze, auch als das Gegenteil eines bloß Subjektiven ansehen und darin das Wesentliche, Wahrhafte und Objektive der Dinge erkennen.
Um zu erfahren, was das Wahre in den Dingen sei, ist es mit der bloßen Aufmerksamkeit nicht abgetan, sondern es gehört dazu unsere subjektive Tätigkeit, welche das unmittelbar Vorhandene umgestaltet. Dies scheint nun auf den ersten Anblick ganz verkehrt und dem Zwecke, um den es sich beim Erkennen handelt, zuwiderlaufend zu sein. Gleichwohl kann man sagen, es sei die Überzeugung aller Zeiten gewesen, daß erst durch die vermittels des Nachdenkens bewirkte Umarbeitung des Unmittelbaren das Substantielle erreicht werde. Dagegen ist dann vornehmlich erst in der neueren Zeit Zweifel erregt und der Unterschied festgehalten worden zwischen dem, was die Erzeugnisse unseres Denkens und was die Dinge an ihnen selbst seien.
Man hat gesagt, das Ansich der Dinge sei ein ganz anderes als dasjenige, was wir daraus machen. Der Standpunkt dieses Getrenntseins ist besonders durch die kritische Philosophie geltend gemacht worden gegen die Überzeugung der ganzen früheren Welt, welcher die Übereinstimmung der Sache und des Gedankens als etwas Ausgemachtes galt.
Um diesen Gegensatz dreht sich das Interesse der neueren Philosophie.
Der natürliche Glaube aber des Menschen ist, daß dieser Gegensatz kein wahrer sei.
Im gewöhnlichen Leben denken wir nach, ohne die besondere Reflexion, daß dadurch das Wahre herauskomme; wir denken ohne weiteres, in dem festen Glauben der Übereinstimmung des Gedankens mit der Sache, und dieser Glaube ist von der höchsten Wichtigkeit.
Die Krankheit unserer Zeit ist es, welche zu der Verzweiflung gekommen ist,
daß unser Erkennen nur ein subjektives und daß dieses Subjektive das Letzte sei.
Nun aber ist die Wahrheit das Objektive, und dieselbe soll die Regel für die Überzeugung aller sein, dergestalt, daß die Überzeugung des Einzelnen schlecht ist, insofern sie dieser Regel nicht entspricht.
Nach der neueren Ansicht dagegen ist die Überzeugung als solche, die bloße Form des Überzeugtseins, schon gut, - der Inhalt mag sein wie er will, denn es ist kein Maßstab für seine Wahrheit vorhanden.
- Sagten wir nun vorher, es sei der alte Glaube der Menschen, daß es die Bestimmung des Geistes sei, die Wahrheit zu wissen, so liegt darin weiter dieses, daß die Gegenstände, die äußere und die innere Natur, überhaupt das Objekt, was es an sich ist, so sei, wie es als Gedachtes ist, daß also das Denken die Wahrheit des Gegenständlichen sei.
Das Geschäft der Philosophie besteht nur darin, dasjenige, was rücksichtlich des Denkens den Menschen von alters her gegolten, ausdrücklich zum Bewußtsein zu bringen.
Die Philosophie stellt somit nichts Neues auf; was wir hier durch unsere Reflexion herausgebracht, ist schon unmittelbares Vorurteil eines jeden.

§ 23

δ) Indem im Nachdenken ebensosehr die wahrhafte Natur zum Vorschein kommt,
als dies Denken meine Tätigkeit ist, so ist jene ebensosehr das Erzeugnis meines Geistes, und zwar als denkenden Subjekts, Meiner nach meiner einfachen Allgemeinheit, als des schlechthin bei sich seienden Ichs, - oder meiner Freiheit.

Man kann den Ausdruck Selbstdenken häufig hören, als ob damit etwas Bedeutendes gesagt wäre.
In der Tat kann keiner für den anderen denken, so wenig als essen und trinken;
jener Ausdruck ist daher ein Pleonasmus.
- In dem Denken liegt unmittelbar die Freiheit, weil es die Tätigkeit des Allgemeinen,
ein hiermit abstraktes Sichaufsichbeziehen, ein nach der Subjektivität bestimmungsloses Beisichsein ist, das nach dem Inhalte zugleich nur in der Sache und deren Bestimmungen ist. Wenn daher vor Demut oder Bescheidenheit und von Hochmut in Beziehung auf das Philosophieren die Rede ist und die Demut oder Bescheidenheit darin besteht, seiner Subjektivität nichts Besonderes von Eigenschaft und Tun zuzuschreiben, so wird das Philosophieren wenigstens von Hochmut freizusprechen sein, indem das Denken dem Inhalte nach insofern nur wahrhaft ist, als es in die Sache vertieft ist und der Form nach nicht ein besonderes Sein oder Tun des Subjekts, sondern eben dies ist, daß das Bewußtsein sich als abstraktes Ich, als von aller Partikularität sonstiger Eigenschaften, Zustände usf. befreites verhält und nur das Allgemeine tut, in welchem es mit allen Individuen identisch ist.
- Wenn Aristoteles dazu auffordert, sich eines solchen Verhaltens würdig zu halten, so besteht die Würdigkeit, die sich das Bewußtsein gibt, eben darin, das besondere Meinen und Dafürhalten fahrenzulassen und die Sache in sich walten zu lassen.

§ 24

Die Gedanken können nach diesen Bestimmungen objektive Gedanken genannt werden, worunter auch die Formen, die zunächst in der gewöhnlichen Logik betrachtet und nur für Formen des bewußten Denkens genommen zu werden pflegen, zu rechnen sind.
Die Logik fällt daher mit der Metaphysik zusammen, der Wissenschaft der Dinge in Gedanken gefaßt, welche dafür galten, die Wesenheiten der Dinge auszudrücken.

Das Verhältnis von solchen Formen wie Begriff, Urteil und Schluß zu anderen, wie Kausalität usf., kann sich nur innerhalb der Logik selbst ergeben.
Aber so viel ist auch vorläufig einzusehen, daß, indem der Gedanke sich von Dingen einen Begriff zu machen sucht, dieser Begriff (und damit auch dessen unmittelbarste Formen, Urteil und Schluß) nicht aus Bestimmungen und Verhältnissen bestehen kann, welche den Dingen fremd und äußerlich sind. Das Nachdenken, ist oben gesagt worden, führt auf das Allgemeine der Dinge; dies ist aber selbst eines der Begriffsmomente.
Daß Verstand, Vernunft in der Welt ist, sagt dasselbe, was der Ausdruck "objektiver Gedanke" enthält. Dieser Ausdruck ist aber eben darum unbequem, weil Gedanke zu gewöhnlich nur als dem Geiste, dem Bewußtsein angehörig und das Objektive ebenso zunächst nur von Ungeistigem gebraucht wird.

Hegels
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Zusatz 1.
Wenn man sagt, der Gedanke als objektiver Gedanke sei das Innere der Welt,
so kann es so scheinen, als solle damit den natürlichen Dingen Bewußtsein zugeschrieben werden. Wir fühlen ein Widerstreben dagegen, die innere Tätigkeit der Dinge als Denken aufzufassen, da wir sagen, der Mensch unterscheide sich durch das Denken vom Natürlichen. Wir müßten demnach von der Natur als dem Systeme des bewußtlosen Gedankens reden, als von einer Intelligenz, die, wie Schelling sagt, eine versteinerte sei.
Statt den Ausdruck Gedanken zu gebrauchen, ist es daher, um Mißverständnis zu vermeiden, besser, Denkbestimmung zu sagen.
- Das Logische ist, dem Bisherigen zufolge, als ein System von Denkbestimmungen überhaupt aufzusuchen, bei welchen der Gegensatz des Subjektiven und Objektiven (in seiner gewöhnlichen Bedeutung) hinwegfällt. Diese Bedeutung des Denkens und seiner Bestimmungen ist näher darin ausgedrückt, wenn die Alten sagen, der νους regiere die Welt, - oder wenn wir sagen, es sei Vernunft in der Welt, worunter wir verstehen, die Vernunft sei die Seele der Welt, wohne ihr inne, sei ihr Immanentes, ihre eigenste, innerste Natur, ihr Allgemeines.
Ein näheres Beispiel ist, daß, wenn wir von einem bestimmten Tiere sprechen, wir sagen,
es sei Tier. Das Tier als solches ist nicht zu zeigen, sondern nur immer ein bestimmtes.
Das Tier existiert nicht, sondern ist die allgemeine Natur der einzelnen Tiere, und jedes existierende Tier ist ein viel konkreter Bestimmtes, ein Besondertes.
Aber Tier zu sein, die Gattung als das Allgemeine, gehört dem bestimmten Tier an und macht seine bestimmte Wesentlichkeit aus. Nehmen wir das Tiersein vom Hunde weg, so wäre nicht zu sagen, was er sei.
Die Dinge überhaupt haben eine bleibende, innere Natur und ein äußerliches Dasein.
Sie leben und sterben, entstehen und vergehen; ihre Wesentlichkeit, ihre Allgemeinheit ist die Gattung, und diese ist nicht bloß als ein Gemeinschaftliches aufzufassen.
Das Denken, wie es die Substanz der äußerlichen Dinge ausmacht, ist auch die allgemeine Substanz des Geistigen. In allem menschlichen Anschauen ist Denken;
ebenso ist das Denken das Allgemeine in allen Vorstellungen, Erinnerungen und überhaupt in jeder geistigen Tätigkeit, in allem Wollen, Wünschen usf.
Dies alles sind nur weitere Spezifikationen des Denkens. Indem wir das Denken so auffassen, so erscheint dasselbe in einem anderen Verhältnis, als wenn wir bloß sagen:
wir haben Denkvermögen unter und neben anderen Vermögen, als Anschauen, Vorstellen, Wollen u. dgl. Betrachten wir das Denken als das wahrhaft Allgemeine alles Natürlichen und auch alles Geistigen, so greift dasselbe über alles dieses über und ist die Grundlage von allem. An diese Auffassung des Denkens in seiner objektiven Bedeutung (als νους) können wir zunächst anknüpfen, was das Denken im subjektiven Sinn ist. Wir sagen vorerst: der Mensch ist denkend, - aber zugleich sagen wir auch, daß er anschauend, wollend usw. sei.
Der Mensch ist denkend und ist Allgemeines, aber denkend ist er nur, indem das Allgemeine für ihn ist.
Das Tier ist auch an sich Allgemeines, aber das Allgemeine ist als solches nicht für dasselbe sondern nur immer das Einzelne.
Das Tier sieht ein Einzelnes, z. B. sein Futter, einen Menschen usw.
Aber alles dies ist für dasselbe nur ein Einzelnes. Ebenso hat es die sinnliche Empfindung immer nur mit Einzelnem zu tun (dieser Schmerz, dieser Wohlgeschmack usf.).
Die Natur bringt den νους sich nicht zum Bewußtsein; erst der Mensch verdoppelt sich so, das Allgemeine für das Allgemeine zu sein.
Dies ist zunächst der Fall, indem der Mensch sich als Ich weiß.
Wenn ich Ich sage, so meine ich mich als diese einzelne, durchaus bestimmte Person.
In der Tat sage ich jedoch dadurch nichts Besonderes von mir aus.
Ich ist auch jeder andere, und indem ich mich als Ich bezeichne, so meine ich zwar mich, diesen Einzelnen, spreche jedoch zugleich ein vollkommen Allgemeines aus.
Ich ist das reine Fürsichsein, worin alles Besondere negiert und aufgehoben ist, dieses Letzte, Einfache und Reine des Bewußtseins.
Wir können sagen: Ich und Denken sind dasselbe, - oder bestimmter:
Ich ist das Denken als Denkendes. Was ich in meinem Bewußtsein habe, das ist für mich.
Ich ist diese Leere, das Rezeptakulum für alles und jedes, für welches alles ist und welches alles in sich aufbewahrt. Jeder Mensch ist eine ganze Welt von Vorstellungen, welche in der Nacht des Ich begraben sind.
So ist denn Ich das Allgemeine, in welchem von allem Besonderen abstrahiert ist, in welchem aber zugleich alles verhüllt liegt.
Es ist deshalb nicht die bloß abstrakte Allgemeinheit, sondern die Allgemeinheit, welche alles in sich enthält.
Wir brauchen das Ich zunächst ganz trivial, und erst die philosophische Reflexion ist es, wodurch dasselbe zum Gegenstand der Betrachtung gemacht wird.
Im Ich haben wir den ganz reinen präsenten Gedanken.
Das Tier kann nicht sprechen "Ich", sondern der Mensch nur, weil er das Denken ist.
Im Ich ist nun vielfacher innerer und äußerer Inhalt, und je nachdem dieser Inhalt beschaffen ist, verhalten wir uns sinnlich anschauend, vorstellend, erinnernd usf.
Bei allem aber ist das Ich, oder in allem ist das Denken.
Denkend ist somit der Mensch immer, auch wenn er nur anschaut; betrachtet er irgend etwas, so betrachtet er es immer als ein Allgemeines, fixiert Einzelnes, hebt es heraus, entfernt dadurch seine Aufmerksamkeit von anderem, nimmt es als ein Abstraktes und Allgemeines, wenn auch nur formell Allgemeines.
Bei unseren Vorstellungen findet der gedoppelte Fall statt, daß entweder der Inhalt ein gedachter ist, aber die Form nicht, oder daß umgekehrt die Form dem Gedanken angehört, aber der Inhalt nicht. Sage ich z. B. Zorn, Rose, Hoffnung, so ist mir dies alles der Empfindung nach bekannt, aber diesen Inhalt spreche ich in allgemeiner Weise, in der Form des Gedankens aus; ich habe daran viel Besonderes hinweggelassen und nur den Inhalt als Allgemeines gegeben, aber der Inhalt bleibt sinnlich.
Stelle ich mir umgekehrt Gott vor, so ist zwar der Inhalt ein rein Gedachtes, aber die Form noch sinnlich, wie ich dieselbe unmittelbar in mir vorfinde. Bei Vorstellungen ist also der Inhalt nicht bloß sinnlich wie bei Beschauungen, sondern der Inhalt ist entweder sinnlich, die Form aber dem Denken angehörig oder umgekehrt. Im ersten Falle ist der Stoff gegeben, und die Form gehört dem Denken an; im andern Falle ist das Denken der Quell des Inhalts, aber durch die Form wird der Inhalt zu einem Gegebenen, das somit äußerlich an den Geist kommt.

Zusatz 2.
In der Logik haben wir es mit dem reinen Gedanken oder den reinen Denkbestimmungen zu tun. Beim Gedanken im gewöhnlichen Sinn stellen wir uns immer etwas vor, was nicht bloß reiner Gedanke ist, denn man meint ein Gedachtes damit, dessen Inhalt ein Empirisches ist.
In der Logik werden die Gedanken so gefaßt, daß sie keinen anderen Inhalt haben als einen dem Denken selbst angehörigen und durch dasselbe hervorgebrachten.
So sind die Gedanken reine Gedanken.
So ist der Geist rein bei sich selbst und hiermit frei, denn die Freiheit ist eben dies, in seinem Anderen bei sich selbst zu sein, von sich abzuhängen, das Bestimmende seiner selbst zu sein.
In allen Trieben fange ich von einem Anderen an, von einem solchen, das für mich ein Äußerliches ist. Hier sprechen wir dann von Abhängigkeit. Freiheit ist nur da, wo kein Anderes für mich ist, das ich nicht selbst bin.
Der natürliche Mensch, welcher nur durch seine Triebe bestimmt wird, ist nicht bei sich selbst: wenn auch noch so eigensinnig, so ist der Inhalt seines Wollens und Meinens doch nicht sein eigener, und seine Freiheit ist nur eine formelle. Indem ich denke, gebe in meine subjektive Besonderheit auf, vertiefe ich mich in die Sache, lasse das Denken für sich gewähren,
und ich denke schlecht, indes ich von dem Meinigen etwas hinzutue.
Betrachten wir dem Bisherigen zufolge die Logik als das System der reinen Denkbestimmungen, so erscheinen dagegen die anderen philosophischen Wissenschaften,
die Naturphilosophie und die Philosophie des Geistes, gleichsam als eine angewandte Logik, denn diese ist die belebende Seele derselben.
Das Interesse der übrigen Wissenschaften ist dann nur, die logischen Formen in den Gestalten der Natur und des Geistes zu erkennen, Gestalten, die nur eine besondere Ausdrucksweise der Formen des reinen Denkens sind. Nehmen wir z. B. den Schluß (nicht in der Bedeutung der alten, formellen Logik, sondern in seiner Wahrheit), so ist die Bestimmung,
daß das Besondere die Mitte sei, welche die Extreme des Allgemeinen und Einzelnen zusammenschließt.
Diese Form des Schließens ist eine allgemeine Form aller Dinge.
Alle Dinge sind besondere, die sich als ein Allgemeines mit dem Einzelnen
zusammenschließen. Die Ohnmacht der Natur bringt dann aber mit sich, die logischen Formen nicht rein darzustellen. Eine solche ohnmächtige Darstellung des Schlusses ist z. B. der Magnet, der in der Mitte, in seinem Indifferenzpunkt, seine Pole zusammenschließt, die hiermit in ihrer Unterschiedenheit unmittelbar eins sind. In der Physik lernt man auch das Allgemeine, das Wesen kennen, und der Unterschied ist nur der, daß die Naturphilosophie die wahrhaften Formen des Begriffs in den natürlichen Dingen uns zum Bewußtsein bringt.
- Die Logik ist somit der allbelebende Geist aller Wissenschaften, die Denkbestimmungen der Logik sind die reinen Geister; sie sind das Innerste, aber zugleich sind sie es, die wir immer im Munde führen und die deshalb etwas durchaus Bekanntes zu sein scheinen.
Aber solch Bekanntes ist gewöhnlich das Unbekannteste.
So ist z. B. das Sein reine Denkbestimmung; es fällt uns jedoch nie ein, das Ist zum Gegenstand unserer Betrachtung zu machen.
Man meint gewöhnlich, das Absolute müsse weit jenseits liegen; aber es ist gerade das ganz Gegenwärtige, das wir als Denkendes, wenn auch ohne ausdrückliches Bewußtsein darum, immer mit uns führen und gebrauchen. In der Sprache vornehmlich sind solche Denkbestimmungen niedergelegt, und so hat der Unterricht in der Grammatik, welcher den Kindern erteilt wird, das Nützliche, daß man sie unbewußt auf Unterschiede des Denkens aufmerksam macht.
Man sagt gewöhnlich, die Logik habe es nur mit Formen zu tun und ihren Inhalt anderswo herzunehmen. Die logischen Gedanken sind indes kein Nur gegen allen anderen Inhalt, sondern aller andere Inhalt ist nur ein Nur gegen dieselben. Sie sind der an und für sich seiende Grund von allem.
- Es gehört schon ein höherer Standpunkt der Bildung dazu, auf solche reine Bestimmungen sein Interesse zu richten. Das An-und-für-sich-selbst-Betrachten derselben hat den weiteren Sinn, daß wir aus dem Denken selbst diese Bestimmungen ableiten und aus ihnen selbst
sehen, ob sie wahrhafte sind. Wir nehmen sie nicht äußerlich auf und definieren sie dann
oder zeigen ihren Wert und ihre Gültigkeit auf, indem wir sie vergleichen mit dem,
wie sie im Bewußtsein vorkommen.
Dann würden wir von der Beobachtung und Erfahrung ausgehen und z. B. sagen: Kraft pflegen wir da- und dafür zu gebrauchen. Solche Definition nennen wir dann richtig,
wenn dieselbe mit dem übereinstimmt, was von dem Gegenstand derselben in unserem gewöhnlichen Bewußtsein sich findet.
Auf solche Weise wird indes ein Begriff nicht an und für sich, sondern nach einer Voraussetzung bestimmt, welche Voraussetzung dann das Kriterium, der Maßstab der Richtigkeit ist. Wir haben indes solchen Maßstab nicht zu gebrauchen, sondern die in sich selbst lebendigen Bestimmungen für sich gewähren zu lassen.
Die Frage nach der Wahrheit der Gedankenbestimmungen muß dem gewöhnlichen Bewußtsein seltsam vorkommen, denn dieselben scheinen nur in ihrer Anwendung auf gegebene Gegenstände die Wahrheit zu erhalten, und es hätte hiernach keinen Sinn, ohne diese Anwendung nach ihrer Wahrheit zu fragen.
Diese Frage aber ist es gerade, worauf es ankommt.
Dabei muß man freilich wissen, was unter Wahrheit zu verstehen ist.
Gewöhnlich nennen wir Wahrheit Übereinstimmung eines Gegenstandes mit unserer Vorstellung. Wir haben dabei als Voraussetzung einen Gegenstand, dem unsere Vorstellung von ihm gemäß sein soll.
- Im philosophischen Sinne dagegen heißt Wahrheit, überhaupt abstrakt ausgedrückt, Übereinstimmung eines Inhalts mit sich selbst.
Dies ist also eine ganz andere Bedeutung von Wahrheit als die vorher erwähnte.
Übrigens findet sich die tiefere (philosophische) Bedeutung der Wahrheit zum Teil auch schon im gewöhnlichen Sprachgebrauch.
So spricht man z. B. von einem wahren Freund und versteht darunter einen solchen,
dessen Handlungsweise dem Begriff der Freundschaft gemäß ist; ebenso spricht man von einem wahren Kunstwerk.
Unwahr heißt dann soviel als schlecht, in sich selbst unangemessen. In diesem Sinne ist ein schlechter Staat ein unwahrer Staat, und das Schlechte und Unwahre überhaupt besteht in den Widerspruch, der zwischen der Bestimmung oder dem Begriff und der Existenz eines Gegenstandes stattfindet.
Von einem solchen schlechten Gegenstand können wir uns eine richtige Vorstellung machen, aber der Inhalt dieser Vorstellung ist ein in sich Unwahres.
Solcher Richtigkeiten, die zugleich Unwahrheiten sind, können wir viele im Kopfe haben. - Gott allein ist die wahrhafte Übereinstimmung des Begriffs und der Realität; alle endlichen Dinge aber haben eine Unwahrheit an sich, sie haben einen Begriff und eine Existenz, die aber ihrem Begriff unangemessen ist. Deshalb müssen sie zugrunde gehen, wodurch die Unangemessenheit ihre Begriffs und ihrer Existenz manifestiert wird.
Das Tier als Einzelnes hat seinen Begriff in seiner Gattung, und die Gattung befreit sich von der Einzelheit durch den Tod.
Die Betrachtung der Wahrheit in dem hier erläuterten Sinn, der Übereinstimmung mit sich selbst, macht das eigentliche Interesse des Logischen aus.
Im gewöhnlichen Bewußtsein kommt die Frage nach der Wahrheit der Denkbestimmungen gar nicht vor. Das Geschäft der Logik kann auch so ausgedrückt werden, daß in ihr die Denkbestimmungen betrachtet werden, inwiefern sie fähig seien, das Wahre zu fassen.
Die Frage geht also darauf, welches die Formen des Unendlichen und welches die Formen des Endlichen sind. Im gewöhnlichen Bewußtsein hat man bei den endlichen Denkbestimmungen kein Arges und läßt sie ohne weiteres gelten.
Alle Täuschung aber kommt daher, nach endlichen Bestimmungen zu denken und zu handeln.

Zusatz 3.
Das Wahre kann man auf verschiedene Weise erkennen, und die Weisen des Erkennens sind nur als Formen zu betrachten. 
So kann man allerdings das Wahre durch Erfahrung erkennen, aber diese Erfahrung ist nur eine Form. Bei der Erfahrung kommt es darauf an, mit welchem Sinn man an die Wirklichkeit geht. Ein großer Sinn macht große Erfahrungen und erblickt in dem bunten Spiel der Erscheinung das, worauf es ankommt.
Die Idee ist vorhanden und wirklich, nicht etwas da drüben und hinten.
Der große Sinn, wie z. B. der eines Goethe, der in die Natur oder in die Geschichte blickt,
macht große Erfahrungen, erblickt das Vernünftige und spricht es aus.
Das Fernere ist sodann, daß man das Wahre auch in der Reflexion erkennen kann und es durch Verhältnisse des Gedankens bestimmt.
Das Wahre an und für sich ist indes in diesen beiden Weisen noch nicht in seiner eigentlichen Form vorhanden. Die vollkommenste Weise des Erkennens ist die in der reinen Form des Denkens. Der Mensch verhält sich hier auf durchaus freie Weise.
Daß die Form des Denkens die absolute ist und daß die Wahrheit in ihr erscheint, wie sie an und für sich ist, dies ist die Behauptung der Philosophie überhaupt.
Der Beweis dafür hat zunächst den Sinn, daß aufgezeigt wird, daß jene anderen Formen des Erkennens endliche Formen sind.
Der hohe, antike Skeptizismus hat dieses vollbracht, indem er an allen jenen Formen aufgezeigt, daß dieselben einen Widerspruch in sich enthalten.
Indem dieser Skeptizismus sich auch an die Formen der Vernunft begibt,
so schiebt er denselben erst etwas Endliches unter, um sie daran zu fassen.
Die sämtlichen Formen des endlichen Denkens werden im Verlauf der logischen Entwicklung vorkommen und zwar so, wie sie nach der Notwendigkeit auftreten: hier (in der Einleitung) müßten sie auf unwissenschaftliche Weise zunächst aufgenommen werden als etwas Gegebenes. In der logischen Abhandlung selbst wird nicht nur die negative Seite dieser Formen aufgezeigt, sondern auch die positive Seite derselben.
Indem man die verschiedenen Formen des Erkennens miteinander vergleicht, so kann die erste, die des unmittelbaren Wissens, leicht als die angemessenste, schönste und höchste erscheinen.
In diese Form fällt alles, was in moralischer Rücksicht Unschuld heißt, sodann religiöses Gefühl, unbefangenes Zutrauen, Liebe, Treue und natürlicher Glaube.
Die beiden andern Formen, zunächst die des reflektierenden Erkennens und dann auch das philosophische Erkennen, treten heraus aus jener unmittelbaren natürlichen Einheit.
Indem sie dies miteinander gemein haben, so kann die Weise, durch das Denken das Wahre erfassen zu wollen, leicht als ein Stolz des Menschen, der aus eigener Kraft das Wahre erkennen will, erscheinen.
Als Standpunkt der allgemeinen Trennung kann dieser Standpunkt allerdings angesehen werden als der Ursprung alles Übels und alles Bösen, als der ursprüngliche Frevel, und es scheint hiernach, daß das Denken und Erkennen aufzugeben sei, um zur Rückkehr und zur Versöhnung zu gelangen.
Was hierbei das Verlassen der natürlichen Einheit anbetrifft, so ist diese wundervolle Entzweiung des Geistigen in sich von alters her ein Gegenstand des Bewußtseins der Völker gewesen.
In der Natur kommt solche innere Entzweiung nicht vor, und die natürlichen Dinge tun nichts Böses. Eine alte Vorstellung über den Ursprung und die Folgen jener Entzweiung ist uns in dem mosaischen Mythus vom Sündenfall gegeben.
Der Inhalt dieses Mythus bildet die Grundlage einer wesentlichen Glaubenslehre, der Lehre von der natürlichen Sündhaftigkeit des Menschen und der Notwendigkeit einer Hilfe dagegen. Es erscheint als angemessen, den Mythus vom Sündenfall an der Spitze der Logik zu betrachten, da diese es mit dem Erkennen zu tun hat und es sich auch in diesem Mythus um das Erkennen, um dessen Ursprung und Bedeutung handelt.
Die Philosophie darf sich vor der Religion nicht scheuen und sich die Stellung nicht geben, als ob sie zufrieden sein müsse, wenn die Religion sie nur toleriere.
Ebenso ist aber auch andererseits die Ansicht von der Hand zu weisen, als ob dergleichen Mythen und religiöse Darstellungen etwas Abgetanes seien, denn sie haben eine tausendjährige Ehrwürdigkeit unter den Völkern.
Betrachten wir nunmehr den Mythus vom Sündenfall näher, so finden wir, wie vorher bemerkt wurde, darin das allgemein Verhältnis des Erkennens zum geistigen Leben ausgedrückt.
Das geistige Leben in seiner Unmittelbarkeit erscheint zunächst als Unschuld und unbefangenes Zutrauen; nun aber liegt es im Wesen des Geistes, daß dieser unmittelbare Zustand aufgehoben wird, denn das geistige Leben unterscheidet sich dadurch vom natürlichen und näher vom tierischen Leben, daß es nicht in seinem Ansichsein verbleibt, sondern für sich ist.
Dieser Standpunkt der Entzweiung ist demnächst gleichfalls aufzuheben, und der Geist soll durch sich zur Einigkeit zurückkehren. Diese Einigkeit ist dann eine geistige, und das Prinzip jener Zurückführung liegt im Denken selbst. Dieses ist es, welches die Wunde schlägt und dieselbe auch heilt.
- Es heißt nun in unserem Mythus, daß Adam und Eva, die ersten Menschen, der Mensch überhaupt, sich in einem Garten befanden, worin sich ein Baum des Lebens und ein Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen befand.
Von Gott wird gesagt, er habe den Menschen verboten, von den Früchte des letzteren Baumes zu essen; vom Baum des Lebens ist zunächst nicht weiter die Rede.
Hiermit ist also ausgesprochen, daß der Mensch nicht zum Erkennen kommen,
sondern im Stande der Unschuld bleiben soll. Auch bei anderen Völkern tieferen Bewußtseins finden wir die Vorstellung, daß der erste Zustand des Menschen ein Zustand der Unschuld und der Einigkeit gewesen sei.
Hierin liegt das Richtige, daß es allerdings bei der Entzweiung, in welcher wir alles Menschliche vorfinden, nicht sein Bewenden haben kann; dagegen ist es unrichtig,
daß die unmittelbare, natürliche Einheit das Rechte sei.
Der Geist ist nicht bloß ein Unmittelbares, sondern er enthält wesentlich das Moment der Vermittlung in sich.
Die kindliche Unschuld hat allerdings etwas Anziehendes und Rührendes,
aber nur insofern sie an dasjenige erinnert, was durch den Geist hervorgebracht werden soll. Jene Einigkeit, die wir in den Kindern anschauen als eine natürliche, soll das Resultat der Arbeit und Bildung des Geistes sein.
- Christus sagt: "Wenn Ihr nicht werdet wie die Kinder" usf.; damit ist aber nicht gesagt daß wir Kinder bleiben sollen. - In unserem mosaischen Mythus finden wir nun ferner,
daß die Veranlassung, aus der Einheit herauszutreten, durch eine äußerliche Aufforderung (durch die Schlange) an den Menschen gelangt sei.
In der Tat liegt jedoch das Eingehen in den Gegensatz, das Erwachen des Bewußtseins im Menschen selbst, und es ist dies die an jedem Menschen sich wiederholende Geschichte.
Die Schlange setzt die Göttlichkeit darein, zu wissen, was gut und böse ist, und diese Erkenntnis ist es in der Tat, welche dem Menschen dadurch zuteil geworden, daß er mit der Einheit seines unmittelbaren Seins gebrochen, daß er von den verbotenen Früchten genossen. Die erste Reflexion des erwachenden Bewußtseins war, daß die Menschen bemerkten,
daß sie nackt waren. Dies ist ein sehr naiver und gründlicher Zug.
In der Scham nämlich liegt die Scheidung des Menschen von seinem natürlichen und sinnlichen Sein.
Die Tiere, welche zu dieser Scheidung nicht vorschreiten, sind deshalb schamlos. In dem menschlichen Gefühl der Scham ist dann auch der geistige und sittliche Ursprung der Kleidung zu suchen; das bloß physische Bedürfnis ist dagegen nur etwas Sekundäres.
- Weiter folgt nun der sogenannte Fluch, den Gott auf den Menschen gelegt hat.
Was darin hervorgehoben ist, bezieht sich vornehmlich auf den Gegensatz des Menschen gegen die Natur.
Der Mann soll arbeiten im Schweiße seines Angesichts, und das Weib soll mit Schmerzen gebären. Was hierbei näher die Arbeit anbetrifft, so ist dieselbe ebensosehr das Resultat der Entzweiung als auch die Überwindung derselben.
Das Tier findet unmittelbar vor, was es zur Befriedigung seiner Bedürfnisse braucht; der Mensch hingegen verhält sich zu den Mitteln zur Befriedigung seiner Bedürfnisse als einem durch ihn Hervorgebrachten und Gebildeten. Auch in dieser Äußerlichkeit verhält sich so der Mensch zu sich selbst.
- Mit der Vertreibung aus dem Paradies ist der Mythus noch nicht beschlossen.
Es heißt noch weiter: "Gott sprach: Siehe, Adam ist worden wie unsereiner, denn er weiß, was gut und böse ist."3)
Das Erkennen ist hier bezeichnet als das Göttliche und nicht wie früher als das, was nicht sein soll. Hierin liegt dann auch die Widerlegung des Geredes, daß die Philosophie nur der Endlichkeit des Geiste angehöre; die Philosophie ist Erkennen, und erst durch das Erkennen ist der ursprüngliche Beruf des Menschen, ein Ebenbild Gottes zu sein, realisiert worden.
- Wenn es dann noch heißt, Gott habe den Menschen aus dem Garten Eden vertrieben,
damit er nicht auch vom Baum des Lebens esse, so ist hiermit ausgesprochen,
daß der Mensch nach seiner natürlichen Seite allerdings endlich und sterblich ist, unendlich aber im Erkennen.
Bekannte Lehre der Kirche ist es, daß der Mensch von Natur böse sei, und dieses Bösesein von Natur wird als Erbsünde bezeichnet.
Dabei ist jedoch die äußerliche Vorstellung aufzugeben, daß die Erbsünde nur in einem zufälligen Tun der ersten Menschen ihren Grund habe. In der Tat liegt es im Begriff des Geistes, daß der Mensch von Natur böse ist, und man hat sich nicht vorzustellen,
daß dies auch anders sein könnte. Insofern der Mensch als Naturwesen ist und sich als solches verhält, so ist dies ein Verhältnis, welches nicht sein soll.
Der Geist soll frei und das, was er ist, durch sich selbst sein. Die Natur ist für den Menschen nur der Ausgangspunkt, den er umbilden soll.
Der tiefen kirchlichen Lehre von der Erbsünde steht die Lehre der modernen Aufklärung gegenüber, daß der Mensch von Natur gut sei und also dieser getreu bleiben müsse.
Das Heraustreten des Menschen aus seinem natürlichen Sein ist die Unterscheidung desselben als eines selbstbewußten von einer äußerlichen Welt.
Dieser zum Begriff des Geistes gehörige Standpunkt der Trennung ist es dann aber auch nicht, auf welchem der Mensch bleiben soll.
In diesen Standpunkt der Entzweiung fällt die ganze Endlichkeit des Denkens und des Wollens. Der Mensch macht sich hier Zwecke aus sich und nimmt aus sich den Stoff seines Handelns. Indem er diese Zwecke auf die höchste Spitze treibt, nur sich weiß und will in seiner Besonderheit mit Ausschluß des Allgemeinen, so ist er böse, und dieses Böse ist seine Subjektivität. Wir haben hier dem ersten Anschein nach ein gedoppeltes Böses; allein beide sind in der Tat dasselbe. Der Mensch, insofern er Geist ist, ist nicht ein Naturwesen; insofern er als solches sich verhält und den Zwecken der Begierde folgt, so will er dieses.
Das natürliche Böse der Menschen ist also nicht wie das natürliche Sein der Tiere.
Die Natürlichkeit hat dann näher diese Bestimmung, daß der natürliche Mensch ein Einzelner als solcher ist, denn die Natur liegt überhaupt in den Banden der Vereinzelung.
Insofern der Mensch somit seine Natürlichkeit will, so will er die Einzelheit. Gegen dieses der natürlichen Einzelheit angehörige Handeln aus Trieben und Neigungen tritt dann allerdings auch das Gesetz oder die allgemeine Bestimmung auf. Dieses Gesetz mag nun eine äußere Gewalt sein oder die Form göttlicher Autorität haben.
Der Mensch ist in der Knechtschaft des Gesetzes, solange er in seinem natürlichen Verhalten bleibt. In seinen Neigungen und Gefühlen hat nun der Mensch wohl auch über die selbstische Einzelheit hinausreichende, wohlwollende, soziale Neigungen, Mitleid, Liebe usf.
Insofern aber diese Neigungen unmittelbar sind, so hat der an sich allgemeine Inhalt derselben doch die Form der Subjektivität; Selbstsucht und Zufälligkeit haben hier immer das Spiel.

§ 25

Der Ausdruck von objektiven Gedanken bezeichnet die Wahrheit, welche der absolute Gegenstand, nicht bloß das Ziel der Philosophie sein soll.
Er zeigt aber überhaupt sogleich einen Gegensatz, und zwar denjenigen, um dessen Bestimmung und Gültigkeit das Interesse des philosophischen Standpunktes jetziger Zeit und die Frage um die Wahrheit und um die Erkenntnis derselben sich dreht.
Sind die Denkbestimmungen mit einem festen Gegensatze behaftet, d. i. sind sie nur endlicher Natur, so sind sie der Wahrheit, die absolut an und für sich ist, unangemessen, so kann die Wahrheit nicht in das Denken eintreten.
Das Denken, nur endliche Bestimmungen hervorbringend und in solchen sich bewegend,
heißt Verstand (im genaueren Sinne des Wortes). Näher ist die Endlichkeit der Denkbestimmungen auf die gedoppelte Weise aufzufassen: die eine, daß sie nur subjektiv sind und den bleibenden Gegensatz am Objektiven haben, die andere, daß sie, als beschränkten Inhaltes überhaupt, sowohl gegeneinander als noch mehr gegen das Absolute im Gegensatze verharren.
Die dem Denken zur Objektivität gegebenen Stellungen sollen als nähere Einleitung, um die Bedeutung und den Standpunkt, welcher hier der Logik gegeben ist, zu erläutern und herbeizuführen, nun betrachtet werden.

In meiner Phänomenologie des Geistes, welche deswegen bei ihrer Herausgabe als der erste Teil des Systems der Wissenschaft bezeichnet worden, ist der Gang genommen,
von der ersten, einfachsten Erscheinung des Geistes, dem unmittelbaren Bewußtsein, anzufangen und die Dialektik desselben bis zum Standpunkte der philosophischen Wissenschaft zu entwickeln, dessen Notwendigkeit durch diesen Fortgang aufgezeigt wird.
Es konnte hierfür aber nicht beim Formellen des bloßen Bewußtseins stehengeblieben werden; denn der Standpunkt des philosophischen Wissens ist zugleich in sich der gehaltvollste und konkreteste; somit als Resultat hervorgehend, setzte er auch die konkreten Gestalten des Bewußtseins wie z. B. der Moral, Sittlichkeit, Kunst, Religion voraus.
Die Entwicklung des Gehalts, der Gegenstände eigentümlicher Teile der philosophischen Wissenschaft fällt daher zugleich in jene zunächst nur auf das Formelle beschränkt scheinende Entwicklung des Bewußtseins, hinter dessen Rücken jene Entwicklung sozusagen vorgehen muß, insofern sich der Inhalt als das Ansich zum Bewußtsein verhält.
Die Darstellung wird dadurch verwickelter, und was den konkreten Teilen angehört, fällt zum Teil schon mit in jene Einleitung.
- Die hier vorzunehmende Betrachtung hat noch mehr das Unbequeme, nur historisch und räsonierend sich verhalten zu können; sie soll aber vornehmlich zu der Einsicht mitwirken,
daß die Fragen, die man in der Vorstellung über die Natur des Erkennens, über Glauben und so ferner vor sich hat und für ganz konkret hält, sich in der Tat auf einfache Gedankenbestimmungen zurückführen, die aber erst in der Logik ihre wahrhafte Erledigung erhalten.

 

1) vgl. Kant, Kritik der reinen Vernunft, B 131

2) vgl. Matth. 6, 33

3) 1. Mose 3, 22

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Das Allgemeine also hört man nicht und sieht man nicht, sondern dasselbe ist nur für den Geist.    >>>

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Bei der Abstraktion aber ist die Sammlung des Geistes auf einen Punkt vorhanden, und es wird dadurch die Gewohnheit erworben, sich mit der Innerlichkeit zu beschäftigen.    >>>

 

Die Krankheit unserer Zeit ist es, welche zu der Verzweiflung gekommen ist, daß unser Erkennen nur ein subjektives und daß dieses Subjektive das Letzte sei.    >>>

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Man meint gewöhnlich,
das Absolute müsse weit jenseits liegen; aber es ist gerade das ganz Gegenwärtige, das wir als Denkendes, wenn auch ohne ausdrückliches Bewußtsein darum, immer mit uns führen und gebrauchen.   >>>

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